Titel: Zur Untersuchung von Gerbstoffextracten; von F. Simand und B. Weiss.
Fundstelle: Band 260, Jahrgang 1886, S. 564
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Zur Untersuchung von Gerbstoffextracten; von F. Simand und B. Weiſs. Simand und Weiſs, zur Untersuchung von Gerbstoffextracten. Zur Untersuchung von Gerbstoffextracten wird nach F. Simand und B. Weiſs (Gerber, 1886 S. 1) wesentlich Hautpulver verwendet. Grüne Haut wird gewässert, gehaart, mit verdünnter Salzsäure und Wasser behandelt, hierauf aufgespannt und getrocknet. Die Haut wird dann in sehr dünne Späne gehobelt, getrocknet, gemahlen und durch ein Sieb, welches 49 Löcher auf 1qc hat, getrieben. Der wässerige Auszug von 5g dieses Hautpulvers gibt nur 36mg festen Rückstand mit 8mg Asche (vgl. 1882 246 41). Zur Bestimmung des Wasser- und Aschengehaltes werden von flüssigen Extracten 2 bis 3g in einer Platinschale auf dem Wasserbade eingetrocknet. Vor dem Festwerden wird der Extract durch Herumschwenken an den Wänden vertheilt, damit er beim nachherigen Austrocknen im Trockenschranke bei 100° das Wasser leichter abgibt. Der Gewichtsverlust gibt die Wassermenge an. Man äschert hierauf vorsichtig ein, da die Asche gewöhnlich, besonders bei Holzextracten, sehr leicht ist und wegfliegt, und bestimmt deren Gewicht. Feste Extracte werden gepulvert und die Wasserbestimmung in einem Wägefläschchen ausgeführt. Die Aschenmenge ermittelt man in einer anderen Probe. Teigartige Extracte werden ebenfalls in einer Platinschale eingewogen, mit wenig Wasser am Wasserbade erwärmt und so wie bei flüssigen Extracten verfahren. Um die wasserunlöslichen Stoffe zu bestimmen, werden von flüssigen Extracten 22 bis 28g, von festen 12 bis 16g in heiſsem Wasser gelöst, nach dem Abkühlen wird zu 1l aufgefüllt, tüchtig geschüttelt und klar filtrirt. Bei vielen Extracten geht die Filtration in dieser Concentration ziemlich rasch vor sich; manche Extracte, besonders Fichtenrinden-, Quebrachoholz- und Sumach-Extracte, filtriren jedoch im Allgemeinen schwierig. Von der klar filtrirten Lösung werden 100cc in einer Platinschale am Wasserbade eingedampft, getrocknet und gewogen. Nach Abzug der Aschenmenge erhält man die in heiſsem Wasser löslichen organischen Substanzen (gerbende Substanzen und Nichtgerbstoff). Zieht man von der auf 1l abgewogenen Menge Wasser und Asche ab, so bekommt man die entsprechende Menge in heiſsem Wasser löslicher und unlöslicher organischer Stoffe. Der Unterschied beider ergibt die unlöslichen organischen Stoffe. Da es auch vorkommen kann, daſs ein Extract in heiſsem Wasser unlösliche Aschenbestandtheile enthält, die Gesammtmenge der unlöslichen Stoffe daher gröſser ist, so kann man auch diesem Rechnung tragen, indem man in beiden Fällen die Aschenmenge nicht abzieht. Die unmittelbare Bestimmung der in heiſsem Wasser unlöslichen Stoffe ist im Allgemeinen nicht ausführbar, da die letzten Reste der Extractlösungen manchmal tagelang zum Filtriren brauchen und bei dem geringsten Versuche, das Filter auszuwaschen, die fein vertheilten unlöslichen Körper durch das Filter gehen. Zur Bestimmung der von Haut nicht aufnehmbaren Stoffe, des sogen. Nichtgerbstoffes, werden 250cc der klar filtrirten Gerbstofflösung mit 1g feinem Hautpulver in einem trockenen Erlenmeyer'schen Kolben versetzt, mehrere Stunden unter häufigem tüchtigem Schütteln stehen gelassen, durch ein kleines Leinwandfilter in einen anderen trockenen Kolben filtrirt, abermals 1g Hautpulver zugesetzt und 12 bis 16 Stunden wie früher einwirken gelassen, ebenso ein 3. Mal. Nach der 3. Filtration setzt man 2g Haut zu und läſst dieselbe Zeit stehen. Diese Menge (5g) Hautpulver genügt in den allermeisten Fällen, um die gerbenden Substanzen zu entfernen. Man filtrirt nun klar durch Papier, was bei Anwendung von gutem Hautpulver anstandslos von statten geht, dampft 100cc in einer Platinschale ein und trocknet. Nach Abzug der Asche erhält man die von Haut nicht aufnehmbaren Stoffe. Das Filtrat darf mit Leimlösung keine und auf beiläufig 0,1 bis 0,05 eingedampft, nur eine schwache Trübung geben. Durch Abzug des Nichtgerbstoffes von der Gesammtmenge der löslichen Stoffe erhält man die Menge der von Haut aufnehmbaren gerbenden Stoffe. Zur Bestimmung des sogen. Tanningehaltes nach Löwenthal werden je 50cc der Lösung vor und nach der Behandlung mit Haut auf 250cc verdünnt und je 10cc in bekannter Weise mit Chamäleon titrirt. Bei der Untersuchung von Eichenholzextract aus Zupanje (vgl. 1886 259 571) hinterlieſsen 2g,095 einen Rückstand von 0g,878, davon 0g,020 Asche. Wurden 56g,060 des Extractes in heiſsem Wasser gelöst und nach dem Erkalten auf 2l (um für die folgenden Versuche genügend viel Brühe zu haben) aufgefüllt, so hinterlieſsen 100cc der klar filtrirten Brühe 1g,0975 trockenen Rückstand, worin 0g,0245 Aschenbestandtheile enthalten waren. Dementsprechend enthielt der Extract 58,09 Proc. Wasser, 0,95 Proc. Asche (davon 0,08 Proc. unlöslich) und 2,68 unlösliche organische Stoffe. Zu den weiteren Bestimmungen wurden nun in 6 Kolben je 250cc eingemessen, mit je 1g lufttrockenem Hautpulver versetzt und 3 Stunden unter häufigem Schütteln digerirt. Die erste Probe wurde dann klar filtrirt und 100cc eingedampft, getrocknet, gewogen und verascht. Zu je 240cc, welche nach raschem Filtriren der anderen 5 Proben durch ein kleines Leinwandfilter erhalten wurden, fügte man wieder je 1g Hautpulver und lieſs 16 Stunden digeriren, wonach eine Probe wieder klar filtrirt, 100cc derselben eingedampft und nach dem Trocknen gewogen wurde. Nachdem die übrigen vier wie oben rasch filtrirt und die erhaltenen je 230cc nochmals mit je 1g Hautpulver, welches 24 Stunden in der Lösung blieb, versetzt worden waren, wurden wieder 100cc der einen klar filtrirten Lösung eingedampft und getrocknet. Von den noch übrigen 3 Proben, welche jede 220cc maſs, wurden zwei mit je 1g und die dritte mit 2g Hautpulver versetzt und alle drei 24 Stunden stehen gelassen. Eine der Lösungen, aus welcher 4g und die dritte Lösung, aus der 5g Hautpulver die gerbenden Stoffe entfernt hatten, wurden klar filtrirt und mit 100cc wie oben verfahren, während zu 210cc der übrig gebliebenen Brühe noch 2g Hautpulver zugegeben und 24 Stunden damit in Berührung gelassen wurden, worauf auch von dieser klaren Lösung 100cc zum Eindampfen gelangten. 100cc Flüssigkeit ergaben so vor der Behandlung mit Hautpulver 1g,073, nach der Behandlung mit: 1g 2g 3g 4g 5g 6g Hautpulver 0,896 0,729 0,577 0,475 0,444 0,436g Rückstand. 100 Th. Eichenholzextract enthalten somit: "Gerbende Substanzen" 22,44 22,73 Sonstige organ. Stoffe („Nichtgerbstoff“) 15,84 15,55 Wasser 58,09 Asche 0,95 (davon 0,08% Unlösliche organische Stoffe 2,68 unlöslich) Aus diesen Versuchen ergibt sich, daſs die ersten Mengen Hautpulver rascher Gerbstoff aufnehmen als die späteren in verdünnteren Lösungen, daſs ferner das Verfahren genauer ist als das Löwenthal'sche (vgl. Nötzli 1886 259 177 ff.), da z.B. ein Unterschied von 8mg hier nur 0,29 Proc. Gerbstoff entspricht, eine Menge, welche schon durch 0cc,1 Chamäleonlösung angegeben wird. Durch besondere Versuche wurde noch festgestellt, daſs beim Eindampfen von 100cc Lösung keine das Endergebniſs beeinflussende Veränderung der Bestandtheile eintritt. Eine Anzahl untersuchter Extracte ergab folgende Procentzahlen: Extract aus GerbendeSubstanzen Nichtgerb-stoffe Wasser Asche Unlösliches Tannin-gehalt nachLöwenthal Eichenrinden von A. Haasz in Liptò-Ujvár 31,06 15,50 49,07 2,25 2,12   19,04 Eichenrinden von A. Koch in Périgueux 21,51   5,58 69,68 1,85 1,38   13,65 Fichtenrinden von Haasz 24,68 19,39 53,05 1,66 1,22   12,37 Desgleichen 23,83 22,84 49,85 1,93 1,55   11,90 Hemlockrinden 25,37 15,66 48,64 1,33 9,00   14,89 Eichenholz von der Oak-Extract-Company in    Zupanje 22,92 16,93 56,50 1,24 2,41 21,7 Desgleichen 23,99 16,92 57,58 1,10 0,41   19,10 Desgleichen 20,79 16,86 60,87 1,07 0,41   18,35 Eichenholz von A. Koch 24,42   9,21 64,49 1,29 0,59   20,56 Eichenrinden von Levinstein in London 25,02 23,60 48,45 0,24 2,69   24,98 Eichenholz von J. Doutreleau in Hâvre 30,23   8,28 58,61 1,78 1,10   24,73 Eichenholz selbst erzeugt 23,24   8,99 65,32 0,92 1,53   20,83 Extract aus GerbendeSubstanzen Nichtgerb-stoffe Wasser Asche Unlösliches Tannin-gehalt nachLöwenthal Kastanienholz von W. Pearson in Hamburg 27,73 12,02 58,34 0,34   1,57 25,27 Desgleichen †) 26,62 11,23 58,34 0,34   3,47 Kastanienholz von Gillet in Lyon 31,27   7,24 60,80 0,57   0,12 27,77 Kastanienholz von A. Koch 22,33 14,90 61,31 0,76   0,70 20,96 Kastanienholz von Levinstein 30,36 11,70 56,04 0,71   1,19 27,14 Kastanienholz von Doutreleau 27,85   8,99 59,87 2,37   0,82 23,12 Kastanienholz selbst erzeugt 67,66 18,75   9,02 1,83   2,74 48,38 Quebrachoholz von E. Dubosc in Hâvre 45,44   4,89 41,79 0,59   7,29 40,06 Desgleichen 65,49   5,08 15,93 0,97 12,53 52,99 Quebrachoholz von J. Doutreleau 36,03   3,83 56,39 1,88   1,87 29,45 Quebrachoholz mit wenig Kastanienholz    von J. Doutreleau 66,19   7,65 14,71 5,56   5,89 55,30 Desgleichen 69,61   6,63 13,69 4,35   5,72 56,76 Valonea von H. Dieudonné in Monfalcone 24,68 17,25 52,82 2,59   2,66 23,52 Desgleichen †) 24,61 17,18 52,82 2,59   2,80 Knoppern von Dieudonné 34,91   8,84 47,70 3,13   5,42 23,85 Desgleichen †) 34,65   8,29 47,70 3,13   6,23 Sumach von Sordes, Huillard und Comp. in    Suresnes 25,60 21,65 45,79 3,11   3,85 21,95 Desgleichen 21,01 24,57 49,25 2,71   2,46 17,31 †) In kaltem Wasser gelöst. Da das Löwenthal'sche Verfahren nur Verhältniſszahlen gibt, so sind die damit erhaltenen Werthe nur vergleichbar, wenn sie auf das gleiche Gerbematerial sich beziehen und bei Extracten aus demselben Materiale auch noch die Bedingung hinzukommt, daſs sie auf gleiche Art und Weise hergestellt sind. Es ist, da man es bei Gerbstoffextracten niemals mit Lösungen von reinem Tannin zu thun hat, daher durchaus falsch, zu dem gefundenen Wassergehalte (in Proc.) den gefundenen Tanningehalt (in Proc.) hinzuzuzählen und den Unterschied auf 100 als pflanzliche Extractivstoffe in Rechnung zu stellen. Der Aschengehalt der Rindenexlracte ist meist gröſser als der der Holzextracte, woraus sich ergibt, daſs der Aschengehalt eines Extractes als vorläufiges Unterscheidungsmerkmal zwischen Rinden- und Holzextracten dienen kann. Hierzu kommt noch, daſs die Asche von Eichen- oder Fichtenrindenextracten in Folge des beträchtlichen Mangangehaltes immer etwas grünlich gefärbt ist und, wenn man sie mit Aetznatron schmilzt, die grüne Färbung kräftig wird, während bei allen Holzextracten diese Manganreaction immer nur sehr schwach auftritt. Man wird nicht fehlgehen, wenn man einen Extract, welcher einen hohen Aschengehalt, bei gleichzeitiger Anwesenheit bedeutender Mengen Mangan, aufweist und der bei weiterer Analyse die obigen Zahlen liefert, als Rindenextract erklärt. Zur weiteren Bestätigung eines Eichenrindenextractes kann auch noch die Reaction dienen, daſs der Hautauszug nach dem Eindampfen in ganz wenig Wasser aufgenommen und, mit absolutem Alkohol versetzt, eine deutliche Trübung geben muſs (Anwesenheit von Pektinstoffen), was bei Fichtenrinde nicht der Fall ist, sowie auch noch ein weiteres Kennzeichen für Fichtenrindenauszug zu erwähnen ist, daſs, wenn man einen solchen so weit verdünnt, bis die Flüssigkeit fast farblos ist, und dann mit einem Tropfen Natronlauge oder Kalkwasser versetzt, die in der Lösung erscheinenden Wolken im Anfange ganz grün sind und erst später braun werden. Schüttelt man eine ziemlich concentrirte wässerige Lösung von Quebrachoextract mit Essigäther, so zeigt sich die Aetherschicht tief grün gefärbt, besonders in dünnen Schichten. Sumachextracte kennzeichnen sich durch einen hohen Aschengehalt und einen eigenthümlichen theeartigen Geruch.