Titel: Siemens und Halske's Stromschliesser für selbstthätige Eisenbahnsignale bez. Neuerungen an elektrischen Apparaten zum Aufzeichnen der Signale.
Fundstelle: Band 261, Jahrgang 1886, S. 372
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Siemens und Halske's Stromschlieſser für selbstthätige Eisenbahnsignale bez. Neuerungen an elektrischen Apparaten zum Aufzeichnen der Signale. Mit Abbildungen auf Tafel 25. Siemens und Halske's selbstthätige Eisenbahnsignale. C. Frischen hat im März d. J. im Elektrotechnischen Vereine (vgl. Elektrotechnische Zeitschrift, 1886 * S. 159) einen neuen Stromschlieſser für von einem fahrenden Eisenbahnzuge zu entsendende Signale und einen verbesserten Apparat zum Aufzeichnen von elektrischen Signalen vorgeführt; beide werden namentlich zur elektrischen Aufzeichnung von Zuggeschwindigkeiten verwendet und sind der Firma Siemens und Halske in Berlin (* D. R. P. Kl. 20 Nr. 35222 vom 24. Juli 1885. * D. R. P. Kl. 21 Nr. 35397 vom 9. August 1885, Zusatz zu Nr. 30287 vom 1. April 1884) patentirt worden. Der ältere Apparat zum Aufzeichnen der Signale mittels einer rasch auf und nieder gehenden Schneide oder eines Messers (vgl. 1885 256 * 168) arbeitet zwar ganz zuverlässig und gibt bei Eisenbahnzügen gut erkennbare Zeichen. Durchläuft jedoch eine einzelne Locomotive einen die Ströme entsendenden Radtaster, so ist die Zeitdauer der Ueberfahrt und folglich auch die aufgezeichnete Marke nur sehr kurz, daher schwer aufzufinden. Um auch in solchem Falle deutliche Zeichen zu erhalten, hat man daher an der Uhr auſser dem Messerhebel H (Fig. 1 Taf. 25) noch eine Vorrichtung angebracht, welche eine Contactverlängerung bewirkt. Auf dem Messerhebel ist ein Zahnrädchen und eine Sperrfeder befestigt, so daſs ersteres sich nur nach einer Richtung drehen kann. Eine zweite Sperrfeder, welche auch in das Rädchen eingreift, sitzt an dem Uhrgehäuse. Man kann aber auch umgekehrt die erste Sperrfeder und das Zahnrädchen am Gehäuse befestigen, die zweite Sperrfeder dagegen am Ankerhebel H. Oben an dem Rädchen ragt ein seitlicher Stift heraus, auf welchem ein zweiter Stift ruht. Dieser sitzt isolirt in einem anderen Hebel A, welcher über i mit dem nach der Signallinie L hin gelegenen Ende der Spulen des Elektromagnetes M leitend verbunden ist. Erfolgt nun in einem der angeschlossenen Schienencontactapparate eine Schlieſsung des Stromkreises EBsHMiL, so wird der Messerhebel nach unten gezogen, um gleich darauf, durch die Wirkung der Selbstunterbrechung, wieder in die Höhe zu schnellen. Dadurch ist das Rädchen um einen Zahn gedreht und sein Stift entsprechend verschoben. Der obere Hebel h hat dann aber seine Unterstützung auf dem Stifte des Rädchens verloren und ist ein wenig heruntergefallen, wodurch die Batterie B durch die Elektromagnetspulen M über vhiMHs kurz geschlossen wird. Der Messerhebel arbeitet dann, mag auch die Streckenleitung L wieder unterbrochen sein, so lange weiter, bis der Stift am Rädchen von Neuem den Verlängerungshebel abhebt und den kurzen Schluſs unterbricht. Der Erfolg hiervon ist der, daſs die kürzeste mögliche Marke so lang sein muſs, wie es der Zeit, welche das Rädchen zu einer Umdrehung gebraucht, entspricht. Da der obere Hebel h in der Ruhelage den Messerhebel H beschwert, wird dessen Abreiſsfeder so weit entlastet, daſs ein schwacher Strom im Stande ist, den Messerhebel herunterzuziehen und die Batterie B kurz zu schlieſsen. Bei dieser Einrichtung kann einerseits der Widerstand der Leitung L hoch sein und andererseits braucht man keine so starke Batterie anzuwenden wie bei der einfachen Construction, da dann, wenn der Messerhebel arbeitet, der Strom nur den Widerstand der Spulen M, nicht aber auch auſserdem den der Leitung zu überwinden hat. Der Papierstreifen P, welcher die die Bestimmung der Zuggeschwindigkeit gestattenden Signale aufnehmen soll, wird zunächst mit einer Reihe von Führungslöchern versehen und mit den der Laufgeschwindigkeit des Rades R1 , welches von der zur Bewegung des Streifens bestimmten Uhr in Umdrehung versetzt wird, entsprechenden Minutenzahlen bedruckt, dann auf das Stiftenrad R aufgelegt, von dem aus der Streifen dem unter dem Messerhebel H liegenden Stiftenrade R1 zugeführt wird. Die entlang der Bahn, in der Regel in 1km Entfernung von einander aufgestellten und in die Leitung L eingeschalteten Contactapparate bestehen gewöhnlich aus einem oder mehreren unter einander verbundenen Hebeln, welche aus einem am Geleise befestigten Kasten heraussagen und etwas über die Schiene hervorstehen. Ueberschreitet ein Zug diese Stelle, so drücken seine Räder den Hebel nieder und erzeugen dadurch in dem Kasten den gewünschten Contact. Als diese Apparate aufkamen, wurden sie verhältniſsmäſsig stark gebaut, damit sie den Einwirkungen der heftigen Stöſse widerstehen konnten; als sie aber trotzdem bald zerstört wurden, suchte man sie immer kräftiger zu bauen, ohne eine andere Wirkung zu erzielen, als daſs auch die Räder der Eisenbahnwagen starke Stöſse empfingen, sobald sie auf einen Radcontact trafen. Die Firma Siemens und Halske suchte daher mit Erfolg die Zerstörung der Apparate durch eine entgegengesetzte Construction zu vermindern. Sie stellte bei dem in Fig. 4 und 5 Taf. 25 nach dem Wochenblatte für Baukunde, 1886 * S. 177 in seiner Ausführung für hölzernen Oberbau abgebildeten, bei eisernem Oberbaue mit einem entsprechend anders geformten Befestigungsbügel zu versehenden Radtaster alle beweglichen Theile leicht her und versah die Hebel mit einer langen federnden Auflauſschiene s, damit auch die plötzlichen Stöſse auf den Apparat fortfielen. Diese Radtaster haben sich so brauchbar erwiesen, daſs bis Ende 1885 über 1500 Stück auf den deutschen Eisenbahnen aufgestellt waren. Die Contactapparate mit Hebelbewegung sind nun aber trotz aller auf ihre Construction verwendeten Sorgfalt nicht völlig vor äuſseren Beschädigungen sicher zu stellen. Ein Einfrieren der Hebel ist nicht ganz ausgeschlossen; ein solches gibt aber leicht Veranlassung zum Bruche. Nicht selten werden die Hebel auch durch von den Wagen herunterhängende Ketten gefaſst und zerstört. Die frei herausstehenden Hebel können auch unschwer absichtlich oder durch Zufall von auſsen niedergedrückt werden; um dies unschädlich zu machen, benutzte man zwei hinter einander geschaltete Apparate, deren Hebel also gleichzeitig niedergedrückt sein muſsten, damit der Stromkreis geschlossen war. Seit langer Zeit ist man daher bemüht gewesen, Contactapparate herzustellen, deren bewegliche Theile verdeckt sind, oder welche solche überhaupt nicht enthalten. So hat man als Contactapparate an die Schienen kleine verschlossene Kästen geschraubt, welche beschwerte Federn, Hämmer oder Quecksilber enthalten (vgl. Hörn 1885 257 * 457). Beim Darüberfahren eines Zuges kommt deren innerer Mechanismus durch die Schwingungen der Schienen in Bewegung und gibt durch Anschlagen an entsprechende Theile Contact. Derartige Apparate müssen ungemein sorgsam hergestellt werden, damit sie nur durch die Schwingungen der eigenen Geleise mit Sicherheit in Thätigkeit treten. Eine dritte Klasse von Radcontacten benutzt die durch den hinüberrollenden Zug bewirkte Durchbiegung der Schiene gegen einen äuſseren festen Punkt. Auch derartige Apparate können nicht stets zufriedenstellend arbeiten, da die den Contact bewirkenden Aenderungen zwischen der Höhenlage der Schiene und dem äuſseren festen Punkte auch durch andere Ursachen eintreten können, als allein von der durch das Zuggewicht bewirkten Durchbiegung, z.B. durch das Stopfen der Schienen, das Setzen derselben und die durch Frost oder Hitze bewirkten Veränderungen u.s.w. Die Firma Siemens und Halske hat nun einen auf Schienendurchbiegung an und für sich beruhenden, in Fig. 2 und 3 Taf. 25 veranschaulichten Contactapparat hergestellt, welcher keines äuſseren festen Punktes bedarf, keine beweglichen Hebel enthält und von beliebiger Empfindlichkeit herzustellen ist. Es wird dabei diejenige Durchbiegung verwendet, welche zwischen zwei Punkten einer Schiene oder einer Langschwelle selbst stattfindet, sobald dieselbe zwischen diesen Punkten von den Rädern des Zuges belastet wird. Die starke Bewegungsübersetzung, welche erforderlich ist, um hieraus sichere Angaben mit einem solchen Apparate zu erlangen, wird durch Mitbenutzung einer Flüssigkeitssäule erreicht. Am Schienenfuſse ist auf ganz rohe Weise ein kräftiger Guſseisenbügel L (Fig. 2) mittels der Klauen M und M1 festgeschraubt. In der Mitte ist dieser Bügel zu einem flachen Teller ausgebildet, welcher mit der Stahlblechplatte b (Fig. 3) verschlossen ist. Auf b ruht die Eisenscheibe c, welche durch den Druckstöpsel d centrisch gehalten wird. Der Druckstöpsel d ist so eingestellt, daſs derselbe, sobald der Contactkörper an die Schiene angeschraubt ist, diese gerade berührt. Auf den Deckel a des Tellers und unter den Schienenfuſs ist noch ein Gummiring t festgeklemmt, um den Stöpsel d vor eindringendem Sande zu schützen, welcher das freie Spiel hindern könnte. Mit dem durch die abschlieſsende Platte b gebildeten Hohlraume steht der Topf G durch das enge Loch f und Rohr f1 in Verbindung. Dieses Rohr erweitert sich nach oben zu dem Kelche r. Soweit das Rohr f1 in den Kelch hineinragt, besteht es aus Isolirmaterial, damit nicht zwischen der Wand des Rohres fa und der Contactgabel i hängen bleibende Quecksilbertropfen einen bleibenden Stromschluſs veranlassen können. Mit dem Topfraume steht f1 noch durch die kleine Oeffnung h in Verbindung und ebenso befindet sich am Boden des Kelches ein enges Loch s. Der Raum unter b und der Topf G sind mit Quecksilber so weit angefüllt, daſs der Boden des Kelches r eben bedeckt ist. Durch den Höhenunterschied des Quecksilbers in G und der Platte b wird der Druckstöpsel d mit einem Flüssigkeitsdrucke von ungefähr 30k stets fest gegen den Schienenfuſs gepreſst. Biegt sich nun die Schiene durch eine darüber hinfahrende Last nach unten aus, so drückt der Schienenfuſs mittels des Stöpsels d, der Scheibe c und der Platte b Quecksilber durch das Rohr f1. Dasselbe füllt sehr bald den Kelch r an, da sich die Fläche des Tellers zu der der Röhre verhält wie 600 : 1. Sobald der Zug den Contact überschritten hat, läuft das Quecksilber langsam – in etwa 10 Secunden – aus dem Kelche r hinaus, durch das Loch s in den Topf und von dort durch das Loch h wieder in den Raum unterhalb der Blechplatte. In den Kelch r und das isolirte Rohrende f1 ragt die Gabel i hinein, welche an die isolirte Leitung des mit Eisendraht umwickelten Telegraphenkabels S angeschlossen ist. Diese Gabel i ist leicht verstellbar in einem Glasdeckel p befestigt; sie ist, da sie auch den Kelch nicht berührt, elektrisch völlig von dem Körper des Contactes isolirt und mithin auch von dem als Erdplatte anzusehenden Schienenstrange. Erst dadurch, daſs das Quecksilber in dem Rohre f1 steigt, und dadurch, daſs sich der Kelch r mit demselben anfüllt, wird der Contact zwischen dem Körper des Apparates und der Leitung im Kabel S hergestellt. Dieser Contact wird auf bekannte Weise benutzt, um den Zeitpunkt der Vorüberfahrt des Zuges zu bestimmen, oder um auf optische oder elektrische Signale oder auf Blockapparate u.s.w. zu wirken. Die sämmtlichen Theile, welche mit Quecksilber in Berührung kommen, sind aus Eisen hergestellt, weil dieses Metall keiner Amalgamation unterliegt. Durch Höher- oder Tieferschrauben der Contactgabel i vermag man die längere oder kürzere Dauer der Contactgebung innerhalb ziemlich weiter Grenzen zu ändern, was in vielen Fällen sehr angenehm ist. Oberhalb des Glasdeckels p ist auf den Körper des Apparates ein Guſseisendeckel T aufgeschraubt, welcher die Kabeleinführung bedeckt und das Ganze von aller Luft und Feuchtigkeit abschlieſst. Die Temperaturunterschiede verändern zwar das Quecksilbervolumen, können jedoch, da der Topf G, wie schon erwähnt, mit dem Rohre f1 durch eine feine Oeffnung verbunden ist, bei den gewählten Gröſsenverhältnissen keine andere Wirkung haben, als daſs die Quecksilberoberfläche bei dem gröſsten Temperaturunterschiede im Jahre um etwa 1mm in der Höhe im Topfe G schwankt, während der Contactschluſs erst erfolgt, wenn das Quecksilber bedeutend höher gestiegen ist. Mit gleich gutem Erfolge kommt derselbe Apparat auch für Langschwellen-Oberbau zur Anwendung. Hier wird der Apparat an die Langschwelle angeschraubt; jedoch liegt der Stöpsel d nicht unmittelbar an der Langschwelle an, sondern es ruht auf demselben noch ein Guſseisenstück, dessen Form sich nach der Querschnittsform der Langschwelle richtet und welches gleichzeitig durch einen untergelegten Gummiring den Stöpsel d vor Sand schützt. Dieser neue Schienencontact-Apparat ist in Folge seiner Lage unter der Schiene, wodurch derselbe fast völlig im Erdreiche vergraben ist, und wegen seiner sehr soliden Bauart äuſseren Beschädigungen z.B. durch vom Zuge herunterhängende Ketten, durch zu tief ausgelaufene Radreifen, durch unvorsichtiges Schienenstopfen oder durch Festfrieren der beweglichen Theile entzogen. Es kann ferner bei diesem Apparate nicht, wie bei anderen mit Quecksilber arbeitenden Contacten, das Quecksilber sich im Laufe der Zeit an der Contact gebenden Oberfläche oxydiren und mit einer schlecht leitenden Schicht bedecken, wodurch eine mangelhafte Contactbildung hervorgerufen werden kann. Denn bei jedem hinüberrollenden Zuge füllt sich das kleine Kelchgefäſs r tibervoll; das Quecksilber läuft über den Rand und wirft die etwa vorhandene leichtere Oxydhaut in den Topf G, wo sie unschädlich ist. Das aus der Röhre f1 aufsteigende und Contact gebende Quecksilber ist somit stets rein und metallisch blank. Die Forderung, daſs derartige Einrichtungen nur durch einen wirklichen Eisenbahnzug, nicht aber schon durch Draisinen und Bahnmeisterwagen in Gang kommen, war bei den mit Hebeln arbeitenden Radcontacten überhaupt nicht zu erreichen. Der vorgeschriebene Quecksilbercontact gibt aber in diesem Falle keine Anzeige, weil so verhältniſsmäſsig geringe Lasten nicht im Stande sind, die Fahrschiene so durchzubiegen, daſs ein wirksames Steigen der Quecksilberoberfläche in dem Röhrchen erfolgen könnte, und man überhaupt auch in der Lage ist, durch die einzustellende Entfernung zwischen dem Contactstifte und der Quecksilberoberfläche jede gewünschte Empfindlichkeit oder Unempfindlichkeit zu erzielen. Durch Weglassung des Kelches wird es auch ermöglicht, jeden Stoſs, also das Durchlaufen jedes einzelnen Rades, anzugeben, sobald dies etwa erwünscht sein sollte. Da alle beweglichen Theile fehlen, kommen Unterhaltungskosten ganz in Wegfall. In der Patentschrift sind noch einige Abänderungen der vorstehend beschriebenen Anordnung angegeben.

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