Titel: Spectroskopische Untersuchungsmethode für Theerfarbstoffe; von P. Schoop.
Autor: P. Schoop
Fundstelle: Band 262, Jahrgang 1886, S. 424
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Spectroskopische Untersuchungsmethode für Theerfarbstoffe; von P. Schoop.Nach der Chemischen Industrie, 1886 S. 73. Schoop's Untersuchungsmethode für Theerfarbstoffe. Zur Prüfung eines künstlichen oder natürlichen Farbstoffes in Bezug auf den Farbton, dessen Reinheit und Stärke geschieht durch das sogen. Probefärben, wobei zugleich das Verhalten des Farbstoffes zu den verschiedenen Fasern ermittelt wird. Für den letztgenannten Zweck wird das Probefärben stets unerläſslich sein; hingegen ist zur Ermittelung namentlich der Stärke des Farbstoffes die quantitative spectralanalytische Untersuchung dem ungenauen und groſse Uebung erfordernden Probefärben vorzuziehen. (Vgl. Andrieu * S. 171 d. Bd.) Während beim Probefärben zur Ermittelung der Stärke der Farbe Unterschiede von 5 Proc. schon ungemein schwer und unsicher zu erkennen, kleine Unterschiede im Farbtone zweier Farbstoffe oft nicht bemerkbar sind oder gar zu einem Irrthume in der Beurtheilung der Farbstärke führen, für diese Zwecke auch das Colorimeter nicht viel bessere Dienste leistet, bietet das optische Verfahren in jeder Hinsicht Vortheile. Dies erklärt sich, wenn man berücksichtigt, wie ungemein schwer es ist, aus den gesammten farbigen Lichtstrahlen, welche das Auge beim Betrachten einer Farbstofflösung oder eines gefärbten Zeuges treffen, gerade die für den Farbstoff charakteristische Farbe heraus zu suchen und mit einer anderen zu vergleichen, wobei zunächst von dem Umstände abgesehen werden soll, daſs die verschiedenen Farben eine sehr ungleiche Intensitätswirkung besitzen. Zerlegt man aber das von einer Lösung oder Zeugprobe ausgestrahlte Licht mittels eines Prisma, so sind die specifischen Lichtstrahlen des Farbstoffes auch für das ungeübte Auge wahrnehmbar und zwar um so leichter, je stärker die Zerstreuung des Lichtes ist. Durch die Arbeiten von H. W. Vogel ist aber nachgewiesen, daſs das Absorptionsspectrum eines Körpers abhängig ist von dem Lösungsmittel. An einer groſsen Zahl künstlicher und natürlicher Farbstoffe wurde gezeigt, daſs das Spectrum eines Farbstoffes sehr verschieden ausfällt, je nachdem derselbe in Wasser, Alkohol, Aether u.s.w. gelöst ist, oder in fester Form untersucht wird. Ebenso ist das Spectrum, welches bei der Zerlegung der von einer gefärbten Zeug- oder Papierfläche zurückgeworfenen Strahlen erhalten wird, sehr verschieden von dem einer Lösung desselben Farbstoffes. Das Absorptionsspectrum ist also nicht verwerthbar zur Feststellung eines Körpers, um so mehr, da Vogel darauf aufmerksam machte, daſs ganz verschiedene Körper gleichliegende Absorptionskörper liefern können. Durch die Arbeiten von K. Vierordt und G. Krüss ist die Bestimmung der Menge eines Farbstoffes in einer Lösung mit groſser Schnelligkeit und Genauigkeit ermöglicht und dem von ihnen ausgearbeiteten Verfahren fahren liegt folgende Ueberlegung zu Grunde: Jeder Körper kann, wenn Licht auf denselben trifft, nur diejenigen Strahlen aufnehmen, welche die gleiche Schwingungsgeschwindigkeit wie seine eigenen Moleküle haben. Das Spectrum zeigt daher an gewissen Stellen Abwesenheit von Lichtstrahlen bestimmter Wellenlänge, d.h. es ist ein Absorptionsband bemerkbar. Bei gleichbleibender Lichtquelle fällt das Absorptionsband um so dunkler aus, je gröſser die Menge des absorbirenden (gefärbten) Körpers in der Raumeinheit, z.B. 1cc, ist und zwar besteht zwischen der Absorption des Lichtes und der Menge des gefärbten Körpers eine einfache Beziehung. Wenn von einer Lichtquelle beim Durchgange durch eine 1cm dicke Schicht einer Farbstofflösung z.B. ⅕ der Strahlen einer bestimmten Wellenlänge durchgelassen wird, so muſs, falls das Licht noch eine zweite und dritte gleich dicke Schicht durchläuft, sowohl ⅕ der von der ersten wie auch ⅕ der von der zweiten Schicht übrig bleibenden Strahlen durchgelassen werden. Ist die Stärke des ursprünglichen Lichtes die Einheit und ist die Stärke nach der ersten Schicht ⅕, so ist sie nach der zweiten Schicht (⅕)2, nach der dritten (⅕)3 u.s.w. Nun wird dieselbe Wirkung erzielt, ob das Licht durch eine 2cm dicke Schicht einer einfachen Lösung oder durch eine 1cm dicke Schicht einer doppelt so concentrirten Lösung geht; in beiden Fällen ist die Menge des Farbstoffes dieselbe. Wenn also die Lichtstärke nach dem Durchgange durch eine 1cm dicke Schicht einer Lösung von z.B. 1mg im Liter a beträgt, so ist die Lichtstärke nach dem Durchgange durch eine xfach concentrirte Lösung b = ax, worin x die Anzahl der Milligramm Farbstoff in 1l der Lösung angibt, oder log b = x log a oder x = log b : log a. Die Lichtstärken a und b sind nun mittels des Spectralapparates leicht und rasch zu finden. P. Schoop hat nun für Zwecke der Praxis den Apparat zur quantitativen Spectralanalyse von Krüss vereinfacht, so daſs derselbe noch hinreichend genaue Versuchsergebnisse liefert. Das Instrument besteht aus einer Röhre mit Spalt, innerem Prisma und einem Fernrohre. Diese Bestandtheile sind unter sich und mit dem Gestelle fest verbunden. Das Fernrohr ist mit einer Vorrichtung versehen, welche das Ablesen beliebiger Stellen des Spectrums gestattet mit gleichzeitiger Bestimmung des Ortes im Spectrum. Der Spalt zerfällt in zwei Hälften, deren obere beweglich, die untere fest ist. Unmittelbar vor der unteren Spalthälfte ist ein Gefäſs angebracht, dessen parallele Glasplatten 1cm Abstand haben und welches zur Aufnahme der zu untersuchenden Farbstofflösung dient. In einiger Entfernung steht eine als Lichtquelle dienende Erdöllampe. Die ganze Vorrichtung befindet sich in einem geschwärzten Kasten, welcher nach Art der photographischen Apparate durch ein Tuch abgesperrt wird. Durch ein mit Hahn versehenes Abfluſsröhrchen wird nun so viel Flüssigkeit abgelassen, bis im Spectrum der wagerechte schwarze Streifen sich auf eine schwarze Linie vermindert hat. Man sieht dann zwei durch die Linie getrennte Spectren, von denen das eine dasjenige der Erdölflamme ist, während das andere den durch die Flüssigkeit gegangenen Lichtstrahlen angehört und die Absorptionsbänder zeigt. Man sucht nun die Stelle der gröſsten Dunkelheit im Absorptionsspectrum und blendet rechts und links die übrigen Theile der Spectren ab. Ueber der hellen Stelle des Erdöllichtspectrums befindet sich die dunkle Stelle des Absorptionsspectrums und man kann nun durch Verengung der beweglichen Spalthälfte den Grad herbeiführen, wo beide Stellen dieselbe Helligkeit haben. An einer Trommel, welche an der den Spalt verengenden Mikrometerschraube angebracht ist, kann die Gröſse der Spaltbewegung, welche zugleich das Maſs der noch vorhandenen Lichtstärke ist (die obere Spaltweite als Einheit gesetzt), abgelesen werden. Das Mittel aus einigen Ablesungen, welche binnen einer Minute bequem gemacht werden können, wird als Lichtstärke genommen. Hat man die Lichtstärke der Normallösung für einen Farbstoff bestimmt, so genügt die Lichtstärkebestimmung an derselben Stelle des Spectrums, um sofort die Concentration einer untersuchten Lösung mit Hilfe der oben gegebenen Formel zu berechnen. Durch Verdünnen einer Farblösung tritt keine Veränderung in der Lage des Absorptionsmaximums ein und ebenso ist das Spectrum einer Mischung zweier Farbstofflösungen gleich der Summe der Absorptionsspectren der einzelnen Lösungen. Dagegen ist der Einfluſs der Temperatur bei genaueren Bestimmungen nicht zu vernachlässigen und empfiehlt es sich, das Instrument in einem möglichst gleichmäſsig erwärmten Räume aufzustellen. Die geeignetste Concentration der zu untersuchenden Lösung ist diejenige, bei welcher die noch übrig bleibende Lichtstärke 30 bis 40 Procent der ursprünglichen beträgt. Auſser der Bestimmung des Gehaltes an Farbstoff in einer Lösung, sowie der Möglichkeit schärferer Beobachtung des Farbtones läſst sich der Spectralapparat noch in mannigfacher Weise verwenden, so z.B. zur Bestimmung der Beendigung der Reaction bei Farbstoffbildungen (Grünoxydation mit Chloranil, Fuchsinschmelze mit Arsensäure oder Nitrobenzol, Darstellung von Methylviolett mit Kupferchlorid, Blauschmelzen aller Art, Darstellung von Indulin, Nigrosin u.s.w.). Ebenso kann man ein durch Mischen zweier Farbstoffe hergestelltes Handelsproduct mit Hilfe der optischen Methode leicht und schnell analysiren. Auch zu Gehaltsbestimmungen gefärbter Salzlösungen für Zwecke der analytischen Chemie (z.B. Titerstellung von Chamäleonlösung) oder von Verbindungen, welche mit geeigneten Reagentien Färbungen geben, wie Tannin, Blutlaugensalz u.s.w., eignet sich dieses Verfahren vorzüglich. Mit Erfolg hat man die Lösung der Frage versucht, welchen Einfluſs die Ersetzung von Wasserstoff durch verschiedene Elemente und Radicale (Br, CH3, C2H5, OCH3) auf die Farbnatur eines Farbstoffes ausübt, und man wird von spectralanalytischen Untersuchungen Aufklärung auch darüber erwarten können, wie weit substituirende Radicale oder überhaupt gewisse Atomgruppirungen bestimmend auf die Färbekraft eines Körpers wirken.