Titel: Spinnerei-Dampfmaschine von 2000 Pferd.
Fundstelle: Band 264, Jahrgang 1887, S. 1
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Spinnerei-Dampfmaschine von 2000 Pferd. Mit Abbildungen. [Spinnerei-Dampfmaschine von 2000 Pferd.] Der Textile Manufacturer, 1887 * S. 38 theilt die Beschreibung einer gewaltigen „Compound“-Dampfmaschine mitVgl. auch Prager Maschinenbau-Actiengesellschaft, 1886 260 * 193., welche vor einiger Zeit (als Ersatz für zwei gekuppelte und eine einfache Balanciermaschine, sowie für eine liegende Dampfmaschine) in der Spinnerei von A. und A. Crompton zu Shaw aufgestellt wurde. Diese Maschine, welche von J. und E. Wood, Victoria Foundry zu Bolton, Lancashire, gebaut worden ist, besitzt zwei liegende Cylinder, welche auf gegen einander rechtwinkelig gestellte Kurbeln an den Enden derselben Schwungradwelle arbeiten; zwischen den beiden Cylindern liegt ein Zwischenbehälter (Receiver) und wird die Betriebskraft durch Seile übertragen. Da diese Maschine wahrscheinlich die gröſste Fabrikdampfmaschine in Groſsbritannien (und wohl auch auf dem Festlande Europas) sein dürfte, so verdienen einige Angaben über deren Bauart und Abmessungen alle Beachtung. Der Hochdruckcylinder besitzt 966mm, der Niederdruckcylinder 1677mm Durchmesser, der Hub beider beträgt 1830mm. Die Kolbengeschwindigkeit ist 3m,05 in der Secunde, was 50 Umdrehungen in der Minute entspricht. Der Kesseldruck beläuft sich auf 6at,7. Die Maschinen leisten gegenwärtig 1750 Indicatorpferd; bei ihrer Ingangsetzung betrug die Leistung 1950 und 1900 Pferd. Die Kolbenstangen sind von Siemens-Martin-Stahl und haben 178mm Stärke; dieselben sind in etwas nach oben gebogener Form hergestellt und übertragen die Last des Kolbens vollständig auf die Kreuzkopfführungen, wobei sie durch das Kolbengewicht eben gerade gebogen werden.Vgl. Collmann u.a. 1886 260 235.Die Gleitstücke sind von sehr groſser Fläche und in der Richtung der Abnutzung verstellbar. Die Kurbelwelle besteht aus Whitworth-Stahl; sie ist hohl und besitzt Lagerhälse von 483mm Durchmesser und 966mm Länge. Kurbeln und Pleuelstangen sind von Schmiedeisen; die Kurbelzapfen von 305mm Durchmesser sind aus Whitworth-Stahl gefertigt und hohl. Die Pleuelköp sind von der bei Schiffsmaschinen üblichen Form. Die schmiedeisernen Kreuzköpfe von gabelförmiger Gestalt sind auf ihre stählernen Zapfen warm aufgezogen, die Kurbelzapfen aber in die Kurbeln, ebenso wie letztere auf die Welle, mit Wasserdruck aufgepreſst Fig. 1., Bd. 264, S. 2 Fig. 2., Bd. 264, S. 3 und dann durch einen Stahlkeil gesichert. Die Kurbelwelle verstärkt sich von den Lagerhälsen bis nach dem Schwungradsitze auf 610mm Durchmesser. Das Schwungrad ist als Seilscheibe hergestellt und besitzt 9m,15 Durchmesser sowie 40 eingedrehte Seilspuren für Seile von 45mm Stärke; dasselbe hat nur eine einzige Nabe und ein einfaches Armsystem und ist an den Seiten mit Blech verschalt, um den Luftwiderstand zu vermindern. Die Zahl der Arme ist 12, die Nabe hat 2745mm Durchmesser sowie 1067mm Länge und das ganze Gewicht des Seilrades beträgt 72l. Es gibt zwar Seilscheiben von gröſserem Durchmesser und mit mehr Seilspuren; aber dieselben sind jederzeit aus zwei neben einander liegenden Rädern zusammengeschraubt und die einzelnen Theile nur von gewöhnlichen Abmessungen, während im vorliegenden Falle die ganze, ungefähr 2320mm betragende Breite der Scheibe in einem Stücke hergestellt ist. Die Schieberkästen, welche je zwei Corliſs-Rundschieber für Dampfeinlaſs und Auslaſs enthalten, sind in der Wood eigenthümlichen Weise unter dem Cylinder angebracht. Wood schreibt dieser Anordnung der Schieber unter dem Cylinder wesentliche Vortheile zu, besonders Verminderung der schädlichen Räume und bessere Schmierung. Das erstere soll sich aus der Verwendung nur eines Kanales an jedem Cylinderende für Dampfeintritt und Austritt ergeben; die bessere Schmierung soll daraus hervorgehen, daſs der gefettete Dampf sowohl beim Eintritte, wie beim Austritte über Dampfeinlaſs- und Auslaſsschieber hinweggeht. Die Steuerung ist eine von Wood abgeänderte Corliſs-Steuerung (vgl. 1874 211 * 161), welche von der Kurbelwelle aus durch Winkelräderübersetzung mittels einer vor den Cylindern liegenden Querwelle getrieben wird; auf dieser befinden sich vier Excenter, welche die Kurbeln der Dampfventile mittels auslösbarer Zugstangen bewegen, die zur Verminderung der Abnutzung mit doppelten Mitnehmerklauen versehen sind und hierdurch eine Verbreiterung der Druckfläche auf 305mm gewähren. Das Auslösen der Steuerung wird bei dem Hochdruckcylinder selbstthätig durch den Regulator bewirkt, während bei dem Niederdruckcylinder die Expansion von Hand verstellbar ist. Die Austrittschieber erhalten durch die Excenter die übliche einfach schwingende Bewegung. Das Auslösen der Eintrittschieber erfolgt durch zwei schiefe Ebenen, welche von dem Regulator derart gesteuert werden, daſs die durch die endliche Schubstangenlänge bedingte Differenz der Füllungen erzielt wird. Geschlossen werden die ausgelösten Schieber durch lange, in Gehäuse eingelegte Spiralfedern mit Luftbuffern, welche unterhalb der Flur angebracht sind. Die Schieberspindeln und alle der Abnutzung ausgesetzten Zapfen an der Steuerung sind von Stahl und werden von Bronzelagern umschlossen. Die Steuerung arbeitet durchaus gut und leicht, ungeachtet der gewaltigen Abmessungen (Schieber des Niederdruckcylinders 2135mm lang bei 254mm Durchmesser). Die Luftpumpen sind zwei an der Zahl; sie stehen hinter einander und hinter dem Niederdruckcylinder und werden durch einen -förmigen Hebel bewegt. Diese Anordnung erscheint bei groſsen Maschinen als eine sehr zweckmäſsige, da sich die Arbeit dabei zwischen Kolben-Vorgang und Rückgang gleichmäſsig vertheilt und die Gewichte der beiden Pumpen einander ausgleichen. Das Vacuum in dem Niederdruckcylinder beträgt ungefähr 0at,91 im Mittel. Alle Kanäle und Röhren sind sehr weit, so daſs die Verluste durch Abdrosselung möglichst gering ausfallen. Alles Zubehör der Maschine ist sehr vollständig vorhanden; die Hauptlager werden durch Oelpumpen geschmiert, welche einen zusammenhängenden Oelstrom über die Zapfen und durch Filtrirtrichter lenken, unter denen das Oel aufgefangen und immer wieder benutzt wird, so daſs der wirkliche Verbrauch an Schmieröl für die beiden groſsen Lager nur gering ausfallt. Die Cylinder werden durch Schmierapparate geölt, welche auf den Dampfröhren angebracht sind. Zum Andrehen des Schwungrades dient eine kleine Dampfmaschine, deren Getriebe nach einer von Wood angegebenen Weise sich selbstthätig auslöst. Ein 20t-Laufkrahn bestreicht die ganze Länge des Maschinenhauses, welches in entsprechender Weise ausgestattet ist. Gegenwärtig werden an dieser Maschine eine Reihe von Versuchen bezüglich Leistung, Kohlenverbrauch u. dgl. vorgenommen. Obschon dieselben noch nicht abgeschlossen sind, so läſst sich doch nach den bisherigen Ergebnissen bereits sehen, daſs auf ein Indicatorpferd in der Stunde etwas unter 7k Speisewasser verbraucht wurde.