Titel: Ueber Entfärbungsmittel und ihre Anwendung zur Entfärbung des Ozokerits; von Roman Zaloziecki, Assistent an der k. k. technischen Hochschule in Lemberg.
Autor: Roman Zaloziecki
Fundstelle: Band 265, Jahrgang 1887, S. 20
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Ueber Entfärbungsmittel und ihre Anwendung zur Entfärbung des Ozokerits; von Roman Zaloziecki, Assistent an der k. k. technischen Hochschule in Lemberg. Zaloziecki's Entfärbungsmittel. Man versteht unter Entfärbungsmitteln gemeiniglich eine Gruppe von festen Körpern verschiedener Zusammensetzung und verschiedenen Herkommens, welche in entsprechender Form angewendet die Eigenschaft haben, auf Farbstoffe einzuwirken, jedoch ohne tieferes Eingreifen in die Muttersubstanz, in welcher dieselben vertheilt sind. In der Technik haben die Entfärbungsmittel überall, wo es sich im Fabriksbetriebe um die Entfärbung des rohen Productes handelt, eine hohe Bedeutung. Zu diesem Zwecke war von jeher die Thierkohle in Anwendung, deren entfärbende Eigenschaften schon längst erkannt und angewendet, einen neuen Industriezweig, die Fabrikation des Spodiums ins Leben gerufen haben. Der verhältniſsmäſsig hohe Preis der Thierkohle, welcher in Folge des bedeutenden Verbrauches zu einem empfindlichen Faktor wurde, hat Versuche zur Ersetzung dieses werthvollen Materials durch billigere Surrogate veranlaſst. Die verschiedenartig angestellten Versuche haben jedoch fast immer negative Resultate ergeben. Erst durch die Entwickelung der Paraffin- und Ceresinfabrikation aus dem Ozokerit ist es gelungen, ein neues Material zur Anwendung zu bringen, welches sich nicht nur als werthvoller für den in Rede stehenden Fabrikationszweig erwiesen, sondern auch der Fabrikation, der er seine Entstehung verdankt, festere Grundlagen gegeben hat; auſserdem ist aus einem minderwerthigen Fabriksabfall ein gesuchter Handelsartikel geworden. Im Jahre 1867 hat die Firma Hochstetter und Comp. in ihrer Paraffin- und Ceresinfabrik in Florisdorf bei Wien Blutlaugensalzrückstände eingeführt, welche gegenwärtig sich einer allgemeinen Anwendung erfreuen (vgl. auch 1884 253 412. H. Ujhely 1880 236 502. V. v. Ofenheim 1880 237 81). Im Folgenden führe ich nach den Untersuchungen des Herrn PawewskiBr. Pawlewski, das Erdwachs und seine Producte, Separatabdruck aus der „Technischen Rundschau“, Warschau (polnisch) 1887 S. 42. die Zusammensetzung der Blutlaugensalzrückstände aus der Paraffin- und Ceresinfabrik des Herrn Landesberg in Lemberg an, welche ich im gröſseren Vorrathe in derselben Sorte zur Verfügung hatte. Der Vollständigkeit halber reproducire ich auch die analytischen Ergebnisse dreier anderer Gattungen, welche KarmrothPerutz,„Industrie der Mineralöle“. 2. Theil S. 135. veröffentlicht hat, sowie die durchschnittliche Zusammensetzung der Knochenkohle. Analyse der Blutlaugensalzrückstände aus der Fabrik von Herrn Landesberg: Wasser, bei 110° bestimmt 11,87 Eisenoxyd (Thonerde) 13,83 Kalk 14,82 Magnesia 0,94 Wasserlösliche Körper 13,65 Kohle 19,20 Kieselerde 12,84 Schwefelsäureanhydrid 9,90 Kohlensäure 3,27 –––––– 100,32 Das specifische Gewicht habe ich bei 20° bestimmt und zu 1,936 gefunden. Durchschnittszahlen von 10 Schmelzen nach Karmroth: Kali 12,2 16,7 10,2 Kalk 16,2 18,4 19,6 Magnesia   2,1   1,3   1,0 Thonerde   4,8 10,2 14,2 Eisen und Eisenoxyd 16,1   2,1   3,1 Mangan   0,4   0,06   0,7 Kupfer Spuren   0,4   0,02 Kieselsäure 21,1 29,7 26,40 Schwefelsäure   1,2   0,2   1,8 Phosphorsäure 10,4   6,4   4,9 Kohle   6,1   4,2   9,2 Schwefel, Chlor, Cyan, Kohlen-   säure und Verlust   9,1 10,2   8,7 Durchschnittliche Zusammensetzung der Knochenkohle: Kohle   7,5 – 10,5 Chloralkalien 0,2 – 0,5 Calciumcarbonat   6,0 –   8,0 Silicate 0,5 – 0,8 Calciumsulfat   0,15 – 0,25 Eisenoxyd 0,2 – 0,3 Calciumphosphat 75,0 – 80,0 Stickstoff- und Schwefel-   Magnesiumphosphat   0,8 –   1,4    Verbindungen 0,5 – 1,4 Auf den eigentlichen Gegenstand eingehend, muſs ich hervorheben, daſs es sich bei mir wesentlich gehandelt hat um die Feststellung der Bedingungen und um die Erforschung der Ursachen der Entfärbung; denn ich war der Meinung, daſs ich dadurch die Erkenntniſs der Erscheinung, welche wir durch die Wirkung der Entfärbungsmittel hervorrufen und welche sich durch Lichterwerden der Farbe sichtbar uns darstellt, nicht nur einen interessanten theoretischen Beitrag liefern, sondern auch wichtige Fingerzeige in praktischer Beziehung erhalten werde. In meinem Vorhaben wurde ich um so mehr bestärkt, als ich in den in dieser Richtung veröffentlichten Arbeiten keine genügende Beantwortung dieser Fragen, dafür desto mehr sich widersprechender und unbestimmter Behauptungen und nicht erklärter Thatsachen gefunden habe. Ueberdies waren gröſsere Abhandlungen, diesen Gegenstand betreffend, fast ausschlieſslich im Dienste der Zuckertechnik geführt worden, und es hatte die Folgerung, daſs die aus diesen Untersuchungen abgeleiteten Resultate auch für die im Grunde verschiedenen Bedingungen und Verhältnisse der Paraffin- und Ceresinfabrikation nicht rückhaltlos volle Geltung haben konnten, vieles für sich und dürfte eine weitläufigere Behandlung dieses Gegenstandes und das Wiederholen mancher Versuche, welche in ihren Folgen bereits bekannt waren, entschuldigen. Man kann allgemein drei Theorien, welche die Entfärbungserscheinungen zu deuten versuchen, unterscheiden, wovon zwei „chemisch“ genannt werden könnten, weil sie während des Vorganges gewisse Veränderungen in der Natur der Farbstoffe voraussetzen. Die chemischen Theorien gehen von verschiedenen Voraussetzungen aus: die eine erblickt die Ursache in der Absorptions- und Verdichtungsfähigkeit der Oberfläche der Entfärbungskörper für Gase, die andere macht dieselbe abhängig von der Gegenwart der Basen und basischen Salze in der chemischen Zusammensetzung der Entfärbungsmittel. Nach der ersten absorbirt und verdichtet Kohle Gase auf ihrer Oberfläche (etwa ihr 50faches Volumen) und nimmt der Luft ausgesetzt die Bestandtheile derselben auf, jedoch verhältniſsmäſsig mehr Sauerstoff als Stickstoff, welcher innerhalb der Poren im verdichteten Zustande (Ozon) gesammelt, den wirksamen Faktor bildet, indem er vermöge seiner kräftig oxydirenden Eigenschaften die Farbstoffe in farblose Körper umwandelt. Auf einen anderen Standpunkt stellt sich die zweite Theorie, nach welcher die Farbstoffe, welche einen sauren Charakter besitzen, sich mit basischen Körpern, welche in den gebräuchlichen Entfärbungsmitteln niemals fehlen, vereinigen und neue Verbindungen bilden, welche in weiterer Consequenz in der Muttermasse unlöslich sind und am Boden mit den Verunreinigungen abgeschieden werden. Alle chemischen Veränderungen schlieſst die dritte Theorie aus, welche sich verhältniſsmäſsig der gröſsten Verbreitung erfreut, sie faſst den Entfärbungsprozeſs als einen rein mechanischen Vorgang auf, indem sie die Ursache in der Attraction zwischen Farbstoff und der durch die Porosität vervielfältigten Oberfläche des Entfärbungskörpers (welche Eigenschaft der Thierkohle in hohem Maſse zuerkannt wird) erklärt. – Weil jedoch keine von diesen Deutungen eine genügende Erklärung aller Entfärbungserscheinungen gibt, deshalb combiniren Einige die beiden letztangeführten Theorien und erblicken die Ursache ebenso in der chemischen Affinität wie auch in der porösen Structur des Entfärbungskörpers. Meine Untersuchungen habe ich an Blutlaugensalzrückständen, welche bei uns unter dem Namen „gewöhnliches deutsches oder mährisches Pulver“ bekannt sind und deren Zusammensetzung eingangsher gegeben wurde, deshalb angestellt, weil die Verschiedenheit der Zusammensetzung die Aufstellung von Combinationen zuläſst. Bei näherer Betrachtung der analytischen Resultate kann man in den Bestandtheilen der Blutlaugensalzrückstände ungezwungen 4 Gruppen unterscheiden, und zwar 1. Gruppe: wasserlösliche Körper, 2. Gruppe: der in Salzsäure lösliche Antheil, 3. Gruppe: Kohle und 4. Gruppe: Kieselsäure. Es drängt sich von vornherein die Frage auf, welche von diesen Gruppen zur Entfärbung eigentlich beitragen und welche von ihnen überflüssig oder gar schädlich sind? Zu diesem Zwecke habe ich eine gröſsere Partie Blutlaugensalzrückstände mit heiſsem Wasser ausgelaugt und nach dem Auslaugen und Trocknen vergleichende Probe mit gewöhnlichem und mit ausgelaugtem Pulver gemacht. Es hat sich herausgestellt, daſs das mit Wasser extrahirte Pulver verhältniſsmäſsig mehr an Entfärbungskraft gewonnen hat, als dem in Wasser löslichen Antheil, bezogen auf die ursprüngliche Menge, entspricht. Zum Abscheiden der 2. Gruppe habe ich mit 10 Proc. Salzsäure ausgekocht, mit Wasser ausgewaschen und getrocknet. Derart vorgerichtetes Pulver, 32 Proc. der ursprünglichen Menge, war schwarz, von feinem Aussehen und zeigte eine 3 mal gröſsere Entfärbungskraft als das gewöhnliche, insofern mit 10 Proc. des ausgelaugten Pulvers derselbe Farbton hervorgerufen werden konnte wie mit 30 Proc. des gewöhnlichen. Geht man jedoch von demselben Quantum des normalen Pulvers aus, d.h. nimmt man einmal 100 Th. normalen Pulvers und ein zweites Mal 32 Th. des mit HCl behandelten, so bekommt man dieselben Resultate, die angegebenen Verhältnisse sind also für die Entfärbung gleichwerthig. Durch die Auslaugung mit Salzsäure verliert man demnach qualitativ nichts an Entfärbungskraft, man führt jedoch kaum ⅓ an Gewicht des Pulvers ein, wodurch auch die Menge der Rückstände, welche, durch den Entfärbungskörper zurückgehalten, im weiteren Verlaufe der Verarbeitung zur Extraction mittels Benzin bestimmt sind, entsprechend vermindert wird. Das ausgelaugte Pulver hat indessen auch seine Nachtheile, bedingt durch das auſserordentlich niedere specifische Gewicht, wodurch das Abklären der geschmolzenen Masse nach beendigter Entfärbung ungemein erschwert wird. Das Auslaugen der Blutlaugensalzrückstände mit Salz- oder Schwefelsäure empfiehlt schon Gawalowski (Chemiker Zeitung, 1878 Bd. 2 S. 293) und räth die sauren Lösungen, welche verhältniſsmäſsig viel Eisen enthalten, zur Fabrikation des Berlinerblau zu verwenden. Durch das Auslaugen des Entfärbungspulvers mit Säuren entfernt man basische Körper, Thonerde und Eisenoxyd, ferner den kohlensauren Kalk und es hinterbleibt nur Kieselerde und Kohle, und trotzdem ist die Entfärbungskraft nicht gemindert, sondern sehr bedeutend vergröſsert worden. Von einer Einwirkung basischer Körper auf Farbstoffe kann in diesem Falle also nicht die Rede sein und es ist auch ganz und gar nicht anzunehmen, daſs Kohle oder Kieselsäure in der Natur der Farbstoffe irgendwelche Umwandlung hervorzurufen im Stande wären. Das ausgelaugte Pulver verbrannte ich, so daſs der Rückstand frei von Kohle und aus fast reiner Kieselsäure (4. Gruppe) zusammengesetzt war. In diesem Zustande zur Entfärbung angewendet hat er vorzügliche Resultate ergeben, denn dieselben Mengen entfärbten um 100 Proc. besser als das normale Pulver. Dadurch war der augenscheinlichste Beweis geführt, daſs die Ursache der Entfärbung nicht ausschlieſslich in dem Vorhandensein von Kohle zu suchen sei.Fr. Meyer, Zeitschrift für die Zuckerindustrie, 1873 S. 502. Wagner's Jahresbericht, 1873 S. 587. Vgl. auch A. Gawalovski 1874 214 258. Einer analogen Behandlung habe ich auch Knochenkohle unterworfen und zwar habe ich einen Theil mit Salzsäure ausgezogen und einen anderen von Kohle befreit. Mit diesen 3 Gattungen, d.h. mit normalem Spodium, mit ausgelaugtem und mit der Knochenasche, habe ich vergleichende Proben unter sich und mit dem oben besprochenen Entfärbungspulver angestellt. Es hat sich ergeben, daſs die Entfärbungskraft des Spodiums bedeutend kleiner ist, als die der Blutlaugensalzrückstände und 20 bis 50 Proc. derselben beträgt, daſs ferner an der Luft geglühte Knochenkohle durchaus nichts an ihrer Wirkung verliert, denn in einigen Fällen habe ich dieselbe etwas gröſser, in anderen dagegen etwas kleiner gefunden, sowie durch die Behandlung mit Salzsäure die entfärbenden Eigenschaften gar nicht vergröſsert, sondern im Gegentheile bedeutend herabgesetzt werden. Es besteht somit in dem Verhalten der Knochenkohle und des Entfärbungspulvers in diesem Falle ein grundsätzlicher Unterschied, auf dessen Erklärung ich jedoch erst später eingehen werde. Die nämlichen Beobachtungen machten auch Payen und BussyAnnalen der Chemie, 1845 Bd. 55 S. 241. D. p. J. 1822 9 206., nach welchen Spodium, des gröſsten Theiles des phosphorsauren Kalkes beraubt, nur 30 Proc. des Farbstoffes im Vergleiche zur normalen Kohle zurückhält, woraus sie den Schluſs zogen, daſs zwischen den erdigen Bestandtheilen der Knochenkohle und den Farbstoffen eine Wechselwirkung, bedingt durch eine gröſsere oder kleinere chemische Wahlverwandtschaft, existirt. Im Verlaufe meiner weiteren Untersuchungen habe ich eine Erklärung des Zusammenhanges der Entfärbungserscheinungen mit der Absorptions- und Verdichtungfähigkeit der Kohle oder poröser Körper im Allgemeinen für Gase angestrebt, welche zum Zwecke der Aufstellung einer neuen Entfärbungstheorie, hauptsächlich durch E. Wernekink1872 203 60. Chemisches Centralblatt, 1872 Bd. 41 S. 120. Wagner's Jahresbericht, 1872 S. 517. ausgenutzt und von Scheibler1872 204 236. Chemisches Centralblatt, 1872 Bd. 41 S. 407. kritisirt wurde. Ich habe deshalb eine gröſsere Partie des getrockneten gewöhnlichen Entfärbungspulvers in ein Verbrennungsrohr eingeführt und indem ich von einem Ende getrocknete Kohlensäure einleitete und das andere mit einem Aspirator verband, erhitzte ich zum Rothglühen durch längere Zeit. Nach vollständigem Auskühlenlassen im Kohlensäurestrome habe ich beide Rohrenden fest verschlossen und den Inhalt, aus welchem dergestalt die Luft ausgetrieben wurde, portionenweise zu den Versuchen verwendet. Eine Probe habe ich ausgeführt, indem ich durch das geschmolzene, in einem Kolben erwärmte Erdwachs Kohlensäure durchleitete, und derart jede Berührung mit der Luft verhinderte. Nach dem Abfiltriren hat das Erdwachs thatsächlich keine Farbveränderung gezeigt und das Gleiche war der Fall, als ich die Entfärbung nicht in einer Kohlensäure-Atmosphäre, sondern in offenem Gefäſse bei freiem Luftzutritte vornahm. Andere Versuche habe ich derart modificirt, daſs statt des Durchleitens der Kohlensäure durch die erhitzte Röhre ein Ende der letzteren zugeschmolzen und an das andere ein calibrirter und mit Wasser vollständig gefüllter Aspirator angebracht wurde, um die Menge der ausgeschiedenen Gase zu messen. Das mit Entfärbungspulver vollständig ausgefüllte Rohr habe ich vorsichtig bis zur Rothglut erhitzt und indem ich den Aspirator in Gang setzte durch 3 Stunden im Glühen erhalten. Nach Verlauf dieser Zeit haben sich aus 20g zum Versuche verwandten Pulvers im Aspirator kaum 300cc Gas gesammelt, dessen weitere Untersuchung ich jedoch unterlassen habe. Das derart ohne Luftzutritt ausgeglühte Entfärbungspulver hat ebenso wie im vorigen Falle gar nicht entfärbt. Scheinbar hätte dieses Verhalten einen Beweis für die Richtigkeit der Wernekink'schen Theorie abgegeben, wenn dem die geringe Menge Gase, welche beim Glühen ausgeschieden wurde, nicht widersprochen und analoge mit Knochenkohle angestellte Proben nicht entgegengesetzte Resultate geliefert hätten. Um den Verlust der Entfärbungskraft beim Glühen zu erklären, habe ich eine andere Voraussetzung machen müssen. In dem Entfärbungspulver sind unter anderen auch leicht schmelzbare Bestandtheile vertreten (Kalisalze), welche bei Rothglut mit Leichtigkeit sich verflüssigend in die Poren der sie umgebenden fremden Theilchen eindringen und solche selbst überziehen können. Die Veränderung des Entfärbungskörpers nach dem Glühen ist eine doppelte: erstens geht die Porosität durch das Ausfüllen der Poren mit leicht schmelzbaren Verbindungen verloren und zweitens wird die unmittelbare Berührung des Farbstoffes mit den einzelnen Bestandtheilen durch Bildung eines dünnen Ueberzuges aus der geschmolzenen Materie auf ihrer Oberfläche verhindert. Zur Beweisführung habe ich auch analoge Versuche mit ausgelaugtem Pulver gemacht, welches keine leicht schmelzbaren Verbindungen enthielt. Die mit Salzsäure extrahirten Blutlaugensalzrückstände haben selbst nach starkem Glühen, sei es in der Kohlensäureatmosphäre, sei es in geschlossenem Gefäſse durchaus keine Veränderungen in ihren Eigenschaften erfahren. Wurden jedoch dem ausgelaugten Pulver 10 Proc. Chlorkalium zugemischt und die Mischung dem Glühen ohne Luftzutritt ausgesetzt, so hat man solche Bedingungen geschaffen, wie sie bei dem geglühten Entfärbungspulver bestanden haben und das so behandelte Pulver hat thatsächlich seine entfärbenden Eigenschaften vollständig verloren. Erwähnt sei noch, daſs die Mischung ohne vorhergehendes Glühen auf ihre Entfärbungskraft untersucht und trotz Anwesenheit von Chlorkalium nur wenig verändert gefunden wurde. Nach dem Feststellen der Ursache des Verlustes der Entfärbungskraft konnte ich allgemeine Vermuthungen über die grundsätzlichen Eigenschaften der Entfärbungskörper aufstellen und auf Grund derselben habe ich eine Reihe von Proben mit Körpern verschiedenartigster Natur angestellt, welchen allen im kleineren oder gröſseren Maſse die gemeinsame Eigenschaft der Porosität zukam, in der Hoffnung, die verhältniſsmäſsig schwierig zu beschaffenden Blutlaugensalzrückstände durch billige Körper, welche theils in der Natur fertig gebildet sich vorfinden, theils als minderwerthige Producte der Groſs- und Klein-Industrie abfallen, zu vertreten. Ich habe der Reihe nach folgende Körper untersucht: Holzkohle, Steinkohlenkokes, Steinkohlenasche, Bimsstein, gebrannten Kalk, gebrannte Magnesia, Thon, Kaolin, Ziegelmehl, Pyritabbrände und andere. Zu sämmtlichen Proben habe ich die Körper in fein gepulverter Form, getrocknet bei 120°, in abgewogenen Mengen und eine Gattung Ozokerit verwendet. Es hat sich ergeben, daſs alle aufgezählten und wahrscheinlich noch viele anderen Körper zum Lichterwerden der Farbe des Ozokerits bis zu einem gewissen Grade beitragen, indem sie zweifellos einen, wenn auch nur sehr geringen Theil der Farbstoffe aufnehmen und beim Absetzen einen Theil der Verunreinigungen mitreiſsen und auf diese Weise zum Klären mitwirken. Der erzielte Erfolg ist jedoch, trotz Anwendung sehr bedeutender Mengen, so gering, daſs sie ungeachtet ihres niedrigen Preises zu Entfärbungszwecken keine Verwendung finden können. Eine Ausnahme machen einige Gattungen Thon, besonders Kaolin, dessen Entfärbungsvermögen gröſser ist als das der Knochenkohle und 50 Proc. von demjenigen des Entfärbungspulvers beträgt. Drei Portionen Kaolin, jedesmal 100 Proc. der zu entfärbenden Masse, somit zusammen 300 Proc., haben rohes Erdwachs vollständig gebleicht. Zu Gunsten des Kaolins spricht noch der Umstand, daſs derselbe ein hohes specifisches Gewicht besitzt, in Folge dessen bei demselben Gewichte ein kleineres Volumen als das gewöhnliche Entfärbungspulver einnimmt und sich schneller und vollständiger absetzt. Das Absetzen in einem kurzen Zeiträume ist so vollständig, daſs der geschmolzene und entfärbte Ozokerit gar nicht filtrirt zu werden braucht, sondern direkt abdekantirt werden kann. Ich bedaure, nicht mehr Gattungen Thon, Lehm oder Letten unter der Hand gehabt zu haben, denn ich bin überzeugt, daſs man eine Gattung wird auffinden können, welche vollkommen die Blutlaugensalzrückstände in ihrer Anwendung zur Entfärbung des Ozokerits zu ersetzen geeignet ist. Bemerkt muſs noch werden, daſs der Thon nur in trockenem Zustande Entfärbungseigenschaften besitzt und daſs feuchter oder gar nasser Thon durchaus nicht auf Farbstoffe einwirkt. In diesem Verhalten findet auch die Thatsache Erklärung, daſs das Grubenwachs, welches, wie das gewöhnlich der Fall, an den Fundstätten mit Wasser ausgekocht wird, eine dunklere Farbe hat, als dieselbe Gattung, welche aus dem Lup (Gangart) mit Benzin extrahirt wurde. Die letztangeführte Thatsache paſst nicht nur für den Thon, sondern hat auf alle Entfärbungsmittel Anwendung. Feuchtes Spodium und feuchte Blutlaugensalzrückstände gewinnen viel an Entfärbungsvermögen durch Austrocknen. Es ist dies ganz natürlich, wenn man erwägt, daſs beim Entfärben eine unmittelbare Berührung zwischen Entfärbungskörper und Farbstoff eintreten muſs. Das Wasser wird nur in den Fällen unschädlich sein, wo der Farbstoff sich entweder in einer wässerigen Lösung befindet oder in Wasser löslich ist. Beim Entfärben des Ozokerits werden daher die Wassertheilchen der unmittelbaren Berührung des Farbstoffes mit dem Entfärbungsmittel hinderlich sein. Das Wasser vermag sogar den bereits ausgeschiedenen und zurückgehaltenen Farbstoff wieder zu lösen, wovon man sich leicht überzeugen kann durch Auskochen des Satzes, welcher sich beim Entfärben ausscheidet und die Entfärbungskörper, die Farbstoffe und eine bedeutende Menge Erdwachs enthält. Die an der Oberfläche sich sammelnde Masse hat eine vollständig dunkle Farbe, was beweist, daſs der bereits niedergeschlagene Farbstoff durch die Wirkung des kochenden Wassers verdrängt und in dem bereits entfärbten Producte wieder aufgelöst wird. Diese Thatsache hat für die Praxis eine hohe Bedeutung, denn sie verbietet das Auskochen der Rückstände mit Wasser. Dieselben halten ungemein hartnäckig Antheile des gebleichten Productes zurück, denn selbst nach 10maligem Auskochen derselben mit siedendem Wasser kann man in ihnen immer noch 2 bis 3 Proc. Erdwachs nachweisen. Das Verhalten gegen Wasser beweist, daſs die Farbstoffe durchaus keine grundsätzlichen Veränderungen ihres chemischen Charakters erfahren, ja man kann bei entsprechender Modifikation des Prozesses dieselben in verhältniſsmäſsig reiner Form ausscheiden. Durch Behandeln der Rückstände mit Benzin, oder besser durch Extraction derselben mit Benzindämpfen kann man einen groſsen Theil des in ihnen enthaltenen Erdwachses in Lösung bekommen. Dieselbe ist hell und nach Abtreiben des Benzins besitzt der Rückstand dieselbe Farbe, wie die Hauptmasse, aus welcher der Satz entnommen war. Nimmt man jedoch zur Extraction statt des Benzins Aether oder Schwefelkohlenstoff, so hinterbleibt eine dunkle Lösung und nach dem Abscheiden der Lösungsmittel erhält man eine dunkle Masse. Die letztgenannten Körper lösen also sowohl das Erdwachs wie auch die Farbstoffe, in Benzin dagegen sind die letzteren unlöslich und darauf beruht die Anwendung desselben in der Technik zur Extraction der Rückstände in den Paraffin- und Ceresinfabriken. Das rohe Erdwachs löst sich jedoch, besonders in der Wärme, in Benzin vollständig auf und die betreffende Lösung ist dunkel, ein Beweis, daſs sich auch der Farbstoff aufgelöst hat. Wurde derselbe jedoch durch irgend ein Entfärbungsmittel absorbirt, so ist er weder in Benzin noch in einer Lösung von Erdwachs in Benzin löslich. Die Adhäsion der Ozokeritfarbstoffe zum Entfärbungskörper ist demnach gröſser, als ihre Auflösungsfähigkeit in Benzin, auf welcher Grundlage Ujhely (1880 236 502) eine neue Methode der Ceresinfabrikation geschaffen hat. Ein eigenthümliches Verhalten zeigen Aether und Schwefelkohlenstoff. Wie bereits oben erwähnt, lösen dieselben bei der Extraction der Rückstände den Farbstoff auf, aber trotzdem läſst sich Erdwachs in ihrer Lösung ebenso gut entfärben, wie in einer Benzinauflösung. Zur Erklärung dieses Widerspruches muſs man erwägen, daſs in beiden Fällen doch gewisse Unterschiede vorhanden sind und zwar bereitet man sich zum Entfärben eine gesättigte Lösung, bei der Extraction hat man dagegen mit stark verdünnten Lösungen bezieh. mit reinen Lösungsmitteln zu thun. Diese Eigenschaften des Schwefelkohlenstoffes und Aethers lassen sich zum Zwecke der Regeneration des Entfärbungspulvers benutzen, weil die Fabriksrückstände mit diesen Körpern nach der Extraction des Ceresins mit Benzin behandelt ihren ganzen Gehalt an Farbstoffen abgeben und zum weiteren Gebrauche ohne Verminderung ihrer ursprünglichen Eigenschaften vorbereitet werden. Bis nun haben sich die Paraffin- und Ceresinfabriken, so viel mir bekannt, mit der Regeneration des Entfärbungsmateriales nicht befaſst, wahrscheinlich in Folge Mangels einer rationellen und billigen Methode. Geleitet von diesen Rücksichten habe ich diesem Gegenstande meine Aufmerksamkeit gewidmet und in dem Schwefelkohlenstoffe ein Mittel zur Erreichung des Zieles gefunden, welches ich mit aller Entschiedenheit zur Regeneration der Blutlaugensalzrückstände empfehlen kann. Die Durchführung des von mir vorgeschlagenen Prozesses lieſse sich um so leichter anpassen, als der gröſste Theil der Fabriken Einrichtungen zur Extraction der Rückstände eingeführt hat. Die nämlichen Extractionsapparate, welche gegenwärtig zur Extraction des Ceresins aus den Rückständen dienen, lassen sich ohne jede Veränderung zur Regeneration derselben mittels des Schwefelkohlenstoffes gebrauchen. Die Regeneration selbst ist sehr einfach und besteht darin, daſs man die mit Benzin extrahirten Rückstände auf ihrem Platze beläſst und in denselben Apparaten und auf analoge Weise mit Schwefelkohlenstoff so lange behandelt, als derselbe noch namhafte Mengen Farbstoffe aufnimmt. Die Löslichkeit der Ozokeritfarbstoffe in Schwefelkohlenstoff ist sehr bedeutend, die Behandlung wird daher nicht viel Zeit in Anspruch nehmen und die Schwierigkeiten, welche die Extraction im Allgemeinen nach sich zieht, sind schon längst überwunden, so daſs das beschriebene Verfahren angesichts des bedeutenden Preises und des groſsen Verbrauches der Blutlaugensalzrückstände von den Fabrikanten im eigenen Interesse eingeführt werden sollte, besonders da es keine Neuerungen erfordert. Möglich, wenn auch weniger vortheilhaft, ist noch eine zweite Methode der Wiederbelebung des Entfärbungspulvers. Wie die zuerst besprochene, so erfordert auch diese eine vorhergehende Extraction der Rückstände mit Benzin, sei es auch nur, um den zurückgehaltenen Antheil des gebleichten Productes nicht verloren gehen zu lassen. Selbst nach sorgfältig durchgeführter Extraction mit Benzin enthalten die Rückstände 1 bis 2 Proc. Ceresin, welches im Groſsbetriebe ungemein schwierig wieder zu gewinnen ist und auſserdem die ganze Menge Farbstoffe. Durch das Glühen derselben, sei es in geschlossenen Gefäſsen, sei es bei Luftzutritt (wie oben nachgewiesen, ist die Kohle nicht unumgänglich nothwendig), kann man die organischen Verbindungen zerstören, die zurückbleibende Masse wird die gewünschten Eigenschaften aber trotzdem nicht wiedererlangen, weil hier der bereits erwähnte und erklärte Fall, nämlich das Ueberziehen der Oberfläche mit leicht schmelzbaren Körpern, eintritt. Will man daher in dem ausgeglühten Rückstande das Entfärbungsvermögen wieder ins Leben rufen, so muſs man denselben noch wiederholt mit Wasser auskochen. Die zweite Methode der Wiederbelebung durch Glühen und Auslaugen mit Wasser ist demnach um vieles mühsamer, nimmt mehr Zeit in Anspruch und erfordert neue Einrichtungen, in Folge dessen dieselbe mit der Schwefelkohlenstoff-Extraction gar nicht in Concurrenz treten kann. Dazu muſs noch das Trocknen der ausgelaugten Masse hinzugezählt werden, welche Arbeit bei der Extraction mit Schwefelkohlenstoff ebenfalls wegfällt, weil man als Endproduct ein trockenes Pulver erhält. Anders verhält sich Spodium; dasselbe enthält keine leicht schmelzbaren Bestandtheile und kann durch Glühen allein regenerirt werden.L. Ramdohr 1875 216 * 244. Polytechnisches Centralblatt 1875 S. 1021. Wagner's Jahresbericht 1875 S. 1061. Obwohl ich von vornherein überzeugt war, daſs die Abscheidung des Farbstoffes in reiner Form von keiner hohen praktischen Bedeutung sein werde, habe ich dieselbe doch in der Art durchgeführt, daſs ich die mit Salzsäure ausgelaugten Blutlaugensalzrückstände (von denen nachgewiesen wurde, daſs sie im höchsten Maſse den Farbstoff absorbiren), welche in der Menge von 40 Proc. zum Entfärben der Prima-Handelswaare verwendet wurden, in einem besonders zu diesem Zwecke construirten Extractionsapparate so lange mit Benzin extrahirte, bis die Proben vollständig erschöpft waren. Nach dem Trocknen habe ich die Rückstände mit rectificirtem Schwefelkohlenstoff ausgezogen und nach dem Abtreiben desselben und Trocknen der rückständigen Masse bis zum constanten Gewichte erhielt ich den Farbstoff in Form einer schwarzen, glasigen Masse in der Menge von 0,6 auf 20g Erdwachs oder 3 Proc. Der Farbstoff war leicht löslich in Schwefelkohlenstoff, schwieriger in Aether und Benzin, hatte das specifische Gewicht 1,0156 bei 20° und einen Schmelzpunkt von 58°. Ich habe zwar keine Analyse ausgeführt, doch unterliegt es keinem Zweifel, daſs derselbe Sauerstoff enthält, worauf das hohe specifische Gewicht und die Thatsache, daſs sich Paraffin beim Erwärmen schwärzt und Sauerstoff aufnimmtN. Jazukowitsch, Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft 1875 Bd. 8 S. 768. Tuchschmid, Journal für praktische Chemie Bd. 103 S. 479. Chemisches Centralblatt 1868 S. 574. Wagner's Jahresbericht 1868 S. 740 und P. Bolley 1868 190 121., hinweisen. Durch das hohe specifische Gewicht des Farbstoffes läſst sich auch die Erniedrigung der specifischen Gewichte der entfärbten Proben erklären, welche ich für verschiedene Producte, erhalten aus einer Ozokeritgattung, bestimmt habe und nachstehend mittheile: Rohes Erdwachs sp. Gew. bei 20° 0,8828 Braunes Product 0,8618 Lichtbraunes „ 0,8584 Gelbes          „ 0,8539 Lichtgelbes   „ 0,8501 Weiſses         „ 0,8471 Die leichte Ausscheidung der absorbirten Farbstoffe in unverändertem Zustande liefert den unumstöſslichen Beweis, daſs die Ursache der Entfärbungserscheinung nicht in chemischen Reactionen zu suchen sei, im Gegentheile Alles deutet darauf hin, daſs wir es mit einem rein mechanischen Prozesse zu thun haben. Allgemein bekannt ist es, daſs zwischen den Molekülen der verschiedenartigsten Körper in gewissen Raumgrenzen eine gegenseitige Anziehung als allgemeine Eigenschaft der Materie existirt, welche wir Adhäsion nennen. Die Adhäsion, welche ebenso unter Körpern verschiedener Aggregatzustände wirkt, ist in erster Linie abhängig von der Natur der Körper, bei welchen sie hervorgerufen wird, woraus man die Definition der specifischen Adhäsion oder des Adhäsionscoëfficienten eines Körpers in Bezug auf einen anderen ableiten kann. Aus der ganzen Reihe der Erscheinungen dieser Kraft nehmen wir ein specielles Beispiel heraus und zwar die gegenseitige Einwirkung eines festen Körpers A einerseits und eines Körpers B andererseits, dessen Adhäsionscoëfficient in Bezug auf den Körper A sehr bedeutend ist und der in einem neutralen Medium C aufgelöst ist (d.h. von geringer Adhäsion zu A). Eliminirt man jede chemische Action und läſst man untergeordnete Einflüsse auſser Acht, so kann man bei der Einwirkung dieser drei Materien hauptsächlich zwei sich entgegenwirkende Kräfte unterscheiden, nämlich die Adhäsionskraft zwischen A und B und das Auflösungsvermögen des Körpers B im Körper C (welches auch durch eine Kraft vergegenwärtigt werden kann). Ueberwindet die Energie der Adhäsionskraft zwischen A und B das Auflösungsvermögen von B in C, so wird in solchem Falle der Körper B unter der Wirkung der gröſseren Kraft aus der Lösung ausgeschieden und an den Körper A herantreten, um hier festgehalten zu werden. Aendert man dagegen die Bedingungen und führt ein Auflösungsmedium, dessen Auflösungsvermögen für den adhärirten Körper B gröſser ist als früher, und gröſser wie die Adhäsionskraft zwischen A und B oder welcher selbst eine bedeutendere specifische Adhäsion in Bezug auf A zu eigen hat, so wird in solchem Falle der bereits ausgeschiedene Körper B sich wieder auflösen. Die nämliche Supposition muſs man machen bei der Erklärung der Entfärbungsursachen des Erdwachses mit Hilfe von Entfärbungskörpern, d.h. man muſs annehmen, daſs der Adhäsionscoëfficient derselben gröſser ist für die Farbstoffe wie für die Hauptmasse, in welcher dieselben vertheilt sind und daſs die Energie der Adhäsionskraft das Auflösungsvermögen in dem vermittelnden Medium überwindet. Die Adhäsion rufen wir auf der Oberfläche erst beim unmittelbaren Berühren der Körper hervor, woraus folgt, daſs durch die Vermehrung der Berührungspunkte, oder durch die Vergröſserung der Oberfläche, dieselbe bei gleichen Bedingungen, d.h. bei derselben specifischen Adhäsion vergröſsert wird. Das vortheilhafteste Verhältniſs zwischen Oberfläche und Inhalt zeichnet die porösen Körper aus. Die Bedeutung der porösen Structur ist bereits hervorgehoben worden und verdankt ihr die Thierkohle bis zu einem gewissen Grade ihre Eigenschaften. Die Eigenschaft der Porosität theilt jedoch die Thierkohle mit einer ganzen Reihe der verschiedenartigsten Körper, welche trotzdem Entfärbungsvermögen entweder gar nicht oder nur in sehr geringem Maſse besitzen und besonders auffallend war es, daſs Kohle vegetabilischer Herkunft vollständig negative Resultate aufgewiesen hat, trotzdem ich zu den Versuchen eine frisch ausgeglühte Holzkohle, die entweder mit Wasser oder Salzsäure ausgelaugt war, verwendete; nicht zu erwähnen der Steinkohlenkokes, deren Bildung bei sehr hohen Temperaturen die Unfähigkeit derselben zu Entfärbungszwecken durch die Zuschmelzung der Poren erklären lieſs. Meine weiteren Untersuchungen umfaſsten die Blutkohle, welche ich mir auf verschiedene Arten aus Ochsenblut dargestellt habe und zwar glühte ich einmal das getrocknete Blut bei verhältniſsmäſsig niederer Temperatur durch längere Zeit, ein anderes Mal bei höherer Temperatur durch kürzere Zeit und endlich eine dritte Portion lange und stark. Die jedesmal erhaltenen Kokes hatten ausgesprochen poröse, stark glänzende Masse, die jedoch in keinem Falle zur Entfärbung tauglich war, selbst nicht nach dem Auslaugen mit Wasser oder Salzsäure. Dieselben negativen Resultate erhielt ich auch beim Glühen des Blutes mit Potasche unter verschiedenen Bedingungen und Auslaugen des Rückstandes entweder mit Wasser oder mit Salzsäure. Der Vollständigkeit halber habe ich mich von dem Verhalten einer völlig reinen Kohle überzeugen wollen. Zu diesem Zwecke habe ich mir Gas- und Petroleum-Rufs, ferner Petroleum- und Zucker-Kokes bereitet. Vor dem Gebrauche habe ich den Rufs anhaltend ohne Luftzutritt geglüht, um Zersetzung der condensirten kohlen stoffreichen Verbindungen zu bewirken und ebenso habe ich Petroleumrückstände bezieh. Zucker bei der Verkohlung stark und gleichmäſsig geglüht, um die Bildung des schweren Theeres, welcher Neigung sich in den oberen Schichten abzulagern hat, zu verhüten. Mit so vorbereiteten reinen Kohlengattungen habe ich Entfärbungsversuche angestellt, welche ausnahmslos mit sehr geringem Erfolge gekrönt wurden. Ich war jedoch der Meinung, daſs durch das Sättigen poröser Körper mit organischen Substanzen und durch Glühen derselben, indem man die Bedingungen der Spodiumbildung nachahmte, sich Surrogate ergeben würden, welche unter Umständen berufen sein könnten, die Thierkohle in ihrer Anwendung zu vertreten. Ich habe daher fein gestoſsenen Bimsstein mit Erdölrückständen gesättigt und nach dem Ausglühen ohne Luftzutritt zum Entfärben gebraucht, jedoch ohne günstige Resultate. Aus diesen Untersuchungen habe ich mir die Ueberzeugung bilden müssen, daſs die Rolle, welche bei der Entfärbung des Ozokerits die Kohle als solche zu spielen berufen ist, keine wesentliche sein kann, oder daſs die specifische Adhäsion der reinen Kohle für die Ozokeritfarbstoffe sehr gering ist. Mit dieser Voraussetzung übereinstimmend und erklärt ist die am Anfange bei der Untersuchung des Spodiums angegebene Thatsache, daſs der nach dem Behandeln mit Salzsäure zurückbleibende Rückstand, welcher fast ausschlieſslich aus äuſserst feiner Kohle besteht, durch eine bedeutende Abnahme des Entfärbungsvermögens gegenüber dem normalen Producte ausgezeichnet ist. Diese Versuche habe ich mit vier Gattungen Spodium wiederholt, welche vollständige Uebereinstimmung erwiesen haben und bediente ich mich jedesmal des Spodiums in Stücken, so daſs eine Verunreinigung desselben, wie sie bei Spodiummehl öfter vorkommt, ausgeschlossen war. An dieser Stelle darf ich auch die Entfärbungsproben, welche ich unter geänderten Bedingungen des Luftdruckes, dem Zusammenhange der Entfärbungserscheinungen mit der Porosität nachforschend, angestellt habe, nicht unerwähnt lassen. Dieselbe Menge einer Wachssorte und des nämlichen Entfärbungskörpers (Blutlaugensalzrückstände) habe ich behandelt einmal im geschlossenen Gefäſse im Oelbade bei 130°, ein anderes Mal unter dem Drucke von 0at,5 während einer Stunde und die daraus erzielten Tafelproben mit der unter denselben Bedingungen, jedoch bei gewöhnlichem Drucke entfärbten Masse, verglichen. Ich habe keinen Unterschied in den Farbtönen, somit auch im Entfärbungsgrade herausfinden können, trotzdem ich vorausgesetzt hatte, daſs in einem und dem anderen Falle die Resultate vortheilhafter sich gestalten dürften und zwar deshalb, weil bei vergröſsertem Drucke der Widerstand, der dem Eindringen der Farbstoffe innerhalb der Poren entgegenwirkt, leichter überwunden werden kann, während im zweiten Falle derselbe Zweck dadurch erreicht wird, daſs der verminderte Druck auf die leichtere Ausscheidung der Gase, welche normal unter gröſserem Drucke innerhalb der Poren absorbirt und verdichtet wurden, von Einfluſs sein konnte. Beim Zusammenstellen der Resultate meiner bisherigen Untersuchungen muſs man zur Ueberzeugung gelangen, daſs die Meinung, welche die Ursache der Entfärbung des Ozokerits ausschlieſslich auf die Porosität der Thierkohle stützt, gegenüber der Kritik nicht Stich halten kann. Dieselben dienten mir jedoch zur Erklärung des Verhaltens der Kohle und obwohl im negativen Sinne haben sie Anstoſs gegeben zur Aufklärung der Ursachen in anderer Richtung und zur Durchführung von Untersuchungen, welche ich nachstehend beschreiben werde. (Schluſs folgt.)