Titel: Ueber den Schnittwiderstand beim Drehen von Gusseisen.
Autor: Pregél
Fundstelle: Band 265, Jahrgang 1887, S. 399
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Ueber den Schnittwiderstand beim Drehen von Guſseisen. Mit Abbildungen. Ueber den Schnittwiderstand beim Drehen von Guſseisen. Im American Machinist, 1886 Nr. 37 * S. 4 und Nr. 38 * S. 4 finden sich Mittheilungen über Versuche, welche James F. Hobarth an einer von T. R. Almond in Brooklyn gelieferten Drehbank von 508mm Spitzenhöhe zur Bestimmung der Arbeitsleistung beim Ab- und Ausdrehen durchgeführt hat. Bemerkenswerth ist dabei die Anbringung des auf einer Zwischenwelle befindlichen Kraftmessers von Horace C. Bovey in Ayer, welcher mittels einer Muffenkuppelung, die sich auf der Welle des Deckenvorgeleges zwischen zwei Riemenscheiben befindet, derart zwischen die Hauptwelle des Deckentriebwerkes und die Vorgelegwelle eingeschaltet ist, daſs dadurch ein unmittelbarer Antrieb der Drehbankspindel auf gewöhnliche Art ermöglicht und hierdurch jede Störung dieses Betriebes durch den Kraftmesser vermieden wird. Fig. 1., Bd. 265, S. 399Fig. 2., Bd. 265, S. 399Diese Anordnung zeigt Fig. 1 und 2, in welcher K den Kuppelungsmuff auf der Vorgelegwelle und J die Zwischenwelle bedeutet, auf welcher der Kraftmesser D angebracht ist. B und E sind Fest- und Losscheiben auf den entsprechenden Wellen, L und H die Stufenscheiben auf Vorgelegwelle und Drehbankspindel. Die Riemenscheiben F und G laufen lose und werden durch den Keilmuff K mitgenommen. Die Versuche Hobarth's betreffen die Bestimmung der Leergangsarbeit der Drehbank und die Ermittelung des Schnittdruckes beim Abdrehen eines Guſseisencylinders von 338mm mittlerem Durchmesser, mittels vier verschiedener Seitenstähle bei wechselnder Lage derselben, bei bestimmten Schnittgeschwindigkeiten und drei gegebenen Schaltbewegungen. Bevor diese Ergebnisse hier vorgeführt werden, sei erwähnt, daſs unter den Faktoren, welche den Preis einer Bearbeitung beeinflussen, die Geschwindigkeit der Hauptbewegung eine hervorragende Stelle einnimmt. Es ist ja bekannt, daſs die günstigste Schnittgeschwindigkeit für den geringsten Kraftaufwand nicht immer die wirthschaftlich vortheilhafteste für den Betrieb ist, da Arbeitslöhne, Anlagekapital u.s.w. gebieterisch eine Verkürzung der Arbeitsdauer fordern, sowie die Kosten der Erstellung und Erhaltung des Werkzeuges eine Grenze ziehen, welche zu verschieben in dem Bestreben jedes Technikers liegt. Wenn auch durch die Theilung der Arbeit viele Wege eröffnet werden, die Dauer der Bearbeitung eines Werkstückes kerabzusetzen, so wird dieses Ziel doch nur bei gleichartigen, oft wiederkehrenden Stücken erreicht. Die folgenden Angaben mögen als Anregung zu weiteren Versuchen in gleicher Richtung dienen und die Veröffentlichung rechtfertigen. Es wurde schon in den Mittheilungen des Technologischen Gewerbe-Museums in Wien, Section für Metallindustrie, von Prof. C. Pfaff auf die hohen Schnittgeschwindigkeiten hingewiesen, welche in Amerika beim Abdrehen schmiedeiserner Wellen angewendet werden, wobei kräftige Abkühlungsmittel und hohe Gleichmäſsigkeit des Werkstückmaterials den Erfolg sichern. Bei den in Rede stehenden Versuchen Hobarth's ist von diesen leider keine Erwähnung gethan; es dürften daher die ungewöhnlich hohen Schnittgeschwindigkeiten für einen regelmäſsigen Betrieb kaum in Betracht kommen. Fig. 3 und 4 zeigen einen gewöhnlichen flachen Seitenstahl mit einem Kantenwinkel von 85° an der Schnittseite und mit einer Abschärfung nach auſsen, welche einen Schneidwinkel von 60° ergibt. Dieser Stahl wurde in verschiedenen Lagen eingespannt und der Einfluſs derselben auf den Schnittdruck beobachtet. Fig. 3., Bd. 265, S. 400Fig. 4., Bd. 265, S. 400Vorerst ist der Stahl so eingespannt, daſs die Schnittkante wagerecht liegt. Der Winkel α, der Einstellungswinkel, welcher die Schnittkante mit der Drehungsachse des Werkstückes einschlieſst, ist ein rechter. Die gewöhnliche Schnitttiefe ist h = 3mm,27, ferner ist λ der Vorschub für eine Umdrehung und p der Schnittdruck in k. Die zweite Versuchsreihe bezieht sich auf den Anstellungswinkel α = 60°, die dritte auf α= 30°; hierbei ist die Schneidkante wagerecht eingestellt. Schneidkante wagerechtβ = 0°. I. Einstellungswinkel α = 90°. A) Schnittgeschwindigkeit v = 152mm secundlich Vorschub λ = 0,587 0,384 0,227mm Schnittdruck p = 184 147 100k Schnittvorgang rauh undhart Spänegekrümmelt nicht gut B) Schnittgeschwindigkeit v = 268mm. Schnittdruck p = 166 114 79k Schnittvorgang rauh rein gut Spanquerschnitt hλ = 1,92 1,256 0,742qmm Spanverhältniſs h : λ = 5,57 8,5 14,4 Schnittdruck für 1qmm   Spanquerschnittpv = Leistung in mmk. h.λv = Spanvolumen in cbmm in der Secunde \frac{p\,v}{h\,\lambda\,v}=\frac{p}{h\,\lambda}= Leistung in mmk für das secundliche Spanvolumen in cbmm. p : hλ = A)B) 95,886 117  92 134,7k111,0k II. Einstellungswinkel α = 60°. A) Schnittgeschwindigkeit v = 162mm secundlich. Vorschub λ = 0,587 0,384 0,227mm Schnittdruck p = 139 112 77k B) Schnittgeschwindigkeit v = 272mm. Schnittdruck p = 97 61k Die Spanbreite b=\frac{h}{sin\,a}=\frac{3,27}{0,866}=3^{mm},77. Die Spandicke δ = λ sin α = 0,508 0,332 0,197mm SpanverhältniſsSpanquerschnitt b.\delta=\frac{h}{sin\,\alpha}\,\lambda\,sin\,\alpha=h\,\lambda demnach gleichbleibend. b : δ = 7,42 11,35   19,1 Schnittdruck für 1qmm   Spanquerschnitt p : bδ = A)B) 72,3 89,177,1 103,8k  82,2k III. Einstellungswinkel α = 30°. A) Schnittgeschwindigkeit v = 152mm. Vorschub λ = 0,587 0,384      0,227mm Schnittdruck p = 189,5 153 126k Schnittvorgang leichtschütternd sehrschütternd schütternd B) Schnittgeschwindigkeit v = 268mm. Schnittdruck p = 181 114 79k Schnittvorgang Riemenglitt schütternd sehrschütternd Spanbreite b = 6mm,54. Spandicke δ = 0,293 0,192 0,113mm Spanverhältniſs b : δ = 22,3   33,0   57,6 Schnittdruck für 1qmm   Spanquerschnitt p : bδ = A)B) 98,794,2 121,1  92,0 169,8111,0 Hierauf wurde bei einem feststehenden Einstellungswinkel α = 90° die Schneidkante um den Winkel β gegen die Wagerechte geneigt. IV. Einstellungswinkel α = 90°. Schnittgeschwindigkeit v = 111mm,7 und Vorschub für 1 Umdrehung λ = 0mm,384. Neigungswinkel β = – 170 + 70 + 25° – 5° Schnittdruck p = 133 141 141 153 Schnittvorgang gut Span rollt leicht rein SchnittkantenlängeSchnittkantenlänge l=\frac{h}{cos\,\beta}, der ganze Schneidwinkel ist 72°. l = 3,42 3,293 3,6 3,28 Normaler Spanquerschnitt hλ =   1,256 1,256     1,256   1,256 Schnittdruck für 1qmm nor-   malen Spanquerschnitt p : hλ =   105,9 112,2    112,2   121,1 V. Zusammenstellung. Es entspricht n = 8,6 Spindelumdrehungen in 1 Minute der Schnittgeschwindigkeit v = 152mm für 1 Secunde. Vorschub des Stahls für 1 Umdrehung λ = 0,587 0,384 0,227mm ––––––––––––––––––––––––––––––––––– Absoluter Schnittdruck p für α = 90°α = 60°α = 30° p p p = 184= 139= 189,5 147112153 100k  77k126k Spanverhältniſs b : δ α = 90°α = 60°α = 30° (b : δ)(b : δ)(b : δ) =     5,57=     7,42=    22,3     8,5  11,35  33,0   14,4  19,1  57,6 Relativer Schnittdruck für1qmm Spanquerschnitt oderLeistung in mmk für 1cbmmsecundliches Spanvolumen α = 90°α = 60°α = 30° (p : bδ)(p : bδ)(p : bδ) =   95,8=   72,3=   98,7 117,0  89,1121,1 134,7k103,8k169,8k Schnittdruck für 1mmSchneidkanteneingriff α = 90°α = 60°α = 30° (p : b)(p : b)(p : b) =   56,2=   36,5=   28,9   44,9  29,6  23,3   30,6k  20,4k  19,2k Zeitdauer t für das einmaligeUeberdrehen von 100mmLänge t =   19,8   30,3   51,2 Min. Zeitdauer t annähernd t =   20   30   50 Min. Die absolute Schnittleistungin mk ist Vorschub λ =     0,587     0,384     0,227mm \frac{p\,v}{1000} für α = 90°α = 60°α = 30°    28,0   21,0   28,8   22,0  17,0  23,2   15,0mk  11,7mk  17,15mk Die ganze beim Abdrehen von 100mm Länge durch den Schnitt verbrauchte mechanische Arbeit in Secunden mk, ohne Rücksicht auf die durch den Leergang der Drehbank beanspruchte mechanische Arbeit =\frac{p\,v}{1000}\,(t.60). Vorschub λ = 0,587 0,384       0,227mm α = 90° 33600 39600     45000mk α = 60° 25200 30600 35100 α = 30° 34560 41760 51450 Aus dieser Zusammenstellung der gefundenen Werthe ersieht man, daſs für den flachen Seitenstahl bei einer Schnittgeschwindigkeit v = 152mm, bei einem geraden Vorschub λ = 0mm,587 und einem Einstellungswinkel α = 60° der absolute Schnittdruck p = 139k wird. Der entsprechende relative Schnittdruck (p : bδ) = 72k,3 ist hierbei unter allen übrigen Werthen für α und λ am kleinsten. Daraus könnte man den Schluſs ziehen, daſs das Spanverhältniſs (b : δ) = 7,4 mit Rücksicht auf den Arbeitsaufwand am günstigsten wird. Es folgt ferner, daſs bei einer weiteren Verkleinerung der Spandicke S der relative Schnittdruck zunimmt, was durch die verstärkten Reibungswiderstände begründet erscheint, obwohl nach den Festigkeitsgesetzen eher eine Druckverminderung eintreten sollte.Hiernach sind allzugroſse Spanbreiten minder vortheilhaft. Anschlieſsend ist der Schnittdruck für Rundstähle angegeben, welche zu Folge ihrer gröſseren Masse auch ein gröſseres Wärmeleitungsvermögen besitzen und deshalb dort, wo gröſsere Kräfte wirken, von weitgehenderer Bedeutung sind. VI. Einstellungswinkel α = 90°, Schneidwinkel 85°, Schnittgeschwindigkeit v = 152mm, Vorschub λ = 0,384mm. Neigungswinkel gegen die   Wagerechte β =   0° 10° 13° Schnittdruck p = 150 159,2 168,3k Schnittvorgang schütternd reiner Span freier Span VII. Dasselbe, aber Schneidwinkel 73°. Neigungswinkel β = 28° Schnittdruck p = 120,9 114,4k VIII. Einstellungswinkel α = 68°, Schneidwinkel 77°, Neigungswinkel β = 0°. Gerader Vorschub λ = 0,587 0,384 0,227 Schnittdruck p für Schnitt-   geschwindigkeit v = 144 155 107 78k v = 251 145 87 74k Pregél.