Titel: Volumetrische Methode zur Bestimmung des Kohlenstoffes im Eisen.
Fundstelle: Band 265, Jahrgang 1887, S. 502
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Volumetrische Methode zur Bestimmung des Kohlenstoffes im Eisen. Mit Abbildung. Methode zur Bestimmung des Kohlenstoffes im Eisen. Das Prinzip dieser von J. Wiborgh in Stockholm (Stahl und Eisen, 1887 Bd. 7 S. 465) angegebenen Methode beruht darauf, das Eisen mit Kupfersulfat zu behandeln, danach das dabei gefällte Kupfer und das möglicherweise noch unzersetzte Eisen in einer Mischung von Chrom- und Schwefelsäure zu lösen, wobei gleichzeitig der Kohlenstoff zu Kohlensäure oxydirt wird, die man in eine Bürette überführt und ihr Volumen bestimmt. Die Prinzipien sind demnach dieselben, wie sie zuerst von Berzelius und nach ihm unter gewissen veränderten Verhältnissen von Särnström u.a. in Anwendung gebracht wurden (vgl. auch Berzelius 1839 72 * 41 und 1840 78 435. S. Mc Creath 1877 225 * 369. V. Eggertz sowie G. Zabudsky 1883 250 414. Särnström 1885 256 549. C. H. Risdale 1887 263 288). Der Unterschied des Wiborgh'schen Verfahrens von den übrigen besteht hauptsächlich darin, daſs die Kohlensäure nicht wie früher durch Wägung, sondern durch Messung bestimmt wird. Der dadurch erreichte Vortheil liegt klar zu Tage: Die Verbrennungsprobe wird in hohem Grade vereinfacht und auch für Hüttenlaboratorien praktisch anwendbar gemacht, was bei den anderen Verfahren kaum der Fall ist, da sie complicirte und zum Theile sehr kostspielige Apparate verlangen, deren Handhabung groſse Uebung voraussetzt; auſserdem sind auch Gas, schlieſslich eine sehr gute Wage und genaue Wägungen erforderlich. Die volumetrische Methode besitzt aber auch noch den Vorzug, daſs sie eine weit kürzere Zeit als alle übrigen beansprucht, was darin seinen Grund hat, daſs zur Probe eine geringere Menge Eisen nöthig ist, da eine nur kleine Menge Kohlensäure sich mittels einer geeigneten Bürette mit gröſserer Sicherheit messen als wägen läſst. Werden zu einer Untersuchung z.B. 0g,2 Eisen genommen, so entspricht 1/20cc Kohlensäure 0,014 Proc. Kohle, aber diese Kohlensäure wiegt nur 0g,0001, ist also in diesem Falle wohl meſs- aber kaum wägbar. Damit diese Methode richtige Resultate gebe, ist jedoch nothwendig, daſs der Kohlenstoff des Eisens vollständig zu Kohlensäure oxydirt wird, wozu die Erfüllung dreier Bedingungen erforderlich ist. 1) Daſs bei der Behandlung des Eisens mit Kupfersulfat Kohlenstoff nicht als Kohlenwasserstoff verloren geht, 2) daſs ebenso bei der Behandlung des Eisens mit Chrom- und Schwefelsäure kein Kohlenwasserstoff, sondern nur Kohlensäure entwickelt wird, und 3) daſs das Eisen sich in dem Chrom- und Schwefelsäuregemische vollständig löst. Bei der Auflösung des Eisens in Kupfersulfat wird, selbst wenn dieses vollständig neutral ist, stets etwas Kohlenwasserstoff entwickelt, bisweilen sogar in solcher Menge, daſs diese Kohlenwasserstoffentwickelung einen merklichen Verlust in der Analyse zur Folge hat, jedoch bildet glücklicherweise letzterer Fall eine Ausnahme, da nur graues Roheisen sowie glühend gemachter und ohne Bearbeitung langsam abgekühlter Stahl sich in Kupfersulfat unter Entwickelung einer beachtenswerthen Menge derartiger Gase lösen. Aus unten auszuführenden Gründen ist es indeſs nicht nöthig, daſs das Eisen völlig vom Kupfersulfate zersetzt werde, weshalb man auch nicht länger als eben genügend mit Sulfatlösung behandelt, ein Umstand, der um so schwerer ins Gewicht fällt, je gröſser die Menge des bei der Auflösung des Eisens sich entwickelnden Gases ist. Beobachtet man genannte Vorsicht sorgfältig, so wird bei der Behandlung des Eisens mit Kupfersulfat Kohlenstoff in beachtenswerther Menge in Form von Kohlenwasserstoff nicht verloren gehen. Die zweite Bedingung, daſs der Kohlenstoff des Eisens bei der Lösung des letzteren in Chrom- und Schwefelsäure vollständig und ohne Kohlenwasserstoffbildung zu Kohlensäure oxydirt wird, läſst sich leicht erfüllen. Es ist dazu nur erforderlich, daſs das Lösungsmittel aus einer genügenden Menge in Schwefelsäure von passendem Concentrationsgrade aufgelöster Chromsäure besteht, und daſs diese Lösung nicht direkt auf das Kohlenstoff haltige Eisen einwirke, sondern erst dann, wenn dasselbe, wenigstens bis zu einem gewissen Grade, von dem Kupfersulfate zersetzt ist. Wird das Eisen ohne vorhergegangene Behandlung mit schwefelsaurem Kupfer in Chrom- und Schwefelsäure gelöst, so entwickelt sich, mag der Concentrationsgrad sein, welcher er will, stets Kohlenwasserstoff. Diese Erscheinung beruht darauf, daſs die Auflösung des Eisens beginnt, noch ehe die Lösung eine solche Temperatur erhalten hat, daſs die Chromsäure Kraft genug besäſse, den Kohlenstoff und den Wasserstoff zu oxydiren. Ist dagegen das Eisen vollständig zersetzt, so wird der ausgeschiedene Kohlenstoff nicht eher oxydirt, als bis die Flüssigkeit eine ziemlich hohe Temperatur (nahe dem Siedepunkte) erlangt hat, auch ist die Oxydation dann stets vollständig. Auch das bei der Zersetzung des Eisens gefällte Kupfer wird nicht eher gelöst, als bis die Flüssigkeit eine ungefähr gleich hohe Temperatur erhalten hat, und in Folge dessen erweist sich die vollständige Zersetzung des Eisens in der Sulfatlösung nicht als absolut nothwendig, denn ist die auf die Eisentheilchen gefällte Kupferschicht hinreichend dick, so wird das Eisen von der sauren Lösung nicht eher angegriffen, als bis es eine für die vollständige Verbrennung der Kohle geeignete Temperatur angenommen hat. Nach einer vorhergegangenen Behandlung des Eisens mit Kupfersulfat kann man den Kohlenstoff solchergestalt mit Chrom- und Schwefelsäure vollständig zu Kohlensäure oxydiren, so daſs bei dem Gase, welches sich bei der genannten Lösung des Eisens in der Bürette ansammelt, niemals der geringste Geruch von Kohlenwasserstoff wahrgenommen wird. Um das zu untersuchende Eisen möglichst rasch und vollständig in Lösung zu bringen, ist es nothwendig, daſs dasselbe in fein vertheilter Form zur Anwendung komme. Man benutzt es deshalb am besten als Feilspäne oder Körner von solcher Feinheit, daſs sie durch ein Sieb mit Löchern von 1mm,5 Durchmesser gehen. Durch eine derartige Behandlung des Eisens erreicht man nicht allein dessen völlige Lösung, sondern es wird auch sämmtlicher Kohlenstoff, mag er als Graphit oder gebunden vorkommen, zu Kohlensäure oxydirt, ohne daſs dabei ein anderer Verlust zu befürchten ist als derjenige, welcher dadurch entsteht, daſs bei der Behandlung des Eisens mit Kupfersulfat zuweilen Spuren von Kohlenwasserstoff verloren gehen. Der zur Ausführung der Untersuchung construirte Apparat ist folgendermaſsen zusammengesetzt: Er besteht zunächst aus einem Probecylinder A von 140mm Länge und 20mm innerem Durchmesser, welcher zur Auflösung des Eisens dient. Darauf wird luftdicht schlieſsend ein doppelt durchbohrter Kautschukstopfen aufgesetzt dessen eine Oeffnung für eine mit einem Hahne versehene Trichterröhre B und dessen andere für die Leitung bestimmt ist, durch welche der Probircylinder A mit der Bürette C in Verbindung steht. Diese Leitung besteht aus zwei starken durch Kautschukligatur verbundenen Glasröhren D, D, von denen die eine mit einem Hahne E versehen ist, so daſs die Verbindung zwischen Probecylinder und Bürette beliebig unterbrochen werden kann. Das obere Ende der Bürette C ist ebenfalls durch einen Kautschukstopfen geschlossen, in welchen sowohl die eben genannte Leitungsröhre mündet, als auch ein mit Hahn versehener Glastrichter F eingepaſst ist. Der Abstand zwischen Probecylinder und Bürette soll ungefähr 200mm betragen, ferner soll die in den Probircylinder eingesetzte Trichterröhre B 15 bis 20mm unterhalb des Kautschukstopfens schlieſsen, wogegen die Leitungsröhre nur bis an die untere Fläche des Stopfens reichen darf. Textabbildung Bd. 265, S. 505 Damit die Bürette C, welche etwa 60cc faſst, nicht allzu lang wird, unten aber, wo sie calibrirt werden soll, gleichwohl nicht zu weit ausfällt, gibt man ihrem oberen Theil in der Länge von 70mm einen inneren Durchmesser von 16mm; hieran anschlieſsend befindet sich eine birnenförmige Erweiterung G von etwa 25cc Inhalt. Erst unter dieser Erweiterung beginnt der calibrirte Theil der Bürette mit einem inneren Durchmesser von nur 9mm; dieser Theil ist in einer Länge von wenigstens 200mm in 1/10 noch besser in 1/20cc eingetheilt. Unten ist die Bürette mit einem Hahne H versehen und steht mittels eines Kautschukschlauchs mit einer tubulirten Flasche I von 200cc Inhalt in Verbindung. Der ganze Apparat ist, wie aus der Figur zu ersehen, auf einem bestelle befestigt. Der Probircylinder wird in eine Hülse von Messingdrahtnetz gebracht und direkt mittels einer Gas- oder Spiritusflamme erhitzt. Um das in der Bürette befindliche Gas bei gleichmäſsiger Temperatur erhalten zu können, wird dieselbe in eine weitere, mit Wasser gefüllte Glasröhre K eingebracht. Die Wasserflasche I wird in einer beweglichen Blechhülse befestigt und kann so nach Belieben in passender Höhe eingestellt werden. Zur Ausführung der Probe bringt man von der zu untersuchenden Substanz, wie oben beschrieben, in fein vertheiltem Zustande 0g,2 (von Schmiedeisen und Stahl) oder 0g,1 (von Roheisen) in den sorgfältig gereinigten und getrockneten Probircylinder, wobei darauf zu achten ist, daſs keine der feinen Eisentheilchen am Glase hängen bleiben. Hierauf gieſst man vorsichtig 4cc einer gesättigten Lösung reinen, krystallisirten Kupfersulfates hinzu und läſst dieselbe etwa 10 Minuten lang einwirken, indem man ab und zu das Gemenge mit einem Glasstäbchen umrührt. Auf diese Weise wird das fein vertheilte Eisen rasch gelöst und eine entsprechende Menge Kupfer niedergeschlagen. Alsdann gibt man – falls sich ein beachtenswerther Geruch von Kohlenwasserstoff bemerkbar macht schon nach 3 bis 4 Minuten – 1g,2 krystallisirte Chromsäure in den Probircylinder und mischt sorgfältig durch einander; hierbei erhitzt sich die Lösung ziemlich stark, weshalb man sie durch Eintauchen des Probircylinders in kaltes Wasser abkühlt. Indeſs wird die mit der Bürette C verbundene Wasserflasche I so hoch gestellt, daſs das Wasser in der Bürette über die kugelförmige Erweiterung hinaus emporsteigt, worauf man durch die Trichterröhre der Bürette so viel Wasser einläſst, daſs diese Röhre unterhalb des Hahnes ganz gefüllt ist; nachdem dies geschehen, wird, wie oben beschrieben, der Probircylinder mit der Bürette verbunden und der Hahn der Trichterröhre B geschlossen, wonach man die Wasserflasche I tiefer stellt, damit der ganze Apparat unter vermindertem Drucke steht. Durch die Trichterröhre B läſst man nun 8cc Schwefelsäure von 1,7 spec. Gew. tropfenweise in den Probircylinder flieſsen; sobald das Schwefelsäureniveau bis zum Hahne hinabgesunken ist, wird derselbe geschlossen. Man erwärmt alsdann das Gemenge im Probircylinder vorsichtig zum Sieden. Falls durch den Gasdruck das Wasser in der Bürette sinken sollte, stellt man auch die Flasche I tiefer, so daſs die Flüssigkeit sich stets unter vermindertem Drucke befindet. Nach etwa 10 Minuten langem Kochen kann man annehmen, daſs alles Eisen gelöst ist, und unterbricht die Operation. Nach einigem Abkühlen füllt man die Trichterröhre B mit Wasser und läſst dieses langsam in den Probircylinder flieſsen, bis dieser selbst sowie die ganze Leitungsröhre gefüllt ist. Auf solche Weise wird die gesammte Gasmenge in die Bürette übergeführt und man schlieſst den Hahn der Leitungsröhre D. Die Bürette C enthält nun auſser Luft all die Kohlensäure, welche bei der Oxydation der Kohle gebildet worden ist. Nach einigen Minuten wird der Wasserstand in der Bürette abgelassen, wobei die Wasserfläche in derselben auf gleicher Höhe mit der der Wasserflasche I sich befinden muſs. Hierauf stellt man letztere wieder tiefer, damit der Druck in der Bürette eine Verminderung erfährt, schlieſst den unteren Hahn und läſst durch die Trichterröhre F einige Cubikcentimeter einer 10procentigen Kalilösung in die Bürette flieſsen. Nach kurzer Zeit ist sämmtliche Kohlensäure absorbirt. Man öffnet den unteren Hahn wieder, und in dem Verhältnisse des Volumens, welches die Kohlensäure eingenommen, steigt Wasser in die Bürette. Alsdann nimmt man eine neue Ablesung vor, nachdem man der Wasserflasche wieder eine solche Stellung gegeben, daſs die Wasserflächen in gleicher Hohe sich befinden. Der Unterschied zwischen der Ablesung vor und derjenigen nach der Behandlung mit Kalilösung gibt das Volumen der Kohlensäure an, welches aus dem im Eisen befindlichen Kohlenstoff gebildet worden ist. Es läſst sich leicht berechnen, daſs wenn 0g,2 Eisen zur Probe eingewogen wurden, jeder Cubikcentimeter Kohlensäure bei 18° 0,253 Proc. Kohlenstoff entspricht. Man hätte also die Anzahl der Cubikcentimeter nur mit dem Factor 0,253 zu multipliciren, um den ganzen Kohlenstoffgehalt zu bestimmen. Nun absorbirt aber das Wasser, welches als Sperrflüssigkeit angewandt wird, etwas Kohlensäuregas, so daſs der Factor 0,253 in Wirklichkeit zu klein ist, Er läſst sich also nicht berechnen, sondern muſs auf dem Versuchswege ermittelt werden. Zu diesem Zwecke wurden, anstatt 0g,2 Eisen, verschiedene Mengen reines, wasserfreies Natriumcarbonat, gewissen bestimmten Kohlenstoffgehalten entsprechend, abgewogen und damit die Probe auf eine der beschriebenen ähnliche Weise ausgeführt. Das Ergebniſs dieser Versuche war das, daſs anstatt des Factors 0,253 der Factor 0,28 anzuwenden ist; derselbe zeigte sich für sehr verschiedene Mengen von Kohlensäure nahezu constant. Daſs dieser Factor vollständig richtig ist, wurde auch durch mehrere Kohlenstoffbestimmungen verschiedener Eisensorten, deren Kohlenstoffgehalt voraus bekannt war, bestätigt; aus diesen letzteren Untersuchungen ergab sich auſserdem, daſs für Eisen mit geringerem Kohlenstoffgehalte der Factor sogar etwas höher genommen werden muſs. Auf Grund dessen ist für Schmiedeisen und Stahl der Factor 0,29, für Roheisen der Factor 0,28 in Rechnung zu bringen. Hat man nur 0g,1 Eisen eingewogen, so ist derselbe zu verdoppeln. Je nach der Temperatur, bei der die Operation vorgenommen, werden sich auch die Factoren ändern. Nun ist zwar ein Temperaturunterschied von wenigen Graden ohne Einfluſs auf das Resultat, doch muſs man beim Arbeiten bei sehr verschiedenen Wärmegraden eine Berichtigung vornehmen. Man multiplicirt oder dividirt alsdann, je nachdem die Temperatur 18°, bei welcher die vorstehenden Zahlen gefunden wurden, unter- oder übersteigt, die Factoren mit (1 + 0,00367 × t) wobei t den Temperaturunterschied angibt. Dieses Verfahren zur Bestimmung des Kohlenstoffes ist auſserordentlich einfach und leicht auszuführen, auch erfordert es sehr wenig Zeit (etwa 45 Minuten) und liefert, wie Verfasser versichert, sehr befriedigende Resultate. Die folgende Tabelle enthält zum Vergleiche nach dieser und anderen Verbrennungsmethoden ausgeführte Bestimmungen des Kohlenstoffes in verschiedenen Eisensorten: Kohlenstoff,bestimmt nachWiborgh's volume-trischer Methode Kohlenstoff, bestimmt von: Proc. Proc. Spiegeleisen 4,48 4,46 Tamm, mittels Verbrennung in Sauerstoffgas Graues Roheisen 4,31 4,36      „           „               „           „            „ Weiſses Roheisen 4,28 4,28      „           „               „           „            „ Manganstahl 1,75 1,70 Särnström, nach seiner Methode Guſsstahl 1,34 1,35            „           „          „           „ Chromstahl 1,32 1,40            „           „          „           „ Bessemerstahl 1,20 1,20            „           „          „           „ Stahl 1,12 1,15            „           „          „           „ desgl. 1,05 1,00 Tamm, Särnström u.a. desgl. 0,83 0,80 Särnström, nach seiner Methode desgl. 0,71 0,70            „           „          „           „ Eisen   0,126 0,12            „           „          „           „