Titel: W. R. King's Gewindesystem.
Fundstelle: Band 266, Jahrgang 1887, S. 310
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W. R. King's Gewindesystem.In der diesjährigen Hauptversammlung des Vereins deutscher Ingenieure wurde in Folge Meinungsverschiedenheit der Bezirksvereine ein Entschluſs über die Annahme des metrischen Gewindesystems nicht gefaſst, sondern endgültige Erledigung einer weiteren Hauptversammlung vorbehalten. A. d. R. Mit Abbildungen. W. R. King's Gewindesystem. Bei Beurtheilung der heute üblichen Gewindesysteme stellt W. R. King in Tennessee als Hauptgesichtspunkt den hin, daſs alle Theite eines Bauwerkes nur genau so stark zu machen seien, wie es die darauf wirkenden Kräfte erforderten. Er kommt daher zu dem Schlüsse, daſs bei den noch üblichen Schraubenbolzen und Muttern die letzteren zu groſs und das Gewinde im Verhältniſs zu der darauf wirkenden Kraft stets viel zu grob, also zu stark sei, während dadurch der Querschnitt des Bolzens verringert und seine Festigkeit beeinträchtigt wird. Die von King in dieser Richtung angestellten Zerreiſsversuche sind u.a. in der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1886 * S. 668 näher mitgetheilt. Fig. 1., Bd. 266, S. 85 Fig. 2., Bd. 266, S. 310 Fig. 1 und 2 zeigen die Abmessungen eines Versuchsbolzens von King mit 12 Gängen auf den Zoll engl. im Verhältniſs zu den Normalmaſsen, welche für Kopf und Mutter durch punktirte Linien angedeutet sind. King führt als Vortheil der Vergröſserung der Zahl der Gänge auf der Längeneinheit folgende auf: Zunahme der Zugfestigkeit von mindestens 20 Proc. und eine Steigerung der Brucharbeit auf das 3- bis 4fache; das feinere Gewinde ist leichter zu schneiden und läſst nicht so leicht ein Schlottern der Mutter zu; in vielen Fällen wird feines Gewinde den angestauchten oder sonst verdickten Bolzenenden vorzuziehen sein, in solchen Fällen wird es das Loch ganz ausfüllen, man braucht es also nicht gröſser zu machen als die Dicke des Bolzens; durch die kleineren Köpfe und Muttern spart man am Gewichte 50 bis 60 Proc. und man kann in Folge dessen die Bolzen näher in Ecken setzen, ohne für den Kopf oder die Mutter Ausschnitte machen zu müssen. Die Nachtheile sind jedoch dagegen: Kosten für Umänderung der Schneidbacken und Gewindebohrer; gröſserer Zeitaufwand, um eine Fig. 3. Mutter auf- oder abzuschrauben; gröſserer Verlust durch Abnutzen und Verrosten, wenn die Muttern oft entfernt werden müssen. – In einigen Fällen, z.B. bei Dampfcylinderdeckeln, wird man immer das grobe Gewinde beibehalten müssen. Fig. 3., Bd. 266, S. 311 Fig. 3 zeigt eine Zusammenstellung der Gangzahlen für 1 Zoll engl. für die einzelnen Bolzendurchmesser, und zwar für die Abmessungen, wie sie das Franklin-Institut angenommen hat, ferner für Gewinde auf Röhren und für das von King vorgeschlagene Gewindesystem. King hat dabei darauf Rücksicht genommen, daſs für je ¼ Zoll engl. des Durchmessers möglichst eine ganze (nicht gebrochene) Gangzahl angenommen werde. Für die dazwischen liegenden Durchmesser soll immer die Gangzahl des nächst kleineren ¼-Zoll-Durchmessers genommen werden. So einleuchtend im Allgemeinen die Folgerungen King's sind, so darf man auch nicht auſser Acht lassen, daſs es bei einer Schraube nicht einzig und allein auf ihre Festigkeit ankommt, sondern daſs man auch auf bequeme Handhabung, genügende Auflage der Köpfe und Muttern und auf sichere Herstellungsweise Rücksicht zu nehmen hat.