Titel: Neuerungen und Fortschritte in der Gasindustrie.
Autor: W. Leybold
Fundstelle: Band 266, Jahrgang 1887, S. 327
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Neuerungen und Fortschritte in der Gasindustrie. (Fortsetzung des Berichtes S. 33 d. Bd.) Mit Abbildung. Neuerungen und Fortschritte in der Glasindustrie. Glashähne mit schräger Bohrung für die Bunte'sche Gasbürette. Es ist in D. p. J. 1887 263 * 481 schon mitgetheilt worden, daſs die Glashähne mit schräger Bohrung von Greiner und Friedrichs auch an Gasbüretten Verwendung finden. Ein Vortheil des neuen Hahnes mit schräger Bohrung bei seiner Benutzung für die Bunte'sche Bürette besteht darin, daſs 3 Bohrungsstellen nicht in eine Querschnittsebene des Hahnes fallen. Gerade über der Bürette münden zwei Bohrungen, welche schräg laufen, aber nicht unter dem Trichter stehen. Ein Einsaugen von Wasser oder Luft durch den Trichter ist also nicht möglich. Der Verschluſs der Bürette, welcher durch eine Drehung des Hahnes um 90° erfolgt, ist sicherer als an der Bunte'schen Bürette mit gewöhnlichem Hahne, welche entweder eine Zwischenstellung des Hahnes zwischen den 3 Bohrungen erfordert oder eine Drehung um 90°, nachdem vorher die seitliche Bohrung in geeigneter Weise verschlossen wurde. Häufig ist diese erstere Zwischenstellung gar nicht möglich, wenn nämlich die Hahnbohrungen zu weit oder an den Rändern ausgesplittert sind. Ein Nachtheil der neuen Hähne ist der, daſs die Verbindung zwischen Trichter und dem auf die Hahnhülse aufgesetzten Endstück fehlt (vgl. Fig. 4 S. 481 Bd. 263); dieselbe ist unumgänglich nöthig und macht bei dem gewöhnlichen Dreiwegehahn das luftfreie Ansetzen einer Hempel'schen Gaspipette leicht. Ferner ist es bei dem Dreiwegehahn mit schräger Bohrung nicht möglich, das Endstück des Hahnes aus dem Trichter mit Wasser zu füllen, und ebenso wenig läſst sich eine etwa im Schlauchstück der Hempel'schen Pipette sitzende Luftblase entfernen. Diese Mängel lassen die Anbringung des Greiner und Friedrichs'schen Hahnes an der Bunte'schen Bürette nicht vortheilhaft erscheinen. Zusammensetzung zweier deutschen Koksofentheere. G. Lunge und Jac. Schmid untersuchten Theer aus den Coppée-Koksöfen der Zeche Germania bei Dortmund, welche nach dem System von Hoffmann und Otto in Dahlhausen betrieben wird, ferner von der Zeche Hibernia und Shamrock, wo die alten sogen. Bienenkorböfen für das neue System benutzt werden. Diese Oefen sind muffelartig geschlossen, besitzen Züge unter ihrer Sohle und werden nur durch diese geheizt; auſserdem sind Regeneratoren in Verwendung. Es wurden folgende Fractionen abdestillirt: 1) Leichtöl bis 170°; 2) Mittelöl bis 230°; 3) Schweröl bis 270°; 4) Anthracenöl bis zum Schlüsse der Destillation, welche so lange fortgesetzt wurde als noch etwas abdestillirte. Die Untersuchung der Fractionen ergab folgende Resultate: Germania-Theer Hibernia-Theer Proc. Proc. Proc. Proc. AnilinbenzolSchwere Naphta       Rohnaphtalin aus Mittelöl       Rohnaphtalin aus SchwerölInsgesammt Naphtalin       Rohphenole aus Leichtöl       Rohphenole aus Mittelöl       Rohphenole aus SchwerölInsgesammt RohphenoleAnthracen, berechnet als 33procentige WaareKreosotöl = Mittelöl + Schweröl – Phenole und    NaphtalinAnthracenöl, filtrirt von AnthracenPech, sehr hartesWasser 4,543,150,251,560,42   1,68  3,64  7,69  2,23  1,59  8,2442,7630,55 1,090,440,284,901,75   1,12  2,06  1,53  6,93  0,7215,6721,9343,41  3,84 98,38 97,21 Der Theer dieser Coppée-Oefen, nach den Patenten von Hoffmann und Otto zur Gewinnung von Nebenproducten umgeändert, erweist sich hiernach dem besten Gastheer an Werth mindestens gleichstehend. Das „Anilinbenzol“ enthält reichlich Benzol und ist fast frei von nicht nitrirbaren Oelen. Eine erhebliche, aber zu Gunsten des Kokstheeres gegenüber den, Gastheer sprechende Abweichung liegt nur darin, daſs weit weniger Kreosotöl und hartes Pech als Anthracenöl vorhanden ist, welches etztere ausgedehnte Verwendung zu Imprägnir- und Schmierzwecken findet und auch mit dem harten Pech zusammen zu weichem Pech, Firniſs u. dgl. verarbeitet werden kann. Weniger werthvoll ist der Hibernia-Theer aus der Hibernia- und Shamrock-Gewerkschaft, welcher aus von auſsen geheizten Bienenkorböten des Systems Otto stammt; er enthält auffällig geringe Mengen Naphtalin, aber eine groſse Menge Phenole. Ein Nachtheil ist die schwierige Entwässerung; doch ist der Theer immerhin so werthvoll wie Gastheer (nach Chemische Industrie, 1887 Bd. 10 S. 337). Das Journal für Gasbeleuchtung, 1887 Bd. 30 S. 950 bespricht kurz einen Vortrag von Krämer auf der Hamburger Versammlung des deutschen Vereins von Gas- und Wasserfachmännern über Theerverwerthung. Der Vortragende gibt zunächst eine klare Darlegung der Eigenschaften dieses Nebenproductes, um dann auf die Beurtheilung des Werthes und der Zukunft des Theeres überzugehen. Für die Gestaltung dieser Zukunft halt Krämer die Mitwirkung der Gasanstalten für besonders wichtig und gibt verschiedene werthvolle Anregungen. In der gegenwärtigen Zeit, wo man den Theer entweder verbrennen oder kaum zum Heizwerth verkaufen muſs, ist der Vorschlag wohl der Beachtung werth, den dicken, für die Destillation wertlosen Hydrauliktheer von den später condensirten, werthvollen Oelen getrennt aufzufangen, den ersteren zu verheizen, eventuell mitzuverkoken, die letzteren zu verkaufen. Dieser Weg, einen werthvolleren Theer zu erlangen, bietet gerade praktisch keine besonderen Hindernisse, wenn er sich nur finanziell lohnend erweist. Der Verbrennung dicken Theeres stellten sich bisher allerdings Doch bedeutende Schwierigkeiten entgegen, doch sollen nach Mittheilungen von L. Körting Retortenöfen jeder Construction ohne besondere Umstände für Theerfeuerung eingerichtet werden können, so daſs ein Zwang, den Theer um jeden Preis abzugeben, nicht besteht. Auch die Theervergasung ist in neuerer Zeit schon vielfach wieder erörtert worden. Bäcker in Budweis will aus 100k Theer 50 bis 60cbm Gas von etwa 30 Kerzen Leuchtkraft erhalten haben, bei Zusatz von Kalk sogar 100cbm. Es mag sein, daſs dieses Ergebniſs in Budweis erreicht wurde, doch kann man daraus nicht den Schluſs ziehen, daſs in anderen Gasanstalten ähnliche Erfolge erzielt werden. Krämer tritt mit Recht dem Satz entgegen: „Theer ist Theer.“ Die Qualität der verwendeten Kohle sowohl, wie die Art der Destillation, namentlich die Temperatur der Oefen, sind von durchgreifendem Einfluſs auf die Beschaffenheit des Theeres, und gerade die in neuerer Zeit mit Einführung der Gasfeuerung allgemein angewendeten höheren Destillationstemperaturen haben auf die Beschaffenheit des Theeres nachtheilig eingewirkt. Es ist auſser Zweifel, daſs eine Gasanstalt, die aus ihrem Theer noch mit Vortheil Gas von hoher Leuchtkraft producirt, die erste Destillation der Kohlen nicht in richtiger Weise geleitet hat, denn sie läſst bei zu niedriger Temperatur der Oefen oder aus anderen Gründen einen groſsen Theil der werthvollen Bestandtheile im Theer, welche erst hinterher durch eine zweite Destillation des Theeres gewonnen werden Müssen. Würde es sich um Theere handeln, welche bei niederer Temperatur entstanden sind, wie etwa die Schweelöle aus den Braunkohlen der Thüringer Paraffinfabriken, so ist bekannt, daſs die daraus abgeschiedenen Gasöle bei höherer Vergasungstemperatur ein auſserordentlich leuchtkräftiges Gas, etwa in der Menge und Qualität wie oben angeführt, liefern, ohne weitere Beimischung von Kalk oder Koksstaub, die auf den eigentlichen Leuchtgasbildungsprozeſs ohne Einfluſs sind. Krämer spricht entgegen den Angaben von Bäcker dem Theer der Gasanstalten die Aussicht auf zweckmäſsige Verwendung zur Leuchtgasgewinnung ab; für manche Fälle mag es jedoch von Werth sein, die Verwendung des Theeres oder Theerpeches zur Verkokung magerer Kohlen oder Koks- und Kohlenstaub weiter zu verfolgen. Regenerativ-Lampen, System „Wenham“ und System „Grégoire und Godde“. M. Goindet bespricht (Bulletin de la Société industrielle de Rouen, 1887 S. 209) die Ursachen, welche zur Construction kräftiger Gasbrenner (becs intensifs) führten, schlieſst daran eine historische Skizze ihrer Entwickelung, worin er die erste Regenerativlampe (M. Causenot, 1845) erwähnt, und den Grund, warum selbe sich nicht einbürgern konnte, in dem damaligen Mangel des Bedürfnisses nach „mehr Licht“: zu finden glaubt. Im Weiteren führt er den Siemens'schen Brenner an und bespricht dessen Construction, sowie die damit erreichten Resultate recht ausführlich, fügt daran die Namen von Brennern neuerer Einrichtung, welche den Vortheil gegenüber dem Siemens'schen Brenner besitzen., daſs durch Anbringung des Regenerators oberhalb der Flamme der groſse intensive Schatten unterhalb der Lampe beseitigt wurde, und geht schlieſslich zur Besprechung der Einrichtung der beiden erwähnten Lampensysteme und der mit diesen Lampen durchgeführten photometrischen Versuche über. – Diesem ausgedehnten Berichte seien nur folgende wenige Zahlen entnommen, welche Aufschluſs über den relativen Werth einiger bekannteren Brenner geben. Aufwand von Leuchtgas in der Stunde für 1 Carcellampe1 Carcel = 9,82 Vereinskerzen bei 50mm Flammenhöhe nach Schilling. für 1 Vereinskerze Brenner Bengel 1051 10l,7 Gautier, Mallet 85l   8l,6 Siemens    42l,5   4l,3 Wenham Grégoire und Godde ohneReflector 40l40l   4l,1  4l,1 Wenham Grégoire und Godde mitReflector    27l,7   27l,7   2l,8  2l,8 Im Niederrheinischen Bezirks-Ingenieurverein hielt Neuhaus einen interessanten Vortrag über das Beladen von Schiffen bezieh. Entladen von Waggons mit Kohle in England. Es sind die dort gemachten Erfahrungen von Wichtigkeit z.B. für Gasfabriken, welche oft kolossale Kohlenlager anhäufen müssen, ohne hierzu geeignete Ausladevorrichtungen zu besitzen, sondern sich mit Austragen der Kohle in Körben behelfen müssen; ferner für die groſsen Kesselhäuser, welche ebenfalls riesige Quantitäten von Kohle verbrauchen. Optisches Flammenmaſs für die Amylacetatlampe. H. Krüss bringt das von ihm construirte optische Flammenmaſs in verkleinertem Maſsstabe an der Amylacetatlampe an, um das Einstellen auf die richtige Flammenhöhe von 40mm zu erleichtern. Bedeutend verbessert war die Einstellung schon durch den von Buhe angegebenen Schirm, welcher den gröſsten Theil der Flamme abblendet und nur einige Millimeter der Spitze sichtbar läſst. Die Krüss'sche Einrichtung läſst sich auch nachträglich leicht an jeder Amylacetatlampe anbringen. Ein an der Seite aufgeschnittenes und dadurch etwas federndes Rohr a wird über den unteren Theil der Lampe geschoben. An der anderen Seite trägt es eine Verlängerung b von der Breite des Buhe'schen Schirmes, welcher auch hier zur Abblendung der Flamme dient. In das obere Ende dieses Schirmes ist ein kurzes Rohr c befestigt, in welchem sich ein zweites Rohr d schiebt. An dem vorderen Ende ist eine achromatische Linse l angebracht, an dem hinteren eine matte Glasplatte p mit einer Millimetertheilung. Der mittlere Strich dieser Theilung liegt in der optischen Achse ef dieser Linse, und auſserdem hat diese Achse einen Abstand von 40mm über dem obersten Rand des Dochtröhrchens der Lampe. Textabbildung Bd. 266, S. 331 Das Rohr d wird in dem äuſseren Rohr c so verschoben, daſs das Bild e der Flammenspitze f scharf auf der matten Glasplatte p eingestellt ist; in dieser Stellung können diese beiden Röhren durch eine Schraube gegen einander befestigt werden. Die Flammenhöhe wird dann so regulirt, daſs die Spitze des Flammenbildes gerade den 40-Strich der Theilung berührt. Diese Einstellung ist eine sehr sichere und angenehme; Parallaxe ist ausgeschlossen, da das zu messende Bild und der Maſsstab in einer und derselben Ebene liegen. (Nach dem Journal für Gasbeleuchtung, 1887 Bd. 30 S. 817; vgl. auch 1884 252 474.) Neuhaus besprach die an der Tyne vielfach benutzten Ausladevorrichtungen, mit welchen es möglich ist, Dampfer von 800 bis 1000t Tragfähigkeit in der kurzen Zeit von etwa 4 Stunden vollständig zu beiden. Man benutzt hierzu fast allgemein Eisenbahnwagen mit unteren Fallthüren, bei deren Oeffnung der ganze Inhalt fast auf einmal zur Entleerung gelangt. Eine Fallthüre haben die Waggons von etwa 4t Inhalt, gröſsere von 6 bis 8t haben deren 2; am häufigsten jedoch sind Doppelwaggons von 10 bis 10t,5 Inhalt mit 4 unteren Fallthüren, welche in der Mitte unten am Wagen ihre Drehachsen haben. Jede Thür ist vorn mit 2 Charnierverschlüssen versehen, welche durch Stifte gesichert werden; letztere sind an Kettchen befestigt, damit sie nicht verloren gehen. Die zum Verladen bestimmten Kohlen werden in diesen Wagen durch eine Locomotive bis an die Verladestation herangebracht, wobei die Bahn für die vollen Wagen so angelegt ist, daſs sie Fall nach der Verladestation hat, die Wagen also von selbst dahin laufen können, während die leeren Wagen auf einem zweiten Geleise, welches auf der ganzen Strecke nach der entgegengesetzten Richtung Fall hat, sich sammeln und von einer Locomotive weggezogen werden. Da die Zu- und Abführgeleise für Locomotivbetrieb bis dicht an die Verladestation heranreichen, so sind zum Bewegen des Wagens keine Pferde u. dgl. nöthig. Die Verladestation besteht aus einem schmalen, langen, gewöhnlich aus Holz gebauten, ziemlich hohen Gerüste, welches in das Dock, in dem die Schiffe anlegen, hineinreicht, und zwar ist die Länge des Gerüstes im Bassin so bemessen, daſs die zu befrachtenden gröſsten Schiffe der Länge nach anlegen können. Auf dem Gerüste sind die Geleise angebracht; das Geleise für die ankommenden Wagen liegt etwas höher als das für die abgehenden, und es führen von ersterem nach letzterem Weichen. Auf beiden Seiten des Gerüstes befinden sich, den Ladeluken der Schiffe entsprechend, 2 oder 3 Schurren oder Tröge für die Kohlenverladung, welche mit dem in der Mitte unter dem Geleise für leere Wagen angebrachten groſsen Trichter in Verbindung stehen; dieser ist so groſs bemessen, daſs ein gleichzeitiges Entleeren zweier Wagen möglich ist. Der Boden des Trichters wird von einer drehbaren Klappe gebildet, welche es ermöglicht, die Kohlen nach rechts oder links gleiten zu lassen. Da wegen des groſsen Tiefganges der Schiffe deren Höhenlage zum Gerüste eine sehr veränderliche ist, so bringt man rechts und links von dem Kohlentrichter noch einen tieferen Trichter an, welcher ebenfalls mit einer drehbaren Bodenklappe und seitlichen Ladeschurren versehen ist. Die Verbindung der Gerüstschurre mit dem Laderaum des Schiffes erfolgt durch einen langen viereckigen Trog aus Eisenblech, welcher an Ketten aufgehängt ist und durch Windevorrichtungen in eine bestimmte Neigung gebracht werden kann. Je nach der Höhenlage des Schiffes wird der Trog mit der oberen oder unteren Schurre verbunden, und seine Länge ist so bemessen, daſs das äuſsere Ende sich gerade über der Ladeluke des Schiffes befindet. Am Ende des Troges ist eine Klappe angebracht, welche oben ihren Drehpunkt hat und mittels Kette und Windewerkes mit Handrad vom Gerüst aus gezogen werden kann. Das Verladen der Kohlen geht folgendermaſsen von statten: Die von der Locomotive herbeigebrachten vollen Wagen werden von einem Arbeiter in Gruppen von 4 oder 5 Wagen, welche zusammengekuppelt bleiben und mit einem Bremswagen versehen sind, auf dem fallenden Geleise nach dem Geleise für leere Wagen gefahren; da die hierbei zu passirende Weiche viel Fall hat, so laufen die Wagen auf dem steigenden Geleise bis ans Ende und werden dort gebremst. Die Arbeiter, welche das Entleeren der Wagen vornehmen, stehen auf beiden Seiten der Ladetrichter und schlagen schon beim Vorbeirollen der Wagen die Sicherheitszapfen der Verschlüsse heraus, so daſs sie jetzt, wenn nach dem Losen der Bremse die Wagen über die Trichter von selbst zurückfahren, den Charnieren nur einen Ruck zu geben haben, um das Oeffnen der Fallthüren zu bewirken, worauf alsdann der ganze Inhalt des Wagens sich nach unten entleert. Damit keine Kohlenstücke sitzen bleiben, schlagen die Arbeiter mit groſsen Holzhämmern einigemal gegen die Wagenwandungen, worauf auch die letzten Kohlenreste aus den Wagen herausfallen. Die Fallthüren werden wieder zugemacht, die Wagen fahren weiter, es wird der folgende entleert u.s.w. Beim Anhalten der vollen Wagen über dem Ladetrichter gebraucht man nicht die Wagenbremse, sondern einer der Arbeiter bedient sich eines Holzkeiles mit Griff, den er auf die Schienen legt, damit die Wagen an der richtigen Stelle anhalten. Nach dem Wegnehmen des Holzkeiles rollen alsdann die Wagen weiter, und wenn sich der nächste über dem Trichter befindet, so erfolgt das Anhalten wie vorhin. Die in den Trichter fallenden Kohlen gelangen in den langen eisernen Trog, welcher nach dem Schiffe führt; damit sie nicht mit zu groſser Wucht ins Schiff hineinfallen, hält man vermittels der oberen Stellvorrichtung mit Handrad die Klappe am Troge so lange zu, bis dieser ganz gefüllt ist. Die Neigung des Troges ist nämlich so zu bemessen, daſs die Kohlen darin sich nur bis zu einer gewissen Schichthöhe anhäufen, während die Seitenwände des Troges höher sind als diese Schicht, so daſs keine Kohlen seitlich ins Wasser fallen können. Wenn nun der Trog ganz mit Kohlen gefüllt ist und oben noch mehr Wagen entleert werden, so öffnet man die Trogklappe ein wenig; dadurch kommt der ganze Inhalt des Troges langsam ins Rutschen, und man läſst nun durch Stellung der Klappe unten so viel ins Schiff fallen, wie oben neu hinzukommt. Auf diese Weise vermeidet man das rasche Stürzen und Zerkleinern der Kohlen. Die zwischen den beiden Geleisen des Gerüstes eingeschaltete Weiche ist gewöhnlich so eingerichtet, daſs die leeren Wagen frei ablaufen können, während die ankommenden vollen Wagen die Weichenzungen zur Seite drücken, worauf die Weiche durch ein Gewicht wieder in ihre ursprüngliche Lage zurückgebracht wird, so daſs keine weitere Bedienung erforderlich ist. Damit die vollen Wagen nicht nach dem Gerüst rollen können, ist eine Geleissperrvorrichtung angebracht, aus einem starken Querbalken bestehend, der durch ein Gewicht quer über eine der Schienen gezogen wird; oben am Balken befindet sich eine Oese, in die ein Haken eingreift, wodurch der Balken zurückgehalten wird. Der Haken ist mit einer Zugvorrichtung versehen, welche bis zum Gerüst hingeht, so daſs man ihn von dort aus auslösen kann, worauf alsdann das Gewicht den Querbalken über die Schiene zieht. Auf diese Weise können die etwa ins Rollen kommenden Wagen aus einiger Entfernung aufgehalten werden. Mit diesen Einrichtungen ist man im Stande, alle fünf Minuten einen Doppelwaggon an einer der Verladestellen zu entleeren; da gewöhnlich ein Schiff an zwei Stellen gleichzeitig beladen wird, so ist es, wie schon erwähnt, möglich, einen Dampfer von 800 bis 1000t Ladung in der kurzen Zeit von 4 Stunden mit Kohlen zu befrachten. Die ganze Anlage ist einfach in Bau und Bedienung und erfordert auſser einem hohen Gerüst keine umständlichen Einrichtungen; dabei übertrifft sie an Leistung alle anderen Anlagen mit irgend welchen Vorrichtungen zum Kippen, Heben oder Senken der Wagen. Diese Einfachheit in der Verladung ist aber nur dadurch möglich geworden, daſs man in England groſse Wagen mit Fallthüren eingeführt hat, während bei uns solche gar nicht vorhanden sind. Es wäre für unsere Gasfabriken, Kohlenlager, Kesselhäuser sicher eine groſse Vereinfachung, Ersparniſs an Zeit und Arbeit, wenn solche Wagen zur Verfügung stünden, zumal die neueren Lagerplätze zwecks einfacheren Ausladens schon vertieft gebaut sind (nach Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1887 Bd. 31 S. 372). W. Leybold.