Titel: Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation.
Fundstelle: Band 266, Jahrgang 1887, S. 563
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Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation. (Patentklasse 6. Fortsetzung des Berichtes S. 418 d. Bd.) Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation. III. Hefe und Gährung. Ueber die Aufbewahrung der Mutterhefe, insbesondere unter Kohlensäuredruck berichtet R. Schrohe in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1887 Bd. 10 S. 2. Derselbe wendet sich gegen die Benutzung der offenen oder doch nur lose bedeckten Eimer zur Aufbewahrung der Mutterhefe, weil hierdurch viel Unreinlichkeiten, besonders beim Kühlen der Hefe, gar zu leicht vorkommen können. Als Mittel, um diese Uebelstände zu beseitigen, empfiehlt derselbe die Aufbewahrung unter Luftabschluſs und unter Kohlensäuredruck in eigens dazu hergerichteten starken, innen verzinnten Kupfergefäſsen von cylindrischer Form mit gewölbtem Boden. Auch das obere Ende des Gefäſses ist gewölbt und hat in der Mitte eine so weite Oeffnung, daſs man bequem mit dem Arm hineingelangen kann. Die Oeffnung ist durch einen aufschraubbaren Deckel luftdicht zu verschlieſsen; indem Deckel befindet sich ein Ausfluſsrohr, welches durch ein Dampfventil verschlossen ist. Die Hefe wird in die Gefäſse gefüllt und dann dieselben sofort verschlossen und in Kühlwasser gesetzt. Die Gährung dauert noch fort und es entwickelt sich allmählich so viel Kohlensäure, daſs ein Druck von mehreren Atmosphären entsteht. Der Hauptvortheil dieser Methode liegt darin, daſs die Luft mit ihren schädlichen Keimen abgeschlossen ist und daſs die Hefe gegen Verunreinigungen von auſsen vollständig geschützt ist. Auch ist nach den Versuchen Delbrück's (vgl. 1887 263 530), welcher fand, daſs die Kohlensäure die Gährung verzögert, anzunehmen, daſs die Gegenwart derselben geradezu einen conservirenden Einfluſs auf die Hefe ausübt. Der Verfasser empfiehlt sein Verfahren auch zur Aufbewahrung der Mutterhefe von einer Campagne zur anderen; für diesen Zweck wird man gut thun, der Hefemaische etwas Hopfen zuzusetzen. Naumann hat, wie derselbe in der genannten Zeitschrift S. 68 beachtet, nach diesem Verfahren keine günstigen Resultate erhalten. Derselbe hatte sich einen Eimer so hergerichtet, daſs derselbe mittels Gummiverpackung luftdicht verschlossen werden konnte. Hierin bewahrte er die Mutterhefe auf, erhielt aber bei Verwendung derselben eine schlechte Ausbeute. Er ist der Ansicht, daſs Luftzutritt zur Aufbewahrung nothwendig ist; trotzdem empfiehlt er jedoch zur Aufbewahrung für die andere Campagne ein luftdicht verschlossenes Weinfaſs, in welchem sich die Hefe vorzüglich halten soll. Die Frage: Wann ist die Hefe reif? haben wir schon in einem früheren Referat (vgl. 1887 265 411) erörtert. Zu den dort wiedergegebenen Ausführungen W.'s theilt E. Brauer in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1887 Bd. 10 S. 2 seine praktischen Erfahrungen mit, welche ihn zu der Ansicht führen, daſs eine bestimmte, für alle Fälle passende Antwort auf obige Frage nicht zu geben sei, da örtliche Verhältnisse, sowie die Verwendung verschiedenartiger Materialien zu sehr mitsprächen. Er empfiehlt nach seinen Erfahrungen einen Zuckergehalt von 12 bis 14° B. als den geeignetsten zur Abnahme der Mutterhefe. Die sicherste Antwort auf die Frage könnte wohl die mikroskopische Untersuchung geben, da die Hefe wahrscheinlich in das Stadium der Reife tritt, sobald eine Vermehrung der Zellen aufhört. Die Frage: Ob es zweckmäſsiger ist, gepreſste oder ungepreſste Hefe zum Anstellen zu verwenden, bezeichnet Schrohe in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1887 Bd. 10 S. 9 als eine noch offene. In der Praxis ist häufig die Ansicht vertreten, daſs Preſshefe durch das Pressen eine Einbuſse an ihrer Gährkraft erleide und daſs die gewässerte, aber nicht gepreſste Hefe zum Anstellen den Vorzug verdiene. Daſs der Druck beim Pressen nachtheilig wirkt, ist kaum anzunehmen, dagegen wird dem nicht gepreſsten Hefeschlamm der Vorzug gegeben, weil man dadurch das Aufschlämmen der Hefe erspart, und weil die Bildung von Hefeklümpchen, welche sich der Auflösung entziehen könnten, ausgeschlossen ist. Dagegen hat die Anwendung der nicht gepreſsten Hefe den Nachtheil, daſs in dem Bemessen der richtigen Hefemenge eine groſse Unsicherheit obwaltet, da es nur bei groſser Uebung möglich ist zu beurtheilen, wie viel Hefe wirklich in 1l Hefeschlamm enthalten ist. Ueber die Verwendung von Schlämpe in der Preſshefefabrikation berichtet W. in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1887 Bd. 10 S. 10. Man verwendete früher die Schlampe entweder als Einmaischwasser oder aber zum Ansäuern der Maischen und setzte sie dann entweder auf dem Kühlschiff oder im Gährbottich zu. Neu dagegen ist die Anwendung der Schlampe zum Dämpfen von ungeschrotenem Mais. Das Dämpfen geschieht im Henze-Apparat bei einem Druck von 0at,5 während 1 bis 1½ Stunden, und es soll sich dieses Verfahren gut bewähren. Die Säure der Schlampe trägt zur besseren Aufschlieſsung des Mais bei und durch den Druck, welchem die Schlampe ausgesetzt wird, findet eine sichere Abtödtung der Bakterien und dadurch eine bessere Reinlichkeit der Gährung statt, als wenn man die Schlampe erst im Gährbottich zusetzt. Die Schlampe wird in hölzerne Behälter gebracht, wo dieselbe selbst nach 24 Stunden noch eine Temperatur von etwa 50° behält, so daſs schädliche Säurebildungen in diesen Behältern nicht stattfinden können. Aus diesen Behältern wird die Schlampe direkt in den Dämpfapparat geleitet. Der Verfasser bemerkt, daſs auch in Biesdorf ausgeführte Versuche, bei welchen Mais im ganzen Korn mit Schlampe gedämpft wurde, befriedigende Resultate ergeben hatten. Zu diesen Beobachtungen bemerkt J. Hanak in der genannten Zeitschrift S. 17 und 27, daſs er sehr schlechte Erfahrungen mit dieser Anwendung der Schlampe gemacht habe. Zwar war die Ausbeute an Spiritus eine sehr gute, dagegen die Ausbeute sowohl, wie die Beschaffenheit der Hefe eine durchaus nicht befriedigende. Die Hefe war von sehr dunkler Farbe und diese Erscheinung zeigte sich sowohl beim Dämpfen ohne Druck, wie auch bei Anwendung von Druck; auch die Zeit des Dämpfens änderte hierbei nichts. Ueber Schaumgährung. Die schon in unserem Referat 1887 265 412 mitgetheilte Beobachtung, daſs mechanische Ursachen die Veranlassung zu dieser Betriebsstörung sein können, wird von Letzring in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1886 Bd. 9 S. 499 bestätigt und auch nach einer Entgegnung von Pampe (die genannte Zeitschrift S. 513) in einer weiteren Mittheilung (1887 Bd. 10 S. 23) aufrecht erhalten. Zu diesen Ausführungen bemerkt an der letztgenannten Stelle die Redaction der Zeitschrift für Spiritusindustrie, daſs ihr Mittheilungen zugegangen sind, wonach neuere Apparate mit groſser Maischwirkung, bei welcher eine starke Luftaufsaugung möglich ist, wie z.B. der Apparat von Paucksch, doch keine Schaumgährung hervorriefen; die gleiche Mittheilung liegt auch für einen Pampe'schen Apparat vor. Es scheinen allerdings verschiedene Umstände dafür zu sprechen, daſs die Geschwindigkeit des Maischwerkes von Einfluſs auf das Entstehen der Schaumgährung ist, jedoch scheinen auch noch andere Ursachen vorhanden zu sein, und man kann nach den vorliegenden Beobachtungen nur sagen, daſs schnelle Maischwirkung nur da, wo bereits andere Bedingungen zur Schaumgährung vorhanden sind, dieselbe noch begünstigt. An derselben Stelle berichtet auch Heinzelmann über Versuche, welche er in der Brennerei von Dams in Laskowitz ausgeführt hat und welche zeigten, daſs die schnelle Bewegung des Maischwerkes jedenfalls nicht die alleinige Ursache der Schaumgährung ist. Heinzelmann neigt vielmehr zu der Ansicht, daſs die Beschaffenheit des Rohmateriales für die Entstehung der Schaumgährung jedenfalls in Frage kommt. Der Ansicht, daſs die schnelle Bewegung nicht die alleinige Ursache ist, schlieſst sich auch Bennewitz-Ostrowieczo (die genannte Zeitschrift, 1887 Bd. 10 S. 49) an. Derselbe sucht die Ursache hauptsächlich in der Hefeführung und hat einzig und allein dadurch, daſs er die Hefe concentrirter machte, das Uebel beseitigt. Aus allen diesen Mittheilungen geht wohl hervor, daſs die Schaumgährung sehr verschiedene Ursachen haben kann, und daſs die Frage nach der Entstehung dieser Betriebsstörung immer noch eine offene ist. Ein Verfahren zur Benutzung des Kartoffelfruchtwassers von der Stärkefabrikation zur Herstellung von Hefe hat sich B. Fricker in Magdeburg patentiren lassen (D. R. P. Nr. 39144 vom 24. August 1886). Dasselbe bezweckt, das Fruchtwasser der Kartoffeln, wie es in der Stärkefabrikation abfällt und welches bisher nur für Düngezwecke Verwendung fand, für die Hefebildung zu benutzen, indem das abgepreſste Fruchtwasser oder das erste Spülwasser mit 3 bis 6k Grünmalz auf 50k versetzt und in einem Vormaischbottich mit Siebboden erwärmt wird. Gewiſs mit Recht äuſsert die Redaction der genannten Zeitschrift zu diesem Verfahren das Bedenken, daſs das Kartoffelfruchtwasser als eine reichlich Bakterien enthaltende Flüssigkeit zur Erzeugung einer reinen Hefe sich wenig eignen dürfte und dieses um so mehr, als in dem Patent nicht einmal eine Abtödtung der Bakterien durch Abkochen vorgesehen ist. Ueber den Einfluſs der Düngung zu Roggen auf Gährung und Hefeausbeute berichtet Mohr in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1887 Ergänzungsheft S. 29: Es zeigte sich, daſs Roggen, welcher mit Chilisalpeter gedüngt war, einen ungünstigen Einfluſs auf die Hefeausbeute bewirkte. Der Roggen hatte ein vorzügliches Aussehen, machte sich aber durch eine dunklere Färbung erkenntlich. Bei der Verwendung desselben wurden 1,5 bis 2 Proc. Hefe weniger erzielt als bei der Anwendung eines auf derselben Breite gewachsenen, aber nicht mit Chilisalpeter gedüngten Roggens. Dieselbe Beobachtung wurde noch bei einem anderen Posten Roggen gemacht, welcher, wie sich später herausstellte, ebenfalls mit Salpeter gedüngt war (vgl. hierzu auch unser Referat 1887 263 572). Ueber den Einfluſs der Kohlensäure auf Gährung und Hefebildung hat Foth (Wochenschrift für Brauerei, 1887 Bd. 4 S. 73) eingehende Versuche angestellt, deren Ergebnisse wir zum Theile schon in einem früheren Referat (1887 263 532) mitgetheilt haben. Foth wiederholte die Versuche Prandtl's (vgl. 1868 189 396) und fand, daſs Prandtl aus seinen Versuchen einen falschen Schluſs gezogen hat, indem er annahm, daſs die schlechtere Vergährung, welche bei den Versuchen unter Kohlensäuredruck beobachtet wurde, nur durch mangelhafte Bewegung, nicht aber durch die Gegenwart der Kohlensäure hervorgerufen war. Prandtl war zu diesem Fehlschluſs gekommen, indem er Versuche mit 4tägiger Gährdauer mit solchen mit 6tägiger Gährung verglich. Foth stellte nun noch weitere Versuche an, bei welchen er durch geeignete Vorrichtungen dafür Sorge trug, daſs auch bei den Versuchen unter Kohlensäuredruck eine ausreichende Bewegung der Maische stattfinden konnte. Als Ergebniſs aller dieser Versuche zeigte es sich, daſs die Verzögerung der Gährung in geschlossenen Gefäſsen nicht die Folge der geringeren Bewegung in der Würze, sondern vielmehr eine direkte Folge der gährungshemmenden Einwirkung der Kohlensäure war. Heber Milchsäuregährung hat Hayduck interessante Versuche angestellt, deren Ergebnisse er in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1887 Ergänzungsheft S. 25 mittheilt. Zu den Versuchen diente eine Malzmaische aus Grünmalz. 200g bei niedriger Temperatur getrocknetes und geschrotetes Grünmalz auf 1l wurden bei einer Temperatur von 60° ½ Stunde lang gemaischt und die Maische bei 50° einer spontanen Gährung überlassen. Als Gährungstemperatur wurde 50° gewählt, weil nach den Untersuchungen von Delbrück bei dieser Temperatur eine reine Milchsäuregährung am leichtesten zu erhalten ist. Der Verfasser prüfte den Einfluſs gewisser antiseptischer Stoffe auf die Milchsäuregährung und zwar zunächst den Einfluſs der Schwefelsäure, welche in der Preſshefefabrikation Anwendung findet, um die Maischen von Spaltpilzgährungen rein zu halten. Es ist bekannt, daſs man nicht mehr als ungefähr 0,05 Proc. Schwefelsäure zusetzen darf, da durch eine gröſsere Menge Schwefelsäure die Hefegährung beeinträchtigt wird. War dieses die obere Grenze, so suchte Verfasser durch seine Versuche die untere Grenze auch festzustellen, d.h. diejenige Menge zu bestimmen, welche zur Unterdrückung der Spaltpilzgährungen unbedingt nothwendig ist. Diese Versuche zeigten, daſs ein Gehalt von 0,03 Proc. Schwefelsäure die Milchsäuregährung zwar erheblich verlangsamt, aber noch nicht unterdrückt, während bei 0,04 Proc. Schwefelsäure fast keine Spur mehr von Milchsäure entstand. Die Menge Schwefelsäure, welche man zusetzen muſs, um die Entwickelung (nicht die Gährthätigkeit s. w. u.) des Milchsäurefermentes zu unterdrücken, ohne die Hefegährung zu beeinträchtigen, schwankt also innerhalb der engen Grenze von 0,04 bis 0,05 Proc. Verfasser prüfte weiter, welchen Einfluſs die Milchsäure selbst auf die Entwickelung der Milchsäurebakterien hat. Er fand, daſs bereits ein Zusatz von 0,1 Proc. Milchsäure hemmend wirkt, durch 0,15 Proc. die Milchsäuregährung aber ganz unterdrückt wird. Dieses Ergebniſs steht in scheinbarem Widerspruch mit der Praxis, wo die Milchsäuregährung einen viel höheren Grad erreicht. Der Widerspruch findet aber seine Erklärung, wenn man erwägt, daſs durch 0,15 Proc. Milchsäure nicht die Gährthätigkeit, sondern nur die Vermehrungsfähigkeit des Milchsäurefermentes beeinträchtigt wird. Die Milchsäuregährung verläuft nämlich ähnlich wie die Hefegährung. Zuerst findet hauptsächlich eine Entwickelung des Gährungserregers statt, wobei sich nur wenig Milchsäure bildet. Erst wenn die Entwickelung ihren Höhepunkt erreicht hat, beginnt die Gährthätigkeit und damit die Bildung der Milchsäure; dieses geschieht anfangs auch nur langsam, dann aber findet eine Steigerung zur höchsten Entwickelung statt. So wurde bei einem Versuch beobachtet, daſs nach 10 Stunden erst sehr wenig, nach 11 Stunden aber schon sehr groſse Mengen des Fermentes entstanden waren und von nun an nahm auch die Bildung der Säure sehr schnell zu; denn es bildeten sich in der 11. und 12. Stunde 0,35 Säure, in der 13. und 14. Stunde 0,60 Säure, in der 15. und 16. Stunde 0,40, in der 17. und 18. Stunde 0,22 Säure. Es fand also in der 13. und 14. Stunde die Hauptgährung der Milchsäure statt. Vorher ist die Säurebildung geringer, weil noch nicht genügend Milchsäureferment entwickelt ist:, nachher nimmt die Milchsäurebildung wieder ab, weil der immer mehr zunehmende Milchsäuregehalt die Thätigkeit des Fermentes beeinträchtigt. Die Entwickelung des Milchsäurefermentes wird also schon durch geringe Mengen Säure (0,15 Proc. Milchsäure oder 0,04 Proc. Schwefelsäure) gestört, während auf die Gährthätigkeit erst erheblich gröſsere Mengen hemmend wirken. Dieses zeigte z.B. ein Versuch, bei welchem zu einer reichlich Milchsäureferment enthaltenden Maische noch Milchsäure zugesetzt wurde. Erst 0,5 Proc. Milchsäure wirkten nachtheilig auf die Milchsäuregährung, denn es entstanden in 48 Stunden ohne Milchsäure 2,22 Proc., mit 0,5 Proc. Milchsäure nur 0,86 Proc. Milchsäure. Als die zugesetzte Milchsäuremenge 1 Proc. betrug, fand durch die Gährung nur noch eine Zunahme von 0,22 und bei 1,5 Proc. nur von 0,1 statt. Aus diesen Versuchen ergibt sich die für die Praxis- sehr wichtige Beobachtung, daſs zur Reinerhaltung der Gährung sehr viel geringere Milchsäuremengen ausreichend sind, als bei der Milchsäuregährung erzeugt werden. Bisher hatte man bei der Hefebereitung nur die Wahl zwischen der Milchsäuregährung oder dem Zusatz von Mineralsäuren. Fast allgemein gibt man der Milchsäuregährung den Vorzug, obwohl dieselbe den groſsen Nachtheil im Gefolge hat, daſs dadurch Milchsäurebakterien in den Betrieb gelangen. Auf der anderen Seite hat die Milchsäure aber vor den Mineralsäuren auch wieder viele Vortheile, welche den obigen Nachtheil aufwiegen. Zu diesen Vortheilen gehört in erster Reihe, daſs die Milchsäure erst in sehr bedeutenden Quantitäten schädlich auf die Entwickelung der Hefe wirkt, während bei den Mineralsäuren zwischen der Menge, welche die Spaltpilzgährungen und derjenigen, welche die Hefegährung unterdrückt, nur ein sehr geringer Unterschied liegt. Die Anwendung der Mineralsäuren hat daher die Gefahr, daſs man sehr leicht auch die Hefe schädigen kann. Als ein weiterer Vortheil der Milchsäure wird angeführt, daſs dieselbe besser wie die Schwefelsäure befähigt ist, die Eiweiſsstoffe der Maischmaterialien der Hefe zugänglich zu machen. Um nun die Vortheile der Milchsäure zu haben und gleichzeitig den Nachtheil, welchen die Milchsäurebakterien mit sich bringen, zu vermeiden, macht der Verfasser den Vorschlag, die Milchsäure als solche für die Hefebereitung zu verwenden, ein Vorschlag, welcher gewiſs der Beachtung werth ist und welcher, wenn er sich bewährt, jedenfalls Veranlassung zur fabrikmäſsigen billigen Darstellung der Milchsäure geben würde. Der Verfasser prüfte weiter den Einfluſs des Sauerstoffes auf die Milchsäuregährung und fand, daſs derselbe die Entwickelung der Milchsäuregährung in keiner Weise schädigt. Es wurde ferner der Einfluſs des Alkohols auf die Milchsäurebakterien zum Gegenstand der Untersuchung gemacht. Es zeigte sich, daſs ein Gehalt der Maische von 4 Proc. Alkohol die Milchsäuregährung erheblich verzögerte, ein Gehalt von 6 Proc. Alkohol dieselbe vollständig unterdrückte, während 2 Proc. ohne Nachtheil waren. Aus diesen Ergebnissen kann man schlieſsen, daſs die Milchsäure bei Dickmaischen in der Nachgährung nicht mehr Schaden anrichten wird, weil durch den hohen Alkoholgehalt die Milchsäuregährung dann schon unterdrückt ist, daſs dagegen bei Dünnmaischen ein nachtheiliger Einfluſs der Milchsäure nicht ausgeschlossen ist. Verfasser stellte nun noch weitere Versuche an, bei welchen er seine Versuchsmaischen nicht bei 50°, sondern bei etwa 38° der Gährung überlieſs. Es war schon nach den Untersuchungen von Delbrück bekannt, daſs bei dieser Temperatur die Gährung ganz anders verläuft, und diese Erfahrung fand auch der Verfasser bestätigt. Bei der niedrigen Temperatur treten besonders flüchtige Säuren auf; während man aber bisher annahm, daſs das Hauptproduct der Gährung Buttersäure ist, beobachtete Hayduck bei seinen Versuchen diese Säure nur in geringer Menge, fand dagegen bedeutende Mengen von Essigsäure und auch von Ameisensäure. In diesen Maischen treten auch häufig Zellen einer anderen Hefeart, des Saccharomyces sphaericus auf; dieselben erzeugen eine gewisse Menge Alkohol und geben günstige Bedingungen für die Essigsäuregährung. Wurden in der Maische Buttersäurebakterien ausgesäet, so trat in kurzer Zeit eine intensive Buttersäuregährung auf. Es waren also die Bedingungen in diesen Maischen dazu vorhanden, aber es trat die Buttersäuregährung von selbst nur sehr schwach ein, weil bei der hohen Maischtemperatur von 60° das Buttersäureferment abgetödtet war. Bei anderen Versuchen, in welchen das Malzschrot nur mit dem Wasser gemischt war, ohne es einer höheren Temperatur auszusetzen, war die Säurebildung am stärksten und zwar bildeten sich bei dieser Versuchsanstellung bedeutend mehr flüchtige Säuren als nicht flüchtige. Hierfür mögen folgende Zahlen als Beleg dienen: Bei den Maischen, welche bei 60° hergestellt und bei 50° zur Gährung angestellt wurden, war das Verhältniſs von flüchtigen Säuren zu nichtflüchtigen wie 100 : 3. Bei derselben Maischtemperatur, aber einer Gährungstemperatur von nur 38°, in welchem Falle vorwiegend Essigsäure entstand, betrug das Verhältniſs 100 : 31. Endlich bei den Maischen, wo das Malz gar nicht erwärmt, und die dann bei 38° zur Gährung angestellt wurden, war das Verhältniſs 100 : 80, und zwar bestand bei diesen Versuchen die flüchtige Säure zum groſsen Theile aus Buttersäure. Verfasser prüfte ferner den Einfluſs der Schwefelsäure und Milchsäure auf die Bildung von flüchtigen Säuren und fand, daſs die Buttersäuregährung noch viel mehr als die Milchsäuregährung durch die genannten Säuren gehemmt wird. In Betreff der Wirkung der Schwefelsäure und Milchsäure auf die Milchsäurebakterien ist noch die Beobachtung von Interesse, daſs die Milchsäurebakterien viel gröſsere Mengen von diesen Säuren vertragen können, wenn dieselben vorher bei dem Maischprozeſs keiner höheren Temperatur ausgesetzt waren. So beobachtete Verfasser z.B. bei Zusatz von 0,05 Proc. Schwefelsäure oder von 0,2 Proc. Milchsäure noch eine sehr lebhafte Milchsäuregährung oder vielmehr Entwickelung des Milchsäurefermentes in denjenigen Maischen, bei welchen eine Erwärmung nicht stattgefunden hatte, während in dem anderen Falle, wo die Maischen ½ Stunde auf 60° erwärmt waren, die angeführten Säuremengen, wie bereits oben erwähnt, ausreichend waren, um die Milchsäuregährung vollständig zu unterdrücken. Ueber die Wirkung des Alkohols auf die Entstehung flüchtiger Säuren machte Verfasser die Beobachtung, daſs der Alkohol auf die Buttersäurebakterien sehr giftig wirkt, während dagegen die Essigsäuregährung durch einen gewissen Alkoholgehalt gefördert wird. Der Verfasser macht schlieſslich noch Mittheilungen über die Organismen, welche bei den beschriebenen Gährungen hauptsächlich auftreten. Bei 60° entsteht fast nur Milchsäureferment; für die Hefe ist diese Temperatur bereits zu hoch, ebenso auch für andere Bakterien. Dagegen wurden in diesen Maischen kugelförmige Zellen, die sogen. Sarcina, beobachtet; dieselben treten bei 38° jedoch viel bedeutender und dann in packetförmigen Massen zusammengelagert auf. In den bei noch niederer Temperatur angestellten Maischen wurde eine groſse Mannigfaltigkeit der verschiedensten Organismen beobachtet. IV. Destillation und Rectification. Ein Verfahren und Einrichtung zur Dephlegmirung von Alkohol- und anderen Dämpfen hat sich Fr. Rath in Neuhaldensleben patentiren lassen (* D. R. P. Nr. 34117 vom 20. Februar 1885). Die Alkoholdämpfe werden in der Destillircolonne mit dem Kühlwasser in direkte Berührung gebracht, damit die bei der Dephlegmation sich niederschlagenden Fuselöle gleichzeitig von dem Kühlwasser aufgenommen und fortgeführt werden. Das Kühlwasser flieſst continuirlich über mehrere über einander liegende Becken oder durch mehrere Zufluſsrohre gleichzeitig auf verschiedene Becken und flieſst ebenfalls getrennt wieder ab oder passirt mehrere Becken nach einander. Durch Regulirung des Wasserzuflusses kann man die Temperatur in den einzelnen Kühlwasserbecken reguliren. Der aus den Dephlegmatoren abflieſsende Lutter kann abgekühlt wieder statt reinen Wassers zum Dephlegmiren anderer Alkoholdämpfe benutzt werden (1886 261 542). V. Schlämpe. Ueber Schlämpemauke werden in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1887 Bd. 10 S. 23, 38 und 41 Beobachtungen aus der Praxis mitgetheilt. Wir entnehmen hier nur einem Bericht von Feiffer in Ludom das Folgende. Derselbe hat gefunden, daſs Schlämpemauke nur da entsteht, wo die Maischen nicht langsam genug abgetrieben werden. Findet dagegen die Destillation langsam statt, verweilt die Maische also längere Zeit bei Siedetemperatur, so soll die Mauke niemals auftreten. Hierdurch erklärt es sich auch der Verfasser, weshalb bei guter Ausbeute, also bei alkoholreichen Maischen, welche langsamer abgetrieben werden, die Schlämpemauke weniger heftig auftritt. Da sehr langsames Destilliren aber in der Regel mit einer Vergeudung von Brennmaterial verbunden ist und auſserdem auch nicht immer die Sicherheit bietet, daſs die Maische wirklich lange genug gekocht hat, so empfiehlt Verfasser das nachträgliche Kochen der Schlampe, z.B. im Montejus, wozu in vielen Fällen überschüssiger Retourdampf verwendet werden kann. Ueber den Nährwerth der getrockneten Schlämpe. Zwei von der Firma J. A. Klingebiel und Comp. in Braunschweig der Versuchsstation Halle eingesandte Proben getrockneter Schlampe, von denen Nr. I aus Mais und Roggen, Nr. Ia nur aus Roggen gewonnen war, gaben dem Referenten auf Grund eingehender Untersuchungen dieser Proben Veranlassung zu einer ausführlichen Erörterung über den Futterwerth dieser Rückstände (Landwirthschaftliche Mittheilungen der Halleschen Zeitung, 1887 S. 37 ff.). Die gewöhnliche Futtermittelanalyse ergab für die beiden Proben die folgende Zusammensetzung: I. Ia. Wasser 8,58 Proc. 9,93 Proc. Eiweiſs 21,38 22,56 Fett 5,55 4,94 Rohfaser 11,13 10,18 Asche 3,05 7,21 Stickstoff freie Extractstoffe 50,31 45,18 ––––––––––––––––––––––––––––– 100,00 Proc. 100,00 Proc. In den letzten Jahren ist man immer mehr zu der Erkenntniſs gekommen, daſs die in den Futtermitteln enthaltenen Stickstoff haltigen Substanzen aus verschiedenartigen Stoffen bestehen, welche auch einen sehr verschiedenen Werth für die thierische Ernährung besitzen. Die Vervollkommnungen, welche die analytischen Methoden in letzter Zeit erfahren haben, ermöglichen es nun, eine Trennung der verschiedenen Stickstoff haltigen Substanzen vorzunehmen. Für die Beurtheilung des Werthes der Stickstoff haltigen Stoffe in einem Futtermittel kommt vor Allem in Frage, wie viel von diesen wirkliche Eiweiſsstoffe sind. Nach den bis jetzt vorliegenden Versuchen muſs man annehmen, daſs nur die wirklichen Eiweiſsstoffe den hohen Werth für die thierische Ernährung besitzen, welchen man den Stickstoff haltigen Körpern zuerkennen muſs, daſs dagegen den sogen. Nichteiweiſsstoffen, deren Hauptrepräsentant die amidartigen Verbindungen sind, jedenfalls ein sehr viel geringerer Werth zugesprochen werden muſs. Die in dieser Richtung ausgeführte Untersuchung der beiden Proben ergab folgendes Resultat: Von 100 Th. Stickstoff waren vorhanden: I. Ia. Als Eiweiſs 94,2 Proc. 80,1 Proc. Als Nichteiweiſs (Amide u.s.w.) 5,8 19,9 Es ist bekannt, daſs von den Eiweiſsstoffen nur ein Theil verdaulich ist, während ein anderer, unverdaulicher Theil derselben den Thierkörper verläſst, ohne einen Nutzen ausgeübt zu haben. Der Werth eines Futtermittels ist daher um so gröſser, je höher die Verdaulichkeit der in demselben enthaltenen Eiweiſsstoffe ist. Es leuchtet ein, daſs die Bestimmung der Verdaulichkeit für die Beurtheilung des Werthes eines Futtermittels unerläſslich ist. Bisher war es nur möglich, durch den sehr zeitraubenden und mühsamen Versuch am lebenden Thier die Verdaulichkeit zu ermitteln. Neuerdings ist jedoch von Stutzer ein Verfahren aufgefunden, um auf künstlichem Wege, d.h. durch Einwirkung verschiedener Verdauungsflüssigkeiten (Pepsin und Pankreas) auſserhalb des Thierkörpers die Verdaulichkeit zu ermitteln. Die neuerdings von Pfeiffer ausgeführten Controlversuche haben gezeigt, daſs das Verfahren von Stutzer dieselben Resultate gibt wie der Ausnutzungsversuch am lebenden Thiere. Man ist daher jetzt in der Lage, durch das Verfahren von Stutzer in kurzer Zeit Aufschluſs über die Verdaulichkeit eines Futtermittels zu erhalten. Die mit den vorliegenden Schlämpeproben ausgeführten Bestimmungen der Verdaulichkeit ergaben folgende Zahlen. Von 100 Th. Stickstoff sind: I. Ia. In Pepsin verdaulich in Form von Eiweiſs 65,6 Proc. 50,5 Proc. In Pankreas verdaulich in Form von Eiweiſs 12,1 18,8 ––––––––––––––––––––––––– In Summa verdaulich in Form von Eiweiſs 77,7 Proc. 69,3 Proc. Da nun das Rohproteïn auſser Eiweiſs noch das Nichteiweiſs einschlieſst, letzteres aber, weil aus löslichen Verbindungen bestehend, als verdaulich anzusehen ist, so muſs man, um den Verdauungscoefficienten des Rohproteïns zu erhalten, zu obigen Zahlen noch den Gehalt an Nichteiweiſs hinzu addiren. Wir finden dann für Nr. I. = 82,5 Proc., für Nr. Ia. = 89,2 Proc. als Verdauungscoefficienten des Rohproteïns. Diese Zahlen setzen uns in den Stand, den verdaulichen Antheil des Rohproteïns zu berechnen; da jedoch der Nährwerth von Eiweiſs und Nichteiweiſs, wie schon erwähnt, ein sehr verschiedener ist, so erscheint es zweckmäſsig, noch den Verdauungscoefficienten für das wirkliche Eiweiſs zu ermitteln, was mit Hilfe der analytischen Zahlen natürlich leicht möglich ist. Die Rechnung ergibt: Von 100 Th. in Form von Eiweiſs vorhandenem Stickstoff sind verdaulich I. Ia. In Pepsin 69,6 Proc. 63,2 Proc. In Pankreas             12,9 23,3 ––––––––––––––––––––––––– In Summa 82,5 Proc. 86,5 Proc. Die Zahlen 82,5 und 86,5 stellen die Verdauungscoefficienten der wirklichen Eiweiſsstoffe dar und durch Multiplication des analytisch gefundenen Eiweiſsgehaltes mit diesen Zahlen und Division durch 100 erhalten wir die in den Futtermitteln enthaltenen Mengen von verdaulichem Eiweiſs. Aus diesen Daten ergibt sich für die beiden Futtermittel folgende Zusammensetzung: I. Ia. Wasser 8,58 Proc. 9,93 Proc. Eiweiſs, verdaulich 16,61 15,65 Eiweiſs, nicht verdaulich 3,53 2,44 Nichteiweiſs 1,24 4,47 Fett 5,55 4,94 Rohfaser 11,13 10,18 Asche 3,05 7,21 Stickstoff freie Extractstoffe 50,31 45,18 ––––––––––––––––––––––––––––– 100,00 Proc. 100,00 Proc. Nach den bis jetzt vorliegenden Erfahrungen mit diesem Futtermittel kann man annehmen, daſs dasselbe zu denjenigen Kraftfuttermitteln gehört, welchen, besonders für die Milchproduction, eine eigenthümliche specifische Wirkung, ähnlich wie sie z.B. bei den Palmkernfabrikaten schon lange bekannt ist, zukommen wird. Es wird daher die getrocknete Schlampe in erster Linie als Milchfutter Berücksichtigung verdienen. Die äuſsere Beschaffenheit des Futtermittels, der eigenthümliche brodähnliche aromatische Geruch desselben, sowie der geringe Wassergehalt, lassen ferner die Annahme berechtigt erscheinen, daſs dieses Futtermittel auch von guter Haltbarkeit sein und dem Verderben weniger ausgesetzt sein wird, wie die sehr proteinreichen Kraftfuttermittel. Die günstigen Erfolge, welche man bei Verwendung eines ähnlichen Futtermittels, nämlich der getrockneten Biertreber, für Pferde als theilweisen Ersatz des Hafers gemacht hat, berechtigen zu der Annahme, daſs auch die getrocknete Schlampe ein vorzügliches Kraftfutter für Pferde darstellen wird. Nach der Zusammensetzung der getrockneten Schlampe könnte man vorschlagen, 1k Schlampe an Stelle von 1k,25 Hafer zu verabfolgen. Ein derartiger Ersatz des Hafers wäre noch immer als ein sehr ausreichender zu bezeichnen, besonders da, wo es sich hauptsächlich um die Zufuhr von Protein handelt, und es ist dabei zu berücksichtigen, daſs ein solcher Ersatz eines Theiles der Haferration eine nicht unerhebliche Geldersparniſs bedingen würde. Es wäre sehr erwünscht, wenn eingehende Versuche mit getrockneter Schlampe sowohl für Milch- und Mastvieh, besonders aber zur Fütterung der Pferde ausgeführt würden. Ergeben diese Versuche, daſs dieses Futtermittel geeignet ist, auch nur einen Theil, vielleicht ⅓ bis höchstens ½, der Haferration für Pferde zu ersetzen, so wäre damit schon ein bedeutender Gewinn für die Landwirtschaft erreicht. Morgen. (Fortsetzung folgt.)