Titel: Ueber das Kaltwalzen von Eisen und Stahl.
Autor: Stn.
Fundstelle: Band 267, Jahrgang 1888, S. 165
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Ueber das Kaltwalzen von Eisen und Stahl. Mit Abbildungen. Ueber das Kaltwalzen von Eisen und Stahl. Einem beachtenswerthen Berichte von J. G. Freson in der Revue universelle, 1885 Bd. 18 * S. 338 über das Kaltwalzen von Eisen und Stahl in den Vereinigten Staaten Nordamerikas ist folgendes entnommen. Das Kaltwalzen (vgl. 1882 243 * 458. 1883 248 505. 1884 254 269) findet hauptsächlich bei der Herstellung von Uebertragungswellen, Kolben- und Ventilstangen Anwendung, welche fertig aus dieser Behandlung hervorgehen, so daſs sie einer weiteren Oberflächenbearbeitung nicht mehr bedürfen. Bei dünnerem Rundeisen – Draht – wird das Kaltziehen angewendet. Beim Kaltwalzen findet nach A. L. Holley eine Querschnittsverminderung von 8 bis 25 Proc. statt. Die Festigkeit des Eisens steigt dabei, so daſs eine Welle von 113mm Durchmesser dieselbe Kraft (320 Pferd bei 135 Umdrehungen in der Minute) übertragen kann, wie eine Welle von 136mm, die in hergebrachter Weise bearbeitet wird. Die Vortheile des Kaltwalzens gleichen die Kosten desselben aus. Wenn das Rundeisen aus dem gewöhnlichen Walzwerk kommt, wird es in Längen von 5 bis 12m zerschnitten, in verdünnter Schwefelsäure (1 Th. Säure von 60° B. auf 10 Th. Wasser) gebeizt, in Kalkwasser abgewaschen und dann den Kaltwalzen zugeführt, Diese Hartguſswalzen liegen zu zwei oder drei über einander, sind sehr sorgfältig polirt und genau kalibrirt. Die Bewegung der Walzen ist eine langsame; das Rundeisen macht gewöhnlich 32 bis 50m in 1 Minute. Die Walzenständer sind natürlich sehr stark und die Einstellvorrichtungen sehr genau. Das Rundeisen geht verschiedene Male durch die einzelnen Kaliber und wird dabei jedesmal um einen bestimmten Winkel gedreht, um eine vollkommen runde Oberfläche zu erhalten. Um Rundeisen von 65, 38 bezieh. 19mm Durchmesser auf einen solchen von 60, 35 bezieh. 16mm herunterzuwalzen, bedarf es 43, 30 bezieh. 31 Durchstiche, welche von 3, 3 bezieh. 2 Mann in 28, 13 bezieh. 15 Minuten gemacht werden. Nach Festigkeitsversuchen von Fairbairn, Wade und Thurston mit kalt gewalztem Rundeisen ergibt sich: 1) die mittlere Zugfestigkeit des nicht abgedrehten kaltgewalzten Eisens steigt mit der Verminderung des Querschnittes; 2) die Elasticitätsgrenze liegt bei 87 Proc. der Bruchbelastung: 3) die Verlängerung beträgt im Mittel 6 Proc; 4) die Bruchflächen zeigen keine Krystallbildung. Durch Ausglühen gehen die durch das Kaltwalzen erlangten Eigenschaften zum gröſsten Theile wieder verloren. Das Eisen erlangt aber nicht mehr denselben Grad der Dehnbarkeit, welchen es vor dem Kaltwalzen hatte, dagegen behält es eine gröſsere Zähigkeit und eine höhere Elasticitätsgrenze. Nach Thurston's Versuchen wird durch das Kaltwalzen die Festigkeit des Eisens um 25 bis 40 Proc., der Widerstand gegen Biegung um 50 bis 80 Proc. erhöht, die Elasticitätsgrenze um 80 bis 125 Proc. höher gerückt und die Elasticität an sich um 150 bis 425 Proc. erhöht. Dabei gibt das Kaltwalzen dem Eisen eine glänzende, glatte und von Hammerschlag befreite Oberfläche und einen vorher genau zu bestimmenden Querschnitt. Die Cambria Steel Company in Johnstown sichern den Querschnitt des Eisens bis auf ¼mm des Durchmessers zu. Die Elasticitätsgrenze beträgt bei kaltgewalztem Stahl 54k,10 bis 55k,69, bei Eisen 34k,92 bis 34k,88. Die Bruchbelastung beträgt bei Stahl 77k,97 bis 78k,39, bei Eisen 47k,20 bis 48k,52. Neben dem Rundeisen walzt man auch Quadrat- und Flacheisen, letzteres bis zu 180mm Breite und 90m Länge. Das Kaltziehen des Stabeisens geschieht mittels des Apparates von H. Billings (vgl. 1883 248 505). Dieser in Fig. 1 dargestellte Apparat besitzt ein sehr starkes Zieheisen und in einer Entfernung davon, die der Länge des zu ziehenden Stabes entspricht, einen Preſswassercylinder A, dessen Kolbenstange C die das Stabeisen erfassenden Backen a trägt. Der Cylinder A hat eine etwas gröſsere Länge als das Stabeisen und ist durch ein starkes Bett E mit dem das Zieheisen aufnehmenden Backen verbunden. Letztere bestehen aus der Platte F, dem Auflager g und dem das Zieheisen aufnehmenden Hohlkegel f, welcher gegen g bezieh. F durch die Schrauben m angedrückt wird. Mittels dieser und der Schrauben g1 kann der Hohlkegel f auf das Genaueste eingestellt werden, so daſs die Mittellinie des Zieheisens mit derjenigen des Cylinders A genau zusammenfällt. Eine einfachere Einstellvorrichtung zeigen Fig. 2 und 3. Hier legt sich f gegen 4 Rollen n; die Einstellung übernehmen die Schrauben m allein. Fig. 1., Bd. 267, S. 167 Fig. 2., Bd. 267, S. 167 Fig. 3., Bd. 267, S. 167 Das Zieheisen ist genau ausgedreht und die nach hinten sich etwas erweiternde Oeffnung desselben fein polirt. Es setzt sich mittels seines kegelförmig abgedrehten Mantels in das Innere des Hohlkegels o ein und wird hier durch den Zug des Stabeisens gehalten. Dasselbe findet bei den Backen a (Fig. 1) statt, die in den Kopf D der Kolbenstange C eingesetzt werden. Nur sind die Backen getheilt und zwar liegt die Theilfuge in den Diagonalen der im Uebrigen rechteckigen Oeffnung von D. Die Greifflächen der Backen sind stark eingehauen. Das zu ziehende Stabeisen wird an einem Ende so weit abgedreht, daſs es durch das Zieheisen bis zwischen die Backen a geschoben werden kann. Es erfolgt dann das Ziehen durch Einlassen von Druckwasser vor den Kolben des Cylinders A. An einigen Stellen benutzt man statt des Druckwassers Dampf oder Druckluft. Es können Stäbe sowohl von vollem als von hohlem Querschnitt, runde, vierkantige als anders profilirte Stäbe ausgezogen werden. Die Länge beträgt bis 6m. Das Eisen hat gewöhnlich nicht über 0,18 Proc. Kohlenstoff und wird im Puddel- oder Siemens-Martin-Ofen hergestellt. Ein Zieheisen läſst bis zu 150m Eisen durchgehen, ehe es durch ein neues ersetzt werden muſs. Gewöhnlich wählt man mehrere Durchstiche. Die Gesammtquerschnittsverminderung schwankt zwischen 1,587 bis 4mm,762 auf den Durchmesser. Bei einem Durchmesser des Rundeisens von 25mm,4 beträgt dieselbe gewöhnlich 3mm,175. Das Ausbringen eines Billings'schen Apparates ist geringer als das eines Kaltwalzwerkes und verlangt mehr Arbeits- und Unterhaltungskosten. Das Kaltziehen gibt dem Eisen ungefähr dieselben Eigenschaften wie das Kaltwalzen. Nach J. E. Howard steigt die Elasticitätsgrenze eines Stabes von 19k auf 43k nach dem Kaltziehen, die Bruchbelastung von 39k auf 51k, die Dehnung fallt von 23,9 Proc. auf 2,7 Proc. 5 die Querschnittsverminderung fällt von 42,9 Proc. auf 33,5 Proc. Das Grad biegen der gezogenen Stäbe geschieht zwischen 3 Walzen, die mit verschiedenen Kalibern versehen sind. Eine Walze steht zwischen und über den beiden unteren und wird durch Schrauben eingestellt. Die beiden unteren Walzen können in abwechselnd entgegengesetzten Richtungen umgedreht werden, so daſs der Stab zwischen den Walzen hin und her geführt werden kann. Stn.