Titel: Zur Kritik der Koch'schen Säurebestimmungs-Methode in Gerbbrühen durch Johann Meerkatz; von Dr. R. Koch in Mitterteich.
Autor: R. Koch
Fundstelle: Band 267, Jahrgang 1888, S. 459
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Zur Kritik der Koch'schen Säurebestimmungs-Methode in Gerbbrühen durch Johann Meerkatz; von Dr. R. Koch in Mitterteich. Koch, über Säurebestimmungs-Methoden in Gerbbrühen. In Nr. 316 des Gerber ist Anfang November 1887 von Herrn Johann Meerkatz eine Kritik meiner „Methode der Säurebestimmung in Gerbbrühen auf titrimetrischem Wege“ (D. p. J. 1887 264 395. 265 33. 96) erschienen, die zu dem Schluſsresultat gelangt, daſs diese Methode bei Brühen aus allen bisher bekannten Gerbmaterialien total unbrauchbar sei. Als Grund für dieses Urtheil wird angeführt, daſs kein nur halbwegs sicherer Anhaltspunkt für das Ende der Titrirung vorhanden wäre. Wenn ich erst jetzt auf diese Kritik zurückkomme, so geschieht dies, wie ich hier bemerken will, lediglich aus dem Grunde, weil ich nicht mehr in Tharand, sondern geschäftlich thätig bin, und meine Zeit mir nicht früher erlaubte, auf jenen Angriff entsprechend zu antworten. Fast will es mir scheinen, als ob die Objektivität der Kritik unter dem Umstände gelitten hätte, daſs ich eine Methode zu gleichem Zweck, wie die von Herrn Meerkatz so abfällig beurtheilte, nicht für so vortrefflich gelten zu lassen vermochte, als es vielleicht gewünscht worden wäre, sondern auf ihre Fehler und Mängel aufmerksam machte. Mit welchem Recht ich dies gethan habe, darf ich wohl dem Urtheil unparteiischer sachverständiger Leser getrost anheim stellen. Bevor ich jedoch auf die Kritik, die genannter Herr meiner Methode zu Theil werden läſst, etwas näher eingehe, will ich zuvor noch einige allgemeine Bemerkungen machen. Bei der Säurebestimmung in Gerbbrühen handelt es sich bekanntlich nicht um Bestimmung einer einzelnen Säure in klarer wässeriger Losung, sondern eines Gemisches einer ganzen Anzahl organischer Säuren, die mit einer Menge, zum Theil noch gänzlich unbekannter oder doch sehr wenig gekannter organischer Stoffe, besonders mit Gerb- und Farbstoffen die wesentlichen Bestandtheile dieser Brühen bilden. Wollte man nun an einer Methode, die es sich zur Aufgabe macht, die Menge dieser Säuren in derartigen Gemischen zu bestimmen, Anforderungen stellen bezüglich der Genauigkeit, etwa wie an eine Methode zur Bestimmung des Chlores in einer Kochsalzlösung, so dürfte das zweifellos zu weit gegangen sein. Einige Milligramme Säure ab und zu für 100cc Brühe müssen hier schon als Fehlergrenze gestattet sein; der Praxis, der ja eine derartige Methode hauptsächlich dienen soll, kommt es auf solche Gröſsen auch gar nicht an. Daſs ferner eine Methode zu solchem Zweck auch weit höhere Anforderungen an die Ueberlegung und den guten Willen des betreffenden Analytikers stellt, sofern genaue Resultate erzielt werden sollen, als z.B. eine Methode zur Bestimmung des Procentgehaltes an freier Salz- oder Schwefelsäure in wässeriger Lösung mit Phenolphtaleïn als Indicator und einer titrirten Alkalilösung, dürfte mir wohl auch Jedermann zugestehen. Sie befindet sich in dieser Beziehung in einer ähnlichen, wenn auch weitaus nicht so schwierigen Lage, wie die Löwenthal'sche Methode zur Bestimmung des Gerbstoffgehaltes. Dies vorausgeschickt will ich zu den Einwürfen, die genannter Herr Kritiker macht, selbst übergehen. Er wendet sich zunächst gegen die Anwendung des Eiweiſses als Klärungsmittel der Brühen. Dies ist eigentlich ein Punkt, der für die Beurtheilung der Methode, wie sie jetzt ausgeführt wird, gänzlich belanglos ist. Dieses Aufhellungsmittel ist ja bereits von mir wieder verlassen, und wird statt dessen die weit geeignetere Leimlösung verwendet. Zu diesem Punkt, der Anwendung des Eiweiſses, will ich ihm indessen gern zugestehen, daſs hier bei nicht sachgemäſser Ausführung eine Fehlerquelle vorhanden war, die ich nicht hervorgehoben habe. Wenn ich gesagt habe, daſs Eiweiſs keine merklichen Mengen Säure absorbirt, so ist das, in dieser Allgemeinheit ausgedrückt, ohne gewisse Voraussetzungen und Bedingungen zu machen, allerdings eine unrichtige Behauptung gewesen. Unter Verhältnissen aber, wie sie gemäſs der Ausführung der Methode vorausgesetzt wurden, läſst sich das sehr wohl aufrecht erhalten. Erhitzt man nämlich Gemische von verdünnten Säuren bezieh. Gerbbrühen mit Eiweiſslösung im Wasserbade unter öfterem Umschwenken nur so lange und so hoch, daſs eben eine flockige Abscheidung des Eiweiſses bemerkbar wird, so bleibt das gebildete Acidalbumin in Lösung und es kommen höchstens Verluste von 0,1 bis 0cc,2 Ba(OH)2 vor. Die Gerb- und Farbstoffverbindungen des Eiweiſses werden dagegen abgeschieden, und der Zweck, die Brühe aufzuhellen, wird vollständig erreicht. Besonders wenn man die sehr leicht einzuhaltende Vorschrift der möglichst annähernden Neutralisation der Brühen vor Abscheidung des Eiweiſses befolgt, sind die Resultate auch mit diesem Klärmittel völlig zufriedenstellend. Nachstehend führe ich die Ergebnisse einiger Versuche in dieser Richtung an: Es waren zur Neutralisation von 25cc Essigsäure erforderlich 31cc,8 Ba(OH)2 und zur Neutralisation von 20cc Eiweiſslösung 0cc,8 Ba(OH)2. Es ergab sich nun: I II 25cc Essigs. + 20cc Eiweiſs20cc Eiweiſs25cc Essigsäure = 28,8|30,1 = 32cc,6 Ba(OH)2=   0cc,8     „= 31cc,8     „ = 27,05|28,9 = 32cc,4 Ba(OH)2=   0cc,8    „= 31cc,6    „ III IV 25cc Essigs. + 20cc (10) Eiweiſs20cc (10) Eiweiſs25cc Essigsäure = 27,5|29,0 = 31cc,9 Ba(OH)2=   0cc,8     „= 31cc,1     „ = 27,0|29,1 = 32cc,2 Ba(OH)2=   0cc,4    „= 31cc,8    „ Bei dem ersten, zweiten und vierten Versuche wurde so verfahren, daſs das Kölbchen, welches die Mischung von Eiweiſs, Barythydrat und Säure enthielt, unter beständigem Umschwenken nur so lange und so hoch erhitzt wurde, daſs das Eiweiſs eben anfing sich flockig abzuscheiden, worauf die Flüssigkeit wieder auf Normaltemperatur abgekühlt wurde. In gleicher Weise habe ich früher stets gearbeitet, schon aus dem Grunde, weil unnöthig langes und hohes Erhitzen ein Verdunsten von Flüssigkeit und somit eine Volumenänderung zur Folge haben muſste. Bei dem dritten Versuch dagegen wurde so lange erwärmt, bis sich das Eiweiſs völlig abgeschieden hatte. Der erste und letzte Versuch lieſsen nun genau die angewendete Menge Säure wiederfinden, der zweite etwas weniger und der dritte allerdings einen Verlust von 0cc,7 Ba(OH)2 (1cc Ba(OH)2 = 0g,008 Essigsäure), was also für 100cc 0g,022 Essigsäure ausmacht. Selbst in diesem ungünstigsten Falle indessen, wo also erstens einmal unnöthig lange und hoch erhitzt worden war, und zweitens sogar das Maximum von 3 bis 4cc Fehlbetrag an vor Abscheidung des Eiweiſses zuzusetzendem Barythydrat überschritten war, würde dennoch der Verlust an Säure für 100cc Brühe nur 0g,022 betragen. Wollte man nun den Maſsstab, den die Herren Chemiker in Wien an ihre eigenen Methoden anlegen, hier auch anwenden, so würde das ja selbstverständlich noch ein ganz gutes Resultat sein, namentlich wenn man berücksichtigt, in welch kurzer Zeit gegenüber der Umständlichkeit der Wiener Methode dieses Resultat erreicht wird. Man vergleiche nur die Beleganalysen zur Methode der Herren F. Simand und B. Kohnstein (vgl. 1885 256 84). Bei entsprechender Arbeit beträgt indessen das Maximum des hier möglichen Fehlers vielleicht 8 bis 10mg auf 100cc Brühe. So viel dürfte sich also aus Vorstehendem ergeben, daſs bei geeigneter zweckentsprechender Arbeit auch mit Eiweiſs als Klärmittel sehr schöne Resultate zu erzielen waren und auch erzielt worden sind. Verhältnisse, wie diejenigen wo vor Coagulation des Eiweiſses 10cc Ba(OH)2 zugesetzt worden sind, und nachher zur völligen Neutralisation des Eiweiſsfiltrates noch 12cc Ba(OH)2 benöthigt wurden, oder ähnliche Combinationen waren durch die Vorschrift ganz ausgeschlossen. Sollte bei Untersuchung einer Brühe einmal zufällig ein derartiges Miſsverhältniſs vorgekommen sein, so war ja selbstverständlich der Versuch zu wiederholen und jetzt konnte man sofort aus dem Ergebniſs dieses Vorversuches ersehen: wie viel Ba(OH)2 zuzusetzen war, um im Maximum 2cc Ba(OH)2 hinter dem wirklichen Bedarf zurückzubleiben. Bei meinen sämmtlichen Analysen ist dies Verhältniſs auch annähernd eingehalten worden, und wenn man Werth auf ganz besondere Genauigkeit legen wollte, so war es ja ein Leichtes, sich durch einen oder zwei Vorversuche über das richtige Maſs des zuzusetzenden Barythydrates zu orientiren, und so möglichst nahe an den Neutralisationspunkt heran zu kommen. Damit glaube ich die Einwürfe des Herrn J. Meerkatz betreffs des, wie ich hier nochmals hervorheben will, als Klärmittel verlassenen Eiweiſses genügend gewürdigt zu haben. Gegen die Leimlösung, die ich ja in letzter Zeit ausschlieſslich verwendet habe, läſst sich selbstverständlich ein derartiger Vorwurf nicht erheben, und begnügt sich der Herr Kritiker damit, sich in einigen allgemeinen Redewendungen zu ergehen, auf die näher einzugehen ich mir füglich ersparen kann. Im Verlauf seiner weiteren Ausführungen wendet er sich gegen die Art des von mir benutzten Indicators für Eintritt der alkalischen Reaction. Bekanntlich habe ich, da keiner der sonst üblichen Indicatoren verwendbar war, die Eigenschaft der Lösungen von Gerbstoffen, oder durch Gährungserscheinungen aus ihnen gebildeten Substanzen, sich in alkalischer Lösung intensiv dunkel zu färben, dazu benutzt, um den Eintritt der alkalischen Reaction in der durch Leimzusatz aufgehellten Gerbbrühe zu erkennen. Daſs diese Reaction eine verhältniſsmäſsig sehr empfindliche und scharfe ist, habe ich ja durch besondere Versuche dargethan, indessen umgeht der Herr Kritiker diesen wichtigsten Punkt vollständig und erhebt eine Reihe von Vorwürfen anderer, oft sehr eigenthümlicher Art. So tadelt er zunächst, daſs die Farbe, die bei Eintritt der alkalischen Reaction beobachtet wird, keine bestimmt definirbare sei, daſs sie von der Concentration, ferner von der Art des verwendeten Gerbmateriales abhängig und bei jedem Gerbmaterial eine besondere sei. Diese Einwürfe erweisen sich bei näherer Betrachtung denn doch sehr wenig stichhaltig. Man kann zur Bestimmung des Neutralisationspunktes einer sauren Flüssigkeit die verschiedenartigsten Pflanzenfarben und sonstige Indicatoren anwenden, warum nicht auch einmal, wenn die Umstände dies erfordern, die verschiedenen Gerbstoffe oder durch Gährungsvorgänge aus ihnen gebildeten Substanzen? Daſs hier nun nicht so schöne Farben zum Vorschein kommen, wie etwa bei dem Phenolphtaleïn oder ähnlichen Farbstoffen und unter allen Umständen ein so plötzlicher Farbenumschlag eintritt, wie bei diesem Indicator, will ich gar nicht leugnen. Wer aber mit einem nur einigermaſsen geübten Auge und mit dem guten Willen zu sehen, diese Reaction einmal beobachtet hat, wird mir zweifellos Recht geben, wenn ich behaupte, daſs der Neutralisationspunkt auch mit Hilfe dieser Indicatoren sehr scharf erkennbar ist, trotzdem eine bestimmt definirbare Farbe meist nicht auftritt, sondern nur, wie ich mich ausgedrückt habe, ein plötzliches „intensives Dunkelwerden“ der vorher hellen, oder doch bedeutend schwächer gefärbten Flüssigkeit. Hat Jemand nur einmal den Eintritt dieser Reaction gesehen, so kann er gar nicht im Zweifel sein, daſs in diesem Augenblick eine entschiedene Veränderung in der Flüssigkeit vor sich gegangen ist, die nach den gleichlaufenden Versuchen mit Phenolphtaleïn nur auf Rechnung des Eintrittes alkalischer Reaction gesetzt werden kann. Auch mit Hilfe eines empfindlichen Lakmuspapieres kann man sich überzeugen, daſs der betreffende Punkt wirklich der Neutralisationspunkt ist. Setzt man 0,1 bis 0cc,2 Ba(OH)2 weniger zu der betreffenden Brühe, als zur Erreichung dieses Punktes des intensiven Dunkelwerdens nöthig ist, so zeigt ein empfindliches Lakmuspapier deutlich eine Veränderung der Farbe nach Roth und umgekehrt, 0,1 bis 0cc,2 Ba(OH)2 mehr zugesetzt, eine solche nach Blau. Man sieht übrigens bei dieser Gelegenheit, daſs die Gerbstoffe bezieh. ihre Umwandlungsproducte sogar empfindlicher auf freies Alkali reagiren, als Lakmus. Daſs nun weiter die Intensität dieses Dunkelwerdens von der Concentration der Lösung der diese Aenderung bewirkenden Substanzen abhängig ist, ist doch so selbstverständlich, daſs man eigentlich kein Wort darüber zu verlieren brauchte und mindestens ebenso natürlich und begreiflich, als daſs eine verschieden starke Färbung bei anderen Indicatoren auch von der verwendeten Menge dieser Farbstoffe bedingt wird. In wie fern die Farbenänderung von der Menge der Säure abhängen soll, ist mir unklar. Vielleicht wollte der Herr Kritiker aber etwas Anderes damit sagen, nämlich, daſs die Farbenänderung auch von der mehr oder weniger vorgeschrittenen Gährung und dadurch bedingten Umbildung der vorhandenen Gerbstoffe oder ihnen nahe stehenden Substanzen beeinfluſst wird. Da nun allerdings die Menge der in einer Brühe vorhandenen Säure einen Maſsstab für die mehr oder minder vorgeschrittene Gährung abgeben könnte, so würde, in diesem Sinn aufgefaſst, obiger Ausspruch ja eine gewisse Berechtigung haben. Was nun weiter den Vorwurf betrifft, daſs die Zunahme des Dunkelwerdens der durch Eiweiſs- oder Leimlösung aufgehellten Flüssigkeit eine ganz allmähliche sei, so daſs ein sicherer Schluſs auf Eintritt alkalischer Reaction aus dem Dunkelwerden gar nicht gezogen werden könne, so ist diese Behauptung das beste Kennzeichen für die Tendenz der ganzen Kritik. Bei den meisten Brühen kann man fast auf 0cc,05 Ba(OH)2 genau diesen Punkt des intensiven Dunkelwerdens treffen und gröſsere Unsicherheit als 0cc,2 Ba(OH)2 ist mir selbst unter den schwierigsten Umständen nicht vorgekommen, in einem Falle, wo ich eine sehr concentrirte, sehr viel Quebracho neben Eichen- und etwas Fichtengerbstoff enthaltende Grubenbrühe untersuchte, die vor Behandlung mit Leimlösung fast so dunkel und undurchsichtig wie Tinte war. Man kann sich bei einer solchen Gelegenheit die Erkennung des richtigen Punktes sehr erleichtern, wenn man eine zweite Portion vom Leimfiltrat neben die zu titrirende Flüssigkeit stellt und die Farben beider Flüssigkeiten fortgesetzt vergleicht. Bei einiger Uebung wird man auch unter derartigen Umständen leicht beurtheilen können, wenn die Brühe anfängt deutlich alkalisch zu reagiren. Ich will übrigens gleich hier bemerken, daſs in einem solchen Falle die für nur Fichtengerbstoff enthaltenden Brühen specifische Farbe vollständig verdeckt wird. Dies ist auch schon der Fall, wenn verhältniſsmäſsig geringe Mengen anderer Gerbmaterialien neben Fichtenrinde zur Verwendung gelangt sind. Daſs schon im Anfang bei Zusatz von Ba(OH)2 eine geringe Dunkelung eintritt, ist vollständig richtig. Dieses Dunkelwerden ist aber nicht im Entferntesten mit dem Punkt des „intensiven Dunkelwerdens“ zu verwechseln. Ebenso ist richtig, daſs sich öfter ein geringer Niederschlag abscheidet, bevor man den richtigen Punkt der Neutralisation erreicht. Dieser Niederschlag schwimmt dann aber in einer vollkommen hellen Flüssigkeit und scheidet sich sehr rasch und scharf von derselben ab. Sowie aber die in der Flüssigkeit vorhandene freie Säure neutralisirt ist, wird die ganze Flüssigkeit gleichmäſsig dunkel. Ich will hier nur noch die Thatsache anführen, daſs selbst Leute ohne jegliche chemische Vorbildung, lediglich praktische Gerber, denen ich Brühen nach dieser Methode im Laboratorium zu Tharand zur Untersuchung gab, diesen Punkt leicht und sicher herausfanden. Nur für Fichtenbrühen kann der Herr Kritiker nicht umhin, der Methode doch einige Verwendbarkeit zuzugestehen, weil sich hier nicht bloſs ein Dunkelwerden, sondern auch eine wirklich definirbare Farbe mit Eintritt der alkalischen Reaction beobachten läſst. Jedoch soll dies auch um 0,1 bis 0cc,2 Ba(OH)2 früher erfolgen, als Phenolphtaleïn den Neutralisationspunkt anzeigen würde. Da Herr Meerkatz seine diesbezüglichen Versuche nicht beschrieben hat, so kann ich mit Sicherheit nicht sagen, wo der Fehler derselben liegt. Höchst wahrscheinlich hat er eine Brühe bis zu intensiv grüner Farbe mit Ba(OH)2 versetzt und nun diese schon alkalisch reagirende Brühe zu einer gemessenen titrirten Säuremenge als Indicator zugesetzt. Daſs er dann natürlich bei dem Zurücktitriren mit Ba(OH)2 und diesem Indicator wieder früher an einen Punkt gelangen kann, wo die grüne Farbe den Neutralisationspunkt anzeigt, als Phenolphtaleïn dies thun würde, liegt auf der Hand. Jedenfalls erklärt sich obige Behauptung am wahrscheinlichsten mit dieser Annahme und ich wüſste augenblicklich nicht, wie derartige Versuche auf andere Weise angestellt werden könnten. Nach meinen Versuchen über die Benutzung von Gerbstoffen oder ihnen nahestehenden Substanzen als Indicatoren alkalischer Reaction unterliegt es indessen wohl kaum einem Zweifel, daſs dieser Einwurf ebenso unbegründet ist, wie die früher besprochenen. Der Herr Verfasser sagt dann weiter: Diese Differenz ist übrigens eine so geringe, daſs sie füglich in der Praxis unbeachtet bei der Prüfung von Brühen bleiben kann. Indessen, fügt er dann hinzu, gelingt die Prüfung nach der Procter'schen Methode ebenso gut, und vergiſst dabei ganz, daſs die Herren F. Simand und B. Kohnstein selbst dieser Methode Ungenauigkeiten von 0,1 bis 0,4 Proc. nachgewiesen zu haben behaupten. F. Simand und B. Kohnstein sagen wörtlich: „Diese Methode, von Procter selbst als „einfach und genügend genau“ bezeichnet, wurde seit dem Bekanntwerden derselben in der K. K. Versuchsstation für Lederindustrie angewendet, bis ich meine Arbeiten über die Aufnahmefähigkeit der Haut gegenüber verschiedenen Säuren bei Gegenwart von Gerbstoff in Angriff nahm. Hier zeigte es sich dann, daſs die Methode für diesen Zweck viel zu ungenau sei, um damit arbeiten zu können; ich erhielt Unterschiede von 0,1 bis 0,4 Proc. und waren die Resultate um so ungenauer, je gröſser der Gerbstoffgehalt und je kleiner die Säuremenge der zu untersuchenden Brühe war.“ Sonach kann ich mir hier wohl die Mühe ersparen, weiter auf die Procter'sche Methode einzugehen. Nur das will ich noch in Betreff derselben hinzufügen, daſs in manchen Fällen die damit gewonnenen Resultate der Wahrheit ziemlich nahe kommen mögen, sowie ferner, daſs sie nach meinem Dafürhalten für den Praktiker trotz ihrer Ungenauigkeit doch mehr Werth besitzt, als die Simand-Kohnstein'sche Methode. Unter Beachtung der von mir dargelegten Fehlerquellen mag ja auch die letztere der Wahrheit ganz entsprechende Resultate liefern, weit richtigere als die Procter'sche Methode. Dafür sprechen auch die von mir angeführten Vergleichsanalysen. Die Ergebnisse beider Methoden stimmen in einem Fall bis auf 0g,004 überein. Das wird jedoch wohl Niemand bestreiten können, daſs die nach der Simand-Kohnstein'schen Methode erhaltenen Zahlen mit einem Aufwand von Zeit und Arbeit erreicht werden müssen, der die Methode für praktische Zwecke so gut wie unbrauchbar macht. Damit dürfte die Kritik des Herrn J. Meerkatz genügend beleuchtet sein, und glaube ich es nun einem Jeden, der sich für die Methode interessirt, selbst überlassen zu können, sich ein Urtheil über dieselbe zu bilden.