Titel: Zur Explosion zu Friedenshütte.
Fundstelle: Band 268, Jahrgang 1888, S. 506
Download: XML
Zur Explosion zu Friedenshütte. (Fortsetzung des Berichtes S. 323 d. Bd.) Zur Explosion zu Friedenshütte. Der im Auftrage der Commission erstattete Bericht des Herrn Brunhuber lautet nach Stahl und Eisen, 1888 Nr. 3 S. 167 wie folgt: Die Dampfkesselexplosion auf Friedenshütte, über welche Stahl und Eisen, 1887 Nr. 10 und 11, berichtete, hat in den verschiedensten Kreisen eine etwas erregte Stimmung hervorgerufen, weil nach umlaufenden Gerüchten der Hochofenindustrie seitens der concessionirenden Behörden erschwerende Auflagen gemacht werden sollten; ja, es wurde sogar behauptet, der Friedenshütte wäre die Genehmigung für die Beheizung ihrer neu projectirten Dampfkesselanlage mit Hochofengichtgasen verweigert worden. Wenngleich nun Ihr Vorstand diesen Gerüchten eine Berechtigung nicht zuerkannte, so glaubte er doch wegen der Wichtigkeit der ganzen Angelegenheit Stellung zur Sache nehmen und eine Commission zusammenberufen zu sollen, um die Auffassungen der bis jetzt betheiligten Kreise kennen zulernen und zu prüfen. Dieselbe bestand aus den Herren: A. Boecking, Düsseldorf, W. Brügmann, Aplerbeck, J. Brunhuber, Essen, G. Hilgenstock, Hörde, Th. Jung, Burbach, A. Kiel, Duisburg, W. Landgraf, Dortmund, Fritz W. Lürmann, Osnabrück, H. Spamer, Peine, A. Spannagel, Ruhrort, Ferdinand Staub, Neunkirchen, Storp, Düsseldorf, W. Tiemann, Duisburg-Hochfeld, Alb. Vahlkampf, Oberhausen, E. Schrödter, Düsseldorf. Die vorgenannte Commission ist am 19. November, 10. December und  30. Januar zusammengetreten. Zunächst hat sich daselbst betreffs der wirthschaftlichen Seite ergeben, daſs die königliche Behörde, wie übrigens nicht anders zu erwarten war, nach wie vor die Genehmigung zu Hochofengasfeuerungen und ertheilen wird, wenn, wie auch bisher stets durchgeführt, die Entzündung und Verbrennung der Gase durch die getroffenen Einrichtungen gewährleistet wird. Ueber das Wie scheinen die Auffassungen im Augenblick noch etwas aus einander zu gehen, indessen dürften Schwierigkeiten leicht auszuschlieſsen den sein, wenn die Erörterungen über diesen Punkt nicht einseitig, sondern von den betheiligten Kreisen, das sind die Hochofen- und Dampfkessel-Ingenieure, gemeinschaftlich gepflogen werden. Dieser Standpunkt muſs bei allen einschlägigen Fragen weitgehender Bedeutung festgehalten werden, weil anderenfalls leicht eine einseitige Behandlung der Materie Platz greift, wie sich, um gleich ein Beispiel anzuführen, leider bis jetzt in der Stellungnahme zur technischen Seite der Friedenshütter Explosion gezeigt hat. Während der schlesische Dampfkessel-Revisionsverein den ersten Anlaſs zu dem Unglück in dem Defectwerden eines oder mehrerer Kessel und sich hieran anschlieſsenden Gasexplosionen erblickt, glauben die Ingenieure einiger anderen Revisionsvereine die anfängliche Ursache in einer unter sämmtlichen Kesseln fast gleichzeitig stattfindenden Gasexplosion suchen zu sollen; in wieder anderen Kreisen ist die Anschauung vertreten, daſs Wassermangel den ersten Anlaſs zur Katastrophe gegeben habe, und endlich tritt die Materialqualität als Factor bei der Beurtheilung des vorliegenden Unfalles auf. In diesen vier Annahmen sind die Grundlagen zur Erörterung der einleitenden Momente für das Zustandekommen des Unfalles gegeben. Wesentlich in dem Berichte des schlesischen Dampfkessel-Revisionsvereines ist die Annahme, daſs die anfängliche Ursache der stattgehabten Explosion im Schadhaft werden eines oder mehrerer Dampfkessel zu suchen sei, ohne Halt dagegen die Begründung der Art und Weise, wie die angenommene Gasexplosion bei jenen Kesseln eingeleitet worden sein soll, und nicht ausgesprochen, wie bei den übrigen Kesseln die Entstehung der Gasexplosion gedacht worden ist. Ein Zweifel kann darüber nicht herrschen, daſs der schlesische Verein trotz der Annahme des Defectwerdens einiger Kessel den Hauptanstoſs in einer gröſseren Gasexplosion gesucht hat, und wird deshalb seine Ansicht durch die Erklärung der Oberingenieure verschiedener Dampfkessel-Revisionsvereine gedeckt, welche, wie schon angeführt, eine unter sämmtlichen Dampfkesseln gleichzeitig stattgefundene Gasexplosion annehmen. Während des regelmäſsigen Betriebes ist eine Gasexplosion von einiger Wirkung unmöglich; um eine Erklärung zu versuchen, muſs zu Annahmen gegriffen werden, und zwar ist vorauszusetzen, daſs entweder das für sich brennende Gas erlosch oder ausblieb und sich später wieder entzündete. Der erste Fall dürfte bei der hohen Entzündungstemperatur und der verhältniſsmäſsig geringen Verbrennungstemperatur bei dem einen oder anderen Kessel zeitweilig für Momente nicht fraglich sein, spricht doch auch die in Friedenshütte für nothwendig erachtete Unterhaltung eines Rostfeuers dafür, dagegen muſs es als höchst unwahrscheinlich bezeichnet werden, daſs das Erlöschen der Gase in sämmtlichen Feuerungen gleichzeitig oder fast gleichzeitig eintreten konnte, wenn nicht zu der ferneren Annahme geschritten wird, daſs das vorher brennbare Gas nun auf einmal unter den obwaltenden Zuständen unverbrennlich wurde, sei es durch verminderte Dichte, sei es durch unpassende Zusammensetzung. Bei einem Betriebe mit drei Hochöfen und reichlicher Maschinen kraft ist beides nicht wohl anzunehmen und wird aus gleichem Grunde auch die Annahme unwahrscheinlich, daſs das Gas ausgeblieben sei. Wird nun trotz der vielen entgegenstehenden Gründe doch die Annahme des Ausbleibens der Gichtgase aufrecht erhalten, wobei gleichzeitig dem Erlöschen der Mischung von Gichtgas und Luft Rechnung getragen wird, so kann hieraus eine Explosion von der Intensität, wie sie zur Herbeiführung der Verwüstung auf Friedenshütte nothwendig erscheint, noch nicht gefolgert werden. Wird berücksichtigt, daſs nur dann die Verbrennung eines Gasgemisches einen explosionsartigen Charakter annimmt, wenn sie eine plötzliche oder wenigstens sehr rasche ist, so kann unter gewöhnlichen Verhältnissen bei Dampfkesselfeuerungen mit Hochofengichtgasen nicht die Rede davon sein, weil die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Entzündung der vorhandenen Gase eine zu geringe ist, auſserdem aber auch die Verbrennungen nicht im abgeschlossenen Raume erfolgen. Die auf Friedenshütte zur Heizung der Dampfkessel verfügbaren Gichtgase werden im Cubikmeter nachstehende Zusammensetzung gehabt haben: N – 0,592cbm CO2 – 0,057 H2O – 0,123 CO – 0,228 und bedurften an theoretischer Verbrennungsluft 0cbm = 0cbm,114 O + 0cbm,429 N. Nun hat Bunsen bei Verbrennung von CO mit O im Verhältniſs von 2 : 1 gefunden, daſs die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Entzündung dieses Kohlenoxydknallgases bei gewöhnlicher Temperatur nur etwa Im für 1 Secunde beträgt und darf deshalb angenommen werden, daſs die Verbrennung der wahrscheinlich immer mit einem Mehrfachen der theoretisch nöthigen atmosphärischen Luft gemischten Gichtgase wegen des groſsen Ueberschusses an indifferenten Gasen noch bedeutend langsamer ausfallen muſs. Soll die Verbrennung eine raschere werden, so ist die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Entzündung zu steigern. Hierüber belehren Untersuchungen, welche von Prof. E. Mallard angestellt worden sind, und welche sich in die Relation zusammenfassen lassen, daſs V=a\,\sqrt{\frac{s}{p}.\frac{T-t}{t-\tau}} ist, wenn V = Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Entzündung, T = Verbrennungstemperatur, t = Entzündungstemperatur, τ = Temperatur des Gasgemisches, p = den Umfang des Heizkanales, s = den Querschnitt des Heizkanales, a = Coefficient, abhängig von den Wärmeverlusten, bedeuten. Um zur Beurtheilung der Verbrennungserscheinungen weitere Anhaltspunkte zu gewinnen, sind die calorimetrischen und pyrometrischen Eigenschaften der Friedenshütter Gase näher zu ermitteln. Ohne Berücksichtigung der mitgebrachten Wärme liefert 1cbm Gasgemisch, d.h. Gichtgas und Luft, wenn die Luft in theoretischer Menge beigemischt ist, 444 Cal., bei doppeltem Luftquantum 329 Cal. und bei dreifachem 261 Cal. Werden 300 Cal. angenommen, entsprechend etwa gleichen Volumen Gas und Luft, so würden, weil die specifische WärmeDie specifische Wärme ist nicht constant, sondern wächst mit steigender Temperatur. dieser Mischungen bei constantem Druck 0,31 und bei constantem Volumen 0,22 beträgt, die Verbrennungstemperaturen sich bei constantem Druck zu 970° und bei constantem Volumen zu 1360° berechnen. Letztere Temperatur ist der Explosivität des Gasgemisches zu Grunde zu legen und ermittelt sich dieselbe daraus zu ungefähr 4at,55 Ueberdruck. Zu der Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Entzündung zurückkehrend, sind nun, wenn noch die Entzündungstemperatur nach den Angaben des Herrn La Baume zu 785° angenommen wird, die ausschlaggebenden Daten zur Berechnung der Geschwindigkeit gegeben, sofern zur Beurtheilung der Temperatureinflüsse angenommen wird, daſs das Product a\,\sqrt{\frac{s}{p}} constant ist. Diese Annahme erscheint zulässig, indem dadurch nur gröſsere Geschwindigkeiten bei höheren Temperaturen erzielt werden als thatsächlich vorhanden sind, weil sich mit zunehmender Temperatur die Wärmeverluste durch die absorbirende Umgebung steigern. Unter den stattgehabten Zusammensetzungen der Gasgemische wird eine Fortpflanzungsgeschwindigkeit von höchstens 0m,5 der Wirklichkeit entsprochen haben; auch wird eine Anfangstemperatur jener von etwa 40° anzunehmen ein Aus diesen Zahlen leitet sich nun die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Entzündung her zu V=0,60\,\frac{T-t}{t-\tau} Auf Grund dieser Formel fallen die Geschwindigkeiten bei τ = 100° zu     0,59m 200   0,79 300   1,06 400   1,52 500   2,27 600   3,81 700   9,00 725 13,00 750 22,71 775 81,00 aus. Es ist ersichtlich, daſs die Erwärmung der Friedenshütter Gasgemische sehr weit getrieben werden muſs, um zu einer nur einigermaſsen beachtenswerthen Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Entzündung zu gelangen. Für den gewöhnlichen Betrieb wurde die Verbrennungstemperatur zu 970° festgestellt, also um nur 185° höher als die Entzündungstemperatur, und ist hierdurch die Grenze gesteckt, welche in der Erwärmung des Mauerkörpers erreicht werden könnte, wenn keine Abkühlung der Verbrennungsproducte an den Kesselwänden stattfände. Diese Mauerwerkstemperatur kann indessen nie eintreffen, denn trotz der Bedeckung der Heizflächen mit Gichtstaub werden bedeutende Wärmemengen transmittirt werden und muſs deshalb die Herabminderung der Mauerwerkstemperatur nothwendigerweise folgen. Ueber das Maſs der Abkühlung in der besprochenen Richtung liegen keine Anhaltspunkte vor, dagegen kann für die Oberflächenabkühlung des Mauerwerkes, wenn keine Flamme mehr vorhanden ist und nur unverbranntes Gasgemisch die Kanäle durchstreicht, aus der Oberflächenbeschaffenheit geschlossen werden, daſs die Temperaturerniedrigung rasch eintreten muſs. Die Bedeckung der Wände mit Gichtstaub ist nämlich eine lockere; es ist somit wenig Masse vorhanden, welche bedeutendere Wärmequantitäten aufgenommen hat, und da auſserdem die specifische Wärme des Gichtstaubes unter der der Gase liegt, so reicht schon eine geringe Zeitdauer hin, die Temperatur bedeutend zu erniedrigen. In neuester Zeit angestellte Untersuchungen auf der Ilseder Hütte ergaben bei einer in der Beheizung mit der Friedenshütter Kesselanlage vergleichbaren Anlage, daſs bei normalem Betriebe die Temperatur des Gasstromes in 1m,8 Entfernung von den Gasdüsen 745° und in 17m,1 Entfernung 470° C. betrug. Wurde der Gasschieber geschlossen, nachdem vorher das vorhandene Koksfeuer vollständig gedeckt worden war, und wurde die Feuerthüre geschlossen gehalten, so zeigte sich in der 5. bis 11. Minute nach dem normalen Betriebe die Temperatur vorn zu 329°, hinten zu 266°, in der 16. bis 22. Minute vorn zu 331°, hinten zu 229° und in der 27. bis 33. Minute vorn zu 270° hinten zu 229° C. In einer zweiten Versuchsreihe, bei welcher das Koksfeuer nach seinem Durchbrennen aufs Neue gedeckt, also die Feuerthüre geöffnet wurde, fanden nachstehende Verhältnisse statt: Bei Gaszutritt war in 5m,5 Entfernung von der Gasdüse die Temperatur 727° und in 17m,1 Abstand 469°. Nachdem der Gasschieber geschlossen worden war, und nun nur Luft und Verbrennungsproducte der Koksfeuerung abstrichen, fand während der 5. bis 11. Minute nach dem normalen Betrieb vorn eine Temperatur der Luft von 130° und hinten von 215° C. statt und während der 16. bis 22. Minute vorn 146°, hinten 198°. Hiernach erscheint es fraglich, ob für einige Zeit erloschenes oder ausgebliebenes Gas nach seinem Wiedererscheinen bei der Kesselheizung der Friedenshütte sich auf seinem Wege zum Fuchse wieder entzünden konnte, und wäre nur dann eine Möglichkeit hierzu vorhanden gewesen, wenn entweder das Brenngas sich in seiner Zusammensetzung geändert hätte oder durch Flugfeuer die zur Entzündung erforderliche Temperatur geboten worden wäre oder endlich Oxydationen unter Feuererscheinungen sich vollzogen hätten. Der letzte Fall kann wohl hier, wenngleich er sich bei Staubkästen eingestellt hat, vernachlässigt werden, dagegen liegt die Möglichkeit der ersten Fälle vor. Wäre nämlich das Rostfeuer mittels des Schürhakens aufgebrochen worden, so hätten sich je nach dem Stadium der Entgasung mehr oder weniger Kohlenwasserstoff haltige Destillationsproducte entwickeln können, auch ist bei einigermaſsen starkem Zuge die Fortführung von hellglühendem Brennmaterial nicht abzuleugnen; faſst man jedoch die hierbei obwaltenden Verhältnisse ins Auge, so müssen Entzündungserscheinungen, wie sie zu Explosionsvorgängen erforderlich sind, als ausgeschlossen bezeichnet werden. Vor allen Dingen bleibt zu beachten, daſs zur Herbeiführung veränderter Verhältnisse die Feuerthür zu öffnen war und das auf dem Roste befindliche Brennmaterial noch glühend sein muſste. Hier konnte, wenn eine Entzündung angenommen wird, nur im vorderen Theile des oberen Zuges eine Verbrennung vor sich gehen, weil durch die Wiederbelebung des Rostfeuers von dieser Stelle die Entzündung ausgehen muſste; eine Entzündung und explosionsartige Verbrennung an anderer Stelle, sei es durch Flugfeuer oder heiſse Wände, muſs stark bezweifelt werden, weil durch das Oeffnen der Thür eine bedeutende Abkühlung der Heizgase eintrat und ferner durch übermäſsige Luftzufuhr die Verbrennungstemperatur der Entzündungstemperatur näher gerückt wurde und deshalb in doppelter Weise die Fortpflanzungsgeschwindigkeit einer etwa möglichen Entzündung sehr gering ausfiel. Die vorhin gegebenen Zahlen bieten zur Beurtheilung der auftretenden Verhältnisse einen Anhalt. Die Behandlung eines Feuers würde selbstverständlich von gar keinem Einfluſs auf die übrigen Roste gewesen sein. Alle bei Kesselanlagen mit Hochofengasfeuerung bisher vorgekommenen Unregelmäſsigkeiten in der Feuerungsanlage haben sich durch nur sehr geringe Wirkungen gekennzeichnet; es spricht dies dafür, daſs in allen bekannt gewordenen Fällen entweder nur ein mäſsiges Expandiren, oder sogar Entweichen der Verbrennungsproducte möglich, daſs also mit anderen Worten die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Entzündung, selbst bei der ungeeignetsten Kanalführung, stets eine verhältniſsmäſsig geringe war. Wäre dem anders, so könnten zwar gröſsere Wirkungen, als wie bislang beobachtet, erzielt werden, indessen müſsten auch hier für die Erklärung des Friedenshütter Explosionsfalles weitgehende und geschraubte Annahmen gemacht werden. Es wurde eingangs die Explosivität zu 4at,55 angegeben. Selbstverständlich kann solcher Druck niemals in einer Kesselfeuerungsanlage auftreten, weil, wie vorhin ausgeführt, die Entzündungsgeschwindigkeiten nie übermäſsige sein können, dann aber auch die Verbrennungen nicht vollständig oder bei constantem Volumen stattfinden, sei es dadurch, daſs die Gase in den Kanälen expandiren oder abgesaugt werden, oder durch geöffnete Thüren oder abgedrücktes Kesselmauerwerk entweichen. Auſsergewöhnliche Verbrennungen in Kesselfeuerungen oder Zügen haben, so viel bis heute bei Verwendung von Hochofengichtgasen bekannt geworden ist, nie einen heftigen Charakter geäuſsert, sondern sind mit geringer Druckentfaltung als Verpuffung verlaufen, und wenn man auch vorgekommenen Zerstörungen bedeutende Kräfte unterzulegen geneigt war, so zeigte doch ein näheres Eingehen auf den Verlauf, daſs nur unwesentliche Druckäuſserungen stattgefunden hatten. Ganz anders müssen die Kräfte gedacht werden, welche Verwüstungen, wie solche sich bei der Friedenshütte gezeigt haben, hervorbringen konnten. Aus dem Umstände, daſs die Unterkessel fast sämmtlich ihren Lageplatz nicht verlassen haben, wird gefolgert, die Gasexplosion müsse zwischen den Ober- und Unterkesseln, also im ersten Zuge, ihren Sitz gehabt haben. Wird dies angenommen, so muſste die zerstörende Kraft, da mit Berücksichtigung des Auftriebes des Oberkessels dessen zu bewältigendes Gewicht bei 4at,5 = – 12124k und die Kraft zur Trennung der Verbindungsstutzen bei nur 10k Festigkeit der Constuction 719510k betrug, mindestens 707386k sein, was, wenn der Angriff auf der ganzen Länge des Oberkessels erfolgt wäre, einem Drucke von 3k,75 entspräche. Weder diese Angriffsfläche noch dieser Druck können aus verschiedenen Gründen erreicht worden sein und bleibt deshalb zunächst die Annahme übrig, daſs bei der angenommenen Explosion das Gewölbe der Sieder Widerstand geleistet hat und der Oberkessel mit den Siedern gehoben worden ist. Das Gewicht des ganzen Kessels betrug 12885k und das seines Wasserinhaltes 30825k, so daſs in diesem Falle, abgesehen vom Mauerwerk, 43710k zu heben gewesen wären. Würde auch hier der Angriff auf der ganzen Kessellänge stattgefunden heben, so hätte zum Heben des Kessels eine Kraft von etwa 0k,22 für 1qcm genügt und vielleicht etwa 0k,3 für die Gesammtconstruction. Es wurde bereits angeführt, daſs zur Erzeugung explosionsartiger Verbrennungserscheinungen hohe Vorwärmung der Gichtgasgemische erforderlich ist, und darf angenommen werden, daſs mindestens 600° bis 700°, wenn nicht noch mehr bei der hohen Entzündungstemperatur vorhanden sein müssen, um einen nur einigermaſsen bemerkbaren Effect bei nicht abgeschlossenen Räumen in Art des ersten Kesselzuges hervorzurufen. Da nun der Inhalt des ersten Zuges 16cbm,8 beträgt, so berechnet sich das auf 0° reducirte Gasgemisch zu 5,2 bis 4cbm,7 und dessen aufgespeicherte Wärme zu 2530 bis 2430 Cal., welche aus der latenten und der durch Erhitzung aufgenommenen Wärmemenge zusammensetzen. Trotzdem hier in einer Weise Voraussetzungen herangezogen worden sind, welche in der Wirklichkeit niemals beobachtet werden können, läſst sich aus jener Wärmemenge eine Arbeit von nur 1073000 bis 1030000mk herleiten, und da diese nur zu einem geringen Theile zur Ausführung gelangen konnten, so ist die Annahme ausgeschlossen, daſs in Folge der angenommenen Gasexplosion die Kessel zu den beobachteten Entfernungen fortgeschleudert worden sind. Es bleibt, um die Einleitung der Katastrophe durch Gasexplosion zu erklären, nur übrig, anzunehmen, daſs in Folge einer stattgehabten Explosion die Kessel etwas gehoben worden seien und dann beim Niederfallen zertrümmerten. Dies wäre, wenn die vorhin gemachten Voraussetzungen stattgefunden hätten, immerhin möglich gewesen und fände dann auch der weitere Verlauf des Unfalles in der secundären Kesselexplosion seine theilweise Erklärung, indessen muſs auch solche Kraftäuſserung einer Gasexplosion nach den Erfahrungen der Hochofeningenieure in Abrede gestellt werden, weil gerade die Voraussetzungen mangeln, welche Explosionen von der erforderlichen Heftigkeit bedingen könnten. Diese Erfahrung scheint in dem Befunde der Trümmerstätte insofern einen Beleg zu erhalten, als viele Anzeichen dafür sprechen, daſs die Abwickelung des Vorganges in oben angedeutetem Sinne ausgeschlossen erscheinen muſs. (Schluſs folgt.)