Ueber die Steinkohlevorkommnisse und -Gewinnung
auf der Erde.Ueber die Vorkommnisse und Gewinnung der Steinkohle.Die Verwendung der Steinkohle hat zuerst in England sowohl zum Schmieden als auch zum
Schmelzen der Erze stattgefunden. Im J. 1183 wird erwähnt, daſs die Hammerschmiede
zu Wearmouth und Sheffield einen Steinkohlezins zu zahlen hatten. In Belgien soll
sie von einem Engländer entdeckt und von einem Hufschmiede in dem Dorfe Plénéraux
bei Lüttich im J. 1198 zum Schmieden benutzt worden sein. Von da ist die Kenntniſs
und Gewinnung der Steinkohle nach Deutschland in das nahe gelegene Kohlebecken von
Aachen übertragen worden, wo schon im Anfange des 13. Jahrhunderts Kohle gewonnen
wurde: an der Ruhr und in Sachsen im 14. Jahrhundert. In Frankreich wurde schon vor
1321 zu Roche-la-Molière im Loire-Thale Steinkohle gewonnen.Nächst Nordamerika besitzt Groſsbritannien die gröſste Fläche an Kohlefeldern. Die
englischen und belgischen Felder dürften bis jetzt verhältniſsmäſsig am stärksten
bebaut sein.1) Groſsbritannien. Die Hauptkohlebecken
Groſsbritanniens sind die von Durham, Northumberland, Yorkshire, Derbyshire und
South Wales. Die bedeutendsten Gruben sind die von Newcastle. Man unterscheidet in
nachstehend aufgeführten Bezirken die Kohle in: 1) Anthraeit, in Wales vorkommend:
2) Kokskohle, vorkommend in Northumberland, Durham, South-Wales, Derbyshire und
Lancashire; 3) nichtkokende Kohle, wie die Thisk-, Broock-, Heathen- und die
Schieferkohle Schottlands, und 4) in Cannelkohle, Gaskohle. Der Durhamkoks ist am
besten für die Eisenhochöfen und es verdanken die von Cleveland ihre hohe
Leistungsfähigkeit diesem Koks. In der Gewinnung steht bekanntlich Groſsbritannien
obenan (vgl. Tabelle S. 578).Die Ausfuhr Groſsbritanniens an Steinkohle betrug 1885 nach Frankreich 4215456t, Italien 2703471t, Deutschland 2635436t, Schweden und
Norwegen 1835810t, Ruſsland 1471207t, Spanien und Portugal 1328601t, Britisch-Indien 1304994t, Dänemark 1160409t, Aegypten 1142516t, nach den übrigen
Ländern der Erde 5972363t,
zusammen23770263tgegen188623284960t„188710415000t
In den Flötzen von über 0m,3 Mächtigkeit und über
1200m Tiefe soll ganz Groſsbritannien nur noch
über annähernd 146480 Millionen Tonnen Kohlen verfügen, welcher Vorrath bei einer
jährlichen Gewinnung von 163000000t, wie die von
1884, noch für 261 Jahre im günstigsten Falle und im ungünstigsten Falle nur noch
für 106 Jahre ausreichen würde, was für Englands Industrie keine gute Aussicht wäre;
Amerika würde dann vielleicht seine groſsen Kohleschätze mehr heben und verwerthen
können.Groſsbritannien.
2) Nordamerika, a) Die
Vereinigten Staaten besitzen folgende Kohlebecken:
engl. Quadrat-Meilen1) westliches Becken in den Staaten Iowa,
Missouri, Kansas und Nebraska, groſs 650002) das groſse mittlere Becken in den Staaten
Illinois, Indiana und Kentucky 500003) das kleine nördliche Becken im Staate Michigan 120004) das groſse Alleghany-Becken in den Staaten
Penn- sylvanien, Ohio, Maryland, West-Virginien,
Tennessee und Alabama 645285) das Anthracitbecken im nördlichen Theile von
Penn- sylvanien 472–––––––zusammen192000
Von diesen Becken ist bis jetzt das kleinste am stärksten bebaut worden, und zwar in
Folge der im Bereiche des Anthracitbeckens von Pennsylvanien bestehenden
Eisenindustrie. Wie in allen Ländern, so ist auch in den Vereinigten Staaten die
Kohlegewinnung von der Metallindustrie am meisten abhängig. Die Entwickelung der
Anthracitgewinnung Pennsylvaniens geht aus folgenden Zahlen hervor:
Die Flötze daselbst haben eine Mächtigkeit von 1,22 bis 22m,86, letztere hat übrigens nur ein Flötz.
An Fettkohle wurde 1885 in den Ver. Staaten gewonnen10331107tdazu obige Anthracitkohle von33520841–––––––––Summa Steinkohlegewinnung der Ver.
Staaten43851948t
Ausfuhr und Einfuhr sind gering und beschränken sich hauptsächlich auf die
Dampfschifffahrt.Braunkohle wird in den Vereinigten Staaten bedeutend mehr gewonnen, 1884 =
74910228t.b) Canada besitzt auſser Steinkohle in Neu-Schottland
ebenfalls bedeutende Ablagerungen von Lignitkohle am Belly-River, in Grassy-Island,
Horseshoc Bend, Blackford Crossing und im südlichen Saskatchewan-Bezirke.3) Mexico und Brasilien. In Mexico ist bis jetzt wenig
Steinkohle bekannt und in Brasilien hat man erst in neuerer Zeit die Kohlelager in
den Districten Desterro und Santa Catharina kräftiger angegriffen.4) Australien. Australien besitzt reiche Kohlefelder an
den Cordilleren von Ost-Australien in Neu-Südwales und Queensland, auch in Victoria
und Neu-Seeland. In Neu-Südwales, welches die reichsten und mächtigsten Kohlefelder
besitzt, ist die Kohle 1796 bei Newcastle-Harbour entdeckt worden und wird
daselbst seit 1802 bebaut. Dasselbe lieferte:
1879 waren 37 Gruben in Betrieb mit 5035 Arbeitern und wurden
also für 1 Mann 314t erzielt, was eine hohe
Leistung ist.5) Deutsches Reich. Deutsehland hat nach England den
bedeutendsten Steinkohlebergbau der Erde, der sich aber erst seit Einführung der
Eisenbahnen und Ausdehnung der Eisenhütten emporgeschwungen hat. Die Gewinnung in
den einzelnen Staaten Deutschlands betrug:
In Preuſsen, wo das Ruhrbecken bis jetzt die meiste Kohle geliefert hat, ist der
bedeutendste Steinkohlebergbau Deutschlands. Nach diesem Becken folgt Schlesien,
dann der preuſsische Theil des Saarbeckens, während das Königreich Sachsen die
vierte, das Aachener Becken die fünfte, der lothringische Theil des Saarbeckens die
sechste, der bayerische Theil dieses Beckens die siebente, Oldenburg die achte,
Baden die neunte und die Thüringischen Staaten die zehnte Stelle einnehmen.Die Anzahl der Flötze u.s.w. in den Hauptbecken Deutschlands ist:
Das Ruhrbecken hat nicht allein in Deutschland, sondern in Europa die gröſste
Kohleablagerung aufzuweisen gehabt. Im J. 1885 förderten 117 Zechen mit 92712
Arbeitern 26804000t oder jeder Arbeiter 289t, während die Förderung vom Jahre 1820 nur
500000t betrug. Die Güte der Kohle nimmt mit
der höheren Lage der Flötze zu: die unteren Flötze enthalten nämlich Sandkohle, die
mittleren Backkokskohle und die oberen Backgaskohle.Im oberschlesischen Becken ist das Verhältniſs umgekehrt; hier halten die liegendsten
Flötzpartien Backkohle und die oberen Sinterkohle. Es gibt in diesem Becken viele
Flötze von groſser Mächtigkeit, bis zu 8m,9 Kohle.
Im J. 1884 wurden mit 39081 Arbeitern 12292067t
oder jedem Arbeiter 314t Kohle in diesem Becken
gewonnen.Im Saarbecken wechselt die durchschnittliche Mächtigkeit der Flötze zwischen 0,7 bis
1m,21; das stärkste Flötz ist das Flötz
Blücher von 3m,9 Mächtigkeit. Die Kohle des sogen.
liegenden Zuges ist eine gute Gaskohle, während die Flötze des mittleren und
hangenden Zuges Sinterkohle, einige des letzteren in der oberen Abtheilung Sandkohle
enthalten. Im J. 1815 betrug die Gewinnung in diesem Becken nur 80000t, 1850 schon 600000t und 1885 6999519t. An letzterer waren
betheiligt:
gegen 146480 Millionen Tonnen in Groſsbritannien.Hiernach würde Deutschland bei einer gleichen Gewinnung wie die gegenwärtige von rund
60 Millionen Tonnen für 1 Jahr noch für etwa 6000 Jahre Kohle besitzen oder den
gegenwärtigen Verbrauch Europas auf etwa 1500 Jahre decken.Im J. 1885 betrug die Ausfuhr Deutschlands an Kohle nach den Niederlanden 2947256t, Oesterreich – Ungarn 2484665t, Frankreich 1129339t, Belgien 741536t, Schweiz 600512t, den übrigen Ländern 1052208t, zusammen 8955516t.6) Belgien besitzt zwei Steinkohlenbecken: das von
Lüttich und das von Charleroi-Mons. Letzteres setzt in Nordfrankreich hinein.
Belgiens jährliche Kohlegewinnung betrug im Durchschnitt:
Wie in Groſsbritannien und Deutschland, so ist auch in Belgien die Ausfuhr bedeutend
gröſser als die Einfuhr, und es betrug erstere im J. 1885 nach Frankreich 3660852t, den Niederlanden 117572t und den übrigen Ländern 197278t, zusammen 3975702t.7) Frankreich.
Die Haupt- und bebauten Kohlebecken Frankreichs sind: die Becken von Valenciennes,
Pas-de-Calais, St. Etienne, Alais, Commentry, Blaney-Kreusot, Graissessac, Epinac,
Aubin, die Anthracitbecken von Mayenne, Drac, Savoire und das Lignitbecken von Aix.
Das reichhaltige Becken von Pas-de-Calais ist erst 1852 entdeckt worden.Algier besitzt fast keine Steinkohle.Durch den Verlust von Elsaſs-Lothringen hat Frankreich gegenwärtig eine geringere
Steinkohlegewinnung von gegen 600000t. – Ungefähr
¾ seines Verbrauches fällt auf die Hütten.8) Spanien. Spanien besitzt nicht unbedeutende
Kohleablagerungen, indessen gewinnt es gegenwärtig nur etwa die Hälfte seines
Bedarfes. Die Kohlevorkommnisse desselben sind: die Kohlefelder von Langreo und
Miéres in Asturien (die kohlereichsten), die kleineren Felder von Quiros, Teberga,
Santofiome, Riosa und Arno (letzterer hat Flötze von 2 bis 12m Mächtigkeit), das Kohlebecken der Provinz
Cordoba, welches groſse Ausdehnung besitzt, zwischen Espiel und Peñarroya am
reichsten ist und daselbst Flötze von Fett- und Maschinenkohle bis zu 10 bis 15 und
20m mächtig hat, welche theilweise durch
Tagebau bebaut werden. Dann folgen das Becken von Villanueva del Rio (Provinz
Sevilla) und die kleineren Becken von San Adria de Juarros (Provinz Burgos), von
Henarejos (Provinz Cuenca), von Erill-Castell (Provinz Lerida), von Puertollano
(Provinz Cindad-Real) und von Villagareia, Fuente del Arco und Los Sandes (Provinz
Badajos).Ungefähr die Hälfte der Gewinnung liefert die Provinz Oviedo.Die einschlagenden Verhältnisse Spaniens sind nachstehende:
Der Bergbau in Spanien steht, wie bekannt, nicht auf der Stufe, auf welcher er sich
befinden könnte.9) Oesterreich-Ungarn. Oesterreichs Steinkohlegwinnung
betrug 1884 7190866t, davon lieferte Böhmen
3398539t, Schlesien 2341444t, Mähren 1005817t, Galizien 400084t, Niederösterreich
44653t und Steiermark 328t.Ungarn ist wie Böhmen reich an Stein- und Braunkohle und es ist in neuerer Zeit in
Ungarn neben dem Eisensteinbergbau der Kohlebergbau der wichtigste. Bebaute
Steinkohlelager finden sich zu Ujbanya bei Eibenthal, zu Szekul bei Reschitza, Doman-Reschitza,
Fünfkirchen, Szászka, Váralja, Ujoar-Töresvar, Steierdorf-Anina und bei Oravicza.
Auf letzterem Lager bauen die ältesten und bedeutendsten Gruben der
österreichisch-ungarischen Monarchie.Die Kohleproduction Ungarns betrug:
Wegen der geringen Industrie Ungarns hat sich der Kohlebergbau daselbst noch nicht
dem Kohlevorkommen entsprechend entwickelt. Sowohl Ungarn als Oesterreich führen
noch Kohle ein, aber wenig aus.10) Bulgarien. Bei Trewna befinden sich reiche
Kohlefelder, welche der fehlenden Transportmittel wegen noch nicht bebaut
werden.11) Türkei. Der einzige Steinkohlebergbau der Türkei
findet bei Eregli oder Bender-Eregli an einem Golfe des Schwarzen Meeres, wo 1834
die Kohle entdeckt wurde, statt. Das Becken erstreckt sich auf 2½ bis 3 Stunden
Breite und auf etwa 30 Stunden Länge bis Amassra hin. Die Kohle besitzt groſse
Reinheit und werden jährlich etwa 100000t
gewonnen. – Der Steinkohleverbrauch der Türkei beschränkt sich auf die Seestädte und
die Eisenbahnen; die Einfuhr erfolgt von England.12) Schweden und Norwegen. Schweden ist arm an Kohle,
nur auf der Insel Bornholm und in der Provinz Schonen hat es solche. Südschonen
lieferte 1884 aus den Steinkohlefeldern bei Hoganäs, Billesholm und Bjuf 286586t. Schweden deckt nur etwa 10 Proc. seines
Bedarfes, was für seine Metallindustrie sehr nachtheilig ist; das Roheisen wird mit
Holzkohle erblasen.Norwegen besitzt keine mineralischen Brennstoffe und hat dadurch auch geringen Berg-
und Hüttenbetrieb, obschon es reich an Erzen ist.13) Ruſsland. Das erste und wichtigste Becken ist das
von Donetz mit vorzüglicher Schmiede-, Gas- und Kokskohle, das zweite ist das
Moskauer und das dritte das Dombrowaer Becken in Polen. Im Kaukasus kommt Liaskohle
in der Gegend von Kutais vor; im Ural Steinkohle bei Suhologsk im Districte
Ekaterinenberg, bei Nicolsk und Wero-Afanasiewsk, bei Gorschinsk und Fadmisk; in der
Kirgisensteppe am Nordabhange des Altai, am Baikal-See, auf der Insel Sachalin, an
der unteren Tunguska.
Das Becken Donetz lieferte davon 1757855t, das Becken Dombrowa 1677245t; den Rest die übrigen Becken.14) Japan. Die Steinkohleablagerungen der 35739
Quadratmeilen groſsen Insel Yezos werden auf 150000 Millionen Tonnen geschätzt, doch
hat dort bis jetzt wenig Bergbau stattgefunden; 1874 wurden in Japan gegen 390000t gewonnen.15) Chinas Kohlegewinnung betrug von 1868 bis 1872 im
Durchschnitt:
inder Provinz Schansi (Anthracit)1000000t„ „ „ „ (bituminöse) 700000„ „ „ Hunan 600000imFelde von Loping in Kiangsi 75000„übrigen Kiangsi und in den Provinzen Kwangsi, Tokiën,
Tscheking, Kiangsu, Naganhwéi, Hupéi und Kwěitschóu 20000„Districte Tsing-hwa in Honan 60000„übrigen Theile der Provinz Honan 40000inder Provinz Sž-tschwan und Yunan 50000„ „ „ Kansu 400000„ „ „ Schantung 200000„ „ „ Tschili 150000„ „ „ Schöngking (südliche Mantschurei) 30000––––––––Summa2965000t
Aus Vorstehendem geht hervor, daſs auf der Erde noch groſse gewinnbare
Steinkohlevorräthe vorhanden sind.Die Kohlegewinnung der Welt ist also von 1862 bis 1882 um etwa das Dreifache, die
Leistung jedes Arbeiters um etwa das Doppelte gestiegen. Beide Steigerungen haben
zur Entwerthung der Kohle wesentlich beigetragen.Nach Bericht von C. Blömcke in der Berg- und hüttenmännischen Zeitung, 1888 N. 12.