Titel: Ueber die Alkylirung von Rosanilinen durch Amidokohlenwasserstoffe; von Dr. Otto Mühlhäuser.
Autor: Otto Mühlhäuser
Fundstelle: Band 271, Jahrgang 1889, S. 25
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Ueber die Alkylirung von Rosanilinen durch Amidokohlenwasserstoffe; von Dr. Otto Mühlhäuser. Alkylirung von Rosanilinen durch Amidokohlenwasserstoffe. Rosaniline mit nichtsubstituirten Amidogruppen lassen mit Amidokohlen Wasserstoffen unter Austritt von Ammoniak Alkylrosaniline hervorgehen. Je nachdem das zu behandelnde Amidotriphenylcarbinol 1, 2 oder 3 primäre Amidgruppen enthält, gelingt auch die Einführung von 1, 2 oder 3 Kohlenwasserstoffresten. Die Anzahl der ins Molekül eingehenden Reste hängt wesentlich von der Natur der an das Rosanilin gebundenen Säure ab. Drei Phenylreste treten z.B. in das Rosanilin par excellence dann ein, wenn die mit Benzoesäure versalzte Rothbase mit viel Anilin gekocht wird, zwei bezieh. nur ein einziger, wenn an Stelle der Benzoesäure die Salz- oder Schwefelsäure tritt. Im Allgemeinen haben sich die anorganischen Säuren weniger substitutionsbegünstigend erwiesen als die organischen, unter denen wieder die Benzoesäure die wirksamste zu sein scheint. Man macht von dem verschiedenartigen Verhalten der Säuren bei der fabrikatorischen Phenylirung Gebrauch und verwendet, je nachdem man höher oder nieder substituirte Rosaniline bereiten will, anorganische oder organische Säuren. Die Thatsache, daſs Rosaniline mit drei secundär substituirten Amidgruppen Phenylrosaniline gar nicht entstehen lassen, solche mit zwei tertiären und einer primären nur sehr schwer und solche mit primären und secundären bezieh. rein primären Amidgruppen sehr leicht, besagt, daſs die Substitution nur dann statthaben kann, wenn NH3 abtrennbar ist. Dessen Abspaltung wird intramolekular und unter Bildung eines Zwischenproductes erfolgen, wenn dazu die Möglichkeit gegeben ist. So beim Rosanilin: Textabbildung Bd. 271, S. 26An die hypothetische Durchgangssubstanz wird sich in regressiver Reaction Anilin anlagern und Phenylrosanilin entstehen: Textabbildung Bd. 271, S. 26Durch successives Abspalten von NH3 und Anlagern von Anilin im Sinne nachstehender Gleichungen dürfte schlieſslich aus Phenylrosanilin das Triphenylrosanilin hervorgehen. Textabbildung Bd. 271, S. 26 Textabbildung Bd. 271, S. 27Das Rosanilin und Anilin werden aber die Componenten zum Ammoniak dann gemeinschaftlich liefern, wenn dessen Zustandekommen nur so denkbar ist. So beispielsweise im folgenden Falle: Textabbildung Bd. 271, S. 27Wie die Theorie vermuthen läſst, geht aber hier die Phenylirung nur schwer vor sich, fast ebenso schwierig wie diejenige von Anilin durch Anilin. Geschichtliches. Die französischen Chemiker Charles Girard und Georges de LaireFranzösisches Patent Nr. 45826 vom 6. Juli 1860 und Zusatz vom 2. Januar 1861. erhielten im J. 1860 beim Verkochen von groſsen Anilinmengen mit Arsensäure blaufärbende Substanzen, deren Erhalt ihnen kurze Zeit darauf in einfachster Weise aus Fuchsin und heiſsem Anilin gelang. Wie sich später herausstellte, bestand die ReactionsmasseVgl. A. W. Hoffmann, London, Roy. Soc. Proc., Bd. 12 S. 578 und Bd. 13 S. 9 und Neues Handwörterbuch von Fehling-Hell, Bd. 1 S. 626. aus Mono-, Di- und Triphenylrosanilin. Monnel und DuryFranzösisches Patent Nr. 54073 vom 20. Mai 1862. verwendeten bald darauf an Stelle des Fuchsins das Rosanilinacetat, WanklynEnglisches Patent vom November 1862. das Benzoat, PriceEnglisches Patent vom 10. December 1862; D. p. J. 1863 170 219. liefe auf Fuchsin valeriansaures, oxalsaures, weinsaures, milchsaures und zimmtsaures Anilin reagiren und bekam in allen Fällen Phenylrosaniline. WilliamsPolytechnisches Notizblatt, 1864 S. 137. probirte die Phenylirung mit Oelsäure, WatsonDeutsche Industriezeitung, 1864 S. 42. mit Stearinsäure und SachsMusterzeitung für Färberei und Druckerei, 1865 S. 58. mit den Fettsäuren der Seife. Nur Essig- und Benzoesäure behaupteten aber fernerhin im Kleinen wie im Groſsen ihre Stelle. Beide Säuren werden bei Phenylirungen stets dann verwendet, wenn es sich um möglichst vollständige Substitution eines Amidotriphenylcarbinols handelt. 1862 stellte ColinFranzösisches Patent vom 16. Mai 1862; vgl. A. W. Hoffmann, Ann. Chem. Pharm., Bd. 132 S. 290, und Clark, Chemical News, Bd. 9 S. 32, und Jahresbericht, 1864 S. 318. aus Fuchsin und Paratoluidin das Tritolylrosanilin dar, 1867 erzeugte WolffJournal für praktische Chemie, Bd. 101 S. 177; vgl. auch Ballo, Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1870 Bd. 3 S. 289 und 676. mit α-Naphtylamin naphtylirtes Rosanilin und mit Methyl-, Aethyl-, Butyl- und Amylamin die entsprechend fettalkylirten Rosaniline. Im selben Jahre gelang A. SchlumbergerWagn. J. B., 1869 S. 239. aus Coupier'schem Rosotoluidin und Anilin der Erhalt von Phenylrosotoluidin. 1881 schlug Otto FischerD. R. P. Nr. 16707 vom 1. Februar 1881. die Phenylirung von Pararosanilinen, welche eine primäre und zwei secundäre bezieh. zwei tertiäre und eine primäre Amidgruppe enthalten, für technische Zwecke vor. 1882 phenylirte Oscar DoebnerBerichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1882 Bd. 15 S. 237. das Diamidotriphenylcarbinol mit salzsaurem Anilin zweifach. Die Bereitung von betanaphtylirtem Rosanilin aus Biosanilinbenzoat und Betanaplitylamin gelang R. MeldolaChemical News * Bd. 47 S. 133 und 146, und Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft 1883 Bd. 16 S. 964; vgl. auch Noelting und Collin, daselbst 1884 S. 258.. In ähnlicher Weise auch die Darstellung von Betanaphtylpararosanilin. In diese Zeit fallen auch die Versuche, das Pararosanilin mit Anilin in Gegenwart einer Säure zu phenyliren. 1884 erzeugten Noelting und CollinBerichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1884 Bd. 19 S. 258. aus Rosanilin und Ortho- bezieh. Metatoluidin ortho- und metatolylirtes Rosanilin. Auſserdem constatirten die Genannten, daſs bei der Blaudarstellung das Lösungsanilin – was gewöhnlich als Anilinüberschuſs bezeichnet wird – durch andere Lösungsmittel, wie Phenol und Naphtalin mit mehr oder weniger Vortheil ersetzbar ist und daſs 1 Mol. Rosanilin und 3 Mol. Anilin in Gegenwart von etwas Benzoësäure mit dem Phenol Violett, mit Naphtalin dagegen Anilinblau gebe. 1886 lieſs DahlD. R. P. Nr. 36900 vom 11. März 1886. auf Rosanilin im Beisein von Benzoesäure heiſses Phenylendiamin und dessen Homologe einwirken und bekam so wasserlösliche Amidophenylrosaniline. Im selben Jahre constatirten Heumann und HeidlbergBerichte der deutschen chemischen Gesellschaft. 1886 Bd. 19. S. 1992., daſs gechlorte Aniline sich gegen Rosanilin ebenso wie Anilin verhalten. Aus Rosanilin und Benzoesäure und O-Chlor, Meta-Chlor und Parachlor-Anilin bereiteten die genannten Chemiker O-Trichlor-, Metatrichlor- und Paratrichlor-Triphenylrosanilin. Hervorragend technische Wichtigkeit haben heute das Triphenylrosanilin und das Triphenylpararosanilin, welch letzteres berufen ist, das erstere zu ersetzen. Von mehr geschichtlichem Interesse sind das Mono- und Diphenylrosanilin, aber auch diese Substanzen werden heute noch, wenn auch in geringen Mengen, fabrikmäſsig bereitet. Technisches. Ueber die Darstellung der Phenylrosaniline läſst sich wenig Allgemeingültiges sagen, weil eben für jeden einzelnen Fall erst die günstigsten Reactionsbedingungen erforscht werden müssen. Nach dem vorhin Mitgetheilten dürfte indessen deren Auffindung nicht schwer fallen. Was die Abtrennung der reinen Producte aus den Rohschmelzen anbelangt, so kann diese ebenfalls in verschiedenster Weise geschehen. Sind die phenylirten Rosaniline wasserlöslich, so reinigt man sie nach Methoden, wie sie bei den wasserlöslichen Substanzen überhaupt angewendet werden; sind sie nur spritlöslich, so kann man dieselben aus alkoholischen oder anilinischen Lösungen fractionirt ausscheiden oder aber mit Benzol die (in diesem Kohlenwasserstoffe auf löslichen) Begleiter entziehen.