Titel: Verfahren zur Reinigung von Wolle und Fellen.
Autor: P. Behrend
Fundstelle: Band 272, Jahrgang 1889, S. 224
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Verfahren zur Reinigung von Wolle und Fellen. Mit Abbildungen auf Tafel 9. Verfahren zur Reinigung von Wolle und Fellen. Watson Smith gibt in einem Vortrage, gehalten vor der Society of Chemical Industry (Januar 1889), eine ausführliche Beschreibung verschiedener Reinigungsverfahren für Wolle und Felle und schildert die neuen von Singer und Judell in Adelaide dazu angewandten patentirten Apparate folgendermaſsen: Die rohe Wolle wird auf einen endlosen Streifen von Drahtgaze gelegt (Fig. 10 und 14), ein zweites Band bildet eine aufliegende Decke und hält die Wolle beim Eintritt in den Apparat; dieser ist von Eisen, 35 Fuſs lang – für 50 bis 60 Ballen in 24 Stunden. Die Deckel u.s.w. sind unter Wasserverschluſs. Das doppelte Band, welches die rohe Wolle trägt, gelangt in die erste Reihe von Zellen oder Cisternen, welche, wenn der Apparat in Thätigkeit, leer, wenn auſser Betrieb, um den Rand des Deckels zu schlieſsen, mit Wasser gefüllt sind. Das Band mit der Wolle geht in die erste Zelle über eine Walze, unter eine andere im unteren Theil der Zelle, steigt dann unter den Deckel und geht zwischen zwei Preſswalzen hindurch, kommt dann in das erste mit Schwefelkohlenstoff gefüllte Gefäſs (Fig. 10 und 14) herab und wird vor dem Eintritt in das zweite Gefäſs wieder zwischen Preſswalzen gedrückt. So wird es in 14 Schwefelkohlenstoff enthaltenden Gefäſsen gewaschen und ausgepreſst, bevor es 5 tiefere, nur mit Wasser gefüllte Cisternen, in denen es gleichfalls gewaschen und gepreſst wird, durchläuft (Fig. 10). Das Band mit der Wolle steigt dann in eine Trockenkammer wiederum auf 2 Walzen. In dieser Kammer wird es über hohlen Walzen, die innerlich mit Dampf erhitzt sind, auf- und abwärts bewegt und bringt dann die zwischen zwei heiſsen Walzen ausgepreſste gewaschene und getrocknete Wolle heraus. Das obere Band geht nun wagerecht zu einer entfernt liegenden Walze, bevor es hinabsteigt, während das untere, welches die Wolle trägt, früher heruntergeht, die Wolle in einen passenden Behälter lallen läſst und als oberes wieder in den Apparat eintritt, in welchen auch das andere, von neuem mit Wolle belegt, als unteres gelangt (Fig. 10 und 14). Der Lauf der Wolle ist somit als ein fortlaufender selbsthätiger charakterisirt. Die Trockenkammer verbindet ein weites Rohr mit einem cylinderförmigen Schlangencondensator. In diesem weiten Rohre ist durch die saugende Wirkung eines unter Druck stehenden Wasserstrahles (bei b Fig. 10) ein Zug erzeugt. Dieser Zug ist sehr gering, ähnlich dem in dem Schwefelsäure-Kammersysteme; er verhindert, daſs die Schwefelkohlenstoffdämpfe entweichen und unter den Deckel der leeren Zelle, in welche die Wolle zuerst eintritt, gelangen, und bewirkt, daſs die Dämpfe des Schwefelkohlenstoffes aus der Trockenkammer nach dem Schlangenkühler gelangen, von wo sie verdichtet wieder zu dem System zurückkehren. Die Verbindung zwischen der Atmosphäre der mit Schwefelkohlenstoff gefüllten Zellen und der Trockenkammer ist durch ein Zugrohr, welches mit einem Hahn versehen ist, hergestellt (e Fig. 10). Die allgemeine Bewegung der Atmosphäre im System geht in der Richtung der Drahtgaze, von dem Eintritt derselben nach dem Wasserstrahl und Condensator; alle Dämpfe von Schwefelkohlenstoff im Inneren des Systems gelangen nach dem Condensator und von da nach dem „Trennungsgefäſse“, welches das Wasser und den Schwefelkohlenstoff trennt (d Fig. 10). Während der Schwefelkohlenstoff das Fett der Wolle löst, fällt der anhaftende Schmutz heraus und auf den Boden der Gefäſse. Durch jede der ersten 6 Schwefelkohlenstoffcisternen arbeitet eine endlose Kette durchbohrter Streuer (Fig. 13 und 14). Die Böden der Cisternen werden beständig bestreut; der ölige Schwefelkohlenstoff geht zurück in die Cisternen, während die kleinen Streu-Eimerchen aufwärts bewegt werden. Diese Eimerchen entleeren bei ihrer Abwärtsbewegung und folgendem Umstürzen ihren Inhalt in eine halbkreisförmige Rinne h (Fig. 13), durch welche eine endlose Schraube (Fig. 14) arbeitet. Diese Schraube treibt den Schmutz und Sand, die noch etwas öligen Schwefelkohlenstoff enthalten, in langsam aufwärts steigender Richtung entlang der Rinne, und bewegt gleichzeitig ein isolirtes Streusystem, ähnlich dem schon erwähnten, nur daſs es mit undurchbohrten Eimerchen versehen ist. Dieses System ist an der 10. Cisterne, bringt beständig reinen Schwefelkohlenstoff und entleert ihn in die Rinne, welche Schmutz, Sand und noch etwas Oel enthält (Fig. 10). Der Schwefelkohlenstoff flieſst durch seine eigene Schwere zurück nach der ersten Zelle und in entgegengesetzter Richtung als der Schmutz und Sand, der somit beständig gewaschen wird. Die Waschflüssigkeiten gelangen alle in das erste Gefäſs, welches den am meisten verunreinigten oder stark belasteten Schwefelkohlenstoff enthält. Der gewaschene Schmutz und Sand fallen entlang der Schraube in ein Rohr (Fig. 10 und 13), von wo sie in eine in der Zeichnung nicht sichtbare Retorte fallen, die mit einem Liebig'schen Kühler verbunden ist. In dieser Retorte werden sie erhitzt, und der Schwefelkohlenstoff entweicht, wird verdichtet und gelangt nach c (Fig. 10). Die Retorte besteht aus einem langen Rohre, in welchem eine endlose Schraube arbeitet, ist doppelt mit Dampf umgeben und das Ende ist mit einem Aspirator verbunden, der den Schwefelkohlenstoff absaugt. Sand und Schmutz fallen heraus. Das wichtigste bei dieser Anordnung ist der Gang der Dämpfe. Der oben erwähnte Dampf oder Wasserstrahl, der den Zug erzeugt, treibt die Dämpfe in den Schlangenkühler b (Fig. 10). Dieser beginnt weit und wird nach unten zu immer enger. Die condensirte Flüssigkeit gelangt aus dem Kühler in einen kleinen Sammelraum, flieſst durch ein Rohr nach dem Schwefelkohlenstoffrohr c (Fig. 10), wo sie sich mit dem Strome, der bei der noch zu beschreibenden Wiedergewinnung erzeugt wird, verbindet. Der Schwefelkohlenstoff fällt dann in die Cisterne am Schlusse des Zellensystems, wo er sich unter Wasser als schwerere Schicht absetzt. Die durch das System gesogene Luft entweicht durch das senkrechte Rohr, das auf dem Sammelraume am Ende des Schlangenkühlers befestigt ist; die geringe Menge Schwefelkohlenstoff, die zugleich mit der Luft entweicht, ist nicht beachtenswerth. Das Ende des Rohres wird, wenn der Apparat nicht in Betrieb, durch ein Ventil geschlossen. Die Trennung des Schwefelkohlenstoffes und Wassers des letzten Gefäſses geschieht folgendermaſsen: Das überflieſsende Syphonrohr ist ebenso, wie das zur Trennung von Wasser und Naphta gebräuchliche (Fig. 15), nur ist in diesem Falle die untere Schicht das werthvolle und die obere das Wasser. Eine selbsthätige Anordnung ist nöthig, um zu verhindern, daſs das Niveau des Schwefelkohlenstoffes über eine gewisse Höhe hinausgeht, damit nicht Schwefelkohlenstoff in das überflieſsende Wasser gelangt; dieses wird auf sinnreiche Weise bewirkt. Der Schwefelkohlenstoff flieſst in die den Wassercisternen nächste Schwefelkohlenstoffzelle und das Wasser in die Wassercisterne, die die Trennung selbsthätig hervorruft. Diese selbsthätige Wirkung verursacht ein Schwimmer (Fig. 15 und 10), welcher in dem Wasser untersinkt, in Schwefelkohlenstoff aber schwimmt; durch diesen geht oben und unten ein dünner Stab mit Wirbeln an dem einen Ende, verbunden mit den Ausläufern zweier Hebel. Die Enden der Hebel tragen Stöpsel, die durch Oeffnen und Schlieſsen das Abflieſsen des Wassers und Schwefelkohlenstoffes oben und unten gestatten. Steigt in dem „Theiler“ das Niveau des Schwefelkohlenstoffes, so hebt sich der Schwimmer und zugleich die achsialen Hebelstangen; der obere Stöpsel schlieſst das Abfluſsrohr für das Wasser und der untere öffnet das für den Schwefelkohlenstoff, der Schwimmer sinkt, es schlieſst sich der untere Syphon und das Wasser flieſst oben ab. Die überflieſsenden Flüssigkeiten bewegen sich in entgegengesetzter Richtung, als das die Wolle tragende Band, liefern reine Extractionsstoffe und ersetzen die schon in Arbeit gewesenen. Der Schwefelkohlenstoff flieſst von Cisterne zu Cisterne über, bis er das erste Gefäſs erreicht, tritt hier unter die Band und Walzen haltende Zelle und geht durch ein feines Sieb von Drahtgaze (g Fig. 14), tritt durch ein Rohr mit Regulirungshahn (Fig. 10) aus in eine Retorte von besonderer Construction (Fig. 12). Das Innere ist so eingerichtet, daſs der Fett enthaltende Schwefelkohlenstoff unter schräg liegenden hohlen Platten flieſst; entlang dem Boden der Aushöhlung befindet sich ein Dampfrohr. Das Oel, frei von Schwefelkohlenstoff, erreicht schlieſslich den Boden der Platten oder Trogreihe in der Retorte, sammelt sich in einer kleinen Cisterne an, aus der es durch ein Rohr abflieſst (Fig. 12). Das Dampfrohr bildet, um eine Verstopfung des abflieſsenden Oeles zu verhindern, einen geringen Bogen oder Brücke an den jedesmaligen Enden der Platten a a (Fig. 12). Einige wichtige constructive Anordnungen sind noch bemerkenswerth. Die inneren und äuſseren Wände der Schwefelkohlenstoffcisternen sind abgeschrägt; die schrägen Richtungen wachsen mit der Tiefe der Gefäſse, während sie die von den Walzen ausgepreſsten Flüssigkeiten in die entsprechenden Cisternen führen, so daſs die reineren Schwefelkohlenstoff enthaltenden Zellen nicht durch weniger reinen der nächsten Zellen verunreinigt werden. Durch das Anwachsen der Tiefe ist Gelegenheit gegeben, daſs in jeder Cisterne der Schwefelkohlenstoff sich so viel als möglich mit Fett sättigt, die Flüssigkeit von geringerem specifischen Gewicht flieſst je in das benachbarte Gefäſs über. Bei den Wassercisternen ist die Einrichtung ähnlich, nur daſs hier das mit Salzen u.s.w. gesättigte Wasser das höchste specifische Gewicht hat und daher das Ueberflieſsen von dem Boden des einen nach der Spitze des nächsten Gefäſses erfolgt. Der Apparat wird seit einiger Zeit von den Erfindern in Australien mit Erfolg angewandt, ohne daſs die Nachbarschaft durch Schwefelkohlenstoff irgendwie belästigt wird. Ein ähnlicher Apparat mit Anwendung von Benzin oder Petroläther ist kürzlich G. und A. Burnell in Adelaide patentirt worden. Hierbei muſs jedoch der käufliche Petroläther erst zur Befreiung von fettigen und harzigen Producten rectificirt werden. Singer und Judell geben an, daſs der Vortheil ihres Apparates die Kosten der Anschaffung des Schwefelkohlenstoffes, sowie die Patentgebühr deckt. P. Behrend.

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