Titel: Einsturz und Aufgewältigung des Schachtes Nr. 6 in Karwin.
Fundstelle: Band 275, Jahrgang 1890, S. 65
Download: XML
Einsturz und Aufgewältigung des Schachtes Nr. 6 in Karwin. Einsturz und Aufgewältigung des Schachtes Nr. 6 in Karwin. In Nr. 48 der Oesterreichischen Zeitschrift, 1889, beschreibt J. Kohout die in den Jahren 1886 bis 1889 beim Schachte Nr. 6 der dem Grafen Larisch v. Mönnich gehörigen Steinkohlenwerke ausgeführten Arbeiten, die wegen der zu überwindenden Schwierigkeiten von besonderem Interesse sind. Genannter Schacht hatte eine Tiefe von 166m, stand bei 3m,8 Länge und 2m,8 Weite im Lichten in voller Schrotzimmerung und sollte nach vollständigem Abbaue der bis zu dieser Sohle aufgeschlossenen Flötze auf 4m,6 lichten Durchmesser erweitert, rund ausgemauert und dann zum Abbaue der tieferen Flötze weiter verteuft werden. Das Erweitern und Ausmauern gelang innerhalb der unteren 67m in den Sandsteinen und Schiefern der Steinkohlenformation ohne Störung. In dem darüber abgelagerten tertiären Tegel muſste man die alte Schrotzimmerung in Abschnitten zu 10m durch Tragstempel, Anker und Klammern abfangen, darauf die Schachtstöſse nachnehmen, verloren auszimmern und dann erst die Mauerung fortsetzen. So wurden noch weitere 36m Mauerung, also im Ganzen 103m fertig gestellt, es wurde jedoch die Arbeit deshalb schwierig, weil die Stöſse hinter der bereits oft ausgewechselten Zimmerung den nöthigen Halt nicht mehr hatten und der Gebirgsdruck sich in bedenklichster Weise vermehrte. Der Ausbau des unteren Theiles kam völlig aus seiner Lage und der Schacht brach am 20. April 1887 in sich schnell zusammen. Ueber Tage gelang es durch in einiger Entfernung geschlagene feste Punkte den Schachtmittelpunkt fest zu legen. Nach 24 Stunden pflanzte sich der Einsturz bis an die Tagesoberfläche fort, so daſs Theile des Schachtgebäudes und der Maschine mit in die Tiefe stürzten. Diese wurden später in 20 bis 35m Teufe wieder aufgefunden. Die Fördermaschine konnte zum gröſsten Theile abgetragen werden. Es bildete sich eine Pinge von 15 bis 18m Durchmesser und 20m Tiefe, welche, um eine weitere Lockerung des Gebirges zu verhüten, in einer Woche verfüllt wurde. Nach 2 Monaten hatte sich die Oberfläche um weitere 1½ bis 2m gesenkt und nach abermaliger Verfüllung konnte innerhalb eines Jahres keine bedeutende Senkung mehr wahrgenommen werden. Es wurde darauf im September 1888 beschlossen, den Schacht an derselben Stelle quadratisch mit 5m,86 Stoſslänge aufzugewältigen, da man beabsichtigte, die Zimmerung bei künftiger Herstellung der Mauerung zu belassen; später hielt man es jedoch für besser, die Jöcher zu rauben und nur die Abtreibepfähle zu vermauern. Nach Bestimmung des Schachtmittels wurde das Lehrjoch mit 2m langen Schwänzen verlegt, die unbrauchbaren Gebäude wurden abgetragen und nach Ausheben der Fundamente die Hohlräume mit Letten ausgestampft, um das Eindringen von Sickerwasser in den Schacht thunlichst zu vermeiden. Das Abteufen geschah mittels Getriebearbeit und in voller Schrotzimmerung, die Pfähle bestanden aus starken 1m,5 langen Schwarten, die Schachtgeviere aus 30 bis 35cm starkem Rundholze, letztere wurden durch zahlreiche 2 bis 3cm starke Klammern zusammengebunden. Nachdem 4m abgeteuft waren, wurde der Schacht dreimal verwandruthet und durch Einstriche in Trümme getheilt, ferner wurden auf Reihen eingerammter Pfähle zwei starke hölzerne Sprengwerke aufgestellt, an welche später die Zimmerung mittels eiserner Gestänge von 40mm im Quadrat angehängt werden sollte. Nach weiterem Fortschreiten des Abteufens wurde ein hölzerner Förderthurm aufgestellt und mittels Dampf gefördert. Alle 5 bis 6m wurde die Schachtzimmerung in den Ecken mittels diagonal eingebauter eichener Klötze unterfangen und auf die eisernen Gestänge aufgehängt. In 16m Teufe wurde in zwei Schachtecken ziemlich festes Gebirge angetroffen, so daſs hier Widerlager für Tragestempel vorhanden waren und auch die übrige Zimmerung gegen diese Ecken mittels schiefer Druckspreizen abgefangen werden konnte. Trotzdem machten sich bedenkliche Senkungen der Zimmerung bemerklich, denen auch ein zweites Hängegestänge in jeder Schachtecke nicht Einhalt thun konnte, namentlich da die losen Massen in den Schachtstöſsen bis zu Tage nachrutschten und auch die Sprenge werke sich senkten. Daher schritt man in 31m Schachtteufe dazu, auch in den lockeren Stöſsen festes Gestein aufzusuchen; es wurden zu diesem Zwecke Bühnlöcher bis 3m,8 tief hergestellt, in denselben aus Balkenstücken Roste gelegt und auf diese aus zwei Hälften zusammengelaschte ⌶-Eisen als Tragestempel eingelegt. Die Bühnlöcher wurden zum Theil trocken, zum Theil in Cement wieder ausgemauert. Die in den schlechteren Stöſsen liegenden Enden der Tragestempel wurden, nachdem weitere 6m verteuft waren, durch eiserne Streben von den guten Stöſsen aus unterfangen. Trotz dieser Unterstützung der Zimmerung riſs während des weiteren Verteufens wegen zu starker Beanspruchung zweimal je ein eisernes Hängegestänge. Vom 34. Meter ab konnte man statt der vollen Schrotzimmerung Bolzenschrotzimmerung anwenden. Die alte Mauerung wurde im April 1889 angetroffen; die Schachtmittel stimmten genau überein. Das oberste Meter war zerdrückt, in den nächsten Metern waren einige Risse vorhanden, die eichenen Einstriche waren, wie durch Abteufen im gemauerten Schachte festgestellt wurde, sämmtlich ganz aus den Bühnlöchern herausgeschlagen oder kurz abgebrochen. Ungesäumt schritt man zur Ausmauerung des oberen Schachttheiles, zumal der Druck auf die Zimmerung zunahm. Die alte Mauerung wurde, soweit schadhaft, abgetragen und ausgeglichen, dann wurde ein 1m,6 breiter unter 22° im festen Tegel aufliegender Mauerfuſs angelegt, welcher in der Höhe von 3m in die Mauerstärke von 80cm und später von 70cm überging. Als Mörtel diente Cement mit 3 Th. Sand; die Ausmauerung wurde in 3⅓ Monaten anstandslos vollendet. Die gröſste Schwierigkeit veranlaſste das Rauben der Zimmerung, welches wie folgt ausgeführt wurde: „Gleichzeitig mit der Mauerung wurde in jedem Winkel und in der Mitte jeder Seite und ebenso im Cementmauerwerke ein Pfeiler aufgeführt, durch welche die Pfandbretter an drei Stellen abgefangen, mithin die ganze Verpfählung am unteren Ende festgehalten wurde. Hierauf wurde der oberhalb der Mauerung liegende Schachtkranz in jeder Ecke nach einander durchgehackt, in diesen Räumen auf die Eckpfeiler je ein Bolzen aufgestellt und mittels dieser der nächstfolgende Schachtkranz unterstützt. Nachdem dieses geschehen, wurden die Einstriche und Hilfsspreizen vorsichtig abgenommen, die Wandruthen entsprechend abgeschnitten, das Schachtgeviere zu Tage gebracht und noch die mittleren Pfeiler mit Stützbolzen versehen, worauf sofort die Mauerung nachfolgte und sämmtliche Hohlräume zwischen derselben und der zurückgelassenen Verpfählung sorgfältig durch Tegel und Ziegelschutt ausgefüllt und fest verstampft wurden. Das Einlassen des hierzu nothwendigen Materials geschah durch vier 32cm weite Lutten (in jedem Winkel eine), das Wasser zum Anmachen des Cementmörtels wurde in eisernen Rohren zugeleitet. Die eisernen Hänggestänge muſsten selbstverständlich bis zum nächsten Schlusse abgenommen werden. Die Trage-Stempel aus ⌶-Eisen wurden ebenfalls herausgenommen.“ Als Einstriche wurden in dem aufgewältigten Schachttheile ⌶-Eisen verwendet, deren Kosten etwa das Doppelte des Eichenholzes beträgt. Das gesammte Abteufen wurde von September bis April ausgeführt. Das Gedinge wurde in den letzten Monaten auf 120 fl. für das Meter gestellt, wobei die Häuer bis zu 2,50 fl., die Füller bis 1,68 fl. in der achtstündigen Schicht verdienten. Im Ganzen entfielen einschlieſslich des Aufstellens der Fördermaschine, doch ausschlieſslich der Mauerung auf 1m aufgewältigten Schacht: an Arbeitslohn 187 fl. an Material 134 ––––––– in Summa 321 fl. Die neue Ausmauerung wurde im April begonnen und im August beendet. Im Monat Juli wurde die gröſste Leistung mit 22m erreicht. 1m Schachtmauerung erforderte: Material für die Mauerung 134 fl. den Ausbau   45 Löhne 100 ––––––– Summa 279 fl. Mithin kostete die Fertigstellung der Schachtaufgewältigung für das laufende Meter 600 fl.