Titel: Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation.
Autor: Morgen
Fundstelle: Band 275, Jahrgang 1890, S. 420
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Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation. (Patentklasse 6. Fortsetzung des Berichtes S. 374 d. Bd.) Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation. IV. Destillation und Rectification. Neues Verfahren nebst Apparat zur Reinigung und Gewinnung eines hochprocentigen Weingeistes ohne Destillation, von Dr. Conrad Schmitt in Wiesbaden. Das Verfahren stellt, nach einem Bericht in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 12 S. 284, gewissermaſsen eine Combination der Verfahren von Traube-Bodländer und von Bang-Ruffin dar. Dasselbe gründet sich auf Versuche des Verfassers, welche ergaben, daſs Petroläther nur in sehr geringem Maſse im Stande ist, verdünntem Rohspiritus das Fuselöl zu entziehen, dieses jedoch in befriedigender Weise zu thun vermag, wenn der Rohspiritus mit so viel Potasche versetzt wird, daſs eine Schichtenbildung eben noch nicht eintritt. Hierdurch wird das Fuselöl gewissermaſsen bloſsgelegt und der lösenden Wirkung des Petroläthers zugänglich gemacht. Das Verfahren besteht im Wesentlichen darin, daſs man den auf 30 Vol.-Proc. gebrachten Rohspiritus unter Vermeidung einer Schichtenbildung mit genügender Potasche menge versetzt und darauf mit Petroläther behandelt, wodurch dem Spiritus das Fuselöl vollständig entzogen wird. Nachdem der mit Fuselöl beladene Petroläther entfernt ist, wird dem gereinigten Spiritus noch so viel Potasche zugesetzt, daſs nunmehr eine Schichtenbildung eintritt; die untere Schicht besteht dann aus concentrirter Potaschelösung und die obere Schicht aus fuselfreiem 94procentigem Spiritus, welcher id geeigneter Weise abgehebert wird. Der Spritus enthält noch eine geringe Menge Potasche. Durch Zusatz der äquivalenten Menge Schwefelsäure wird dieselbe in Kaliumsulfat übergeführt. Der von dem ausgeschiedenen Kaliumsulfat durch einfache Decantation getrennte Alkohol stellt nach Angabe des Erfinders einen Weingeist dar, der sich in nichts von dem Feinsprit seitheriger Darstellung unterscheidet. Der das Fuselöl enthaltende Petroläther, welcher auch noch geringe Mengen Alkohol sowie aromatiche Stoffe enthält, wird erst zur Entfernung des Alkohols durch kaltes Wasser geleitet, sodann durch Wasser von 50 bis 60°, in dem er das Fuselöl verliert, endlich durch 50 bis 60procentigen Weingeist, welcher die aromatischen Stoffe aufnimmt und zur Erzeugung von Trinkbranntwein verwendet wird. Der in dieser Weise gereinigte Petroläther dient von neuem zur Reinigung von Rohspiritus. Durch Behandeln von 300cc 30procentigem Rohspiritus von 0,2 Vol.-Proc. Fuselöl mit 600cc Petroläther und 110cc Potaschelösung von 1,50 spec. Gew. gelang es, wie die Versuche des Erfinders zeigten, einen vollkommen fuselfreien Spiritus zu gewinnen. Der Berichterstatter in der Zeitschrift für Spiritusindustrie hält das Verfahren, theoretisch betrachtet, für sehr vertrauenerweckend und ist der Ansicht, daſs dasselbe vor den bisher bekannten Verfahren eine gröſsere Wirksamkeit bei ebenso groſser Einfachheit seiner Ausführung und der dazu gehörigen Apparate voraushaben dürfte. Gegen diese Ansicht wendet sich Traube in der genannten Zeitschrift, S. 298. Derselbe hält das Verfahren in keinem wesentlichen Punkte für irgendwie originell und bemerkt, daſs er schon vor Jahren Versuche zur Reinigung des Rohspiritus durch Potaschelösung und Erdölarten im Kleinen wie im Groſsen ausgeführt und dabei gefunden habe, daſs es wohl gelingt, den Sprit fuselfrei, nie aber Vorlauf- und erdölfrei zu erhalten. Ferner vermisse er in dem Verfahren von Schmitt die Angabe, wie der Petroläther aus dem 94procentigen Sprit abgeschieden werden soll.Nach Schmitt erfolgt die Abscheidung des Petroläthers bereits aus dem verdünnten, mit Potasche versetzten Rohspiritus, bevor aus diesem Gemische durch Zusatz von mehr Potasche und dadurch hervorgerufene Schichtenbildung die Abscheidung des hochprocentigen Sprits bewirkt wird.Der Ref. Auch die Entfernung der Potasche durch Schwefelsäure hält Traube in der Praxis für unausführbar, ist vielmehr der Ansicht, daſs der nach dem Verfahren von Schmitt gewonnene Sprit auſser Petroläther noch Potasche, Kaliumsulfat und Schwefelsäure enthalten werde. Endlich verbiete sich auch das Verfahren durch die groſse Feuergefährlichkeit des Petroläthers. Traube nimmt bei der Gelegenheit Veranlassung, darauf hinzuweisen, daſs sein Verfahren sich in erfreulicher Weise entwickle. Verfahren zum Entwässern von Spiritus von Dr. Max Salomon in Berlin (D. R. P. Nr. 49335). Dieses Verfahren beruht nach der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 12 S. 299, darauf, daſs sich beim Mischen von Spiritus mit Kochsalz und Amylalkohol eine untere Schicht von wässeriger Kochsalzlösung und eine obere, im Wesentlichen Aethyl- und Amylalkohol enthaltende Schicht von geringerem Wassergehalte bildet, als der ursprüngliche Spiritus besaſs. Welche Ersparnisse und Vortheile die Praxis aus diesem Verfahren gegenüber dem gewöhnlichen der Entwässerung mittels Destillation zu ziehen vermöchte, ist bis auf Weiteres nicht abzusehen, andererseits kann vorläufig ein endgültiges Urtheil über das Verfahren noch nicht abgegeben werden. Ueber die Rectification von Alkohol veröffentlicht E. Sorel eine längere Abhandlung in Compt. rend. hebdom. des séances de l'academie des sciences, Bd. 108 S. 1128, auf die wir hier nur hinweisen können. V. Schlämpe. In Bezug auf die Menge der den Thieren darzureichenden Schlampe räth Märker in der fünften Auflage seines Handbuches der Spiritusfabrikation, auf Grund der bei den Fütterungsversuchen gemachten Erfahrungen, für Milchkühe nicht über 60, für Mastochsen nicht über 70 bis 75l für Tag und Stück hinauszugehen. VI. Apparate. Fuselölabscheider (D. R. P. Nr. 48343) von R. Ilges in Köln-Bayenthal. Der Fuselölabscheider ist für ununterbrochenen und ganz selbsthätigen Betrieb bestimmt, derselbe wird zwischen Destillirsäule und Dephlegmator in den Maischdestillirapparat eingeschaltet und hat die Aufgabe, direkt aus der Maische einen fuselölfreien Spiritus zu liefern, bei gleichzeitiger Gewinnung des Fuselöls. Der Apparat arbeitet im Wesentlichen in der Art, daſs sich in einer Kammer der das Fuselöl enthaltende Lutter ansammelt, woselbst es dem specifisch leichteren Fuselöl ermöglicht wird, in die Höhe zu steigen und dann constant abzuflieſsen, während der entfuselte Lutter in die Luttersäule gelangt. Aus der Arbeitweise des Apparates geht hervor, daſs derselbe zur Spiritusreinigung wesentlich beitragen muſs, denn das Fuselöl gelangt bei dessen Anwendung nur einmal zur Verdampfung, während dasselbe bei Apparaten, die ohne den Abscheider arbeiten, fortwährend in den Kreislauf der Verdampfung und der Verdichtung zwischen Luttersäule und Dephlegmator zurückzukehren gezwungen ist. Ganz besonders wird der Apparat geeignet sein zur Vervollkommnung des Ilges'schen „Automat“ (vgl. 1888 268 * 270). Auch in Fabriken ätherischer Gele zur Trennung der Gele von beigemengtem Wasser dürfte sich der Apparat eignen. (Der Referent hatte Gelegenheit., Spiritus zu untersuchen, welcher direkt aus der Maische mit Ilges' Automat in Verbindung mit dem Fuselabscheider gewonnen war; derselbe enthielt kaum nachweisbare Spuren von Fuselöl.) Vorlagfilter für Spiritus von Alois Johann Bondy in Gara Munteni, Rumänien (D. R. P. Nr. 48769). Dasselbe ist ein mit einer Vorlage combinirtes Filter, welches dazu bestimmt ist, mit dem Spiritus aus dem Maischdestillirapparate etwa austretende Verunreinigungen und Gase zurückzuhalten und dadurch einen etwa vorhandenen automatischen Spiritusmeſsapparat vor Verstopfungen zu schützen und falsche Alkohol-Zugaben zu vermeiden. Rührwerk für Maisch- und Hefebottiche von F. Gomotka in Broschütz bei Krappitz (D. R. P. Nr. 48763 vom 11. December 1888). Probenehmer für Maische von M. Zimmermann in Rombschin bei Wongrowitz (D. R. P. Nr. 48480 vom 26. Januar 1889). Kartoffelerntemaschine von Hermann v. Kalinowshi in Stettin (D. R. P. Nr. 48 467 vom 9. Oktober 1888). Kartoffelerntemaschine von L. Beiſsner sen. in Stadthagen (D. R. P. Nr. 49173 vom 22. December 1888). Kartoffellegemaschine von Emil Hahn in Kattschütz bei Weiſsholz, Glogau (D. R. P. Nr. 49169 vom 25. November 1888). Ueber Neuerungen an Faſsverschlüssen berichtet die Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 12 S. 361, nach Mittheilungen des Patent- und Technischen Bureaus von Richard Lüders in Görlitz. VII. Analyse. Ueber Stärkebestimmungsmethoden veröffentlicht A. v. Asboth Untersuchungen (Chemiker-Zeitung, 1889 Bd. 13 S. 591 und 611). Verfasser fand, daſs die in den Futtermitteln enthaltenen Fette eine beträchtliche Menge Baryt verbrauchen und daſs dies die Ursache sei, weshalb die vom Verfasser vorgeschlagene Barytmethode (1888 268 94) höhere Wahlen ergab als das Hochdruckverfahren. Es ist daher nothwendig, die auf Stärke zu untersuchende Substanz vorher zu entfetten, aber auch dann erhielt Verfasser immer noch um 2 bis 3 Proc. mehr Stärke als nach der Hochdruckmethode. Um diese Differenz aufzuklären, prüfte Verfasser den bei letzterem Verfahren nach dem Abfiltriren des Inhalts der Druckflaschen verbleibenden Rückstand und erhielt in demselben sowohl eine Blaufärbung mit Jod, wie auch nach der Behandlung mit Malzauszug eine beträchtliche Reduction Fehling'scher Lösung. Verfasser behauptet auf Grund seiner Untersuchungen, daſs die Barytmethode mit der jetzigen Modifikation leichter zum Ziele führen kann, als die in Anwendung stehenden Methoden. (Referent konnte in dem gut ausgewaschenen Rückstande niemals Stärke durch Jod nachweisen.) Ueber das Verfahren von Asboth vgl. auch die Resultate, zu denen Lintner bei seinen Versuchen über die Verbindungen der Stärke mit den alkalischen Erden gelangte (1888 269 422). Die beste Invertirung der Stärke durch Salzsäure, nemlich eine solche von 99,3 bis 99,4 Proc. der Stärke, erreicht man nach Bauer (Oesterreichische Zeitschrift für Zuckerindustrie, 1889 Bd. 18 S. 424), wenn man 3g Stärke mit 20cc Salzsäure von 1,125 spec. Gew. 2 bis 3 Stunden im Wasserbade erhitzt. (Märcker und der Referent fanden, daſs bei 20cc Salzsäure schon eine Zersetzung eintreten kann und daſs 15cc bei einer Einwirkungsdauer von 2 Stunden vollständig genügen (1887 265 284). Arbeitet man mit 5g Stärke und 50cc halbprocentiger Salzsäure, unter Druck, so erreicht man nach Bauer die beste Umwandelung, wenn man bei 120° nicht ganz 2 Stunden erhitzt. Zur Darstellung eines Soldaini'schen Reagens von constanter Zusammensetzung gibt Striegler in der Zeitschrift für Rübenzuckerindustrie, 1889 S. 773. folgende Vorschrift: 128,77 reiner gepulverter Kupfervitriol werden in kaltem Wasser gelöst, mit Natronlauge gefällt, der Niederschlag abfiltrirt und ausgewaschen. Das ausgewaschene Hydrat verrührt man in einer Porzellanschale zu einem gleichmäſsigen Brei und bringt diesen mit 597g,7 Kaliumbicarbonat und etwa 2000cc Wasser in einen Kolben und erhitzt unter öfterem Umrühren im Wasserbade auf 45°, bis sich alles Salz gelöst hat, dann über freier Flamme bis zur Lösung des Kupferoxyd hydrates auf etwa 60 bis 70°. Nach völliger Lösung kocht man noch 1 bis 1,5 Stunden zur Zersetzung des Bicarbonats, läſst erkalten, spült in einen 2l-Kolben, füllt zur Marke auf, schüttelt um und filtrirt. Die Lösung enthält in 100cc 0,1625 Kupfer. Die Flüssigkeit ist, für sich aufbewahrt, durchaus beständig, wird sie jedoch in Wasser eingegossen, so entsteht sofort ein Niederschlag von Kupferoxydhydrat. Um diese Zersetzung zu verhüten, darf man nach dem Kochen mit der Zuckerlösung kein Wasser zusetzen und muſs auch den Niederschlag vor; Kupferoxydul zunächst mit einer Lösung von Kaliumbicarbonat in kaltem Wasser nachwaschen, bis alles Kupfer entfernt ist, und dann erst mit reinem Wasser auswaschen (vgl. Ueber Soldaini's Reagens, 1889 271 373). Ueber Diastasebestimmung in Diastasemalzextracten hat Fr. Söldner Untersuchungen ausgeführt (Pharmaceutische Zeitung, Bd. 34 S. 493 und 501). Der Verfasser prüfte die verschiedenen Methoden und fand die Lintner'sche (vgl. 1886 259 335) als die handlichste und sicherste. Von der reinsten Diastase Lintner's waren 0mg,12 erforderlich, um so viel Maltose zu bilden, daſs dadurch 1cc Fehling'scher Lösung reducirt wurde. Unter Zugrundelegung dieser Zahl hat Verfasser folgende Formel aufgestellt, um die Diastasemenge zu finden: Gewichtsmenge Diastase in 100g Malzextract =\frac{1,2\,(a-b)}{p\,.\,a\,.\,b}. In dieser Formel bedeutet: p den Procentgehalt an Extract in der geprüften Lösung, a diejenige Menge Extractlösung, welche in Folge der in dem Extracte bereits enthaltenen Maltosemenge erforderlich ist, um 5cc Fehling'sche Lösung zu reduciren, b diejenige Menge Extractlösung, welche erforderlich war, um aus 1procentiger Stärkelösung bei 17 bis 18° so viel Maltose zu bilden, daſs, einschlieſslich der in dieser Extractmenge von vornherein enthaltenen Maltosemenge, dadurch 5cc Fehling'sche Lösung reducirt werden. Eine Anleitung für die Steuerbeamten zur Feststellung des Vorhandenseins von Pyridin in Branntwein wird durch Rescript des Königl. preuſsischen Finanzministers, d. d. Berlin, den 23. Oktober 1889, III. 15680, gegeben. Wir entnehmen hierüber der Zeitschrift für Spiritusindustrie. Bd. 12 S. 352, das Folgende: Da der Nachweis von Pyridin durch Chlorcadmium nicht gelingt, wenn der Geruch des Pyridins durch Zusatz einer Säure entfernt ist, so hat man wie folgt zu verfahren: Ein Streifen von blauem Lackmuspapier wird in den zu untersuchenden Branntwein getaucht: a) Der Streifen bleibt blau. Dann werden 10cc des Branntweins mit 5cc einer alkoholischen 5procentigen Lösung von wasserfreiem Cadmiumchlorid versetzt und gut durchgeschüttelt. Entsteht sofort eine Ausscheidung, so liegt denaturirter Branntwein vor, entsteht die Ausscheidung erst nach einiger Zeit, so liegt ein Gemisch von denaturirtem und nicht denaturirtem Branntwein vor. b) Der Streifen Lackmuspapier wird geröthet. Dann werden 10cc des Branntweins mit 1g gebrannter Magnesia gut durchgeschüttelt und auf ein Filter gegossen. Das Filtrat, welches blaues Lackmuspapier nicht mehr röthen darf, wird nach der Anleitung a) untersucht. VIII. Allgemeines und Theoretisches. Verfahren zur Darstellung haltbarer Malzwürze und fester Diastase, sowie zur Verzuckerung mittels derselben: von der Société générale de Maltose in Brüssel, patentirt im Deutschen Reiche vom 18. December 1888 ab. Ueber diese interessante Entdeckung, welche von weittragender Bedeutung werden kann, entnehmen wir der Zeitschrift für Spiritusindustrie. Bd. 12 S. 291 hier das Folgende. Die Wirkung der Diastase zur Umwandlung der Stärke wird bekanntlich geschädigt durch andere Fermente, so besonders durch das Milchsäure- und Buttersäureferment. Zur Beseitigung der schädlichen Wirkung dieser Fermente wählt man zur Invertirung der Stärke eine höhere Temperatur von 50 bis 60°, wodurch die Diastase noch nicht geschädigt wird, die Milchsäure- und Buttersäurefermente dagegen in ihrer Thätigkeit geschwächt werden. Da aber die höhere Temperatur noch keinen vollständigen Schutz gegen die schädlichen Fermente gewährt, so hat man auſserdem noch versucht, dieselben durch Mineralsäuren (Salpetersäure, Schwefelsäure, Salzsäure) unwirksam zu machen, jedoch ohne befriedigenden Erfolg, da die hierzu nothwendigen Säuremengen auch bereits die Wirkung der Diastase beeinträchtigen und andererseits auch das Product verunreinigten. Die Erfinder haben nun in der Fluorwasserstoffsäure ein Mittel gefunden, welches den beabsichtigten Zweck vollständig zu erreichen gestattet, indem schon durch kleine Mengen dieser Säure die Thätigkeit des Milchsäure- und Buttersäurefermentes vollständig aufgehoben werden kann, während die Diastase dadurch in keiner Weise in ihrer Wirkung beeinträchtigt wird. Die Anwendung der Fluorwasserstoffsäure gestattet daher die volle Ausnutzung der Kraft der Diastase, so daſs die Invertirung der stärkemehlhaltigen Stoffe eine vollständigere ist und andererseits die erforderliche Menge der anzuwendenden Diastase eine viel geringere sein kann, ferner auch die hohe Temperatur von 50 bis 60° keine nothwendige Bedingung mehr sein würde. Das Verfahren zur Herstellung dieser ungeschwächten Diastase ist folgendes: Das gemahlene, geschrotene oder zerstampfte Malz wird im doppelten oder dreifachen Volumen kalten Wassers eingerührt. Auf je 100l dieser Würze bezieh. dieses Auszuges, in welchem sich die Malztheilchen eine Zeit lang schwimmend bezieh. suspendirt halten, setzt man 15 bis 20g gewöhnliche 20procentige Fluorwasserstoffsäure des Handels zu und läſst einige Zeit stehen, worauf die Wirkung der Buttersäure- bezieh. Milchsäurefermente vollständig aufgehoben und in dem so hergestellten Malzauszuge nur noch das wohlthätig wirkende zuckerbildende Diastaseferment in vollster Kraft vorhanden ist, und es kann nun die Würze bezieh. der Auszug, wie sie ist, sofort zur Zuckerbildung und Verflüssigung der stärkehaltigen Stoffe benutzt werden, indem der in der beschriebenen Weise hergestellte Auszug sich leicht 8 bis 10 Tage lang aufbewahren läſst. Sollen die Auszüge für längere Zeit aufbewahrungsfähig gemacht werden, so reinigt man sie von den Trebern und der Stärke durch Filtration oder Ausschleudern der Flüssigkeit, welche dann eine ungeschwächte und haltbare Diastase darstellt. Zur Darstellung von fester Diastase dampft man diesen klaren Auszug im Vacuum bei einer 65 bis 70° nicht überschreitenden Temperatur zur Trockne ein, wodurch die Diastase in fester Form als bräunliches Pulver hinterbleibt, welches ein sehr hohes Zuckerbildungsvermögen besitzt. Die sowohl mit den rohen, wie mit den gereinigten Auszügen und der festen Diastase angestellten Versuche haben ergeben, daſs die frühere hohe Temperatur nicht mehr erforderlich ist, sondern daſs sich im Gegentheile die Invertirung bei niedrigeren, zwischen 20 bis 30° liegenden Temperaturen günstiger und unter voller Ausnutzung der zuckerbildenden Kraft vollzieht. Man verfährt z.B. mit Mais wie folgt: Der zuvor eingequellte oder rohe, gemahlene oder nicht gemahlene Mais wird mit dem drei- bis vierfachen Volumen Wasser 1 bis 2 Stunden lang unter einem Drucke von 3 bis 4at gekocht, danach kühlt man die Maische auf 40 bis 30° ab und setzt dann den mit Fluorwasserstoffsäure zuvor behandelten Malzauszug – roh oder gereinigt – oder die daraus gewonnene Diastase hinzu, worauf man die Maische weiter bis auf 25 bis 20° abkühlt und sie dann der Zuckerbildung überläſst, welche, je nach dem darzustellenden Material und dem in ihm zu belassenden Dextringehalte bis zu 48 Stunden in Anspruch nimmt. Enthält die Maische, wie bei Getreide gewöhnlich der Fall, Treber, so bewirkt man deren Entfernung am zweckmäſsigsten nach einer ersten Einwirkungsdauer der Diastase von 2 Stunden. Die von den Trebern gereinigte Maische unterliegt bei etwa 20° einer ganz energischen Zuckerbildung. Je nachdem man Syrup oder feste Masse erzeugen will, unterbricht man die Zuckerbildung früher oder später durch die bekannten Mittel und bindet dabei gleichzeitig durch Zusatz von etwas Kalk die Fluorwasserstoffsäure. Mit der gleich günstigen Wirkung kann man die Fluorwasserstoffsäure bei der alkoholischen Vergährung stärkemehlhaltiger Substanzen und zwar in der Weise anwenden, daſs man die Hefe vor dem Zusätze zur Maische einige Stunden in Berührung mit Fluorwasserstoffsäure läſst. Man nimmt 15 bis 20g gewöhnlicher Fluorwasserstoffsäure auf je 100l flüssiger Hefe. Die Anwendung von mit Fluorwasserstoffsäure behandelter Würze bezieh. Diastase und Hefe liefert eine regelmäſsige Ausbeute von 38l Alkohol für 100k Mais mit 62 Proc. Stärkegehalt, indem sie auf die Hefe selbst einen sehr günstigen Einfluſs ausübt und die Bildung wilder Fermente kräftig verhindert. Die Patentansprüche für dieses Verfahren lauten: 1) Verfahren zur Darstellung einer haltbaren und kräftig wirkenden Malzwürze oder fester Diastase, darin bestehend, daſs man den Malzauszug mit einer geringen Menge Fluorwasserstoffsäure versetzt und zur Darstellung von fester Diastase nach Entfernung der Treber und der Stärke im Vacuum eindampft. 2) Anwendung der nach Anspruch 1) bereiteten Malzauszüge oder Diastase zur Verzuckerung von stärkemehlhaltigen Substanzen bei einer Temperatur von 20 bis 30°. 3) Bei der alkoholischen Vergährung von nach Anspruch 2) behandelten oder stärkemehlhaltigen Substanzen die Anwendung einer Hefe, welche vor dem Zusätze zur Maische einige Stunden in Berührung mit Fluorwasserstoffsäure gehalten worden ist. Die Redaction der Zeitschrift für Spiritusindustrie hält Versuche mit diesem Verfahren in der Praxis für sehr erwünscht und bringt in Vorschlag, vielleicht auch der reifen Hefe beim Vorstellen einen Zusatz von Fluorwasserstoffsäure zu geben, eventuell aber auch zu versuchen, aus der ganzen Kunsthefebereitung die Milchsäure auszuschlieſsen und die Kunsthefe in einer mit Fluorwasserstoffsäure behandelten Maische zu züchten. Es wird ferner zur Vorsicht beim Gebrauche der auſserordentlich ätzend wirkenden Säure gerathen und darauf aufmerksam gemacht, daſs, da das Verfahren patentirt ist, der regelmäſsige Gebrauch der Fluorwasserstoffsäure im Betriebe nicht erlaubt ist; einen Versuch aber mit dem Verfahren zu machen, wird nicht ausgeschlossen sein. Ueber Studien in der Zuckergruppe berichtete E. Fischer in der 62. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Heidelberg. Dem Vortragenden ist es gelungen, in der Anwendung von Natriumamalgam ein einfaches Verfahren zur Umwandelung der Carbonsäuren in Aldehyde zu finden und damit für die Synthese der Zuckerarten ein weites Feld zu gewinnen. Die Reaction beginnt jedoch erst bei Oxysäuren mit 5 Kohlenstoffatomen. So gelingt z.B. die Umwandelung der Gluconsäure in Traubenzucker. Weiter kann man Zuckerarten mit Blausäure combiniren und aus diesen Carbonsäuren durch obige Reaction Zuckerarten mit 7 und 8 Kohlenstoffatomen gewinnen. Ferner gelang es dem Verfasser aus zwei sonst identischen, aber optisch sich entgegengesetzt verhaltenden Säuren eine optisch inactive Substanz zu erhalten. An derselben Stelle machte der Vortragende auch höchst interessante Mittheilungen über das Drehungsvermögen der Zuckerarten und den Zusammenhang dieser Eigenschaft mit der Constitution und der Lagerung der Kohlenstoffatome. Ueber die Vergährung von Raffinose durch verschiedene Arten von Bierhefen hat D. Loiseau Versuche angestellt, welche zeigten, daſs diese Zuckerart sich verschieden verhält gegen Ober- und gegen Unterhefe, derart, daſs die Raffinose nur durch Unterhefe vollständig, dagegen durch Oberhefe nur theilweise vergohren wird (La Distillerie Française, 1889 Nr. 282). Durch Oxydation der Maltose mit Brom erhielten Emil Fischer und Jakob Meyer eine Säure von der Formel C12H22O12, welche sie Maltobionsäure nennen. Dieselbe ist isomer der in gleicher Weise aus Milchzucker erhaltenen Laktobionsäure. Durch Erhitzen mit Schwefelsäure wird dieselbe in Gluconsäure und Dextrose gespalten, woraus sich ergibt, daſs die Maltose, ebenso wie der Milchzucker, eine Aldehydgruppe enthält. Daraus ist ferner zu schlieſsen, daſs beide Zuckerarten die gleiche Constitution haben, mithin die für den Milchzucker früher aufgestellte Formel: auch für die Maltose die meiste Wahrscheinlichkeit hat (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1889 Bd. 12 S. 1941). Untersuchungen über Melizitose hat A. Alechin ausgeführt (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, Bd. 22 S. 759). Ueber das Moleculargewicht der Kohlehydrate theilen wir als Ergänzung zu unserem Referat 1890 275 90 hier noch die folgenden von H. T. Brown und G. Harris Morris (Journal of the Chemical Society, Bd. 53 S. 600) gefundenen Zahlen mit: Dextrose: C6H12O6 M = 180 Rohrzucker: C12H22O11 M = 342 Lävulose: C6H12O6 M = 180 Maltose: C12H22O11 M = 342 Milchzucker: C12H22O11 M = 342 Arabinose: C5H10O5 M = 150 Raffinose: C18H32O16.5H2O M =   ? Mannit: C6H14O6 M = 182 Stärkebildung aus Zucker in Laubblättern, welche im Dunkeln auf Zuckerlösung gelegen hatten, will W. Saposchnikoff beobachtet haben (Berichte der deutschen botanischen Gesellschaft, Bd. 7 S. 258). Ueber Verbindungen des Kupferoxyds mit stärkeartigen Stoffen, Zuckerartenund Manniten berichtet C. E. Guignet in Compt. rend., Bd. 109 8. 528 und 615. Untersuchungen über das Holzgummi (Xylose oder Holzzucker) haben H. J. Wheeler und B. Tollens ausgeführt (Liebig's Annalen der Chemie, Bd. 254 S. 304). Ueber Versuche mit Saccharin, welche sich auf die Ermittelung der gährungshemmenden Wirkung, der Verhinderung der Hefebildung und der Verhinderung des Fortschreitens der Essigbildung erstrecken, berichtet, L. Rösler in Die Weinlaube, 1889 Nr. 40. Versuche über die alkoholische Gährung von Honig hat G. Gastine angestellt (Compt. rend., Bd. 109 S. 479). Dieselben ergaben, daſs die bekanntlich schwierig und sehr langsam verlaufende Gährung des Honigs durch den Mangel an stickstoffhaltigen und mineralischen Hefenahrungsmitteln verursacht wird. Nach Zuführung der geeigneten Hefenahrungsmittel verlief die Gährung befriedigend. Versuche über die Wirkung des Alkohols bei Herbivoren haben H. Weiske und E. Flechsig ausgeführt (Journal für Landwirthschaft, Bd. 37 S. 327). Die Versuche führten zu dem Resultate, daſs auch bei sehr proteinreichem und kohlehydratarmem Futter der Alkohol keineswegs eiweiſssparend zu wirken vermag, sondern im Gegentheile den Stickstoffumsatz steigert. Der Alkohol verhält sich demnach wesentlich anders als die stickstofffreien Nährstoffe, welche unter den gleichen Umständen eine erhebliche Eiweiſssparung hervorrufen und dadurch Eiweiſsansatz im Körper herbeizuführen im Stande sind. Versuche über den Einfluſs der Milchsäure bezieh. Schwefelsäure auf den Stickstoffgehalt der Maische, welche Schulte im Hofe ausführte, ergaben, daſs durch beide Säuren der Stickstoffgehalt der Maische wesentlich beeinfluſst wird, indem sowohl der Gehalt an Peptonen wie an Amiden eine bedeutende Vermehrung erfuhr (Z. Br., 1889 S. 325). (Man hat diese Wirkung der Milchsäure schon lange vermuthet und früher auch allgemein als Grund für die Wirkung der Milchsäure bei der Hefebereitung gehalten. Der Umstand, daſs hier die Milchsäure aber durch Mineralsäuren, welche in gleicher Weise lösend und peptonisirend wirken, doch nicht ersetzt werden kann, hat dazu geführt, diese Ansicht zu verlassen und der Milchsäure als solcher eine geringere Bedeutung beizulegen und ihre Wirkung vielmehr auf die Thätigkeit des Milchsäurefermentes zurückzuführen, welches durch seine Entwickelung und Thätigkeit andere schädliche Nebenfermente unterdrückt. Der Ref.) Quantitative Versuche über die Wirkung von heiſsem Wasser auf verschiedene Eiweiſskörper von S. Gabriel. Die Versuche zeigten, daſs erhebliche Mengen (z.B. bei 6stündigem Erhitzen auf 152° etwa 73,5 Proc. des Gesammtstickstoffes) in Peptone und Amide übergeführt werden, daſs sich aber in Bezug auf die Menge dieser Stoffe die einzelnen Eiweiſskörper sehr verschieden verhalten (Journal für Landwirthschaft, Bd. 37 S. 335). Versuche über den Einfluſs der Kohlensäure auf die diastatischen Fermente führte W. Ebstein aus (Chemisches Centralblatt, Bd. 11 S. 1025). Zu den Versuchen diente Glycogenlösung und verschiedene thierische Fermente, sowie Diastase. Bei den thierischen Fermenten übte die Kohlensäure einen hemmenden, bei der Diastase dagegen einen günstigen Einfluſs aus. Morgen.