Titel: Ueber ein englisches Förderseil; untersucht von Prof. H. Gollner.
Autor: H. Gollner
Fundstelle: Band 276, Jahrgang 1890, S. 23
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Ueber ein englisches Förderseil; untersucht von Prof. H. Gollner. Mit Abbildungen. Gollner, über ein englisches Förderseil. Die Generaldirektion der a. p. Buschtehrader Eisenbahn veranlaſste neben einer Abänderung der Fördereinrichtungen der westlichen Trümer des Franz-Josef-Schachtes bei Kladno den Einbau von neuen Flachseilen für die Material- und Mannschaftförderung daselbst, welche von den St.-Lawrence-Drahtseilwerken der Firma J. und W. Smith in Newcastle on Tyne, England (General-Vertretung William A. Stone in Prag), geliefert wurden. Laut Erlasses des k. k. Revier-Bergamtes in Prag vom 23. Juli 1889 wurde die angesuchte Benützung der neuen Förderseile bis zur vierten Bausohle bei einer Totalbelastung von 4880k für die Materialbeförderung und von 3255k (5 Mann) Maximalbelastung für die Menschenförderung, angesichts der hiernach resultirenden 8,2 bezieh. 10,3 fachen Sicherheit, im Sinne des Punktes 2 der allgemeinen Vorschrift der k. k. Berghauptmannschaft für Böhmen vom 14. Mai 1874, genehmigt, insofern und insolange die Lastmomente auch für die östlichen Fördertrümer ungeändert bleiben. Das fachmännische Urtheil beruhte auf der Annahme jener Festigkeit für das Seilmaterial, welche Guſsstahldraht guter Qualität zu haben pflegt (Kzat = 12000), und wurde schlieſslich die Forderung gestellt, die Festigkeitsverhältnisse der neuen Seile untersuchen zu lassen, um auf Grund der erzielten Ergebnisse das Weitere bekannt gaben zu können. Ueber die erprobte Festigkeit von Guſsstahldrähten für Förderseile, ferner über die zulässige Inanspruchnahme fertiger Guſsstahldrahtseile für gleiche Zwecke liegt nunmehr ein befriedigend übereinstimmendes Material vor, welches noch durch die verschiedenen ortsüblichen Annahmen betreffend die Festigkeit von Guſsstahlseildrähten ergänzt werden soll. Nach dem Berichte von M. L. Aguillon (Annales des Mines, 1881) wird die bezeichnete Festigkeit (kzat) angenommen: In Frankreich (wo 1881 Guſsstahlseile noch Ausnahmen waren) kzat = 11200 bis 12000. In Belgien rechnet man kzat= 11500 bis 12000; in England, wo rund 90 Proc. der Förderseile aus Guſsstahldraht gefertigt waren, nimmt man an: für weichen Tiegelguſs kzat = 12200, für den feinsten Tiegelguſs, d. i. für Plough-Stahl; kzat = 18500. In Saarbrücken für weiche Stahldrahtsorten: kzat = 11400 bis 12000, harten Tiegelguſsdraht: kzat = 13000. In Westfalen wird für dasselbe Drahtmaterial vorausgesetzt: kzat = 11500. Felten und Guilleaume (Köln und Mülheim) geben an für dasselbe Material: kzat = 12000 bis 13000. Eine im J. 1883 im hiesigen mechanisch-technischen Laboratorium durchgeführte Untersuchung von drei Sorten hartgezogener Seildrähte rheinischer und englischer Herkunft ergab folgende mittlere Resultate: Sorte Drahtstärke Tmm, Festigkeit kzat Querschnitts-verminderung hartgezogen 123 Felten und Guilleaumein Kölnengl. Herkunft 2,302,182,00 166361661019510 20,218,132,2 Proc. Von jeder dieser Sorten wurden über Antrag der k. k. Bergdirektion in Přibram vier Proben erledigt, deren Einzelergebnisse gut übereinstimmten. Für die Inanspruchnahme fertiger Betriebsseile aus Stahldrähten wird vielfach empfohlen (kz + kb) = ktat = 3000 (etwa 4fache Bruchsicherheit, wenn auf die Verminderung der Festigkeit durch die Herstellung des Seiles aus den Litzen und dieser aus den Drähten keine Rücksicht genommen wird). Im Grenzfalle erreicht die totale zulässige Inanspruchnahme Ktat = 3500 (d. i. etwa 3,4fache Bruchsicherheit unter obiger Voraussetzung). Im Oberbergamtsbezirk Dortmund (1881) wird für die Zuginanspruchnahme (kzat)i für die Biegungsinanspruchnahme (kbat)} und für die totale Inanspruchnahme des fertigen Guſsstahldrahtseiles (ktat) angenommen und zwar für weiche Guſsstahlseile : kzat = 1198, kbat= 1653, ktat = 2829, für harte : kzat =   751, kbat=2062, ktat = 2813, englische : kzat = 1055, kbat = 2475, ktat = 3530. Zur Klarstellung der Elasticität und Festigkeit des für die Franz-Josef-Schachtanlage verwendeten neuen Förderseiles wurde dem mechanisch-technischen Laboratorium der Prager deutschen technischen Hochschule ein Seilstück, 700mm lang, zur Verfügung gestellt. Das für die Erprobung bestimmte Förderseil war ein Band(Flach)seil von 70mm Breite, 13mm mittlerer Dicke; es enthielt 8 Rundseile von je etwa 10mm äuſserem Durchmesser. Jedes Rundseil bestand aus 4 Litzen zu 7 Drähte von je 1mm,4 Stärke, so daſs das vollständige Seil 7 × 4 × 8 = 224 Drähten enthielt. Die vorgefundenen 6 Bindedrähte, aus ausgeglühtem Schweiſseisen, hatten je 1mm,8 Durchmesser. Die 4 Litzen für ein Rundseil waren rechts, die Rundseile links gedreht. Weder die Rundseile noch die Litzen enthielten Hanfseelen, waren aber sehr gut getheert. Das Flachseil wurde vorsichtig seiner Bindedrähte entledigt und sodann in seine 8 Rundseile zerlegt, von welchen vier für die Elasticitäts- und Festigkeitsprobe vorbereitet wurden. Die restlichen Rundseile wurden in ihre Litzen zerlegt und von diesen 16 Litzen vier aus verschiedenen Rundseilen für die Untersuchung vorbereitet. Die erübrigenden 12 Litzen, in ihre Drähte aufgelöst, gaben das eigentliche Drahtmaterial für die Erprobung im hartgezogenen und ausgeglühten Zustande und für die Biege- wie Verwindungsprobe. Es wurden schlieſslich 6 hartgezogene Drähte, welche verschiedenen Litzen angehörten, die wieder verschiedenen Rundseilen entnommen waren, einer umfassenden Dehnungs- und Zerreiſsprobe unterzogen; dieselben Proben wurden noch mit 3 ausgeglühten Seildrähten (aus verschiedenen Litzen), sowie mit zwei Bindedrähten des Flachseiles erledigt für die Durchführung der Biege- und Verwindungsproben wurden zusammen 30 Drähte in verschiedenen mechanischen Zuständen vorbereitet. Es wurden hiernach 50 Proc. der im Flachseile enthaltenen Rundseile, 20 Proc. der noch verfügbaren Litzen, endlich 30 Proc. der noch in den Rundseil- und Litzenproben vorhandenen Seildrähte der Erprobung unterzogen, und der Rest des Probematerials in Reserve gehalten. Für die gute Durchführung der umfassenden Dehnungs- und Zerreiſsversuche war eine wesentliche Vorbedingung in der sachgemäſsen Fassung der Drahtenden und in dem genau centrischen Einbaue der gefaſsten Enden in die Festigkeitsprobirmaschine gelegen. Die für Eisendrähte mit Erfolg angewendete Methode der Anwendung von unten mit einer Kugelfläche versehenen Schrumpfringen, die über die Drahtenden derart gezogen wurden, daſs noch eine Nietkopfbildung aus dem äuſsersten Drahtende möglich war, konnte mit Rücksicht auf den hartgezogenen Zustand der Stahldrähte nicht verwerthet werden, und muſste daher auf eine andere Fassungsart übergegangen werden. Nach Fig. 1 wurden für jedes Drahtende zwei Backen aus Hartmetall angewendet, welche an den gegen einander liegenden Flächen in der aus derselben Figur ersichtlichen Weise profilirt waren. Die Form und Entwickelung der gerundeten Rillen soll erreichen lassen, daſs eine Streckung des Probedrahtes im Bereiche seiner Lagerung zwischen den Metallbacken durch die Wirkung der Zugkraft verhindert werde. Dies gilt hauptsächlich von den äuſseren Partien der Fassungsstrecke, für welche bestimmt jede Dehnung und bleibende Streckung des daselbst gelagerten Drahtes ausgeschlossen ist. Fig. 1., Bd. 276, S. 26 Mit Rücksicht auf die ausgeführte Verflachung und die stetig wachsende Entfernung der gerundeten Rillen gegen das untere Ende der Metallbacken nimmt die Inanspruchnahme des noch gefaſsten Drahtendes durch die Zugkraft allmählich zu, da die Reibung zwischen Draht und den Backen stetig abnimmt, so daſs eine allmählich wachsende Inanspruchnahme des Drahtes durch die Zugkraft von auſsen nach innen gegen den freien Drahtquerschnitt hin gesichert ist, wodurch eben ein Reiſsen des Probedrahtes in der Fassungsstelle mit befriedigender Sicherheit vermieden wird. Nachdem der Draht zwischen den Metallbacken centrisch gelagert ist, werden diese gegenseitig verschraubt und endlich mit ihren Keilflächen gegen einstellbare Stahlbacken des sogen. Zugkopfes gelegt. Es ergibt sich, daſs eine solche Fassung der Drahtenden erreicht ist, welche in ihrer Wirkung insofern selbsthätig ist, als mit Zunahme der Zugkraft auch die Pressung der Metallbacken gegen den centrisch in diesen gelagerten Probedraht zunimmt. Die genaue axiale Einstellung des Drahtes in die Zugachse der Maschine unterliegt bei Anwendung der vorhandenen Hilfstheile (Beilagen) keinerlei Schwierigkeit, und kann diese wichtige Bedingung genau erfüllt werden. Der Erfolg dieser Fassungseinrichtung war dadurch gesichert, daſs von den 25 Probedrähten nur 2 innerhalb der Fassungsstelle rissen. Die Deformationen der Bindedrähte, ferner die geglühten und hartgezogenen Seildrähte wurden durch die Aufnahme von Dehnungscurven sichergestellt. Diese lassen den Einfluſs des Glühens hartgezogener Stahldrähte auf deren mechanische Eigenschaften ausgezeichnet erkennen und stellen auch den Unterschied des Verhaltens der weichen Bindedrähte und der Stahldrähte in beiden Zuständen (geglüht und hartgezogen) bei Dehnungen bis zur Streckgrenze und darüber vollkommen klar. Die Dehnungen eines hartgezogenen Seildrahtes (Versuch Nr. 1693) sind aus folgender Zusammenstellung zu ersehen: BelastungenPk Stand des Meſs-instrumentes DehnungΔl in cm BelastungenPk Stand des Meſs-instrumentes DehnungΔl in cm 47,4 160  46,15   0,125   20 47,3 0,01 170 46,0 0,14   40 47,2 0,02 180 45,8 0,16   60 47,1 0,03 185 45,7 0,17    801 47,0 0,04 190 45,6 0,18 100 46,8 0,06 195 45,4 0,20 120 46,6 0,08 200 45,1 0,23   1402 46,4 0,10  2053 44,6 0,28 150 46,3 0,11 4 Bruchdehnung = 1,4 Proc. 1 Elasticitätsgrenze für Zug. 2 Streckgrenze. 3 Festigkeitsgrenze. 4 Die Bruchdehnung erscheint für Versuch Nr. 1693 auffällig gering; sie betrug in drei anderen Fällen 1,5 Proc., 1,4 Proc. und 1,9 Proc. bei der Gebrauchslänge l = 20cm,0. Die Ergebnisse der umfassenden Zerreiſsproben mit den verschiedenen Drähten sind in der Tabelle I S. 28 zusammengestellt. Die wichtigsten Resultate in dieser Tabelle sind jene, welche für die hartgezogenen Seildrähte ermittelt wurden. Diese sind ihren Mittelwerthen nach, rund: Zugelasticitätsgrenze (5844at,1), rund   5900at Zugelasticitätsmodulus (2497000at), rund   2500000at Streckgrenze (9945at,9), rund 10000at Zugfestigkeit (13961at,0), rund 14000at Verhältniſsmäſsige Querschnittsänderung 52,0 Proc. Specifisches Arbeitmodulus an der Elasticitätsgrenze (7kcm,05) 7kcm,0 Sie lassen als Material einen harten feinen Tiegelguſsstahl von hoher Zugfestigkeit erkennen, der eine sehr günstig gelegene Elasticitätsgrenze für Zug, einen normalen Zugelasticitätsmodulus und eine noch hoch entwickelte Contractionsfähigkeit besitzt; wegen des Bruches fast sämmtlicher Probedrähte auſserhalb der Gebrauchslänge (l = 20cm,0) konnte nur in wenigen Fällen die Bruchdehnung nachgewiesen werden. Von besonderem Interesse ist die Veränderung der wichtigsten mechanischen Eigenschaften des hartgezogenen Drahtmaterials durch ein vorsichtiges Ausglühen und nachheriges allmähliches Abkühlen auf die Lufttemperatur. Aus dem für die ausgeglühten Seildrähte ermittelten Durchschnittsergebnisse und zwar: Tabelle I (Draht-Zerreiſsproben). Textabbildung Bd. 276, S. 28 Versuchs-Nr.; Art der Probedrähte; Elasticitätsgrenze; Verhältniſsmäſsige elastische Dehnung; Mittlerer Elasticitätsmodulus; Arbeitsmodul; Streckgrenze; Festigkeitsgrenze; Zugfestigkeit; Verhältniſswerth; Querschnittsverminderung; Anmerkungen; Rindedrähte; Mittelwerthe; Geglühte Seildrähte; Hartgezogene Seildrähte; Bruch auſserhalb der Probelänge; Oberfläche durch Verwendung verletzt; Drahtstärke; Querschnitt; Sehr kräftige Contraction; Bruchlinie regelmäſig; Sehr starke Contraction; Rand abgescheert; Bruch im Einspannkopfe; Bruchlinie unregelmäſsig; Bruch auſserhalb der Probelänge; Rand abgescheert Zugelasticitätsgrenze (3679at,6), rund 3680at,0 Zugelasticitätsmodulus (1385000at) 1385000at Streckgrenze (3679at,6), rund 3680at,0 Zugfestigkeit (5346at,3), rund 5350at,0 Verhältniſsmäſsige Querschnittsverminderung (73,5 Proc.) 73,0 Proc. Specifischer Arbeitsmodulus an der Elasticitätsgrenze (4kcm,924) 5kcm,0 ergibt sich, daſs durch die Operation des Ausglühens folgende Werthe wesentlich gesunken sind, und zwar: Zugelasticitätsgrenze um 37,6 Proc. Zugelasticitätsmodulus um 44,6 Proc., die Streckgrenze um 63,2 Zugfestigkeit um 61,7 Specifischer Arbeitsmodulus an der Elasticitätsgrenze um rund 30 daſs ferner die verhältniſsmäſsige Querschnittsverminderung sich erhöhte um 40 Proc., woraus die Wichtigkeit der Verwendung von hartgezogenen Drähten für die Seilherstellung hervorgeht. Die Ergebnisse der Zugproben mit den Eisenbindedrähten sind insofern hervorzuheben, als dieselben nachweisen, daſs für diese das richtige Material, d. i. solches von entsprechender Festigkeit (3838at,5), und Zähigkeit gewählt wurde, welche mechanischen Eigenschaften trotz der bedeutenden Inanspruchnahme der Drähte sowohl bei ihrer Verwendung, als auch bei ihrer Entfernung aus dem Flachseile zum Zwecke ihrer Untersuchung noch im befriedigenden Maſse erhalten blieben. Die kennzeichnenden Werthe als Maſs der mechanischen Eigenschaften sind durchschnittlich: Zugelasticitätsgrenze (1771at,7), rund 1772at,0 Zugelasticitätsmodulus (1595000at), rund 1600000at Streckgrenze (2952at,8), rund 3000at,0 Zugfestigkeit (3838at,5), rund 3840at,0 Verhältniſsmäſsige Querschnittsverminderung (69,1 Proc.) 70,0 Proc. Specifischer Arbeitsmodulus an der Elasticitätsgrenze (0kcm,997) 1kcm,0 Zur vollständigen Sicherstellung der Qualität des Seil- und Bindedrahtmaterials wurden auſser den Zerreiſsproben noch Biege- und Verwindungsproben durchgeführt. Fig. 2., Bd. 276, S. 29 Bei den Biegeproben mit den Seildrähten im hartgezogenen und ausgeglühten Zustande, sowie mit den Bindedrähten wurde ein besonderer Biegehebel angewendet, dessen Einrichtung aus der Darstellung in Fig. 2 zu ersehen ist. Der Probedraht wird zwischen zwei Stahlbacken derart eingeklemmt, daſs er zugleich durch die im Hebelansatze a vorbereiteten Oeffnungen gezogen werden kann. Die Stahlbacken weisen auf der einen, inneren Seite eine Abrundung der einen Ecke ihrer rechteckigen Querschnitte auf, deren Krümmungsradius genau 2mm,5 beträgt, so daſs die Probedrähte (im Sinne der Beschlüsse der Münchener und Dresdener Conferenz) um einen Dorn von 5mm Durchmesser gebogen werden. Auf der anderen Seile der Stahlbacken sind die scharfen Ecken ihrer Profile belassen, um auch Biegeversuche um scharfe Kanten durchführen zu können. Die mit einander verschraubten Stahlbacken werden an der einen Seite mit einer Klammer k armirt, welche den Drehzapfen für den Handhebel enthält. Die Einstellung der richtigen Lage dieses Hebels sammt der Klammer k bei Versuchen mit Drähten von verschiedenen Stärken und zwar derart, daſs eine reine Biegung der Drähte um einen Dorn von 5mm hervorgerufen wird, wobei der Biegewinkel von der Mittelstellung des Hebels aus nach rechts und links je 90° beträgt, ist in durchaus einfacher und sicherer Weise mit Hilfe einer angebrachten Skala möglich. Der Biegehebel wird in einen Schraubstock geklemmt. Durch den Biegeversuch soll die Anzahl (n) der Abbiegungen des Probedrahtes um je 180°, bis zum Bruche, sichergestellt werden. Die Ergebnisse der Drahtbiegeproben mit den Seil- und Bindedrähten sind in der Tabelle II zusammengestellt. Um das Verhalten der hartgezogenen Seildrähte bei Abbiegung um eine scharfe Kante festzustellen, wurden 3 Versuche erledigt; sie ergaben das übereinstimmende Resultat, daſs die bezeichneten Drähte schon nach einer 1,5fachen Abbiegung um 180° brechen. Tabelle II (Draht-Biegeproben). Art derProbedrähteBindedrähted = 0cm,18 Versuchs-Nr.n(bis zum Bruche) 169918,5 170016,5 170115,5 Mittel-werth16,8 Control-versuch16,5 AusgeglühteSeildrähted = 0cm,14 Versuchs-Nr.n(bis zum Bruche) 170521,5 170622,5 170721,5 170825,5 170929,5 Versuchs-Nr.n(bis zum Bruche) 171023,5 171122,5 171220,0 Mittel-werth23,3 Control-versuch24,5 HartgezogeneSeildrähted = 0cm,14 Versuchs-Nr.n(bis zum Bruche) 171413,5 171514,0 171612,5 171715,5 171816,5 Versuchs-Nr.n(bis zum Bruche) 171916,5 172011,5 172113,5 172214,5 17236,0 Versuchs-Nr.n Controlversuche Mittel-werth (bis zum Bruche) 15,5 15,5 14,4 Nach den mittleren Ergebnissen der in der Tabelle II zusammengestellten Drahtbiegeproben erträgt: Der schmiedeeiserne, weichgeglühte Bindedraht durchschnittlich 16,8 Abbiegungen um je 180° um den Dorn von 5mm Durchmesser und zwar trotz seiner auſserordentlichen Inanspruchnahme als Bindedraht, dessen Oberfläche an vielen Stellen stark verletzt erschien, und ungeachtet der mit der Lösung vom Flachseile verbundenen wiederholten bleibenden Abbiegungen, woraus auf die vorzügliche Qualität des Materials desselben geschlossen werden muſs. Der hartgezogene Seildraht aus Tiegelguſsstahl verträgt durchschnittlich 14,4fache Hin- und Herbiegung um einen Dorn von 5mm Durchmesser, welche Zahl aus 12 Versuchen abgeleitet wurde, und der die schon früher hervorgehobene Biegezahl n = 1,5 für die Abbiegung um eine scharfe Kante gegenüber gestellt werde. Aus diesem Vergleiche geht hervor, daſs die Biegefähigkeit des hartgezogenen Drahtes um scharfe Kanten nur mehr 10 Proc. jener über einen Dorn von 5mm Durchmesser ist. Die Biegefähigkeit des hartgezogenen Seildrahtes aus Tiegelguſsstahl, ausgedrückt durch n = 14,4, ist ein wichtiger Beleg für die schon anläſslich der Feststellung der im Mittel erreichbaren verhältniſsmäſsigen Querschnittsverminderung (52 Proc.) hervorgehobene hoch entwickelte Zähigkeit dieses Materials. Die geglühten Seildrähte lassen durchschnittlich n = 23,3 Hin- und Herbiegungen zu; es tritt daher durch die Operation des Ausglühens des Guſsstahldrahtes im hartgezogenen Zustande eine Erhöhung der Biegefähigkeit um 62 Proc. ein, während schon früher eine Erhöhung der verhältniſsmäſsigen Querschnittsverminderung um 40 Proc. nachgewiesen werden konnte. Ein weiterer, wichtiger Beitrag zur Klarstellung der Qualität des Seildrahtmaterials wird durch die Ergebnisse der Verwindungsversuche mit denselben geliefert. Zur Durchführung derselben stehen zwei Vorrichtungen zur Verfügung, welche die Unsicherheit der sogen. Handversuche völlig ausschlieſsen, und sich im Wesentlichen dadurch unterscheiden, daſs bei der ersten Vorrichtung der Verwindungsversuch behufs Sicherstellung der Anzahl von Verwindungen um je 360° bis zum Bruche unter gleichzeitiger Inanspruchnahme der Zugfestigkeit des Probedrahtes durchgeführt wird, während die zweite Vorrichtung auch zum Nachweise der gröſsten Inanspruchnahme des Drahtmaterials auf Drehung im Momente des Bruches unter gleichzeitiger Angabe der Anzahl (nt) Verwindungen um je 360° verwerthet wird. Beide Versuchsmethoden haben ihre Berechtigung, und wurde in dem vorliegenden Falle die erste und jedenfalls wesentlich ungünstigere Erprobungsweise angewendet und für die Probedrähte eine Gebrauchslänge von 10cm eingehalten. (Schluſs folgt.)