Titel: Prüfung der Gantter'schen Gerbstoffbestimmungsmethode von Prof. Dr. v. Schröder und Dr. J. Pässler in Tharand.
Autor: v. Schröder, J. Päſsler
Fundstelle: Band 277, Jahrgang 1890, S. 361
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Prüfung der Gantter'schen Gerbstoffbestimmungsmethode von Prof. Dr. v. Schröder und Dr. J. Päſsler in Tharand. Prüfung der Gantter'schen Gerbstoffbestimmungsmethode. Vor einiger Zeit veröffentlichte Herr Dr. F. GantterZeitschrift für angewandte Chemie, 1889 Heft 20 S. 377 bis 380. in Heilbronn ein neues Titrirverfahren zur Bestimmung des Gerbstoffes und empfahl dasselbe eventuell als Ersatz für die Löwenthal'sche Methode. Die hier mitgetheilten Resultate beziehen sich zunächst allerdings nur auf Tannin und Eichenrinden, sie machten aber von vornherein doch einen so günstigen Eindruck, daſs wir es unternommen haben, die Grundlage des ganzen Verfahrens, und namentlich auch das Verhalten der wichtigsten Gerbmaterialien bei der Untersuchung nach dieser Methode, einer näheren Prüfung zu unterziehen. Indem wir unsere Ergebnisse in Folgendem zusammenstellen, wollen wir schon hier vorgreifend bemerken, daſs sich die Erwartungen, mit welchen diese Arbeit begonnen wurde, nicht vollständig erfüllt haben. Immerhin halten wir die Methode für sehr beachtenswerth. Sie gehört jedenfalls zu den besseren der so überaus zahlreichen Gerbstoffbestimmungsmethoden, und können wir dem Urtheile H. R. Procter'sChemiker-Zeitung 1890. Repertorium zu Nr. 38 S. 132 (nach Journ. Soc. chem. Ind., 1890 Nr. 9 S. 260). nicht in allen Stücken zustimmen. Bei der Aufstellung seiner Methode ist Gantter von der Löwenthal'schen Methode ausgegangen, und schlieſst sich sein Verfahren dem Löwenthal'schen insofern an, als auch hier die Oxydation des Gerbstoffes durch Chamäleonlösung vorgenommen wird. Während man aber bei der Löwenthal'schen Methode mit einer ganz auſserordentlich stark verdünnten Gerbstofflösung arbeitetVon der an sich schon verdünnten Lösung werden bekanntlich zur Titration 10cc in 750cc Wasser gebracht., und die Einwirkung der Chamäleonlösung sich bei gewöhnlicher Temperatur vollziehen läſst, wendet Gantter eine sehr wesentlich stärkere Gerbstofflösung an und steigert die Einwirkung des Oxydationsmittels auſserdem noch durch Siedhitze. Durch diese veränderten Bedingungen soll nach Gantter, im Gegensatz zu der beim Löwenthal'schen Verfahren sehr unvollständigen Oxydation, eine wirklich vollständige Oxydation des Gerbstoffes erreicht werden und damit dann eine wesentlich gröſsere Sicherheit der Resultate gewährleistet sein. Ein weiterer Vortheil wird dadurch in Aussicht gestellt, daſs nach den mitgetheilten Zahlen für Eichenrinden die Titrirresultate der Gantter'schen Methode nahezu identisch sind mit den Resultaten der Gerbstoffbestimmungen nach indirekt gewichtsanalytischer Methode. Nach Löwenthal erhält man bekanntlich nur relative Werthe, die von den Gewichtszahlen zum Theil nicht unerheblich abweichen. Wäre man demnach wirklich im Stande, nach der Gantter'schen Methode nicht nur sicherer zu arbeiten, sondern zugleich auch, was allerdings von vornherein nicht sehr wahrscheinlich erscheint, mit der Gewichtsmethode stets übereinstimmende Resultate zu erhalten, so liegt es wohl auf der Hand, daſs dieses neue Verfahren zur Untersuchung von Gerbmaterialien dem Löwenthal'schen weit vorzuziehen sein würde. Ehe wir auf unsere Versuche näher eingehen, mögen uns ein paar Bemerkungen als Erwiderung auf die Gantter'sche Kritik der Löwenthal'schen Methode gestattet sein. Diese Bemerkungen gehören hier insofern zur Sache, als aus denselben hervorgehen wird, daſs die Gantter'sche Methode auch im günstigsten Falle, selbst wenn sie allen Erwartungen entsprechen sollte, die Löwenthal'sche Methode doch nicht vollständig zu ersetzen im Stande sein kann. Die sehr unvollständige Oxydation des Gerbstoffes bei dem Löwenthal'sche Verfahren ist eine bekannte Thatsache. Ein Theil Tannin bedarf zu seiner vollständigen Oxydation zu Kohlensäure und Wasser 4,71 Th. Permanganat. Arbeitet man bei Ausführung der Löwenthal'schen Methode genau nach der VereinbarungBericht der Commission zur Feststellung einer einheitlichen Methode der Gerbstoffbestimmung, Cassel 1885. – Nach S. 46 folgt als Mittel aus den sechs ersten Versuchen, daſs 8cc,72 Chamäleonlösung 0,017189 Tannintrockensubstanz entsprechen. Die Chamäleonlösung enthält in 6l 10g Permanganat, mithin 8cc,72 = 0,014533 Permanganat. Daraus folgt 1 Th. Tannin = 0,85 Th. Permanganat., so braucht man zur Oxydation von 1 Th. Tannin, bis zur Entfärbung der Indigolösung, im Mittel 0,85 Th. Permanganat. Es werden demnach hier nur 18,05 Proc. derjenigen Sauerstoffmenge verbraucht, die zur vollständigen Oxydation nöthig sein würden. Bei der Gantter'schen Methode ist die Oxydation, wie hier nebenbei bemerkt sein mag, unzweifelhaft eine sehr viel weiter gehende, sie ist aber auch keine ganz vollständige. Gantter selbst gibt an, daſs bei seiner Art der Oxydation 1 Th. Tannin 3,988 Th. Permanganat erfordern, es werden hier also 84,67 Proc. der zur vollständigen Oxydation nöthigen Sauerstoffmenge verbraucht. Die sehr unvollständige Oxydation bis zur Endreaction der Löwenthal'schen Methode ist offenbar eine Folge der bedeutenden Verdünnung und hängt mit der eigenthümlichen Rolle, welche der Indigofarbstoff als Indicator hier spielt, zusammen. Die Oxydationsproducte des Tannins können, wie Gantter ganz richtig bemerkt, selbst bei derselben Verdünnung noch bis zu einem gewissen Grade durch Chamäleon weiter oxydirt werden. Es kann also von einer irgendwie vollendeten Reaction gar keine Rede sein. Damit hängt es zusammen, daſs man bei ungleichmäſsigem Arbeiten, indem man die Chamäleonlösung langsamer oder schneller mit der durch Indigo gefärbten verdünnten Gerbstofflösung mischt, nicht unerhebliche Abweichungen erhält, weil die Oxydation dann bald etwas weiter, bald etwas weniger weit fortschreitet und eine bestimmte Beziehung zwischen Chamäleonverbrauch und Gerbstoffmenge nicht mehr existirt. Diese Unsicherheit ist nicht zu leugnen, sie ist aber nicht so schlimm, wie Gantter sie macht. Die von ihm angeführten verschiedenen Oxalsäureverhältnisse stammen ja aus einer Zeit, als man das Wesen dieses Vorganges noch nicht genauer kannte, und die ihnen entsprechenden Abweichungen können jetzt nicht mehr als erlaubte Differenzen bei solchen Titrirungen hingestellt werden. Es ist nachgewiesen und durch vielfache Erfahrungen bestätigt, daſs man bei gleichmäſsigem und umsichtigem Arbeiten mit der Löwenthal'schen Methode recht gut übereinstimmende Resultate erhalten kann.Vgl. den citirten Bericht der Gerbstoffcommission, ferner in Gerber, 1885 Nr. 259 S. 135 und 136; auch das Urtheil Procter's in dem angezogenen Artikel u.a.m. – Bezüglich des angeblichen prinzipiellen Fehlers der Löwenthal'schen Methode (vgl. Gerber, 1887 Nr. 296 S. 2) hat der eine von uns sich bereits ausgesprochen: D. p. J. 1888 269 93 am Ende des Artikels. Zuzugeben ist dabei aber, daſs die praktische Erlernung und Einhaltung dieser verlangten Gleichmäſsigkeit der Arbeit keine ganz leichte Aufgabe ist und daſs dazu namentlich ein gewisses Maſs von Uebung gehört. Das ist der wunde Punkt der ganzen Sache und darin liegt der Grund, warum so manche Chemiker, denen es an Neigung oder Veranlassung fehlt, sich mit der Methode näher zu beschäftigen, über dieselbe ein unzutreffendes Urtheil fällen. Zuzugeben ist ferner auch, daſs die Löwenthal'sche Methode sich zur Untersuchung sehr hochgradiger gerbstoffreicher Objecte wenig eignet und hier selbst bei geschickter Ausführung sehr genaue Resultate nicht geben kann. Sucht man nun, wie Gantter thut, diese Schwierigkeiten alle dadurch zu heben, daſs man die Oxydation des Tannins in concentrirterer Lösung und unter Anwendung von Wärme wesentlich weiter treibt, so erscheint das allerdings als ein ziemlich nahe liegender Gedanke, es ist aber nicht zu vergessen, daſs man auf diese Art die Anwendbarkeit der Methode von vornherein sehr beschränkt und zugleich für die Untersuchung der Gerbmaterialien neue Fehlerquellen schafft, die in der Löwenthal'schen Methode sehr geschickt vermieden sind. Die groſse Verdünnung, in welche man den Gerbstoff bei dem Löwenthal'schen Verfahren bringt, ist keine Zufälligkeit, sondern man trägt dadurch dem Umstände Rechnung, daſs die Gerbstoffe von Chamäleon alle sehr viel leichter zerstört werden, als eine ganze Reihe anderer mit denselben meist zusammen vorkommender organischer Pflanzenstoffe. Namentlich werden gelöste Kohlehydrate und die häufigsten organischen Säuren bei den Verdünnungsverhältnissen der Löwenthal'schen Methode von Chamäleon gar nicht angegriffen.Vgl. L. Neubauer in „Die Schälung der Eichenrinden zu jeder Jahreszeit, Wiesbaden 1873, S. 38 und 39. – Auch durch unsere eigenen Versuche bestätigt. Es üben diese Nichtgerbstoffe daher beiden Löwenthal'schen Titrationen einen nur sehr wenig störenden Einfluſs aus, und es kann, was besonders wichtig ist, gleichgültig sein, ob dieselben mit dem Gerbstoff gleichzeitig von dem Hautpulver absorbirt werden oder nicht. Bei dem Gantter'schen Verfahren liegt die Sache von vornherein ganz anders, denn hier müssen alle Nichtgerbstoffe zugleich mit dem Gerbstoff durch die Chamäleonlösung mehr oder weniger stark mit oxydirt werden. Da nun alle diese Oxydationen sicher keine ganz vollständigen sein werden, so fragt es sich, ob man so gleichmäſsig zu arbeiten im Stande sein wird, daſs die Oxydationen der Nichtgerbstoffe bei Titrirung der ursprünglichen Lösung und des Hautfiltrates nicht von einander abweichen. Das läſst sich nur durch bestimmte Versuche entscheiden, jedenfalls ist aber klar, daſs die Oxydation der Nichtgerbstoffe bei der Gantter'schen Methode eine wesentlich gröſsere Fehlerquelle darstellt. Weiter kann aber für alle diejenigen Fälle, wo ein Theil dieser Nichtgerbstoffe zugleich von dem Hautpulver absorbirt wird, die Gantter'sche Methode überhaupt nicht anwendbar sein. Kommen Gerbstoffe, wie das ja nicht selten geschieht, neben freien organischen Säuren vor, so werden diese letzteren beim Gantter'schen Verfahren mehr oder weniger mitoxydirt, – von der thierischen Haut werden sie zum Theil ebenfalls mitabsorbirt, und der Chamäleonverbrauch des Hautfiltrates wird zu klein ausfallen. Wollte man die Methode in solchen Fällen wirklich benutzen, so würde man einen Theil der organischen Säuren als Gerbstoff mitbestimmen. Die Gantter'sche Methode ist daher vor allen Dingen nicht zu brauchen zur Gerbstoffbestimmung in Gerbebrühen, man wird mit derselben aber auch bei Untersuchung aller Pflanzenextracte, deren Nichtgerbstoffe man noch nicht kennt, immer sehr vorsichtig sein müssen. Denselben Beschränkungen unterliegt ja auch die indirekt gewichtsanalytische GerbstoffbestimmungsmethodeBei der Gewichtsmethode zur Bestimmung des Gerbstoffes in Sauerbrühen die Säuren vorher durch kohlensauren Baryt abzustumpfen (Gerber, 1889 Nr. 350 S. 73), ist uns nicht gelungen, weil der kohlensaure Baryt den Gerbstoff zugleich nicht unerheblich absorbirte., und bleibt die Löwenthal'sche Methode, was man auch sonst gegen sie einwenden mag, in den genannten Fällen vorläufig doch immer noch das einzig brauchbare Verfahren. Gantter benutzte zu seinen Versuchen mit Tannin Lösungen, die 0,43 bis 4,30 Tannintrockensubstanz enthielten, und verwendete von diesen zu den einzelnen Versuchen wechselnde Mengen, die 2,15 bis 215mg,0 Tannin entsprachen. Die, Ausführung der Oxydation geschah in folgender Weise. Die mit verdünnter Schwefelsäure versetzte Tanninlösung wird zuerst zum Sieden erhitzt, darauf setzt man unter Umschütteln die Chamäleonlösung, die etwa 4g Salz in 1l enthält, aus einer Bürette allmählich zu. Die Entfärbung erfolgt anfangs schneller, dann langsamer und es bildet sich weiter ein brauner Niederschlag von Manganhydrat, der zuerst durch Kochen sich wieder löst, später aber auch beim Kochen nicht mehr verschwindet. Man setzt von der Chamäleonlösung so lange zu, bis. sich ein bei längerem Kochen bleibender starker brauner Niederschlag gebildet hat, setzt dann titrirte Oxalsäure zu, wodurch der Niederschlag wieder klar gelöst wird, und titrirt den Ueberschuſs der Oxalsäure endlich in gewöhnlicher Weise mit Chamäleon zurück. Auf diese Art findet Gantter bei Anwendung sehr wechselnder Mengen Tannin, daſs zur Oxydation von 1 Th. Tannin immer sehr nahezu 3,988 Th. Permanganat gebraucht werden. Die von ihm angeführten Schwankungen von 3,950 bis 4,027 sind verhältniſsmäſsig sehr unbedeutend. Nach unseren Versuchen ist diese Zahl keineswegs so constant, wie aus den Gantter'schen Angaben hervorzugehen scheint, und das ist ja auch ganz einleuchtend, wenn man in Betracht zieht, daſs es sich hier nicht um eine wirklich vollständige Oxydation handelt. Ueber die Menge und Stärke der zu verwendenden verdünnten Schwefelsäure hat Gantter nichts Näheres angegeben, und indem wir hier das richtige Verhältniſs herauszufinden suchten, ist uns zunächst aufgefallen, daſs die Gegenwart einer gröſseren oder geringeren Säuremenge auf die Oxydation nicht ohne Einfluſs ist. Beim Vorhandensein einer gröſseren Säuremenge schreitet die Oxydation für dieselbe Tanninmenge weiter fort, als wenn eine geringere Säuremenge zugegen ist. Die Lösungen, die wir benutzten, waren folgende: 1) Chamäleonlösung. Auf 1l 4g Permanganat entsprechend 3,9908 wasserfreiem Salz. 2) Verdünnte Schwefelsäure 1 : 5. 3) Oxalsäurelösung. Auf 1l nahezu 8g; es entsprach 1cc dieser Lösung im Durchschnitt nach mehreren Versuchen 1cc,016 Chamäleon. Für eine Tanninlösung (Ph. G. Trommsdorff), die 1g,00 Tannintrockensubstanz in 1l enthielt, ergaben sich nachstehende Titrirresultate: Tannin-lösungcc Tanninmg Schwefel-säurecc Chamäleon-lösungcc 1 Th. Tannin verbrauchtzur Oxydation Per-manganat Auf 1 mgTannin zu-gegen ccSchwefel-säure 2525 25 4040 25,925,6 4,1344,087 4,111 1,60 2525 25 3030 25,925,7 4,1354,103 4,119 1,20 10101010 10 10101010 10,410,310,410,1 4,1504,1114,1504,031 4,110 1,00 Tannin-lösungcc Tanninmg Schwefel-säurecc Chamäleon-lösungcc 1 Th. Tannin verbrauchtzur Oxydation Per-manganat Auf 1 mgTannin zu-gegen ccSchwefel-säure 2525 25 2020 25,425,3 4,0554,039 4,047 0,80 5050 50 2020 49,249,2 3,9273,927 3,934 0,40 2525252525 25 1010101010 24,524,724,424,724,5 3,9113,9833,8953,9833,911 5050 50 1010 47,547,4 3,7913,783 3,787 0,20 Ganz ähnlich gestaltete sich die zweite Versuchsreihe, bei der die Tanninlösung aber 2g,00 Trockensubstanz auf 1l enthielt. Hier sind jedesmal 20cc verdünnte Schwefelsäure zugesetzt: Tannin-lösungcc Tanninmg Chamäleon-lösungcc 1 Th. Tannin verbraucht zurOxydation Permanganat Auf 1 mg Tanninzugegen ccSchwefelsäure   5  5 10 10,610,6 4,2304,230 4,230 2,00 1010 20 20,520,4 4,0914,071 4,081 1,00 2020 40 40,139,9 4,0013,981 3,991 0,50 2525 50 49,549,6 3,9513,959 3,955 0,40 Aus diesen beiden Versuchsreihen ergibt sich unzweifelhaft, daſs eine gröſsere Menge Säure den Chamäleonverbrauch vergröſsert, indem die Oxydation des Tannins dann etwas weiter fortschreitet. Als Mittel aus den erhaltenen Zahlen berechnet sich folgender Vergleich: Auf 1 mgTannin: Schwefelsäurecc 1 Th. Tannin ver-braucht zur OxydationPermanganat 2,00 4,230 1,60 4,111 1,20 4,119 1,00 4,096 0,80 4,047 0,50 3,991 0,40 3,945 0,20 3,787. Wir haben deshalb bei allen weiteren Versuchen das Verhältniſs zwischen Tannin und Schwefelsäure möglichst constant zu halten gesucht. Die Menge der Säure haben wir dabei immer so genommen, daſs auf 1mg Tannin 0cc,50 der verdünnten Schwefelsäure (1 : 5) zugegen waren. Auf diese Art erhielten wir, indem wir auch sonst möglichst gleichmäſsig zu arbeiten bestrebt waren, sehr gut übereinstimmende Werthe. Das geht aus der dritten Versuchsreihe hervor, bei welcher wieder 2g Tannintrockensubstanz in 1l gelöst waren und bei der wir uns nun mit dem Säurezusatz in dem angegebenen Verhältnisse nach der Tanninmenge richteten. Tannin-lösungcc Tanninmg Schwefel-säurecc Chamäleon-lösungcc 1 Th. Tanninbraucht zurOxydationPermanganat   5  5  5 101010   5  5  5 10,110,110,0 4,0314,0313,991 4,018 101010 202020 101010 20,120,020,0 4,0113,9913,991 3,998 202020 404040 202020 40,139,939,9 4,0013,9813,981 3,988 252525 505050 252525 50,050,050,0 3,9913,9913,991 3,991 Als Mittel aus diesen Zahlen ergibt sich der Werth 3,999 und wir können mithin die Gantter'sche Zahl 3,988 vollständig bestätigen. Dabei ist aber festzuhalten, daſs diese Uebereinstimmung, sowie überhaupt die Constanz des betreffenden Werthes bei wechselnden Tanninmengen nicht die Folge einer wirklich vollendeten Reaction ist, sondern daſs dieselbe lediglich durch Einhalten gleicher Bedingungen bei Ausführung der Oxydation gegeben ist. Man wird demnach bei der Gantter'schen Methode zur Titerstellung am zweckmäſsigsten eine Tanninlösung mit nahezu 2g Trockensubstanz in 1l verwenden. Von dieser nimmt man 10 bis 25cc, setzt die gleiche Anzahl Cubikcentimeter verdünnter Schwefelsäure (1 : 5) zu und titrirt mit der Chamäleonlösung, die 4g Salz in 1l enthält. 1cc der letzteren wird dann nahezu 1mg Tannin entsprechen. Im Mittel aus den neun letzten Werthen unserer dritten Versuchsreihe erhalten wir die Zahl 3,991, und da unsere Chamäleonlösung in 1l 3,9908 Permanganat enthält, so entspricht 1cc derselben genau wie Gantter vorschreibt 0,0010 Tannin. Daſs die Gantter'sche Methode zur Titrirung von Tannin der Löwenthal'schen Methode weit überlegen sein muſs, ergibt sich aus dem Vorhergehenden von selbst. Hätten wir z.B. ein Tannin mit 85 Proc. durch Thierhaut fällbarer Substanz, so würden wir von einer Lösung von 2g in 1l nach Gantter's Methode 25cc titriren und für die fällbare Substanz 42cc,5 Chamäleon verbrauchen. Nach Löwenthal'scher Methode können nicht mehr als 10cc titrirt werden, und man wird etwa 8,5 Chamäleon verbrauchen. Einem Procent Tannin entsprechen demnach nach Gantter 0,50 und nach Löwenthal 0cc,1 Chamäleon. Nehmen wir nun, was für die Löwenthal'sche Methode in diesem Falle nicht zu viel gerechnet ist, einen Titrirfehler von 0cc,30 beiderseits als möglich an, so würde man nach Gantter einen Fehler von 0,60 Proc. nach Löwenthal aber einen eben solchen von 3,0 Proc. im Endresultat als erlaubt anzusehen haben. Auf die Untersuchung der Gerbmaterialien übergehend, fanden wir sehr bald, daſs die Oxydationen sich hier lange nicht so gleichmäſsig abwickelten wie beim Tannin. Je nachdem wir langsamer oder schneller titrirten, je nachdem mehr oder weniger gekocht wurde u.s.w., ergaben sich ziemlich starke Abweichungen, die beispielsweise bei einem Valoneaauszug, für einen Gesammtverbrauch von etwa 50cc, im Maximum bis zu 2cc,5 gingen. Das stimmt vollständig mit Procter's Angabe und hat das unserem Dafürhalten nach seinen Grund hauptsächlich darin, daſs die Nichtgerbstoffe hier so stark, und dabei nicht immer gleichmäſsig, in Mitleidenschaft gezogen werden. Da es uns nun nicht daran lag, die Methode durch eine abfällige Kritik zu beseitigen, so haben wir es versucht, dieselbe nach Analogie der Löwenthal'schen Methode dadurch brauchbar zu machen, daſs wir uns ein bestimmtes Verfahren feststellten und dieses dann, bis in die kleinsten Details hinein, später immer wieder befolgten. Damit sind wir dann zu ganz brauchbaren Resultaten gekommen. Ehe wir indessen dieses Verfahren beschreiben, wollen wir noch auf einen Punkt besonders aufmerksam machen. Zu Ende des Versuches bildet sich der erwähnte braune Niederschlag von Manganhydrat. Dieser verschwindet zuerst beim Kochen, wird aber zuletzt bleibend, so daſs er sich auch bei längerem Sieden nicht mehr löst. Da es nun wesentlich ist, daſs man die Flüssigkeit bei jedem Versuche möglichst gleichmäſsig und nicht bald mehr, bald weniger kocht, so haben wir uns zur Regel gemacht, die Chamäleonlösung stets zu ganzen Cubikcentimetern zuzusetzen und dann höchstens 1 Minute lang zu kochen. Anfangs wird der Niederschlag bei dieser Kochdauer schneller gelöst, dann geht es langsamer, – weiter färbt sich die zuerst farblose Flüssigkeit dauernd braun, und es bleibt, bei fortgesetztem Chamäleonzusatz, nach dem Kochen von 1 Minute erst ein geringer und endlich ein starker Niederschlag zurück. Bei diesem Punkte, wo man dann mit dem Kochen aufhört, soll ein wirklich deutlicher starker Niederschlag vorhanden sein. Schlieſst man zu früh, wenn die Flüssigkeit nur erst braun geworden ist oder wenn erst einige braune Flocken in derselben herumschwimmen, so fallen die schlieſslichen Resultate zu klein aus und die Titrationen stimmen unter einander auch schlecht überein. Andererseits soll man aber auch den Niederschlag nicht allzusehr anwachsen lassen, weil dann, bei immer weitergehendem Chamäleonzusatz und fortgesetztem Kochen, zu Folge etwas weiter gehender Oxydation, ein wenn auch geringer, so doch merkbar wachsender Mehrverbrauch im Endresultat sich geltend macht. Mit dem abwechselnden Chamäleonzusatz und Kochen hört man also gerade dann auf, wenn der Niederschlag ein starker geworden ist. Dieser Punkt ist, sobald man darauf achtet und sich einigermaſsen eingeübt hat, nicht schwer gleichmäſsig zu treffen. Wir haben uns den bis zu diesem Punkte erfolgten Chamäleonverbrauch stets notirt und nur solche Titrationen gelten lassen, bei denen dieser erste Chamäleonverbrauch (I) den Chamäleonverbrauch (II) des Schluſsresultates um 1 bis 2cc übertraf. Wir haben stets zwei Titrationen ausgeführt und es meist gleich schon bei der ersten so getroffen, daſs der Chamäleonverbrauch I mindestens um etwas gröſser war als II. Bei der zweiten Titration wurde der Ueberschuſs bei I dann absichtlich um 1cc höher gehalten und aus beiden Versuchen schlieſslich das Mittel genommen. Die folgende Versuchsreihe mit einem Valoneaauszug (7g in 1l) zeigt die verschiedenen Endresultate (II), je nachdem man mit der Oxydation des Tannins bei Siedhitze (Chamäleonverbrauch I) früher oder später aufhört. Es wurden stets 10cc des Auszuges mit der gleichen Menge Schwefelsäure versetzt und dann titrirt: Nr. Aussehen der Flüssigkeit nachZusatz I und Kochen von 1 Minute Chamäleon-verbrauch I Chamäleonverbrauch IIEndresultat cc cc cc 1 Ganz klar, geringe Braunfärbung 2424 25,125,3 25,20 2 Einige braune Flocken 2525 25,925,9 25,90 3 Ziemlich starker Niederschlag 2626 26,126,1 26,10 4 Sehr starker Niederschlag 2727 26,426,4 26,40 5      „        „              „ 2828 26,826,9 26,85 6      „        „              „ 2929 26,927,0 26,95 7      „        „              „ 313131 26,927,327,2 27,13 Nach unserer Art zu titriren würden wir hier bei 4 und 5 geschlossen und aus den Zahlen 26,40 und 26,85 das Mittel 26,63 genommen haben. Nach Zusatz der Chamäleonmenge I ist dann, aber ohne weiteres Kochen, noch ein Chamäleonzusatz von ungefähr 5cc gemacht worden, Oxalsäure im Ueberschuſs zugesetzt und diese dann genau zurücktitrirt. Die hierauf bezüglichen Zahlen sind als unwesentlich in obiger Tabelle nicht angeführt. Daſs die Oxydation eine wirklich scharfe Grenze nicht hat, sondern bei fortgesetztem Chamäleonzusatz und Kochen, wenn auch langsam, fortschreitet, geht aus dieser Versuchsreihe ganz deutlich hervor. Eine Gallussäurelösung ergab bei der Titration nach Gantter'scher Methode für die Gallussäure einen Sauerstoffverbrauch von 88,79 Proc. der zur vollständigen Oxydation erforderlichen Menge. Traubenzucker zu 1g in 1l gelöst und 10cc titrirt, ergab einen Sauerstoffverbrauch von 59,78 Proc. derjenigen Menge, die zur vollständigen Oxydation nöthig sein würde. Eine solche Traubenzuckerlösung wird bei den Verdünnungsverhältnissen der Löwenthal'schen Methode von Chamäleon absolut nicht angegriffen, ein Beweis, daſs die Nichtgerbstoffe beim Gantter'schen Verfahren zu einer viel verhängniſsvolleren Fehlerquelle werden müssen. Das Verfahren, das wir bei den Titrationen einhielten, ist nun folgendes: Man bringt die zu titrirende Flüssigkeit mit der verdünnten Schwefelsäure in einen Kochkolben von etwa 350cc Inhalt, erhitzt über der Gasflamme bis zum Sieden, vermeidet aber grundsätzlich jedes weitere Kochen. Man nimmt den Kolben vom Feuer und läſst die Chamäleonlösung möglichst gleichmäſsig zu einzelnen Cubikcentimetern zuflieſsen, indem man nach jedem Zusatz etwas (bis 5 Secunden lang) umschüttelt. Die Flüssigkeit kühlt dabei ab und die zuerst eintretende Röthung verschwindet immer langsamer und langsamer. Sobald die Röthung beim Umschütteln innerhalb 5 Secunden nicht mehr verschwindet, setzt man den Kolben wieder über die Flamme und erhitzt zum Sieden. Dann läſst man die Chamäleonlösung wieder wie zuerst zuflieſsen, nur daſs man jetzt, sobald der Niederschlag erscheint, nach jedem Zusatz bis 1 Minute lang über der Flamme erhitzt. Dies setzt man fort, bis ein starker Niederschlag innerhalb der Kochdauer von genau 1 Minute nicht mehr merkbar abnimmt. Den Chamäleonverbrauch bis zu diesem Punkte notirt man sich, und soll derselbe 1 bis 2cc mehr betragen als der Verbrauch beim Endresultat. Dann werden, ohne weiteres Kochen, noch etwa 5cc Chamäleonlösung zugegeben, umgeschüttelt und die Oxalsäurelösung allmählich unter Umschütteln zugesetzt, bis vollständig klare Lösung erfolgt ist. Endlich titrirt man die überschüssige Oxalsäure mit Chamäleon zurück und schlieſst, wenn die Röthung sich eine halbe Minute lang deutlich erhält. Hat man aus Versehen übertitrirt, so ist der Ueberschuſs an Chamäleon durch Oxalsäure leicht zu entfernen, während bei der Löwenthal'schen Methode der Versuch in diesem Falle verloren ist. Um auch bei den Gerbmaterialien möglichst gleichmäſsig zu arbeiten, extrahiren wir dieselben, ebenso wie zur Arbeit nach Löwenthal'scher Methode, in solchen Mengen, daſs ungefähr 2g gerbende Substanzen in 1l zugegen sind. Man extrahirt demnach Eichen- und Fichtenrinde zu 20g auf 1l, bei Sumach und Quebrachoholz und Mimosenrinde nimmt man 10 bis 7g bei Valonea, Knoppern, Myrobalanen 7 bis 5g, bei Dividivi und Algarabilla etwa 5g, bei festem Quebrachoextract nehmen wir 3 bis 4g.Hier dürfte es sich nach unseren Resultaten empfehlen, etwas mehr zu lösen und die Schwefelsäuremenge entsprechend zu steigern. Von diesen Lösungen titrirt man 10cc unter Zusatz von 10cc verdünnter Schwefelsäure. Von den Hautfiltraten werden ebenfalls 10cc unter Zusatz der gleichen Menge Säure titrirt. Bezüglich der Behandlung mit Thierhaut sagt Gantter S. 380 seiner Abhandlung mit Rücksicht auf die Eichenrinden: „Selbstverständlich muſs man eine zweite Portion des Auszuges auch nach der Fällung mit Haut in der angegebenen Weise titriren und den Chamäleonverbrauch in Rechnung nehmen. Derselbe ist jedoch in der Regel so gering, daſs er bei Bestimmungen für technische Zwecke vernachlässigt werden kann.“ Wie Gantter zu diesem letzteren Satze kommt, ist uns nicht recht begreiflich. Bei seiner Methode, wo alle organischen Nichtgerbstoffe ziemlich stark mitoxydirt werden, führt die Vernachlässigung des Hautfiltrates zu ganz auſserordentlich groſsen Differenzen. Bei der Rechnung nach dem Gesammtchamäleonverbrauch erhöhen sich die Resultate nicht nur absolut sehr stark, sondern auch bei den verschiedenen Gerbmaterialien ganz ungleichmäſsig, je nachdem dieselben im Verhältniſs zum Gerbstoff, mehr oder weniger Nichtgerbstoffe enthalten. Das geht am besten aus folgendem Vergleich für Fichtenrinden, Eichenrinden, Knoppern und Quebracho hervor. Bei Fichtenrinden wird das Resultat um mehr als die Hälfte gröſser, bei Knoppern etwa um ¼, bei Quebracho nur um 13 Proc. Das entspricht vollständig dem wechselnden Gehalte an Nichtgerbstoffen: IMit Vernachlässigungdes Hautfiltrates IIMit Berechnungdes Hautfiltrates Bei I mehrwenn II = 100 Fichtenrinden   16,00  28,50   9,5018,50 68,454,1 Eichenrinden   12,10  21,10   7,7014,85 57,142,1 Knoppern   36,14  38,29 28,2130,64 28,125,0 Quebrachoholz   37,60 33,20 13,3 Quebrachoextract 108,50 96,00 13,0 Wir haben die Gerbmaterialauszüge von der angegebenen Concentration, bei Ausführung der Gantter'schen Methode, in derselben Weise mit Hautpulver behandelt, wie man das bei der vereinbarten Löwenthal'schen Methode thut, und demgemäſs 50cc mit 3g Hautpulver unter zeitweiligem Anschütteln 18 bis 24 Stunden lang digerirt. Nebenbei wurde zum Vergleich der Resultate in denselben Lösungen die Gerbstoffbestimmung auch nach der indirekt gewichtsanalytischen Methode ausgeführt.Die Art und Weise, wie diese Methode im Tharander Laboratorium von jener ausgeführt wurde, ist zu ersehen: D. p. J. 1888 269 38 und 82 aus dem Artikel „Ueber Differenzen, welche bei Gerbstoffbestimmungen entstehen können durch wechselnde Ausscheidungen schwer löslichen Gerbstoffes, sowie durch Gerbstoffabsorption des Filtrirpapieres“; von Prof. v. Schröder. Da die Ausfällung des Gerbstoffes hier, durch die vollkommenere Behandlung der Lösungen mit der Haut, eine etwas heiter gehende ist, so haben wir stets auch die sich bei der Gewichtsmethode ergebenden Hautfiltrate nach Gantter'scher Methode titrirt, hiernach dann ebenfalls die Gantter'schen Zahlen berechnet und auch diese mit den Gewichtszahlen verglichen. Die Ergebnisse der Gantter'schen Methode sind dann natürlich etwas höher, da wir indessen auch auf diese Art niemals wirkliche Uebereinstimmungen mit der Gewichtsmethode erzielten, so sollen diese Zahlen nur gelegentlich erwähnt werden, und es beziehen sich alle in Folgendem angegebene Gantter'sche Zahlen, wenn nichts Besonderes dabei erwähnt ist, immer auf Hautfiltrate, bei denen 50cc der Lösungen 18 bis 24 Stunden lang mit 3g Hautpulver behandelt sind. Von Eichenrinden wurden 7 Proben mit sehr wechselnden Gehalten untersucht. Die Resultate ergeben sich aus folgender tabellarischer Zusammenstellung: Gantter'sche Gerbstoff-procente 1 2 Factor 2 : 1 3 4 Mittel a und b Gewichts-procente Gewichts-procente mitMittelfactor 1,031nach 1 berechnet Unter 3mehr (+) oderweniger (–)berechnet als bei2 gefunden a b Differenza–b   7,70   7,45 0,25   7,58   7,95 1,049   7,81 – 0,14 14,85 14,85 0,00 14,85 15,29 1,030 15,31 + 0,02   7,92   7,95 0,03   7,94   8,54 1,076   8,19 – 0,35   9,40   9,15 0,25   9,28   9,71 1,046   9,57 – 0,14 10,57 10,77 0,20 10,67 10,20 0,956 11,00 + 0,80   9,57   9,40 0,17   9,49 10,44 1,100   9,78 – 0,66 17,80 17,79 0,01 17,80 17,05 0,958 18,35 + 1,30 Zunächst geht aus dieser Tabelle hervor, daſs nach der Gantter'schen Methode, unter der Voraussetzung gleichmäſsiger Arbeit, von verschiedenen Analytikern gut übereinstimmende Resultate gefunden werden können. Die Zahlen unter a sind von Dr. Päſsler bestimmt, die unter b zum Theil von Herrn Assistent Bartel, zum Theil von Prof. v. Schröder. Diese Uebereinstimmung ist um so bemerkenswerther, als dieselbe sich gleich zu Anfang, sobald nur auf gleichmäſsiges Arbeiten gehalten wurde, ohne groſse Schwierigkeit herausstellte. Nach der Löwenthal'schen Methode lassen sich derartige Uebereinstimmungen gewiſs ebenfalls erhalten, es gehört dazu aber ein bedeutendes Maſs von Uebung, die nicht nach Ausführung der ersten paar Analysen zu erreichen ist. Was nun die Uebereinstimmung der Gantter'schen Zahlen (1) mit den unter 2 angeführten Resultaten der indirekt gewichtsanalytischen Gerbstoffbestimmungsmethode anbelangt, so ist allerdings nicht zu leugnen, daſs dieselben eine sehr annähernd zutreffende ist, und wir können daher auch in dieser Beziehung die Gantter'schen Angaben in der Hauptsache nur bestätigen. Während diese Zahlen aber bei Gantter im Mittel eine fast absolute Uebereinstimmung zeigen, so sind die Titrirresultate hier im Durchschnitt etwas kleiner und verhalten sich zu den Gewichtszahlen wie 1 : 1,031. Diese Uebereinstimmung wird auch nicht besser, wenn man die Gantter'schen Zahlen nach den bei der Gewichtsmethode erhaltenen und titrirten Hautfiltraten berechnet. Die Gantter'schen Zahlen stimmen in diesem Falle ebenfalls annähernd mit den Gewichtszahlen überein, sie stellen sich aber, wie hier im Durchschnitt etwas kleiner, bei dieser Berechnung dann im Mittel bestimmt etwas gröſser als die Gewichtsresultate heraus. Das geht aus folgendem Vergleich hervor: IGewichtszahl IIGantter'sche Zahl mitHautfiltrat nach I FaktorI : II   7,9515,29  8,54  9,7110,2010,4417,05   8,1815,85  8,64  9,7711,4310,2818,44 0,9720,9650,9880,9940,8921,0160,925 0,965 Der Gantter'sche Factor zur Umwandlung seiner Zahlen in Gewichtsprocente würde 0,998 betragen, und liegt dieser Werth gerade in der Mitte zwischen den beiden Werthen 1,031 und 0,965, die bei uns die eine oder andere Berechnungsweise ergeben würde. Eine wirkliche, genaue Uebereinstimmung ist also jedenfalls nicht vorhanden, und wir legen auf die annähernde Uebereinstimmung bei Eichenrinden und Fichtenrinden um so weniger einen Werth, da sich theoretisch darüber nicht viel sagen läſst und bei anderen Gerbmaterialien zum Theil sehr groſse Abweichungen in den Resultaten beider Methoden unzweifelhaft hervortreten. Aus diesem Grunde sind wir auch entschieden nicht dafür, daſs die Gantter'schen Zahlen in die Praxis eingeführt werden. Die Gantter'schen Zahlen sind, genau ebenso wie die Löwenthal'schen Zahlen, nur relative auf Tannin bezogene Werthe, die man deshalb auch nur für ein und dasselbe Gerbmaterial unter einander vergleichen kann. Während die Löwenthal'schen Zahlen aber immer kleiner ausfallen als die Gewichtsprocente, sind die Gantter'schen Zahlen bald kleiner, bald annähernd ebenso groſs, bald wesentlich gröſser als die Gewichtszahlen, und geben für verschiedene Gerbmaterialien, mit einander verglichen., ein noch unzutreffenderes Bild vom wirklichen Gerbstoffgehalt als die Löwenthal'schen Procente. Deshalb ist die Gantter'sche Methode aber ebenso wenig vollständig zu verwerfen wie die Löwenthal'sche Methode. Stellt man sich durch Vergleich mit der Gewichtsmethode für jedes Gerbmaterial einen durchschnittlichen Reductionsfactor fest, so hat man, ebenso wie bei der Löwenthal'schen Methode, ein Mittel in der Hand, aus den Titrirresultaten die Gewichtszahlen sich abzuleiten. Daſs die Gantter'sche Methode in ihrer Anwendbarkeit viel beschränkter ist, haben wir schon hervorgehoben, bei Gerbmaterialien würde die Umrechnung aber ganz gut gehen, und es handelt sich nur darum, festzustellen, ob man auf diese Art mit der Gantter'schen Methode leichter und besser zum Ziele kommt. In der mitgetheilten Tabelle haben wir unter 4 die Umrechnung mit dem Mittelfactor 1,031 ausgeführt. Die Uebereinstimmung mit den Gewichtszahlen unter 2 kann, abgesehen von der letzten Analyse, eine ganz befriedigende genannt werden. Man darf eben nicht vergessen, daſs man es hier mit Gerbstofftitrationen und nicht mit Mineralanalysen zu thun hat. Aber selbst die letzte Analyse mit der maximalen Abweichung von 1,30 Proc. erscheint durchaus nicht so schlecht, wenn man dabei in Betracht zieht, wie groſs die Differenzen der Löwenthal'schen Methode werden können bei der ungleichmäſsigen Art, wie dieselbe in der Praxis thatsächlich jetzt sehr häufig gehandhabt wird. Dafür geben uns die Gantter'schen Titrationen nach Löwenthal für Eichenrinden den besten Beweis. Bei genauer Befolgung der Vereinbarung und möglichst gleichmäſsiger Arbeit schwankte der Reductionsfactor zur Umwandlung der Löwenthal'schen Zahlen in Gewichtsprocente für Eichenrinden in Tharand von 1,40 bis 1,31 und beträgt im Mittel 1,36. Dieselbe Zahl 1,36 berechnet sich im Mittel nach vier Bestimmungen, die von der Wiener Versuchsstation für Lederindustrie ausgeführt wurden.Gerber, 1887 Nr. 296 S. 4. Herr Dr. Koch in Leipzig hat unlängst in der Deutschen GerberzeitungDeutsche Gerberzeitung, 1890 Nr. 45. einige Zahlen angegeben, bei denen dieser Reductionsfactor von 1,33 bis 1,37 geht, im Mittel also 1,35 beträgt. Nach Gantter ist die Schwankung desselben Factors 1,91 bis 2,37, im Mittel 2,07. Wenn ein Gerber nun ein und dieselbe Eichenrinde, mit beispielsweise 12 Proc. gerbenden Stoffen nach der Gewichtsmethode, in diesen vier Laboratorien analysiren lieſse, so würde er von den drei ersten die Löwenthal'schen Zahlen 8,82 Proc. 8,82 Proc. und 8,88 Proc. erhalten, aus dem vierten dagegen die Zahl 5,80 Proc. Im letzteren Falle also 3 Proc. zu wenig, und doch soll hier ebenfalls nach der Vereinbarung gearbeitet worden sein.Wir fassen das wenigstens so auf, weil Gantter den Ausdruck „Cubikcentimetermethode“ gebraucht – obgleich das cubikcentimeterweise Zusetzen der Chamäleonlösung das Wesen der Vereinbarung keineswegs ausreichend charakterisirt. Ein direkter Vergleich der Löwenthal'schen Zahlen ist also hier ganz unmöglich. Bei Benutzung der Gantter'schen Methode müſsten wir dagegen, obgleich eine Vereinbarung bezüglich der Ausführung zwischen uns nicht existirt, im Mittel gewiſs sehr nahezu übereinstimmen, indem Gantter für die betreffende Eichenrinde mit 12 Proc. gerbenden Substanzen 12,04 Proc. und wir 11,64 Proc. finden würden. Dabei wäre, mit Rücksicht auf die gröſsten Schwankungen unserer Reductionsfactoren, im äuſsersten Falle eine Abweichung von + 0,93 Proc. und – 0,73 Proc. zu erwarten, während wir bei der Löwenthal'schen Methode schon im Mittel mit Gantter um 3 Proc. differiren. Noch viel schlimmer wird die Sache, wenn man eine entsprechend ungleichmäſsige Handhabung der Löwenthal'schen Methode für hochgradige Objekte wie z.B. feste Quebrachoextracte annimmt. Hier können die Differenzen dann bis zu 15 Proc. ja selbst noch höher steigen, und wir sind durch mancherlei Erfahrungen aus der Praxis veranlaſst zu glauben, daſs solche colossale Abweichungen gelegentlich wirklich vorgekommen sind. Die Gantter'sche Methode bietet, wie diese Betrachtungen für Eichenrinden gezeigt haben, eine wesentlich gröſsere Sicherheit. Sie ist viel leichter einzuüben sowie auch leichter gleichmäſsig zu handhaben, und man riskirt bei derselben lange nicht so groſse Abweichungen, wie sie durch ungleichmäſsige Arbeit bei der Löwenthal'schen Methode entstehen können. Sie empfiehlt sich daher, wo sie überhaupt anwendbar ist, als Ersatz der letzteren namentlich für solche Laboratorien, die Gerbstoffbestimmungen nur gelegentlich ausführen. Wo man sich dagegen auf die Löwenthal'sche Methode wirklich gut eingeübt hat, wird das Gantter'sche Verfahren keinen wesentlichen praktischen Nutzen bringen, denn bei hochgradigen Objekten wie gerbstoffreichen Extracten u.s.w. greift man so wie so lieber zur indirekt gewichtsanalytischen Methode. Unserem Dafürhalten nach wäre es am richtigsten, in der Praxis der Gerbmaterialuntersuchungen die Zahlen der Gewichtsmethode als allein maſsgebend gelten zu lassen, und dabei müſste es dem Urtheile und Geschicke eines jeden Chemikers überlassen bleiben, ob er diese Zahlen im Einzelfalle direkt mit der Gewichtsmethode oder mit Hilfe der Löwenthal'schen oder Gantter'schen Methode feststellen will. Im Streitfalle würde dann aber immer die Gewichtsmethode entscheidend sein, und die Anwendung einer der beiden Titrirmethoden müſste, bei nachgewiesenen praktisch ins Gewicht fallenden Differenzen, als Ausrede nicht gelten dürfen. Die Resultate, die wir bei den übrigen Gerbmaterialien erhielten und auf die wir uns vorstehend schon mehrfach bezogen haben, sind aus der nachfolgenden Tabelle (S. 376) im Einzelnen zu ersehen. Aus der Tabelle ergibt sich bestimmt, daſs man keineswegs durchgehend annähernd dieselben Werthe erhält wie nach der Gewichtsmethode. Die Ergebnisse sind daher ebenso wie die Löwenthal'schen Zahlen nur relative Werthe, die für verschiedene Gerbmaterialien nur unter Anwendung von Reductionsfactoren verglichen werden dürfen. Auch bei Untersuchungen von Gemischen verschiedener Gerbstoffe ist dieser lediglich relative Werth der Titrirresultate nie auſser Acht zu lassen, da man sonst leicht in die Lage kommen kann, Schlüsse zu ziehen, die jeden Sinnes entbehren. Aus der Tabelle geht aber weiter auch hervor, daſs man unter Bezeichnung 1 2 3 4 5 6 GerbstoffgehalteProc. Factoren 1 : 2 Gewichtszahlenmit Mittel-factor berechnet Unter 5mehr (+) oderweniger (–)berechnet alsunter 1 gefunden Gewichts-methode nach Gantter Mittel Fichtenrinden   9,7418,42   9,5518,45 1,0200,998 1,009   9,6418,62 – 0,10+ 0,20 Valoneen 21,7524,5025,6430,7830,8532,3634,54 17,7518,8020,0023,9325,1425,4326,71 1,2251,3031,2821,2861,2271,2591,293 1,268 22,5123,8425,3630,3431,8832,2533,87 + 0,76– 0,66– 0,28– 0,44+ 1,03– 0,11– 0,67 Eichenholzextracte 22,8325,58 17,9720,45 1,2701,251 1,261 22,6625,78 – 0,17+ 0,20 Dividivi 40,0742,2149,21 33,6435,2140,09 1,1911,1991,227 1,206 40,5742,5648,35 + 0,50+ 0,35– 0,86 Knoppern 24,0832,7835,29 20,8628,2130,64 1,1541,1621,152 1,156 24,1132,6135,42 + 0,03– 0,40+ 0,13 Algarobilla 42,2142,7843,64 36,2937,2937,71 1,1631,1471,157 1,154 41,8843,0343,52 – 0,33+ 0,25–0,12 Myrobalanen 31,1539,00 27,8633,43 1,1181,167 1,143 31,8438,21 + 0,69– 0,19 Sumach 28,7829,1529,86 25,3625,4326,29 1,1351,1461,136 1,139 28,8928,9629,94 + 0,11– 0,19+ 0,08 Mimosenrinden 23,9040,90 29,2049,57 0,8180,825 0,822 24,0040,75 + 0,10– 0,15 Quebrachoholz Teigförmige Que-     brachoextracte Feste Quebracho-     extracte 25,3047,8048,5749,7768,8069,8372,75 33,2062,7761,0562,2388,3886,3396,00 0,7620,7620,7970,8000,7780,8090,758 0,781 25,9349,0247,6848,6069,0267,4274,98 + 0,63+ 1,22– 0,89–1,17+ 0,22– 2,41+ 2,23 Anwendung von Reductionsfactoren die Gantter'sche Methode zur Untersuchung von Gerbmaterialien gut gebrauchen kann. Man wird mit derselben namentlich bei hochgradigen Substanzen zu genaueren Resultaten kommen als mit der Löwenthal'schen Methode. Bei festen Quebrachoextracten wäre eine Uebereinstimmung auf 2 bis 3 Proc. nach Löwenthal'scher Methode schon ein sehr gutes Resultat, das eine sachgemäſse Handhabung der Methode voraussetzt. Wir ziehen es allerdings vor, bei gerbstoffreichen Extracten u. dgl. vom Titriren ganz abzusehen und in solchen Fällen die Gewichtsmethode selbst anzuwenden. Mit dieser wird man unseren Erfahrungen nach auch stets schärfere Resultate erhalten, als nach Gantter's Verfahren. Was den Einwand Procter's bezüglich der löslichen Hautbestandtheile anbetrifft, so kann unserem Dafürhalten nach hierin eine wesentliche Fehlerquelle für die Gantter'sche Methode nicht liegen, so lange man mit gutem Hautpulver arbeitet. Da aber schlechte Hautpulversorten mit übermäſsig viel in Wasser löslichen Bestandtheilen nicht selten vorkommen und diese letzteren natürlich, wie alle anderen gelösten organischen Stoffe, beim Gantter'schen Verfahren mitoxydirt werden, so wird man immer gut thun, das zu benutzende Hautpulver vorher durch einen blinden Versuch auf seine Brauchbarkeit zu prüfen. Bei der Löwenthal'schen Methode braucht man bezüglich der Qualität des Hautpulvers keine sehr hohen Anforderungen zu stellen. Zum Schluſs möchten wir noch hervorheben, daſs wir unseren in der letzten Tabelle mitgetheilten durchschnittlichen Reductionsfactoren selbst keinen all zu hohen Werth beimessen. Man wird, wenn man sich mit der Gantter'schen Methode mehr einübt, dieselbe ohne Zweifel auch noch sicherer zu handhaben lernen. Unsere Analysen genügen aber jedenfalls, um zu zeigen, wie abweichend das Verhalten der verschiedenen Gerbmaterialien sich herausstellt, und wenn man hier die Extreme, das Quebrachoholz einerseits und die Valoneen andererseits, mit den Eichen- und Fichtenrinden vergleicht, so wird man sich wohl nicht dafür erwärmen können, diese direkten Gantter'schen Titrirergebnisse ohne Umrechnung in vergleichbare Zahlen in die Praxis einzuführen.