Titel: Neuere Verfahren und Apparate für Zuckerfabriken.
Fundstelle: Band 278, Jahrgang 1890, S. 323
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Neuere Verfahren und Apparate für Zuckerfabriken. (Fortsetzung des Berichtes S. 181 d. Bd.) Neuere Verfahren und Apparate für Zuckerfabriken. Untersuchung von Zucker und Melasse, die mehr als 1 Proc. Die Herzfeld'sche Tabelle reicht bis 1,5 Proc. Invertzuckergehalt herauf, man könnte dieselbe also bis dahin auch benutzen, Meissl reicht bis 1 Proc., herunter. Invertzucker enthalten. Für die Untersuchung solcher Producte hat Meissl früher eine Tabelle aufgestellt, welche jedoch nicht auf den Fall der Anwesenheit sehr groſser Mengen Invertzucker ausgedehnt ist, sondern mit dem Verhältniſs 90 Zucker zu 10 Invertzucker abschlieſst. Im Vereinslaboratorium ist seine Tabelle von Dr. Hiller auch für die Bestimmung gröſserer Invertzucker mengen wie folgt erweitert worden. Zum Gebrauch der Tabelle werden genau 50cc von der Lösung der Substanz verwendet, deren anzuwendende Menge man nach der Vorschrift der Anlage B der Ausführungsbestimmungen leicht ermitteln kann, welche also lautet: „Man muſs, da für 10g Substanz hier die Fehling'sche Lösung nicht ausreichen würde, erst ausprobiren, welche Substanzmenge genommen werden darf. Es geschieht dies am bequemsten, indem man 10g Syrup zu 100cc löst, in mehrere Reagensgläser je 5cc Fehling'sche Lösung bringt und successive je 8, 6, 4, 2cc der Syruplösung in die einzelnen Reagensgläser mit Fehling'scher Lösung aus einer graduirten Pipette laufen läſst, bis schlieſslich derjenige Punkt erreicht ist, wo die Fehling'sche. Lösung nicht mehr entfärbt wird. Ist dies beispielsweise bei 6cc der Fall, so verwendet man 6g Substanz zur Analyse; bei 4cc 4g Substanz u.s.w.“ Tabelle von Hiller zur Bestimmung von mehr als 1 Proc. Invertzucker im Zucker. R : J J =200mg 175mg 150mg 125mg 100mg 75mg 50mg   0 : 100 56,4 55,4 54,5 53,8 53,2 53,0 53,0 10 :   90 56,3 55,3 54,4 53,8 53,2 52,9 52,9 20 :   80 56,2 55,2 54,3 53,7 53,2 52,7 52,7 30 :   70 56,1 55,1 54,2 53,7 53,2 52,6 52,6 40 :   60 55,9 55,0 54,1 53,6 53,1 52,5 52,4 50 :   50 55,7 54,9 54,0 53,5 53,1 52,3 52,2 60 :   40 55,6 54,7 53,8 53,2 52,8 52,1 51,9 70 :   30 55,5 54,5 53,5 52,9 52,5 51,9 51,6 80 :   20 55,4 54,3 53,3 52,7 52,2 51,7 51,3 90 :   10 54,6 53,6 53,1 52,6 52,1 51,6 51,2 91 :     9 54,1 53,6 52,6 52,1 51,6 51,2 50,7 92 :     8 53,6 53,1 52,1 51,6 51,2 50,7 50,3 93 :     7 53,6 53,1 52,1 51,2 50,7 50,3 49,8 94 :     6 53,1 52,6 51,6 50,7 50,3 49,8 48,9 95 :     5 52,6 52,1 51,2 50,3 49,4 48,9 48,5 96 :     4 52,1 51,2 50,7 49,8 48,9 47,7 46,9 97 :     3 50,7 50,3 49,8 48,9 47,7 46,2 45,1 98 :     2 49,9 48,9 48,5 47,3 45,8 43,3 40,0 99 :     1 47,7 47,3 46,5 45,1 43,3 41,2 38,1 Zur Lösung der Substanz werden 50cc Fehling'sche Lösung gesetzt und nach der Herzfeld'schen Vorschrift 2 Minuten im Sieden erhalten. Die Art der Berechnung des Resultats ergibt sich aus folgender Betrachtung: Die Menge des Invertzuckers kann angenähert =\frac{Cu}{2} angenommen werden, es ist also in p Gramm Substanz \frac{Cu}{2} Gramm Invertzucker vorhanden, in 100 Gramm J=\frac{100\,\frac{Cu}{2}}{p} Die Substanz enthält auſserdem nach Maſsgabe der Polarisation P Gramm Rohrzucker, also Gesammtzucker R+J=P\frac{100\,\frac{Cu}{1}}{p} Es ist demnach auf P+\frac{100\,\frac{Cu}{2}}{p} Gesammtzucker \frac{100\,\frac{Cu}{2}}{p} Invertzucker vorhanden, auf 1g Gesammtzucker \frac{100\,\frac{Cu}{2}}{p\,.\,P+100\,\frac{Cu}{2}} Invertzucker auf 100g Gesammtzucker \frac{100\,\frac{Cu}{2}\,.\,100}{p\,.\,P+100\,\frac{Cu}{2}} Invertzucker. Der Gehalt an Rohrzucker ist die Differenz zwischen 100 und dem Invertzuckergehalt, es ist demnach das Verhältniſs von Rohrzucker zu Invertzucker bekannt und man hat nur in der Tabelle den für dieses Verhältniſs und die betreffende annähernde Menge Invertzucker bestimmten Factor nachzusehen. Diesen Factor F setzt man dann in die Gleichung J=\frac{Cu}{p}.F ein und man hat den genauen Procentgehalt an Invertzucker in der zu untersuchenden Substanz. Arbeitsvorschrift für die Inversionsmethode. Es wird das halbe Normalgewicht (138,024) abgewogen und unter Zusatz von 75cc Wasser im 100-Kolben gelöst. Darauf werden unter Umschütteln 5cc Salzsäure von 38,8 Proc. HCl-Gehalt (1,188 spec. Gew.) zugesetzt, möglichst schnell in einem etwas über 70° C. warmen Wasserbad auf 67 bis 70° angewärmt, wozu etwa 2 bis 3 Minuten erforderlich sind, und darauf unter Umschwenken des Kolbens 5 Minuten die Temperatur auf 67 bis 70° C., dabei aber nach Möglichkeit immer auf 69° erhalten. Dann wird rasch abgekühlt, zur Marke mit destillirtem Wasser aufgefüllt, event. geklärt, und in Glasröhren mit Wassermantel in bekannter Weise die Beobachtung der Linksdrehung ausgeführt, indem man vor und nach jeder Ablesung das Thermometer einige Minuten in den Tubus des Rohres einführt, um die Temperatur der Flüssigkeit zu ermitteln. Endlich ist auch ein Tarif für Untersuchungen von Zuckern, Syrupen, Füllmassen u.s.w. nach den Ausführungsbestimmungen zum Zuckersteuergesetze vom 9. Juli 1887 unter Berücksichtigung der ergänzenden Nachtragsbestimmungen (a. a. O. S. 452) hinzugefügt. Ein Verfahren zur Reindarstellung von unvergährbarem krystallisirtem Zucker bezieh. einem dem Gummi arabicum ähnlichen Klebstoff aus Kleie und anderen Getreideabfällen lieſsen sich Dr. E. Steiger in Unterstraſs-Zürich, Dr. E. Schulze in Hottingen-Zürich und R. Auer-Schollenberger in Unterstraſs-Zürich patentiren (D. R. P. Kl. 89 Nr. 51943 vom 13. August 1889). Grundlage des neuen Verfahrens bildet die von den Erfindern gemachte Entdeckung, daſs in der Kleie und anderen bei der Verarbeitung der Getreidearten (Cerealien) sich ergebenden Abfällen eine bis dahin noch nicht beschriebene und nicht zur Verwerthung gelangte Substanz sich vorfindet, welche zu den Kohlehydraten gehört und von den Erfindern Metaraban genannt wird. Das Metaraban zeigt folgende Eigenschaften: Es ist unlöslich in kaltem und heiſsem Wasser, in kalten verdünnten Mineralsäuren, in kalter 1 proc. Alkalilauge, in warmem verdünntem Ammoniak, in Kupferoxydammoniak, in Verdauungsflüssigkeiten und in Diastaselösung. Beim Erhitzen mit Phloroglucin und Salzsäure gibt es eine rothe Flüssigkeit. Beim Erhitzen mit verdünnten Mineralsäuren sowie mit Alkalien oder alkalischen Erden geht es in Lösung, wobei es indessen eine Umwandlung erleidet. Die bei Einwirkung von Kalkmilch entstehende Lösung gibt auf Zusatz von Salzsäure und Alkohol eine starke Fällung. Das gefällte Product, durch wiederholtes Auflösen in Wasser und Wiederausfällen mit Weingeist gereinigt und sodann über Schwefelsäure getrocknet, bildet eine weiſse zerreibliche Masse, welche in Wasser aufquillt und dann nach und nach in Lösung geht. Die Lösung zeigt im Polarisationsapparate schwache Linksdrehung. Bei der Oxydation mittels Salpetersäure liefert das Metaraban keine Schleimsäure. Durch diesen Umstand, sowie durch seine Unlöslichkeit in kaltem und heiſsem Wasser, sowie in kalter verdünnter Alkalilauge unterscheidet es sich von den mit ihm verwandten Kohlehydraten, so z.B. von der Metaarabinsäure, vom Bassorin, vom Kirsch- und Pflaumengummi u.s.w. Das Metaraban liefert beim Erhitzen mit verdünnter Säure durch Hefe nicht vergährbaren krystallisirbaren Zucker; durch Behandeln mit Alkalien oder alkalischen Erden in der Hitze aber kann es in einen dem Gummi arabicum ähnlichen Klebstoff übergeführt werden. Um aber diese Producte rein und frei von anderen löslichen und vergährungsfähigen Stoffen herzustellen, ist es nöthig, die metarabanhaltige Zellschicht von den übrigen in der Kleie enthaltenen Stoffen zu befreien, da die Gegenwart derselben den Zucker färben und unkrystallisirbar machen, den Klebstoff aber zum Mindesten verunreinigen und seine Lösungen der Gefahr der Gährung aussetzen würde. Ferner muſs bei der Ueberführung des Metarabans in Zucker bezieh. Klebstoff der umschlieſsende Zellstoff unverändert bleiben, damit nicht seine Zersetzungsproducte diese Stoffe verunreinigen. Um dies zu erreichen, werden die specifischen Eigenschaften des Metarabans, sich mechanisch von der Zellschicht nicht trennen zu lassen, in der Kälte durch schwache Säuren oder Alkalien oder alkalische Erden oder kochende Ammoniak- oder Kochsalzlösung nicht angegriffen zu werden, in der Hitze dagegen durch schwache Säuren, fixe Alkalien oder alkalische Erden, welche den Zellstoff selbst nicht angreifen, in lösliche Formen übergeführt zu werden, benutzt. Man verfährt nämlich in folgender systematischer Weise: Die Kleie wird zunächst durch Auswaschen mittels kalten oder mäſsig warmen Wassers, indem man mechanische Vorrichtungen zu Hilfe nimmt, von Stärkemehl befreit. Sodann erhitzt man sie zur Entfernung der Proteïnstoffe und anderer Nebenbestandtheile etwa 3 Stunden lang mit einer ungefähr 1 procentigen Lösung von Ammoniak oder von Kochsalz. Die zurückbleibende metarabanhaltige Zellschicht wird hierauf von der Flüssigkeit abgepreſst und gut ausgelaugt, so daſs sie völlig frei von der den späteren Prozeſs störenden Ammoniak- oder Kochsalzlauge, sowie von den in Lösung gegangenen Nebenbestandtheilen ist. Die auf diese Weise genügend von den anderen Stoffen befreite metarabanhaltige Zellschicht wird hierauf mit verdünnter, aber mindestens 1- bis 2procentiger Schwefelsäure ungefähr 6 Stunden lang gekocht; hierdurch wird das Metaraban von der Zellschicht abgelöst und in Zucker übergeführt. Der rückständige Zellstoff wird von der Lösung abgepreſst, letztere aber mit kohlensaurem Kalk neutralisirt, mit Thierkohle entfärbt und eingedampft. Aus der concentrirten Lösung krystallisirt alsdann weiſser unvergährbarer Zucker aus. Um aus der Zellschicht das Metaraban in Form von Klebstoff abzuscheiden, erhitzt man mit Kalkmilch oder verdünnter etwa 1procentiger Alkalilauge unter Druck. Die erhaltene Lösung wird von der Zellschicht abgepreſst, neutralisirt, durch Eintragen von Bleioxydhydrat oder durch Zusatz von Kalkmilch und nachheriges Einleiten von Kohlensäure oder in anderer Weise entfärbt und hierauf eingedampft. Der sich ergebende Körper, welcher auch aus der concentrirten Lösung durch Weingeist ausgefällt werden kann, ist dem Gummi arabicum ähnlich und besitzt sehr groſse Klebkraft. Die beim Kochen der von Stärkemehl befreiten Kleie mit Ammoniaklösung erhaltene Flüssigkeit kann mit Phosphorsäure neutralisirt und eingedampft werden. Man erhält alsdann ein phosphorsäurehaltiges Futtermehl von hoher Nährkraft. Die nach dem Abscheiden des Metarabans zurückbleibende Zellschicht kann auf Papier verarbeitet werden. Patentanspruch. Systematisches Verfahren zur Reindarstellung von durch Hefe nicht vergährbarem krystallisirten Zucker, sowie einem dem Gummi arabicum ähnlichen Klebstoff aus Kleie und anderen beim Verarbeiten von Getreide sich ergebenden Abfällen, darin bestehend, daſs man die Kleie oder dergleichen zuerst durch Auswaschen mit Wasser vom anhaftenden Stärkemehl befreit, dann mit einer Ammoniak- oder Kochsalzlösung kocht und endlich die von der Flüssigkeit abgepreſste und vollständig ausgelaugte metarabanhaltige Zellschicht zur Darstellung des Zuckers mit einer mindestens 1- bis 2procentigen Schwefelsäure, zur Darstellung des Klebstoffes aber mit einer alkalischen oder erdalkalischen Lauge kocht, die sich ergebenden Lösungen vom Zellstoff abpreſst, neutralisirt, klärt und eindampft. Ueber die alkoholische Gährung des Invertzuckers. Nach U. Gayon und E. Dubourg (Sucrerie indigène, Bd. 35 Nr. 17 S. 419). Wenn man die alkoholische Gährung des Invertzuckers mit dem Polarisationsinstrument verfolgt, so findet man bei den gewöhnlichen Hefen, daſs die anfängliche Linksdrehung der Flüssigkeit zunimmt, ein Maximum erreicht, dann nach und nach bis Null abnimmt (Dubrunfaut, Soubeiran, Maumené, Bourquelot). Dies kommt daher, daſs die beiden, den Invertzucker zusammensetzenden Zucker ungleich vergähren, indem mehr Glucose als Lävulose zerstört wird. Die meisten aus den gewerblichen Hefen hervorgegangenen reinen Fermentarten verhalten sich gleich. Wenn man das Verhältniſs zwischen der polarimetrischen Drehung und der Gesammtmenge des vergohrenen Zuckers graphisch darstellt, so erhält man eine parabolische Curve, deren Gestalt für ein und dieselbe Hefe unter denselben Bedingungen constant, dagegen für die verschiedenen Arten in ziemlich weiten Grenzen wechselnd ist. Die folgende Tabelle zeigt das Maſs der Abweichungen, wie sie verschiedene, bei 25° cultivirte Hefen ergeben haben: Bezeichnung der Hefen AnfänglicheLinks-drehung inPolarisations-graden HöchsteLinks-drehung inPolarisations-graden HöchsteZunahmederDrehung   1) R. Nicht invertirende Hefe 100 103   3   2) M. Bierhefe, invertirend 100 105   5   3) P. Saccharomyces pastorianus, in-vertirend 100 107   7   4) C. Oberhefe, invertirend 100 108   8   5) H. Invertirende Hefe 100 110 10   6) A. Invertirende Hefe 100 112 12   7) B. Bierhefe, invertirend 100 122 22   8) Z. Invertirende Hefe 100 125 25   9) Mycohefe von Duclaux, nicht in-vertirend 100 129 29 10) Mucor alternans, nicht invertirend 100 165 65 Bei der Mucorhefe verschwindet die Glucose viel rascher als die Lävulose, während z.B. bei der Hefe R beide Zucker ziemlich gleichmäſsig vergähren. Die mit dieser Hefe erhaltenen Curven sind also mehr oder weniger flach, haben aber alle gleich gerichtete Krümmungen und die Drehung ist immer links. Sie werden wenig durch Temperatur, Concentration, Säuren und andere Umstände beeinfluſst. Es gibt andere Hefenarten, die, anders wie die bezeichneten, die Lävulose rascher als die Glucose vergähren lassen. Wenn sie auf Invertzucker einwirken, so nimmt die anfängliche Linksdrehung rasch ab, wird Null, dann rechts, erreicht ein Rechtsmaximum, wird wieder Null, ohne nach links zu gehen. Die entsprechenden Curven sind ebenfalls parabolisch, aber umgekehrt wie die vorhergehenden gekrümmt. Man kennt augenblicklich vier Hefen, welchen diese neue Eigenschaft zukommt; eine der kräftigsten ist eine Art Saccharomyces exiguus, und invertirend. In einer nährfähigen Lösung im Invertzucker ergab sie bei 25° Dauerdes VersuchesStunden Drehung inPolarisations-graden NichtvergohrenerGesammtzuckerg im 1 NichtvergohreneGlucoseg im 1 NichtvergohreneLävuloseg im 1   0 – 190 102,0 51,0 51,0 24 – 154   97,1 51,0 46,1 34 –   53   79,4 46,7 32,7 48 +   38   61,3 43,0 18,3 58 +   61   38,1 28,9   9,2 72 +   57   26,3 21,2   5,1 82 +   20   10,9   8,4   2,5 96        0     0,0   0,0    0,0. Diese Hefen sind also in ihrer Auswahl bei der Gährung gerade den schon bekannten entgegengesetzt; sie werden auch viel stärker durch die Temperaturunterschiede und durch die Zusammensetzung des Nährmittels beeinfluſst. Wenn man die Anfangsdrehung 100 nennt und die bezüglichen Drehungen hierauf berechnet, so findet man für die höchsten Drehungen bei den vorstehenden Versuchen folgende Zahlen: Invert-zuckergehalt AnfänglicherSäuregehalt Gährungs-temperatur höchsteRechtsdrehung     10 Proc. 0,0 102540   81  41    8     10   „ 2,4 25   23     25   „ 0,0 102540 12310273     25   „ 2,4 25 104 Aus diesen Untersuchungen folgt, daſs die Alkoholhefen nicht allein in der Gestalt, der Wirkung auf Rohrzucker, der Kraft der Fermentthätigkeit, sondern auch in ihrer Wirkung auf die Bestandtheile des Invertzuckers verschieden sind. Diese neuen Eigenschaften erklären gewisse Anomalien in den Drehungsgröſsen der gegohrenen Getränke und bei der Analyse der Rohzucker und der Melasse. Die Handelsuntersuchung der Melassen auf Zucker und Raffinose nach der Lindet'schen anstatt nach der Clerget'schen Inversionsmethode ist von H. Courtonne empfohlen und gleichzeitig die Lindet'sche Methode noch etwas vereinfacht worden (Sucrerie indigène, Bd. 35 Nr. 17 S. 430). Die Lindet'sche Methode hat das Bemerkenswerthe, daſs man sich weder um die Säuremenge, noch um die zur Inversion erforderliche Zeit zu kümmern braucht, weil die Einwirkung der Säure auf den Rohrzucker und die Raffinose genau mit der Inversion aufhört und niemals über dieselbe hinausgeht, mögen die Säuremenge und die Erhitzungsdauer auch noch so groſs sein. Lindet's Arbeitsweise ist folgende: 16g,20 (oder ein Vielfaches dieser Menge) vom Zucker oder der Melasse werden abgewogen, in Wasser gelöst, mit Bleiessig geschieden, zu 100cc (oder einem Vielfachen) aufgefüllt und polarisirt: Direkte Ablesung (A). 20cc der filtrirten Lösung werden in ein Kölbchen von etwa 50cc gebracht, worin sich genau abgewogen 5g Zinkstaub befindet; das Kölbchen wird in das Wasser oder den Dampf eines kochend erhaltenen Wasserbades eingehängt, und nach und nach in 4 oder 5 Antheilen, etwa in Zwischenräumen von 5 Minuten, 10cc verdünnte, d.h. also 5cc concentrirte Salzsäure zugesetzt. Einige Minuten nach dem letzten Zusatz kühlt man ab, gieſst die Flüssigkeit auf ein sehr kleines glattes Filter ab, welches auf einem auf 50cc gemessenen Gläschen steht, wäscht mehrmals mit sehr wenig Wasser das unangegriffene Zink aus, bis man genau 50cc bei 20° erhält. Nun wird polarisirt, und die Ablesung mit 2,5 multiplicirt gibt die auf die reine Lösung bezogene Inversionsablesung. Die von Courtonne etwas vereinfachte Arbeitsweise ist folgende: Man wägt 2- oder 3mal das Normalgewicht (16g,20) Zucker oder Melasse ab und löst in Wasser zu 200 oder 300cc ohne Bleiessigzusatz. Um nun die direkte Ablesung (A) zu erhalten, nimmt man eine bestimmte Menge der Lösung ab (50 oder 100cc), setzt 1/10 Bleiessig zu, mischt, filtrirt, beobachtet und vermehrt die Ablesung um 1/10. Um die Inversionspolarisation (B) zu erhalten, nimmt man 20cc der ursprünglichen Lösung (ohne Bleiessig) ab, bringt sie in ein 50cc-Gläschen, fügt 5g Zinkpulver zu, erhitzt wie oben gesagt im kochenden Wasserbade, fügt die Säure in beliebig kurzen Zwischenräumen zu, wobei nur darauf zu achten ist, daſs die Flüssigkeit nicht überschäumt. Dann wird abgekühlt, auf 50cc aufgefüllt, filtrirt und polarisirt. Da das Volumen des nicht angegriffenen Zinkes ½cc beträgt, so ist die abgelesene Zahl mit 2,475 zu multipliciren, um die Inversionsablesung B für die reine Flüssigkeit zu finden. Ist nun A die direkte Ablesung, B die Ablesung nach der Inversion, C die Summe beider, so findet man die Saccharose S und die Raffinose R in dem untersuchten Product durch die Clerget'schen Formeln S=\frac{C-0,489\,A}{0,81}\,R=\frac{A-S}{1,54}. Die so invertirten Lösungen sind farblos, es ist also keine Knochenkohle erforderlich und die Ablesung fällt genau aus. Eine Centrifuge zum Ausschleudern von Zuckerbroden in Hutform lieſsen sich Carl Steffen (Wien) und die Firma Langen und Hundhausen (Grevenbroich) patentiren (D. R. P. Kl. 89, Nr. 49120 vom 16. Juni 1889). Bei den bekannten Centrifugen zum Ausschleudern von Zuckerbroden sind die Brodformen mit ihrer Spitze gegen die Lauftrommel gestellt, so daſs bei einem bestimmten Durchmesser derselben nur eine relativ kleine Anzahl von Brodformen verwendet werden kann, was den Uebelstand im Gefolge hat, daſs solche Centrifugen im Verhältniſs zu ihrer Leistung an fertig geschleuderten Broden theure Anlagen sind. Die vorliegende Centrifuge ermöglicht durch die neue Einrichtung, nach welcher die Brodformen mit ihren Spitzen nicht mehr auf die Lauftrommel aufgestellt sind und sich im Innern der Lauftrommel befinden, sondern in Einstecköffnungen der gitterartig durchbrochenen Lauftrommel hineingesteckt werden, in welchen sie Halt finden und sich so in dem Raume zwischen der Lauftrommel und dem äuſseren festen Mantel derselben befinden, eine möglichst groſse Ausnutzung des Umfanges der Lauftrommel zum Unterbringen von Hutformen: hierdurch wird also die Leistungsfähigkeit einer Centrifuge gegenüber den bisherigen Constructionen auſserordentlich erhöht. Der Patentanspruch lautet: Bei Zuckerhutbrodcentrifugen die Construction der Lauftrommel derart, daſs die auszuschleudernden Hutformen durch Oeffnungen in der Lauftrommelwand hindurchgeschoben sind und in diesen Einschieböffnungen ihre Auflage finden, so daſs diese gitterartig durchbrochene Centrifugentrommel das Gewicht der Zuckerformen aufnimmt, und der durch die Trommelwand hindurchtretende Theil der Brodformen sich in dem Raum zwischen der Lauftrommelwand und dem äuſseren festen Mantel der Centrifuge befindet. Die Handelsgesellschaft Drost und Schulz (Breslau) lieſs sich ein Verfahren zur Herstellung von Krystallzucker in Rohzuckerfabriken mittels Centrifugen und Neuerung an letzteren patentiren (Oesterreich. Patent Nr. 50100 vom 15. November 1888 an). Als Deckmittel dient filtrirter roher Rübenrohdicksaft, welcher im Vacuumverdampfapparate so weit (auf das specifische Gewicht von etwa 1,325) eingedampft ist, daſs er bei der Concentration und Temperatur seiner Verwendung weder Krystalle absetzt, noch von dem zu deckenden Zucker auflöst; der Zucker wird beim Decken erwärmt, um das Ausschleudern des Deckmittels zu erleichtern. An der Auſsenseite des Mantels der Centrifuge wird als Syrupsprober eine mit Auslauf versehene Auffangetasche angeordnet, deren Auffangeöffnung einer Oeffnung im Centrifugenmantel entspricht und durch Drehen abgesperrt werden kann, sowie ein zugehöriger Auffangtrichter, welcher den aus der Auffangetasche ablaufenden Syrup in den Innenraum des Mantels zurückführt. Eine Einrichtung von Zuckercentrifugen zum systematischen Decken von Zuckermassen wurde für Friedrich Demmin (Berlin) im Deutschen Reiche vom 13. Februar 1889 ab (D. R. P. Nr. 50412) patentirt. Diese Erfindung bezweckt die Durchführung der systematischen Deckung von Zuckermassen in Centrifugen unter Anwendung von Luftdruck oder einer Pumpvorrichtung für die Zuführung der Decksyrupe zur Zuckermasse (bezieh. für die Abführung der Decksyrupe aus der Centrifuge) behufs Ausdeckens von Zuckermassen mit möglichst geringem Aufwände von frischer Deckkläre und in möglichst geringer Zeitdauer. Bei dem bisherigen systematischen Decken von Zuckermassen in Centrifugen, mögen sie aus gekochter Füllmasse oder aus mit Syrup eingemaischtem Rohzucker bestehen, könnte man das systematische Decken in der Regel über eine einmalige Wiederverwendung der Deckkläre nicht ausdehnen, da das hierbei bisher als bekannt in Anwendung kommende Aufsammeln des aus der Centrifuge ablaufenden Decksyrups in besondern Gefäſsen (Eimern) und Zurückentleeren derselben in die Centrifugentrommel schon bei der einmaligen Wiederverwendung der Deckkläre ein beschwerlicher und auch unreinlicher Arbeitsvorgang ist. Mit den neuen Einrichtungen hingegen läſst sich die Wiederverwendung der Deckkläre ohne jede Schwierigkeit im Betriebe ganz beliebig ausdehnen, und zwar auch so lange fortsetzen, bis schlieſslich ein Ablaufsyrup erhalten wird, welcher in seiner Beschaffenheit dem an den Zuckerkrystallen ursprünglich anhaftenden Syrup nahezu gleichkommt. Die eingangs erwähnten Zwecke werden hierbei dadurch erreicht, daſs die aus der Centrifuge abflieſsenden Decksyrupe während der Bewegung der Centrifugentrommel in einem hierfür geeigneten Apparat in einer Anzahl einzelner Portionen, von einander getrennt, aufgesammelt werden, so daſs dieselben bei den folgenden Schleuderungen während der Bewegung der Centrifuge in derselben Reihenfolge der Zuckermasse wieder zugeführt werden können. Erhält hierbei der Apparat die erforderliche Anzahl Abtheilungen (Kammern), so kann die Wiederverwendung der Deckkläre als Decksyrup ohne jegliche Schwierigkeiten im Betriebe in der Weise fortgesetzt werden, daſs der Zuckermasse in der Centrifuge zuerst ein Syrup zugeführt wird, welcher in seiner Beschaffenheit dem an den Zuckerkrystallen noch anhaftenden Syrup nahezu entspricht, während hierauf aus dem Apparat immer bessere Syrupe in die Centrifuge gelangen und durch die Zuckermasse hindurchgeschleudert werden, wobei der an den Zuckerkrystallen haften bleibende Syrup immer reiner wird. Zur Durchführung dieser Arbeitsweise kann die relative Anzahl der Wechselgefäſse und Centrifugen, welche man unter einander verbindet, nach Belieben wechseln. Bei Behandlung schlechterer Zuckermassen, bei welcher also die zur Anwendung kommende Deckkläre die Zuckermasse bei einer ganzen Reihe von Schleuderungen passiren soll, kann es erforderlich sein, den bei einer jeden Schleuderung immer unreiner werdenden Decksyrup in einem solchen Zustande zu erhalten, daſs er noch leicht durch die Zuckermasse hindurchcentrifugirt. Dies kann durch zwei Umstände behindert werden. Erstens läſst sich der bei einem vielfachen Gebrauch immer unreiner und somit zähflüssiger werdende Decksyrup durch die Zuckermasse nur dann noch leicht hindurchschleudern, wenn er auf einer geeigneten und nicht zu niedrigen Temperatur gehalten wird. Andererseits tritt es bei Behandlung gemaischter (im Besonderen feinkörniger) Zuckermassen zuweilen auf, daſs mit dem Decksyrup gleichzeitig feine Zuckerkrystalle durch die Lochungen der Centrifugensiebe hindurchschleudern und dann den Decksyrup dickflüssig oder gar breiartig werden lassen. Wird bei Ausübung der beschriebenen Arbeitsweise gleichzeitig in bekannter Weise Wasserdampf in die Centrifugentrommel oder ihren Mantel zugeführt, so kann der Decksyrup auch hierdurch auf der geeigneten Temperatur erhalten bleiben. Diese Zuführung von Wasserdampf ist aber nicht immer und namentlich dann nicht statthaft, wenn ein Auflösen von Zucker oder eine Verdünnung des Decksyrups vermieden werden soll. Die Erwärmung kann entweder durch Dampf (Retourdampf) oder heiſses Wasser erfolgen, und es läſst sich bei dieser Anordnung unter Anwendung eines entsprechend angebrachten Thermometers stets leicht und bequem die gewünschte Temperatur einhalten. Der Eintritt für das Wärmemittel erfolgt durch einen Stutzen, während für den Abfluſs ein anderer Stutzen dient. Damit keine Wärme verloren geht, kann der umschlieſsende Mantel eine Bekleidung von Holz oder sonstigem Wärmeschutzmaterial erhalten. Um das erwähnte Hindurchschleudern von feinen Zuckerkrystallen bei Behandlung von feinkörnigem, mit Syrup eingemaischtem Rohzucker nach der beschriebenen Arbeitsweise mit Sicherheit zu verhindern, können an Stelle der einfachen Centrifugensiebe combinirte Siebe in Anwendung kommen, indem man zwei oder mehr von den gewöhnlichen, fein gelochten Centrifugensieben mit Zwischenlagen von Filtermaterial anwendet. Bei Ausführung der Erfindung wird also unter Anwendung von comprimirter Luft oder einer Pumpvorrichtung der bei einer Schleuderung ablaufende Decksyrup der nächsten zur Schleuderung kommenden Zuckermasse wieder zugeführt. Gibt man dem Wechselgefäſs die genügende Anzahl Kammern, so kann diese Zuführung so lange fortgesetzt werden, als ein rationeller Betrieb es überhaupt vortheilhaft erscheinen läſst. Da nun aber bei dieser Arbeitsweise der bei der einen Schleuderung ablaufende Decksyrup in systematisch immer zunehmender Reinheit in den Kammern des Wechselgefäſses aufgesammelt und der nächsten zur Schleuderung kommenden Zuckermasse in gleicher Reihenfolge wieder zugeführt wird, so kann bei der fortgesetzt erneuerten Verwendung der Deckkläre ihr gegenwärtiger Verbrauch von 30 bis 50 Proc. der Füllmasse leicht auf 5 bis 15 Proc. herabgemindert werden, wobei dann in der Regel auch die Zeitdauer bis zur Erlangung des fertigen Productes geringer wird und, entsprechend dem geringen Verbrauch an Deckkläre, eine nur sehr geringe Menge Ablaufsyrup von der Beschaffenheit der Melasse abfällt. Patentansprüche. 1. Einrichtung von Zuckercentrifugen zum systematischen Decken von Zuckermassen, gekennzeichnet durch die Verbindung beliebig construirter Zuckercentrifugen mit Wechselgefäſsen, welche letzteren aus einer beliebigen Anzahl neben oder unter einander angeordneter und um eine Steuerungsvorrichtung für den Zu- und Abfluſs (oder eine solche für den Zufluſs und eine zweite für den Abfluſs) drehbarer oder längs derselben in wagerechter oder senkrechter Richtung verschiebbarer Kammern besteht (wobei auch das Wechselgefäſs feststehend und die Steuerungsvorrichtung beweglich angeordnet sein kann), welche Kammern nach einander mit der Ablauföffnung oder einem Ablaufbecken an der Centrifuge bezieh. mit der Zuführungsleitung der Decksyrupe zu der Schleudertrommel in Verbindung gebracht werden. 2. Bei der unter 1 gekennzeichneten Einrichtung: a) die Anordnung eines Dampfmantels an dem Umschluſsmantel der Centrifuge, zum Zwecke, durch Heizen derselben mit irgend einer Wärmequelle die immer wieder zur Verwendung gelangenden Ablauſsyrupe auf einer geeigneten Temperatur zu erhalten; b) die Anordnung eines combinirten, mit Zwischenlagen aus Filtermaterial versehenen Siebes neben dem gebräuchlichen Unterlagesieb, zum Zwecke, ein Abschleudern von feinen Zuckerkrystallen bei schlecht zu verarbeitenden Füllmassen zu verhindern. (Fortsetzung folgt.)