Titel: Tiegeldruckpresse von Aichele und Bachmann in Berlin.
Autor: Kn.
Fundstelle: Band 279, Jahrgang 1891, S. 81
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Tiegeldruckpresse von Aichele und Bachmann in Berlin. Mit Abbildungen. Tiegeldruckpresse von Aichele und Bachmann. Das Bedienen der Tiegeldruckpressen, d.h. das Anlegen des zu bedruckenden Papieres und das Abnehmen desselben erfolgt bei den meisten der Constructionen bekanntlich während der Bewegung des Tiegels, da die kurze Zeit des Tiegelstillstandes dazu nicht ausreicht. Dies bringt aber den Uebelstand mit sich, dass selbst dem geübten Einleger häufig nicht genügend Zeit bleibt, das Papier genau anzulegen, wodurch nicht allein viel Makulatur erzeugt, sondern auch sehr vielfach zu Unfällen wie Hand Verletzungen, Veranlassung gegeben wird, wie dies die Unfallstatistik bestätigt. Man hat deshalb versucht, dem dadurch zum Theil zu begegnen, dass man den Drucktiegel mit einer Ausrückvorrichtung versehen hat, welche ermöglicht, denselben während seiner schwingenden Bewegung derart zurückzuziehen, dass er in der Drucklage mit dem Satz nicht in Berührung tritt und dass somit ein Druck nicht stattfindet. Derartige in der Hauptsache in Excenterwellen bestehende Vorrichtungen arbeiten im Allgemeinen zur Zufriedenheit und sind viele der neueren Tiegeldruckpressen damit versehen, beispielsweise die Libertypresse (vgl. * D. R. P. Nr. 35959). Derartige Vorrichtungen aber nehmen meistens an der schwingenden Bewegung des Tiegels theil, und wird es mit denselben wohl möglich, einen schlecht angelegten Bogen vor dem Verderben zu retten, aber nur dann, wenn der Drucker den Ausrückungsgriff richtig erfassen kann und dann die ihm zum Ausrücken verbleibende kurze Zeit nicht verpasst. Dieser Umstand hat wieder zu einer verbesserten, von der Schnellpressenfabrik Frankenthal Albert und Co. in Frankenthal (Rheinbayern) herrührenden Ausrückvorrichtung geführt, bei welcher der Bethätigungsgriff bei der Bewegung des Tiegels nicht mitschwingt, so dass die Inbetriebsetzung der Ausrückvorrichtung jederzeit ohne Gefahr möglich ist (vgl. * D. R. P. Nr. 49243 und 58287). So zweckmässig wie derartige Einrichtungen sind, so gewähren sie doch weder eine längere Zeit zum Zu- und Abführen des Papieres, noch können sie die Unfallgefahr beseitigen. Es muss deshalb als ein richtigerer Weg bezeichnet werden, diese Uebelstände dadurch abzuschwächen, dass der Drucktiegel während einer längeren Zeit in Ruhe bleibt. Diesen Weg haben bereits einige Maschinenfabriken beschritten, und sind z.B. die Gally-Presse und die Colt's Armory-Presse von Schelter und Giesecke in Leipzig derartig eingerichtet, zu denen sich neuerdings eine Tiegeldruckpresse der wohlbekannten Firma Aichele und Bachmann in Berlin gesellt (* D. R. P. Nr. 52850 vom 6. November 1889). Diese Tiegeldruckpresse, welche in den Textfiguren in ihrer Gesammtansicht und in ihren in Frage kommenden Theilen im Einzelnen dargestellt ist, ist derartig eingerichtet, dass der Drucktiegel während eines Theiles der End- und Anfangsbewegung des Satztiegels an dessen Bewegung nicht theilnimmt, sondern still steht, so dass das Einlegen der Bogen ohne jede Ueberhastung vorgenommen werden kann. Textabbildung Bd. 279, S. 82 Fig. 1.Tiegeldruckpresse von Aichele und Bachmann. Die der Antriebswelle a (s. Fig. 1) mitgetheilte Bewegung wird in bekannter Weise auf die den Drucktiegel mittelbar lose drehbar tragende Welle d und von hier mittels Pleuelstangen auf die den Satztiegel aufnehmende Welle g übertragen, dessen Drehung um die Welle g durch die Gegenlenker i bewirkt wird. Beide Tiegel sind nun derart mit einander verbunden, dass eine in Armen m des Drucktiegels B gehaltene Scharnierwelle n von Coulissen oder offenen Gabeln p der am Satztiegel A sitzenden Arme o umfasst wird. Dadurch wird ermöglicht, dass sich die Coulissen beim Auswärtsschwingen beider Tiegel, nachdem die Scharnierwelle n an festen Knaggen s des Gestelles einen Widerhalt gefunden hat, von der Welle n abheben kann (vgl. Fig. 3) und dass so der Satztiegel A seine Bewegung weiter fortsetzt und sich einschwärzt, während der Drucktiegel B festgehalten wird. Dieser Stillstand des letzteren dauert nun so lange, bis der Satztiegel A so weit wieder zurückgekehrt ist, dass die Coulisse p und die Welle n wieder zum Eingriff kommen. Beide Tiegel setzen nun ihre Bewegung zum Druck gemeinsam fort (Fig. 2), worauf sich beim Auswärtsschwingen der Vorgang wie eben beschrieben wiederholt. Ein genaues Arbeiten würde indess diese einfache Anordnung nicht gewähren und ist deshalb, namentlich zur Sicherung des Stillstandes des Tiegels und um zu verhindern, dass der Druck verwischt oder der Drucktiegel bei der Einwärtsschwingung des Satztiegels vorzeitig etwa durch Reibung seitens der Coulissen p mitgenommen wird, folgende Einrichtung getroffen. Auf Muffen der Scharnierwelle n sitzen einerseits Knaggen q, welche in der zweiten Hälfte des Einwärtsschwingens und in der ersten Hälfte des Auswärtsschwingens der Tiegel mit Knaggen r der Coulissen p in Eingriff treten, so dass der Drucktiegel B während dieser Zeit absolut sicher den Bewegungen des Satztiegels folgen muss (Fig. 2). Andererseits sind auf kurzen Wellen t zwei Gabeln u lose drehbar, mit denen Arme v fest verbunden sind, welch letztere auf Bahnen w der schwingenden Hebel h eine bestimmte Führung erhalten. Diese Gabeln u übernehmen die Führung bezieh. Festhaltung des Drucktiegels während der zweiten Hälfte der Auswärts- und der ersten Hälfte der Einwärtsschwingung der Tiegel, also so lange, als die Paarung qr ausgelöst ist (Fig. 3). Textabbildung Bd. 279, S. 82 Fig. 2.Aichele und Bachmann's Tiegeldruckpresse. Während also die Knaggen s den Stillstand des Drucktiegels B und die Coulissen p die Bewegung desselben herbeiführen, wird die Sicherung des Drucktiegels in der ersten Lage durch die Gabeln u und in der Bewegungsperiode durch die Paarung qr bewirkt. Die ganze Einrichtung gewährt, wie gesagt, eine längere Ruhepause des Drucktiegels und ermöglicht damit eine Bedienung der Presse auch durch weniger geübte Kräfte. Wie die Gesammtansicht der Maschine zeigt, zieht die Firma Aichele und Bachmann bei der praktischen Ausführung die Anwendung der offenen Gabeln der der geschlossenen Coulissen vor. Die Maschinen arbeiten im Uebrigen sehr ruhig und lassen eine Beeinflussung des Ganges seitens der angebrachten Einrichtung nicht erkennen. Textabbildung Bd. 279, S. 82 Fig. 3.Aichele und Bachmann's Tiegeldruckpresse. Eine weitere wesentliche Neuerung zeigt diese Presse in der Bewegung des Farbecylinders während der Farbeentnahme seitens des Hebers. In Folge dieser Einrichtung bleibt der Heber nicht wie bisher nur einen kurzen Augenblick mit dem Farbecylinder in Berührung, sondern folgt dessen Drehung eine Zeit lang, wodurch sich ein breiterer Streifen Farbe an seiner Oberfläche absetzt, als dies sonst der Fall ist. Es hat dies ein regelmässigeres Auftragen der Farbe auf den Tisch im Gefolge, durch welche in Verbindung des feststehenden Farbetisches mit dem rotirenden einerseits und den auf den Massewalzen durch Doppelschnecken sich seitlich bewegenden Stahlreibern andererseits eine sehr vollkommene Farbeverreibung erzielt wird. Die Presse wird in drei Grossen hergestellt, über deren Abmessungen u.s.w. die folgende Tabelle Aufschluss gibt: Nr. Anzahl derAbdrücke in derStunde Innere Rahmen-grösse in mm Zur AufstellungerforderlicherRaum in mm Netto-gewichtetwa k PreisinMark 1 1000–1200 230 × 360 1100 × 1200 575 1000 2 1000–1200 280 × 420 1200 × 1300 750 1200 3 1000–1200 320 × 450 1300 × 1400 850 1400 Neben den oben genannten Eigenschaften verdient auch der sehr stabile und kräftige Bau der neuen Tiegeldruckpresse hervorgehoben zu werden, der es ermöglicht, jede compresse Form noch leicht und bequem drucken zu können. Kn.