Titel: Dr. Höpfner's elektrolytisches Verfahren zur Gewinnung von Kupfer und Silber direct aus Erzen.
Autor: W. K.
Fundstelle: Band 279, Jahrgang 1891, S. 163
Download: XML
Dr. Höpfner's elektrolytisches Verfahren zur Gewinnung von Kupfer und Silber direct aus Erzen. Dr. Höpfner's elektrolytisches Verfahren zur Gewinnung von Kupfer und Silber direct aus Erzen. Seit einer Reihe von Jahren ist das Bestreben der Elektrometallurgen darauf gerichtet, zwischen der Elektrolyse und der Auslaugung der Erze einen Kreisprocess derartig einzurichten, dass die Auslaugeflüssigkeit auf elektrolytischem Wege in den Bädern erzeugt und durch den chemischen Process der Lösung der metallhaltigen Theile des Erzes der ursprüngliche Elektrolyt wieder hergestellt wird. Es ist nun sofort einleuchtend, dass hierbei nicht nur die Einrichtung der Bäder, sondern auch die chemische Zusammensetzung und die Circulation der Elektrolyten von höchster Bedeutung sein müssen. Dr. Höpfner in Giessen verwendet bei Ausführung seines neuen elektrolytischen Verfahrens (D. R. P. Nr. 53782 vom 2. März 1888) ein durch Diaphragmen in zwei Abtheilungen getrenntes Bad bezieh. ein System von Bädern. Die eine Abtheilung derselben enthält elektrolytisch unlösliche Anoden, die andere Kathoden aus Kupferblech. Eine Halogensalz-Kupferchlorürlösung circulirt für sich an den Anoden, eine gleiche Lösung fliesst an den Kathoden vorüber. An letzteren wird metallisches Kupfer niedergeschlagen und zwar für jede Ampère-Stunde 2,36 g, also genau doppelt so viel, als bei Verwendung einer Oxydsalzlösung, wie z.B. einer Kupfersulfatlösung, durch die Stromeinheit gefällt wird. An den Anoden würde, falls kein Kupferchlorür daselbst vorhanden wäre, freies Chlor entstehen; es würde daher eine Polspannung von 1,8 Volt erforderlich sein. Das Chlor verbindet sich aber in statu nascendi sogleich mit dem stets vorhandenen Kupferchlorür zu Kupferchlorid. Dadurch wird eine elektromotorische Kraft erzeugt, welche erfahrungsgemäss etwa 1 Volt beträgt und welche der Strom arbeit zu Gute kommt. Die Elektrolyse geht also praktisch mit der Polspannung von nur 0,8 Volt vor sich. Kupferchlorür (Cu2Cl2) entwickelt bei seiner Bildung 65,75 Calorien. Da nun 45 Calorien Bildungswärme einem Volt elektromotorischer Trennungskraft entsprechen, so ist 65,75 : 45 oder 1,46 Volt diejenige elektromotorische Kraft in Volt, welche erforderlich ist, um Cu2Cl2 in Cu2 und Cl2 zu zerlegen. Um aber bei der praktischen Ausführung die Leitungswiderstände zu überwinden, muss die Spannung thatsächlich auf 1,8 Volt erhöht werden, da bei 1,46 Volt sich Trennungs- und Bindekraft nur eben das Gleichgewicht halten, so dass eine quantitative Zerlegung noch nicht erfolgen kann. Wenn aber Chlor in statu nascendi das an den Anoden vorhandene Kupferchlorür oxydirt, so findet folgender Vorgang statt: Cu2Cl2 + Cl2 = 2CuCl2. Dadurch werden, da 2CuCl2 125,4 Calorien repräsentiren, 125,42 – 65,75 oder 59,67 Calorien frei, welche der Stromarbeit zu Gute kommen. Theoretisch beginnt demnach die Elektrolyse bei dem Höpfner'schen Verfahren schon bei Anwendung von 65,75 – 59,67 = 6,08 Calorien oder 0,13 Volt. Die an den Kathoden befindliche Lauge wird, während sie an einer Anzahl von Kathoden nach einander vorbeifliesst, immer kupferärmer und demnächst nahezu kupferfrei. Sie verlässt sodann das elektrolytische Bad und wird für die weitere Verwendung in dem bereits angedeuteten vollkommenen Kreislaufprocess reservirt. Die Anodenlauge behält ihren Kupfergehalt. Das Kupfer ist aber schliesslich nicht mehr als Kupferchlorür, sondern als Kupferchloridlauge vorhanden; letztere verlässt nun in continuirlichem Strome das elektrolytische Bad. An den Elektroden spielt sich während der Elektrolyse folgender Vorgang ab. Cu2Cl2 gibt 2Cu an die Kathodenbleche ab. Durch elektrolytische Atomverschiebung begibt sich Cl2 an die Anode und verbindet sich mit Cu2Cl2 zu Cu2Cl4 oder 2CuCl2. Auf 1 Atom abgeschiedenen Kupfers bildet sich demnach an den Anoden 1 Molekül Cu2Cl2. Die von den Anoden kommende Kupferchloridlösung wird sodann benutzt, um aus gemahlenen Kupfer- und Silbererzen das Kupfer und Silber zu extrahiren. Man benutzt zu diesem Verfahren besondere Auslaugeapparate. Bei geschwefelten Kupfererzen spielt sich beispielsweise der Vorgang nach folgender Gleichung ab: CuCl2 + CuS = S + Cu2Cl2, Hieraus ergibt sich, dass die gebildete Kupferchlorürlauge genau ebenso viel Kupfer aufgenommen hat, als vorher elektrolytisch an metallischem Kupfer gefällt worden war. In Ansehung des Kupfergehaltes ist aber die Concentration der Lauge jetzt doppelt so gross als vorher. Um daher die ursprüngliche Concentration wieder herzustellen, wird die kupferfrei gewordene, aus den Kathodenzellen abgeflossene Lauge, welche, wie bereits erwähnt, reservirt war, derjenigen Lauge wieder beigemischt, welche von den Anoden gekommen und zur Auslaugung der Erze benutzt war. Diese Mischung der betreffenden Laugen kann natürlich auch sogleich beim Ausfluss aus dem elektrolytischen Bade erfolgen, so dass schon in dem Auslaugeapparat die ursprüngliche Concentration wieder hergestellt wird. Die regenerirte Kupferchlorürlösung fliesst wieder zu den Anoden und Kathoden; an den ersteren bildet sich das Chlorid, während an den Kathoden die Entkupferung stattfindet; die Chloridlösung wird mit dem entkupferten Laugentheil gemischt, die Mischung wandert zu den Auslaugeapparaten u.s.w. Man sieht also, dass ein continuirlicher Kreisprocess stattfindet. Es verdient besonders bemerkt zu werden, dass gleichzeitig mit dem Kupfer auch das in den Erzen etwa enthaltene Silber in Lösung geht, was bei der Anwendung von anderen Extractionsflüssigkeiten, wie z.B. bei Benutzung von Eisenoxydsulfat, nicht der Fall ist. Gestört wird der Kreislauf nur dadurch, dass kleine Mengen von Eisen, Arsen, Antimon, Wismuth u.s.w. allmählich statt des Kupfers in Lösung gehen. Diese Verunreinigungen dürfen nicht auf den Kathoden niedergeschlagen werden, weil hierdurch die Güte des niedergeschlagenen Kupfers sehr beeinträchtigt würde. Ausserdem wird durch einen grösseren Eisengehalt der Lauge die Lösefähigkeit der letzteren für Kupfer bis auf etwa ein Drittel herabgedrückt, wie sich dies in der Praxis gezeigt hat. Diesem Uebelstande wird jedoch in sehr wirksamer Weise dadurch abgeholfen, dass solche Verunreinigungen, namentlich aber das Eisen, auf rein chemischem Wege durch Oxyde des Kupfers aus der Lauge entfernt werden, bevor dieselbe zu den Kathoden geführt wird. Gleichzeitig mit dem Eisen verschwinden nachgewiesenermassen dadurch aus den Laugen das Arsen, Antimon, Wismuth, wie überhaupt alle diejenigen Stoffe, welche das Kupfer verunreinigen können. Das in den von der Extraction kommenden Laugen etwa enthaltene Silber wird entweder galvanisch – es setzt sich dann an den ersten Kathodenblechen des ersten Bades ab – oder chemisch vor der Kupferfällung für sich abgeschieden. Das resultirende Kupfer ist somit chemisch rein, oder es enthält wie alles Elektrolytkupfer nur ganz geringfügige Spuren von Verunreinigungen, welche seinen Werth in keiner Weise beeinträchtigen. Was nun den commerciellen Werth dieses Verfahrens betrifft, so besitzt es mehrere Vortheile, welche geeignet sind, dasselbe über alle bisher bekannt gewordenen ähnlichen Verfahren zu erheben. Erstens wird durch die Anwendung von Kupferchlorürlösungen bewirkt, dass mit dem gleichen Stromverbrauch doppelt so viel Kupfer erzeugt wird, als bei der Elektrolyse von Sulfatlösungen. Dadurch dürften sich die Kosten der elektrolytischen Installation auf die Hälfte verringern. Zweitens besitzen die Halogensalze der Alkali- und Erdalkalimetalle eine solche Lösefähigkeit für Kupferchlorid und Kupferchlorür, dass bei eisenfreien Lösungen mit Concentrationen gearbeitet werden kann, welche bei Sulfatlösungen auch nicht entfernt erreicht werden dürfte. Es folgt hieraus, dass bei dem geringeren Volumen der zu bewegenden Lauge bei dem Höpfner'schen Verfahren auch die Laugeneinrichtung ganz erheblich billiger ausgeführt werden kann, als dies bei anderen ähnlichen elektrometallurgischen Processen der Fall ist. Endlich ist noch als ein wesentlicher Vortheil zu erwähnen, dass selbst aus den unreinsten, d.h. relativ werthlosesten Erzen ein fast chemisch reines Kupfer erzeugt und aus silberhaltigen Erzen auch das Silber gleichzeitig extrahirt werden kann. Aus der nachstehenden Rechnung ergibt sich, dass nach dem Höpfner'schen Verfahren mit 1 in 24 Stunden 44 k Kupfer erzeugt werden können. Eine mechanische Pferdekraft gibt bei grösseren Dynamomaschinen die Stunde 690 Volt-Ampère, bei 0,8 Volt also 862 Ampère. Da für jede Ampère-Stunde 2,36 g niedergeschlagen werden, so macht dies für 862 Volt in 24 Stunden \frac{862\ .\ 2,36\ .\ 24}{1000}=48,8\ k. Rechnet man 10 Proc. Verlust, so bleiben 43,9 k für 1 und Tag. Bei Anwendung grösserer Verbunddampfmaschinen würde 1 in der gleichen Zeit bekanntlich 30 k Kohle erfordern. Rechnet man somit auf die Arbeit der erforderlichen Pumpen, sowie auf die mechanische Bewegung der Laugereiapparate ein Viertel, auf die elektrodynamische Kraft drei Viertel der gesammten erforderlichen Arbeit, so ergibt sich, dass nach dem Höpfner'schen Verfahren, einschliesslich eines 10procentigen Stromverlustes, aus gepulvertem Erz mit 30 k Kohle fast 33 k chemisch reines Kupfer gewonnen werden, ein bisher unerreichtes Resultat, welches selbst für die ärmsten Kupfererze noch eine Verwerthung ermöglicht. Dies ist um so mehr der Fall, wenn die ausgelaugten, sehr fein pulverigen Rückstände nicht mehr, wie beispielsweise das purple ore, zur Eisenerzeugung verwendet zu werden brauchen. Aus Vorstehendem erhellt, dass das Höpfner'sche Verfahren, welches unter anderem bereits in Schlesien zur Ausführung gelangt, bis in die kleinsten Details technisch durchgearbeitet ist und demnächst wahrscheinlich eine hohe Bedeutung gewinnen wird. Ganz besonders werthvoll dürfte es aber für diejenigen Länder werden, in denen Kohle theuer ist, wie z.B. in Spanien und in Chile, dem hervorragendsten Kupferlande Südamerikas, zumal dasselbe auch für Silbergewinnung mit oder ohne gleichzeitige Kupfererzeugung geeignet ist. W. K.