Titel: Neue Verfahren und Apparate in der Zuckerfabrikation.
Fundstelle: Band 280, Jahrgang 1891, S. 44
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Neue Verfahren und Apparate in der Zuckerfabrikation.Berichtigung: Bd. 278 11. 7 S. 331 Z. 23 v. o. lies D. R. P. statt Oesterreichisches Patent. Neue Verfahren und Apparate in der Zuckerfabrikation. Zehn gewöhnliche und ebenso viel geschosste Rüben (in der Blüthe) aus gleichem Samen und von demselben Felde lieferten Pagnoul (Bulletin assoc. chim., Bd. 8 S. 302) folgende Untersuchungsergebnisse: 1) Saft der Wurzeln Gewöhnliche Geschosste Rüben Saftdichte        7,20°        6,50° Zucker in 100 cc     15,52Im Original steht fälschlich 10,52.     16,86 Reinheit 83 94 Nichtzucker       3,19       1,04 2) Unlöslicher Rückstand der Wurzeln aus dem Rübensaft (Rohfaser) 4,75 6,50 Mithin Saftgehalt 95,25 93,50 3) Die Untersuchung des bei 105 bis 110° getrockneten Breies ergab Stickstoff 0,252 0,142 Kohlensaures Kali 0,465 0,402 Chlorkalium 0,021 0,017 4) Untersuchung der oberirdischen Theile. Dieselben wurden mittels einer starken Reibe zerrissen, dann in einer Hackmaschine zu Brei vermählen, endlich theils ausgepresst, theils getrocknet. Der geschiedene Saft zeigte in 100 cc Zucker 0,16 1,46 der Zuckergehalt des Krautes der geschossten Rüben war also bemerklich hoch. Die Untersuchung des getrockneten bezieh. des veraschten ergab auf 100 Th. frischen Breies Stickstoff 0,287 0,346 Kohlensaures Kali 1,159 1,161 Chlorkalium 0,210 0,227 Hiernach berechnet sich der Gesammtstickstoffgehalt der ganzen Pflanze auf Wurzel 1,134 0,724 Kraut 1,076 2,059 Eine andere Untersuchung wurde mit Rüben aus einer anderen Gegend angestellt. Folgendes sind die Ergebnisse, welche denen des ersten Versuchs gegenübergestellt sind: 1. Versuch 2. Versuch Gewöhn-liche Ge-schosste Gewöhn-liche Ge-schosste Gewicht der Wurzel 450 510 805 620 Gewicht des Krautes 375 595 570 735 Kraut auf 100 Wurzeln   83 116   71 118 Saftdichte     7,2     6,5     6,5     6,3 Zucker in 100 cc   15,52   16,36   14,06   14,17 Reinheit   83   94   83   87 Nichtzucker     3,19     1,04     2,82     2,18 Rohmark     4,75     6,50     5,30     5,00 Wonach Saft Proc.   95,25   93,50   94,70   95,00 Rohrzucker in 100 Wurzeln   13,79   14,36   12,50   12,66 Stickstoff     0,252     0,142     0,202     0,155 Kohlens. Kali     0,465     0,402     0,344     0,295 Chlorkalium     0,021     0,017     0,028     0,021 Rohrzucker in 100 Th. Kraut     0,16     1,46     0,53     1,07 Stickstoff „      „     0,287     0,346     0,295     0,438 Kohlens. Kali „      „     1,159     1,161     0,349     0,649 Chlorkalium „      „     0,210     0,227     0,337     0,376 Gesammtstickstoff in der Wurzel     1,134     0,724     1,626     0,961              „               im Kraut     1,076     2,059     1,681     3,219 Hieraus ist zu schliessen, dass die geschossten Rüben zuweilen härter und holziger sind, dass sie aber kaum weniger Saft als die normalen enthalten, sowie dass sie von mindestens gleichem Zuckergehalt, aber viel höherer Reinheit sind. Pagnoul erklärt den höheren Zuckergehalt des Krautes der geschossten Rübe so, dass der Zucker, von welchem Aimé Girard bewiesen hat, dass er bei den gewöhnlichen Rüben in den Blättern enthalten sei, ebenso in dem grünen Theile der geschossten gebildet werde, dass aber das Hinabwandern nach der Wurzel durch die holzigere Beschaffenheit und den längeren Weg sowie durch die aufsteigenden Strömungen bei den Schossrüben erschwert werde. Es würden demnach die Schlussfolgerungen Girard's bestätigt worden sein. Pellet bemerkt hingegen wohl mit Recht (Sucrerie indigène, Bd. 36 Nr. 17 S. 526), dass, wenn der in den Blättern gebildete Zucker bei der geschossten Rübe auf seinem Wege zur Wurzel aufgehalten würde, diese Rübe dann weniger Zucker in den Wurzeln enthalten müsste als die gewöhnliche, was aber nach den vorstehenden Zahlen nicht der Fall sei; vielmehr haben dieselben viel mehr Zucker in den Wurzeln enthalten. Die Menge desselben berechnet sich bei den gewöhnlichen   Rüben auf 62,05 g, bei den geschossten auf 73,23 im Kraut auf   0,48 g   8,68 –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– zusammen auf 62,53 g, bei den geschossten auf 81,91. Demnach könne die Wanderung des Zuckers nach der Wurzel doch nicht wohl erschwert worden sein, und die beobachteten Thatsachen seien vielmehr als den Schlüssen Girard's widersprechend zu bezeichnen. Pellet fand bei einer, genau nach Girard angestellten Untersuchung ReducirenderZucker Rohrzucker In den samentragenden Stengeln 1,36 Im Saft der Blattstiele 1,11 5,97 In den Blattflächen 0,40      0,13 (?) Der grosse Landolt-Lippich'sche Polarisationsapparat, wie er von der Firma Schmidt und Haensch in Berlin für die Versuchsstation des Oesterreichisch-Ungarischen Centralvereines ausgeführt wurde, besteht (Oesterreichisch-Ungarische Zeitschrift für Zuckerindustrie, 1890 Bd. 19 H. 4 S. 390) in dieser neuesten Vervollkommnung aus zwei massiven Ständern, welche durch vier bezieh. drei parallele und absolut gleich lange Messingstangen verbunden sind. Der der Lampe zugedrehte Ständer trägt den Polarisator mit der Lippich'schen Combination zweier Nicols und einer Beleuchtungslinse. Die Nicols sind so gestellt, dass das feststehende, mit sehr scharfer Kante versehene, das halbe Gesichtsfeld, das zweite bewegliche, mit einem Index versehene grössere Nicol das ganze Gesichtsfeld ausfüllt; für die Stellung des Index befindet sich am Ständer ein Kreissegment, an welchem die jeweilige Stellung der Polarisationsrichtung des grossen Nicols abzulesen ist, d.h. steht der Index auf 0, so sind die Polarisationsebenen in beiden Nicols gleich, mithin wirken dieselben wie ein Nicol; in Kreuzung mit dem analysirenden Nicol entsteht also vollständige Auslöschung des Gesichtsfeldes (kein Halbschatten); jede andere Lage des Index gibt für jede Hälfte eine andere Polarisationsrichtung; mithin wird der Analysator in zwei verschiedenen, sehr nahe neben einander liegenden Winkeln auslöschen. Die Mittellage mit absoluter Gleichheit bezeichnen wir mit Halbschatten, welcher um so tiefer ist, je mehr die Indexlage sich der Nulllage nähert; je tiefer, um so empfindlicher der Halbschatten; man wird also bei hellen Lösungen den tiefsten Halbschatten wählen. Im zweiten Ständer befindet sich das analysirende Nicol, welches drehbar und mit einem getheilten Kreise versehen ist. Die jeweilige Stellung dieses Nicols wird durch zwei Mikroskope abgelesen. Ferner ist mit der Fassung dieses Nicols ein Beobachtungsfernrohr verbunden, dessen Stellung die richtige ist, wenn man die scharfe Kante des kleineren Nicols vom Polarisator absolut scharf sieht; selbstverständlich muss das Fernrohr vom Beobachter selbst, je nachdem Röhren mit Flüssigkeit im Apparate sich befinden oder nicht, neu eingestellt werden. Der Apparat ist auf eine Röhrenlänge bis zu 500 mm eingerichtet und mit einer Schlittenvorrichtung zum gleichzeitigen Einlegen von zwei Beobachtungsröhren versehen. Die letzteren sind sämmtlich aus Glas mit Tubus für Thermometer und Nickelmantel für Wasserumspülung. Die Fein- und Grobeinstellung des Kreises bezieh. des mit demselben verbundenen Analysators besteht erstens in einer Bremsvorrichtung am Fernrohr unter Benutzung einer Mikrometerschraube, welche den gebremsten Hebelarm bewegt, und zweitens nach Lüftung der Bremsschraube durch directe Drehung zweier senkrecht gekreuzter metallener Arme. Aufstellung des Apparates: Um eine bequeme Höhe des Apparates zu haben, wird derselbe auf einen eigenen Kasten, welcher unter seiner oberen Platte ein ausziehbares Schubbrett für die Beobachtungslampe enthält, gestellt; diese letztere wird in gerader Richtung der Achse des Apparates um etwa drei Viertel der Länge desselben vom Polarisator aufgestellt; ist die Natronlampe mit einem Schornsteine versehen, so muss das Loch desselben in Achsenhöhe liegen. Natürlich wird die Lampe so gerichtet, dass der hellste Theil der Flamme dieses Loch erleuchtet. Die Flamme steht überhaupt gut, wenn deren scharfes Bild in den Analysator fällt; mittels eines Stückchen Papiers, auf welchem das Bild aufgefangen wird, kann man leicht die richtige Stellung verfolgen. Die Theilung des Preises ist eine solche, dass die durch Mikroskope vorzunehmende Ablesung 10 Secunden beträgt, oder bei decimaler Theilung 0,001°. Die Beobachtungslampe: Dieselbe besteht aus einem verbesserten Bunsen-Terquem-Brenner mit zwei darüber liegenden, mit Natron gesättigten Platinreusen. Landolt hat diese Beleuchtungslampe durch ein sehr passendes Stativ mit Schornsteinvorrichtung, um unnützes Licht abzuwenden, verbessert. Die Beleuchtungslampen: Dieselben dienen zur Beleuchtung der Mikroskoptrommeln und der Theilung des Kreises. Sie sind für Gasbeleuchtung construirt. Der Brenner ist von einem Metallcylinder umgeben, in welchem sich zwei Oeffnungen mit Verschraubungen zur Aufnahme der Beleuchtungsglasstäbe befinden. Die letzteren werden so gerichtet, dass der eine sein Licht auf die Trommel, der andere das seinige in die mit Gyps ausgefüllte Höhlung des Mikroskops wirft. Was die Ablesung des Theilkreises bezieh. die Stellung des Analysators anbetrifft, so geben die Mikroskope 0,002° an, und man kann sehr bequem 0,001° schätzen. Die Mikroskope haben eine Mikrometerschraube, mittels welcher ein Fadenpaar durch das Gesichtsfeld bewegt wird. Die Umdrehungen der Schrauben werden durch einen mit Zähnen versehenen Kamm gezählt, d.h. jeder Zahn entspricht einer Umdrehung. Steht das Fadenpaar im mittleren, tiefer geschnittenen Zahn und die Trommel der Mikrometerschraube auf Null, so ist dieses die richtige Nulllage des Apparates. Das mit der Schraube fortbewegte Fadenpaar wird durch Verschiebung des Nullpolars scharf gestellt; zu gleicher Zeit sieht man auch die Theilung bei ausreichender Beleuchtung scharf. Der Theilkreis ist in ⅕° getheilt, mithin 1 Intervall = 0,2°. 2 Umdrehungen der Schraube = 1 Intervall, also 1 Umdrehung = 0,1°; die Trommel der Schraube ist in 50 Theile getheilt, mithin jedes Intervall derselben = 0,002°. Die Zahlen der Trommel aufsteigend (dieselbe also in zuschraubender Richtung drehend) zählen addirend zu dem in dem rechten Mikroskop erblickten nächsten Theilungsstrich, unterhalb der auf Nulllage eingestellten Trommel; im linken Mikroskop umgekehrt. Z.B.: Im rechten Mikroskop steht der Parallelfaden im tiefsten Kammeinschnitt,die Trommel genau auf 0, der nächste unter den Parallelfäden liegende Theilstrich ergibt z.B. 181⅗ = 181,6°; die Trommel wird zugeschraubt; wir finden 1 ganze Umdrehung und noch die Zahl 60 × 3 Theilstriche auf der Trommel, so haben wir also 181,6° 1 Umdrehung =     0,1° an der Trommel 60 =     0,060° 3 Theile der Trommel zu 2/1000 =     0,006° ––––––– Mithin 181,766° Gesammtablesung. Ebenso geschieht die Ablesung im linken Mikroskop, hier liegt der zu holende Strich über dem Nullpunkte; im umgekehrten Falle, also bei aufschraubender Bewegung, würden wir den Theilstrich, der noch nicht erreicht ist, erhalten, es müsste dann also subtrahirt werden. Nach Vorstehendem ergibt sich die Behandlung des Apparates leicht wie folgt: Das Fernrohr wird scharf auf die scharfe Kante des kleinen Nicols vom Polarisator eingestellt, dessen Lage durch irgend einen Theilstrich des Kreissegments, z.B. 5, angezeigt ist. Nunmehr dreht man den Analysator durch die grobe Einstellung, bis die eine und dann die andere Gesichtshälfte schwarz erscheint, dreht dann behutsam bis zur Gleichheit beider Gesichtshälften zurück, bremst und regulirt durch Feineinstellung nach. Die gefundene, durch die Mikroskope gesehene Ablesung ergibt den Nullpunkt, die gefundene Differenz mit dem wirklichen Nullpunkt der Theilung nimmt man als plus oder minus mit in Rechnung. Dieser Nullpunkt muss jedesmal neu bestimmt werden, wenn der Polarisator eine andere Stellung erhalten hat. Wünscht man etwa bei festgelegtem Polarisator vom Nullpunkt der Theilung aus zu arbeiten, so stellt man die Theilung daraufhin genau ein und regulirt dann den etwa nicht vorhandenen gleichen Halbschatten durch Drehung des analysirenden Nicols mittels der beiden, hinter der Bremsschraube befindlichen viereckigen Schrauben. Neuer Halbschattenapparat mit beschränkter Scala zur Untersuchung von hochprocentigen Zuckerlösungen (Rohzucker). K. Stammer hat im Jahre 1887 (1887 266 124) ein Polarisationsinstrument beschrieben, welches für die Beobachtung normaler Zuckerlösungen in doppelter Röhrenlänge (400 mm) eingerichtet ist und eine Scala besitzt, bei welcher jeder Grad genau die doppelte Ausdehnung wie bei gewöhnlichen Instrumenten besitzt und dabei die richtige Procentanzeige gibt. Seit dem Bekanntwerden dieses Instrumentes benutzt Strohmer (Oesterreichisch-Ungarische Zeitschrift für Zuckerindustrie; 1890 Bd. 19 S. 392) ausschliesslich ein solches zur Ausführung der zahlreichen Rohzuckeruntersuchungen, mit denen alljährlich die Oesterreichisch-Ungarische Versuchsstation betraut wird, und hat hierbei die Ueberzeugung gewonnen, dass das von Stammer eingeführte Princip der Instrumente mit beschränkter Scala der einzige Weg ist, um sichere und übereinstimmende Resultate für die Bestimmung des Zuckergehaltes der Rohzucker im Handel zu erzielen und grössere Beobachtungsunterschiede zwischen den Resultaten verschiedener Chemiker zu vermeiden. Der Stammer'sche Apparat hat jedoch in seiner jetzigen Ausführung eine Construction, mit welcher, wahrscheinlich in Folge des niederen Preises dieser Instrumente, mehrere vermeidenswerthe Mängel verbunden sind. So ist die Unterstützung des Lagers für die Beobachtungsröhre zu schwach, und kann durch einen stärkeren Stoss oder häufigere Erschütterungen die Achse desselben leicht verschoben werden, wie überhaupt der ganze Apparat mit Rücksicht auf seine Länge auch eines stärkeren, festeren Fusses bedarf. Die Justirung der Stammer'schen Apparate erfolgt ferner in der Art, dass die beiden Schrauben des Analysators gelüftet werden, dann das Nicol durch Drehung in die rechte Lage gebracht wird, worauf man die beiden Schrauben wieder anzieht – eine Arbeit, welche bekanntlich schwierig und zeitraubend ist. Desgleichen hat der Stammer'sche Apparat keine zweckmässige Einrichtung für eine Berichtigung der Elfenbeinscala, und eine weitergehende Theilung dieser letzteren ist auch erwünscht. Alle diese Verbesserungen sind nun, nach Strohmer, von Schmidt und Haensch an dem Stammer'schen Apparate angebracht worden, wodurch der Preis allerdings von 180 auf 350 M. sich erhöht hat. Dieser Apparat hat nun denselben Träger und Fuss wie der 400 mm-Apparat mit doppelter Keilcompensation derselben Firma. Die Justirung des Analysators erfolgt mittels einer Mikrometerschraube, die der Scala durch eine ebensolche, welche durch einen Uhrschlüssel gestellt wird. Die Hauptscala ist in halbe Grade getheilt und gestattet also die Ablesung von 0,05° oder Procent. Zur Abhaltung des Seitenlichtes (bei Anwendung gläserner Röhren) hat die Röhrenrinne einen Verschlussdeckel erhalten. Bekanntlich hat die Einrichtung der Halbschattenapparate in den letzten Jahren grosse Fortschritte gemacht und die Empfindlichkeit derselben ist aufs Höchste gesteigert worden, so dass die gewöhnliche Einstellung mit Trieb und Zahn nicht mehr dieser gesteigerten Empfindlichkeit entspricht; aus diesem Grunde ist bei dem vervollkommneten Apparat neben der gewöhnlichen Einstellung mit Trieb noch eine solche mit Mikrometerschraube angebracht, mittels deren es in der That gelingt, bis auf 0,05° übereinstimmend einzustellen. An der Beobachtungslampe ist eine Blendscheibe fest angebracht. Zur Prüfung der Richtigkeit werden zwei Normalquarzplatten, eine von 80, die andere von 99 Proc. angewandt. Die allgemeinere Anwendung dieses Apparates dürfte manche der bisherigen Abweichungen zwischen den Beobachtungen verschwinden lassen. (Fortsetzung folgt.)