Titel: Die kritischen Temperaturstadien bei Eisen und Stahl.
Autor: Leo
Fundstelle: Band 280, Jahrgang 1891, S. 106
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Die kritischen Temperaturstadien bei Eisen und Stahl. (Schluss des Vortrages auf S. 80.) Die kritischen Temperaturstadien bei Eisen und Stahl. Wird ein und dieselbe Probe einer Reihe einander folgender Erhitzungen und Abkühlungen unterzogen, bei denen die Anfangstemperatur allmählich höher getrieben wird, so findet sich, dass die Lage der Recalescenz sich senkt, anfänglich ziemlich rasch, später sehr langsam, wenn die Abkühlung von einer höheren Anfangstemperatur ausgeht. Sie senkt sich auch, sobald die Abkühlung beeilt wird, wie nachfolgende Tabelle zeigt. Art derAbkühlung Ziemlich weicher Stahl Harter Stahl Dauer derAbkühlungzwischen685 und 658° Recalescenz ar1 Dauer derAbkühlungzwischen705 und 678° Recalescenz ar1 Das Queck-silber unter-bricht dasFallen bei DasQuecksilbersteigt bei Das Queck-silber unter-bricht dasFallen bei DasQuecksilbersteigt bei Secunden Secunden Langsam im    Rohr 116,0 653° 656° 49 671° 675° In gewöhnlicher    Weise im Rohr   24,5 648° 655° 20 670° 680° Schnell in der    Luft nicht best. 637° 640° nicht best. 642° 651° Sehr schnell in    Wasser desgl. keine keine desgl. keine keine Bei der Abkühlung in Wasser ist also eine Unterbrechung des Quecksilberfallens nicht mehr bemerkbar. Erfolgt die Abkühlung einigermassen schnell, so treten die Veränderungen, welche sich bei langsamem Gange derselben sonst zeigen, wenigstens minder deutlich auf. Gehärteter Stahl ist solcher, bei dem nach der Abkühlung Eisen und Kohle ihren bei höherer Temperatur besessenen Zustand mehr oder minder beibehalten haben. Die in Folge der ausgebliebenen Veränderungen nicht entbundene Wärme bleibt im Metalle verfügbar und könnte latente Härtungswärme genannt werden. Es ist schwer, bei der Abkühlung in Wasser selbst eine verhältnissmässig lange Unterbrechung des Quecksilberfallens zu beobachten, und könnten deshalb die vorstehenden Schlüsse recht wohl als sehr schwache angesehen werden; sie würden aber doch durch zweierlei andere Art der Untersuchung erhärtet. 1) In gleichen Volumen (500 cc) einer gesättigten Lösung von Ammoniumkupferchlorid wurden gleiche Gewichte (1,5 g) verschiedener theils ausgeglühter, theils gehärteter Eisensorten gelöst und dabei jedesmal die bei der Reaction entbundene Wärme gemessen: 2CuCl2 + Fe = 2CuCl + FeCl2. Die Zunahme der Temperatur belief sich bei ausgeglühtem ziemlich    weichen Stahl auf 2,366°, bei gehärtetem auf 2,477° bei ausgeglühtem harten Stahl    auf 2,148°, 2,309° bei ausgeglühtem weissen Roh-    eisen auf 1,665°, 1,878° Das gehärtete Metall enthielt also stets im Vergleich zu demselben im ausgeglühten Zustande einen Wärmeüberschuss. 2) Bei weiterer Verfolgung der Vorgänge bei Erhitzung gehärteten Stahls findet man, dass die Entbindung der latenten Härtungswärme durch gewisse eigenthümliche Beschleunigungen im Verlaufe der Erhitzung in Erscheinung tritt. Die Gegenwart latenter Härtungswärme ist somit vollständig bewiesen; im Uebrigen aber ist der Zeitbedarf sowohl chemischer Reactionen wie der Molekularveränderungen allgemein und gut bekannt. Alle diese Erscheinungen erfordern eine gewisse Zeit und sind in der Regel nur innerhalb gewisser Temperaturgrenzen möglich; sie bleiben unvollständig, wenn die Verhältnisse, unter denen sie vor sich gehen, nur ungenügende Dauer haben. Bei sehr schneller Abkühlung der Zersetzungsproducte des Wassers hielt Sainte-Claire Deville Sauerstoff und Wasserstoff bis zum Eintritt der gewöhnlichen Temperatur getrennt; bei langsamerer Abkühlung würden sie sich wieder vereinigt haben. In gleicher Weise erlangt Schwefel durch Abkühlung von passender Temperatur Plasticität und behält wenigstens eine Zeitlang diese eigentümliche Form bei, die bei Temperaturen, welche 260° übersteigen, seine stabile Gleichgewichtsform ist. Im Gegensatze zu der sonst gewöhnlichen Ansicht glaubt Osmond, dass nicht die Kohle, sondern das allotropische β-Eisen die Hauptursache dieser neuen Eigenschaften sei. Diese Theorie wird zweifellos gut geheissen, wenn es zu beweisen steht, 1) dass Stahl mit vieler Härtekohle weich und 2) dass Stahl mit sehr wenig derselben hart sein kann. Um das Erstere zu bewirken, wurde ziemlich weicher Stahl (Probe Nr. 4) bei einer Temperatur zwischen ar3–2 und ar1, wenn also die Veränderung des Eisens bereits recht weit vorgeschritten war, die der Kohle aber noch nicht begonnen hatte, gehärtet. Das Metall liess sich feilen, Behandlung mit Salpetersäure rief Reaction von Härtekohle hervor. Dies Experiment wurde mit Recht von Mr. Howe kritisirt, denn es bleibt möglich, dass so gehärteter Stahl, obwohl feilbar, doch in gewissem Grade hart ist; die Salpetersäurereaction ist nur qualitativ. Zugegeben, dass diese Probe nicht entscheidend ist, obwohl sie mit den von M. Nouel, Ingenieur der Gesellschaft von Chatillon und Commentry, bei seinen Untersuchungen über die Ausdehnung gemachten übereinstimmt. Die andere Methode ist sicherer beweisend, und es ist leicht, durch Zahlen zu erhärten, dass Flusseisen Härte annimmt, obwohl es nur unbedeutend Härtekohle enthält. Dazu wird allein erfordert, dass man von der höheren Temperatur ar3 aus härtet und ausserordentlich schnell abkühlt, indem man einen schwachen Stab in eine Kältemischung wirft. Unter diesen Umständen kann die absolute Festigkeit von 42 k für 1 qmm der ursprünglichen Querschnittsfläche (bei ausgeglühtem Metall) auf 97 k (beim gehärteten) steigen, während die Verlängerung von 30 auf 4 Proc. herabgeht. Man hat es hier mit einem Eisen mit 0,22 Proc. Kohle zu thun, von der nur ein unbedeutender Theil die Form von Härtekohle unverändert beibehält. Die Härtekohle trägt also nicht die Schuld an dieser grossen Verringerung der Dehnbarkeit. Am elektrolytischen Eisen ist deutlich zu erkennen, dass Eisen ohne Beihilfe der Kohle die Härte gehärteten Stahls anzunehmen vermag. Daraus ist zu schliessen, dass gehärteter Stahl seine Eigenschaften hauptsächlich dem β-Eisen verdankt, welches bei gewöhnlicher Temperatur hart und spröde an sich ist. Die Kohle wirkt ebenso wie die Schnelligkeit der Abkühlung und beide vereint führen das Schlussresultat herbei. Die Schnelligkeit der Abkühlung allein vermag nicht unter den Umständen, bei denen man zu härten pflegt, eine erhebliche Menge von Eisen im β-Zustande zu erhalten. Aber wie es unter denselben Verhältnissen leicht ist, Kohle in der Form von Härtekohle zu erhalten und diese dem β-Eisen Stabilität verleiht, so erhellt, dass β-Eisen mit Hilfe von Kohle leicht bis zu gewöhnlicher Temperatur unverändert erhalten werden kann. Je schneller die Abkühlung, um so unwesentlicher die Veränderungen, desto härter das gehärtete Metall. Zu der hier folgenden Tabelle der kritischen Punkte bei Abkühlung und Erhitzung ist zu bemerken, dass die Bestimmung derselben weniger sicher bei der letzteren als bei der ersteren ist, weil Unregelmässigkeiten im Drucke der Heizgase wie beim Gebläsewinde vorkamen. Nur ar2 liegt innerhalb der gleichen Temperaturzone bei Erhitzung und Abkühlung. Die Temperaturen der übrigen kritischen Punkte liegen höher bei der Erhitzung als bei der Abkühlung. Wahr ist freilich, dass die Temperatur der Proben bei Erhitzung wie bei Abkühlung nie genau dieselbe an ihrer Oberfläche wie im Inneren ist, woraus folgt, dass die vom Instrumente nachgewiesenen Temperaturen um etwas zu niedrig bei der Abkühlung und um etwas zu hoch bei der Erhitzung ausfallen; im Allgemeinen ist aber doch bei der Mehrzahl der fraglichen Fälle die dadurch herbeigeführte Verschiedenheit viel kleiner als die gefundene. Gleichwohl erscheint es wahrscheinlich, dass die theoretische Temperatur der kritischen Punkte in beiden Fällen die gleiche sei; aber wie sowohl die chemischen Reactionen wie die molekularen Veränderungen nur in grösserem Abstande von den betreffenden Gleichgewichtslagen in grösserer Schnelle vor sich gehen, so muss auch eine Verschiebung der Temperatur der kritischen Punkte in entgegengesetzter Richtung stattfinden, je nachdem sie während der Erhitzung oder während der Abkühlung statthat. Im vorliegenden besonderen Falle wird übrigens die fragliche Verspätung in Bezug auf die Verbindung des Eisens mit der Kohle noch weiter vergrössert durch die feste Beschaffenheit des Materials und in Bezug auf die molekulare Veränderung des Eisens durch die Gegenwart der Kohle. Diese Experimente bekräftigen und erklären eine von Brinell bemerkte wichtige Thatsache: dass die Temperatur, auf die ein zu härtender Stahl zu bringen ist, und die, welche während des Abkühlens zur Erreichung der Härte hinreicht beim Eintauchen ins Wasser, nicht identisch mit einander sind. Eisen und Stahl, vorher ausgeglüht und langsam abgekühlt, zeigen innerhalb dieser Temperaturgrenzen keine kritischen Punkte; bei gehärtetem Stahl dagegen ist dies nicht der Fall. Es ist bekannt, dass gehärteter Stahl beim Wiederausglühen mit der Steigerung der Temperatur die durch das Härten erlangte Härte und Sprödigkeit wieder einbüsst; daraus ist zu schliessen, dass die latente Härtungswärme während des Anlaufens frei wird, wodurch charakteristische Steigerungen der Temperatur herbeigeführt werden müssen. Dieser Schluss ist durch die Versuche bewahrheitet und die graphische Darstellung auf S. 108 gestattet eine Vergleichung der Wiedererhitzungscurven für ein und denselben Stahl im ausgeglühten wie im gehärteten Zustande. Das Freiwerden der Härtungswärme zeigt sich unter den bei den Versuchen waltenden Umständen zuerst bei etwa 200°. Es erreicht sein Maximum bei etwa 350° und scheint bei ungefähr 520° seine Endschaft zu erreichen. Eine letzte Entbindung von Wärme tritt zwischen 660 und 680° ein. a 3 a 2 a 1 Grenze Maximum Grenze Grenze Maximum Grenze Grenze Maximum Grenze Elektrolytisches Eisen bei der Abkühlung 855° 855° 855° 750° 733–705° 690° Zweifelhaft            „                „      „    „   Erhitzung 900° 867° 840° 730° 720° 710° Nichts Weiches Eisen bei der Abkühlung 845° 822° 800° 755° 730° 710° 680° 658° 645°       „          „     „     „   Erhitzung 920° 900–864° 835° 755° 725° ? 590° Ziemlich weicher Stahl bei der Abkühlung 750° 695° Verspätet 661° 645°       „             „         „      „    „   Erhitzung 720° 705° 690° Harter Stahl bei der Abkühlung 720° 674° 645°     „         „      „    „  Erhitzung 705° 700° Daraus ergibt sich, dass Eisen und Kohle, die im gehärteten Stahl nicht im Gleichgewichte waren, gerade wie plastischer Schwefel, suchen, soweit dies die Umstände zulassen, bei dieser Temperatur ihre normale Gleichgewichtslage wieder einzunehmen. Beim Anlaufen geht somit das β-Eisen in α-Eisen und die Härtungskohle in Caburetkohle wieder über. Beim gegenwärtigen Stande der Wissenschaft ist es nicht bekannt, inwieweit die Veränderungen des Eisens und der Kohle nach einander oder gleichzeitig eintreten, ebenso wenig wie eine jede der einzelnen Temperatursteigerungen bei der Erhitzung eigentlich zu erklären sei. Nimmt das Eisen die α-Form an, wenn die Härtekohle, die die β-Form bewahrt, mit ihm sich verbindet, oder kann gegentheils das β-Eisen, sich selbst überlassen, in höherer Temperatur unverändert bleiben? Trotz der wichtigen Untersuchungen von Barus und Strouhal über das Anlaufen bleibt es schwierig, dies zu entscheiden. Diese Physiker wiesen nach, dass gehärteter Stahl beim Schmelzpunkte des Bleis fast, wenn nicht vollständig, den elektrischen Widerstand des ausgeglühten und seine thermo-elektrischen Eigenschaften wiedergewinnt. Der Schmelzpunkt des Bleis fällt mit dem nach der Härtung beobachteten Maximum der Wärmezunahme (etwa 350°) zusammen. Andererseits ist der specifische Magnetismus des Stahls, den man bei 330° anlaufen liess, sehr verschieden von dem desselben Stahls nach dem Ausglühen und langsamen Erkalten. Auch die andere durch die Curve nachgewiesene Wärmezunahme zwischen 660 und 680°, die übrigens allein auf sehr harten Stahl beschränkt bleibt, beweist, dass die Härtewirkungen bei dieser Temperatur nicht völlig paralysirt werden. Diese Frage ist in der That eine sehr schwierig zu beantwortende. M. Werth und Osmond haben an einem etwas weichen Stahl bestimmt nachgewiesen, dass die Härtekohle beim Anlaufenlassen im Bleibade bei ungefähr 400° ebenso vollständig in den Zustand von Carburetkohle zurückgeführt wird, wie durch Glühen in Rothglut. Wäre aber auch in beiden Fällen der chemische Zustand der Kohle der gleiche, so ist dies doch nicht der Fall mit ihrem physischen. Nach Weyl's Methode wird das Carburet aus ausgeglühtem Stahl als glänzende, metallische Schuppen ausgeschieden, dagegen wird aus angelaufenem, auf gleiche Weise behandelt, dasselbe als dunkles, amorphes Pulver erhalten. Letzteres Carburet bildet sich in situ und bleibt nach der Auflösung im Zustande unendlich feiner Vertheilung zurück. Gleich der Härtekohle, aus der es sich bildet, kann es bei der verhältnissmässig niedrigen Temperatur von 400° nicht wie in der Rothglut zu Schuppen sich sammeln. Dazu kommt die grosse Verschiedenheit der Structur, welche bedeutenden Einfluss auf gewisse physische und vor allen auf die mechanischen Eigenschaften zu üben scheint, welche beim ausgeglühten und beim angelaufenen Stahl so verschieden sind. Textabbildung Bd. 280, S. 108Graphische Darstellung des Einflusses der Härtung. Bemerkenswerth ist, dass die Veränderung der Kohle allmählich vor sich geht. Diese Thatsache stimmt vollständig mit der täglichen Erfahrung überein, nach welcher die Wirkung des Anlaufenlassens proportional der erreichten Temperatur ist. Die Gestalt der Wiedererhitzungscurve zeigt deutlich und von Barus und Strouhal wurde nachgewiesen, dass gehärteter Stahl bei Wiedererhitzung einen allein von der Temperatur abhängigen Gleichgewichtszustand anstrebt, der um so schneller erreicht wird, je höher die Temperatur ist. Da die Reaction möglich ist, so kann es scheinen, sie müsse auch eine vollständige sein, weil sie durch kein entgegengesetztes Streben beschränkt wird über das hinaus, was die Temperatur bedingt. Ist dies nicht der Fall, so hängt dies davon ab, dass das feste Medium nicht wie ein flüssiges oder gasförmiges im gewünschten Augenblicke die Berührung aller Atome unter einander gestattet, die sich verbinden sollen. Vielleicht ist die späte Wärmeentbindung zwischen 660 und 680° dadurch begründet. Es ist klar, dass die Details ausgearbeitet werden müssen, bevor die Grundprincipien der Anlauftheorie entwickelt werden können. Einfluss fremder Stoffe. (Graphische Darstellung auf S. 110.) Bor. Eine einzige im luftleeren Raume aus Eisen und krystallisirtem Bor zusammengegossene Probe gelangte zur Untersuchung. Die Abkühlungscurven – jede derselben stellt die Mittelwerthe zweier übereinstimmender Proben dar – zeigen keine sehr deutlichen Ausbuchtungen; das Probestück war sehr klein und wog nur 4 g. Es wurde eine zweimalige Wärmeentbindung beobachtet: \frac{a_{r3}}{m}, dessen Maximum zwischen 815 und 805°, und a_{r2}+\frac{(m-1)\,a_{r3}}{m}, dessen Maximum zwischen 735 und 725° liegt. Beide Wärmeentbindungen gleichen einander ziemlich; während bei reinem Eisen ar3 drei- bis viermal stärker ist als ar2. Durch Bor ist ar3 um 40 bis 50° und um 120 bis 130° bis zu ar2 niedergezogen worden. Diese Wirkung gleicht der der Kohle, wovon die Probe jedoch nichts oder nur so wenig enthält, dass die Curve ar1 nicht mehr deutlich zeigt. Die bei der Abkühlung von 1200° herab zwischen 980 und 940° beobachtete Wärmeentbindung zeigt die Entstehung von etwas borsauren Eisenoxyden, gebildet durch die Oxydirung der Oberfläche des Probestücks. Untersucht wurde ferner eine Probe, welche enthielt: Kohle 0,337, Kiesel 0,047, Schwefel 0,022, Phosphor 0,223, Mangan Spur und Nickel 5,970 Proc.; dieselbe war durch. Zusammenschmelzen von 80 g Eisen (Niete), 10 g Spiegeleisen mit 20 Proc. Mangan und 4 g Würfelnickel hergestellt worden und man hatte dazu einen mit Magnesia ausgefütterten Graphittiegel verwendet. Da der Deckel des Tiegels niedergeschmolzen war, so war die Luft im Tiegel beim Einschmelzen so oxydirend, dass alles Mangan verschwand und das Metall sehr rothbrüchig ausfiel. Die zur Probe verwendeten zwei Stäbchen wurden aus dem Regulus zu 5 × 5 × 25 mm geschnitten. Die Abkühlung erlitt einen einzigen Aufschub ar3–2–1 bei 650° in Verbindung mit Verlangsamungen, welche bei 675° beginnen und bei etwa 590° enden. In einem Eisen desselben Kohlegehalts aber ohne Nickel würden die Punkte ar3 und ar2 zu einer Verlangsamung ar3–2 zusammengefallen sein, welche völlig von an getrennt gewesen wäre. Der Nickel schob somit den Veränderungspunkt des Eisens erheblich abwärts und auch der der Kohle legte sich um etwas tiefer. Hopkinson's und H. Le Chatelier's neuerliche Versuche ergaben, dass der kritische Punkt bei Stahl mit 25 Proc. Nickel bei der Abkühlung unter 0° liegt, während der entsprechende bei der Erhitzung nahezu bei 600° verbleibt. Diese Thatsache ist ausserordentlich merkwürdig. Da Nickel ebenso wie Eisen ein polymerischer Stoff ist, so wird das Studium aus beiden zusammengesetzten Legirungen ein besonderes Interesse bieten. Folgende manganhaltigen Producte wurden untersucht: 3 7 8 9 10 11 12 Basisches BessemermetallGeschmiedetRund5 mm rund60 cm lang Ferromangan vonSt. LouisGegossenQuadratisch7 × 7 mm40 cm lang Gehalt an Kohle 0,20 0,32 0,42 0,18 Proc. Kiesel 0,06 0,05 0,035 0,07   0,80   0,43   0,71 Schwefel 0,06 0,02 0,03 0,035 Phosphor 0,052 0,051 0,093 0,073   0,098   0,11   0,065 Mangan 0,27 0,50 1,00 1,08 18,00 49,00 81,00 Nr. 3 ist dieselbe Probe, welche bereits oben in der Kohlen reihe aufgeführt wurde. Jede Probe wurde zwei auf einander folgenden Abkühlungen unterzogen, die des Manganeisens nur von 900°, alle übrigen von 1100° ausgehend. Die ersteren zeigten allerdings zwischen der angeführten Temperatur und den Schmelzpunkten einige mit dem Schmelzen der verschiedenen Bestandtheile zusammenhängende Extraverschiebungen, diese haben indessen nichts mit den kritischen Punkten zu schaffen. Die Resultate der abgeführten Experimente sind die folgenden: Man-gan-gehalt a r3–2 a r1 Proc. Anfang Maximum Ende Anfang Maxim. Ende Flussmetall Nr. 3  erste Abkühlung   0,27 780° 720–715° 690° 680° 660° 640° Flussmetall Nr. 7  erste und zweite  Abkühlung   0,50 740° 705–697° 660° 660° 640° 620° Flussmetall Nr. 8  erste und zweite  Abkühlung   1,00 725° 655°? Verbunden 625° 600° Flussmetall Nr. 9  zweite Abkühlung   1,08 725°? 658°? 620° 595° Manganeisen, Ab-  kühlung 18,00 Keine Unterbrechung bemerkbar Manganeisen, Ab-  kühlung 49,00   „                 „                 „ Manganeisen, Ab-  kühlung 81,00   „                 „                 „ Im selben Verhältniss, wie der Mangangehalt grösser wird, senkt sich die Recalescenztemperatur und die allotropische Veränderung des Eisens erfolgt ebenso. Das Manganeisen lässt nur mehr zweifelhafte Spuren von Unterbrechungen erkennen. Daraus folgt, dass je grösser der Mangangehalt des Metalles, um so länger das Eisen in β-Form und die Kohle als Härtekohle sich erhalten. Diese Wirkung gleicht der sehr, welche durch schnellere Abkühlung bei nicht manganhaltigem Stahl gleichen Kohlegehalts herbeigeführt wird. Thatsächlich ist die Gegenwart von Mangan gleichbedeutend mit einer mehr oder weniger vollkommenen Härtung; dies stimmt mit den bekannten Eigenschaften des Manganstahls überein. Es ist bekannt, dass Mangan die Weichheit vermindert, aber er vergrössert ebenso wohl die absolute Festigkeit wie die Neigung zum Oxydiren, den elektrischen Widerstand und das Verhältniss zwischen bleibendem und totalem Magnetismus. Diese Eigenschaften sind vom β-Eisen herzuleiten, dessen Verhältniss im abgekühlten Metalle mit dem Mangangehalte wächst und nicht durch das Mangan selbst. Hadfield's besonders manganreiche Eisensorten verhalten sich nach Barrett's und Hopkinson's Untersuchungen wie Manganeisen: sie lassen keine Recalescenz erkennen. In diesen Metallen befindet sich alles Eisen im β-Zustande, der normalen und beständigen Form des Eisens, dessen Wärmegrad 860° übersteigt. Aber β-Eisen, über 860° erhitzt, ist nicht magnetisch und das Gleiche muss somit auch bei Hadfield's Eisenmangan wie beim Manganeisen der Fall sein. Es liegt hier eine durchschlagende experimentelle 23 24 25 Beschaffenheit gegossen gegossen gegossen Querschnitt 6 × 6 mm 5½ × 5½ mm 7 × 7 mm Länge 27 mm 30 mm 26 mm Gewicht beider Stücke zu-    sammen 10 g 13 g 13 g Kohlegehalt 0,102   0,183 unter 0,1 Kupfergehalt 0,847 4,10 4,44 ar3 hebt an bei etwa 825°       Maximum 815–805°       endet gegen 785° ar2 hebt an bei 755° 765°       Maximum 710° 725–715° 720°       endet bei 690° 660° 660° ar1 hebt an bei 650°       Maximum 660–650° 620–610° 610–600°       endet bei 590° Bekräftigung der Theorie vor, da dies nun wirklich der Fall ist. Die kupferhaltigen Proben 23, 24 und 25 waren befeilte kleine Güsse und hatten nicht völlig regelmässigen Querschnitt auf ihrer ganzen Länge, was jedoch ohne Bedeutung ist; auch ihre Curven repräsentiren die Mittelwerthe je zweier Experimente. Bei Nr. 23 mit einem Kupfergehalte von 0,847 Proc. sind alle drei kritischen Punkte sehr deutlich erkennbar; ar3, dessen normale Lage sonst bei 855°, liegt bereits um 40 bis 50° tiefer. Steigt der Kupfergehalt, so fällt ar3 mit ar2 bei etwa 720° zusammen und ar1 verlegt sich ebenfalls tiefer; Kupfer wirkt demnach in gleicher Weise, aber weniger energisch als die vorher behandelten Stoffe, denn 4 Proc. Kupfer üben auf die Veränderung des Eisens keinen grösseren Einfluss als 0,2 Proc. Kohle. Drei chromhaltige in Behandlung genommene Proben vom Stahlwerke bei Unieux – Nr. 14, 15 und 16 – in Form von 60 cm langen geschmiedeten Stäbchen mit 8 mm Seite hielten Kohle 0,33 0,5–0,6 und 2 Proc. Chrom 1,00 2,00 10–12 Im weichen Chromstahl beginnt die Molekularmodification des Eisens ar3–2 bei etwa 770°, erreicht das Maximum bei etwa 727° und ist noch nicht völlig abgeschlossen, wenn die Kohle sich zu verändern anhebt; die letztere Veränderung hat ihr Maximum bei 680°. Dieses Ergebniss, mit dem der chromlosen Probe Nr. 3, die ungefähr gleichen Kohlegehalt besitzt, verglichen, zeigt, dass das Maximum ar3–2 bei Chromstahl sich weit höher als bei gewöhnlichem Stahl verlegt. Die von einer Anfangstemperatur von 1100° abgekühlten Proben Nr. 15 und 16 zeigen nur eine Verschiebung ar3–2–1, die aber eine deutliche Recalescenz ist. Das Quecksilber hielt bei ihnen im Fallen ein bei 690 bezieh. 716° und nahm dasselbe wieder auf bei 676 bezieh. 694°. Bei einem zweiten Abkühlen der härtesten Probe (Nr. 16) von nur 800° Anfangstemperatur trat der Stillstand bei ungewöhnlich hoher Temperatur – 744° – ein. In der Hauptsache beweisen die angegebenen Ziffern, dass die Gegenwart von Chrom ar1 ansehnlich höher verlegt; Chrom wirkt also entgegengesetzt von Mangan, und wenn dessen Wirkung der Härtung gleicht, so wird Chrom auf Eisen ähnlich dem Ausglühen wirken. Im Verhältniss zu seiner Härte besitzt Chromstahl nur geringe Sprödigkeit; seine Härte dankt er dem Chrom, seine Festigkeit dagegen dem verhältnissmässig geringen Gehalte an β-Eisen. Hervorgehoben sei noch, dass der Einfluss der Anfangstemperatur der Abkühlung auf die Lage von ar1 bei Chromstahl grösser ist als bei Kohlenstahl. Die kritischen Punkte ar3, ar2 und ar1 bleiben überall deutlich bei den Experimenten mit 4 zu 5 × 5 × 40 mm ausgeschmiedeten Wolframstählen; Zusammensetzung und Resultate enthält die folgende Tabelle: Die Vergleichung von Wolframstahl mit Stahl ohne Wolfram in den Ergebnissen der Experimente stellt fest, dass: ar3 und ar2 normale Lage und Grösse beibehalten (die tiefere Verschiebung bei Nr. 29 ist durch den grösseren Mangangehalt verursacht) und dass bei genügender Grösse des Wolframgehaltes 26 27 28 29 Proc. Proc. Proc. Proc. Gehalt an Kohle 0,13 0,13   0,115 0,14      „      „  Kiesel   0,012   0,035   0,012   0,023      „      „  Schwefel 0,04   0,064   0,047   0,028      „      „  Phosphor   0,097   0,071 0,09   0,041      „      „  Mangan 0,41 0,28 0,38 0,52      „      „  Wolfram 0,26 0,99 1,53 ar3 Anfang 835° 835° 855° 800°      Maximum 805–795° 805–795° 805° 775–765°      Ende 775° 775° 775° 755° ar2 Maximum 720–710° 730–720° 730–720° 710° ar1 Maximum 620–610° 620–610° 610–600° 540–530° ar1 erheblich tiefer fällt. Ein Wolframgehalt bis zu 1,5 Proc. wirkt demnach nicht merkbar auf die allotropische Veränderung des Eisens, veranlasst aber eine Verschiebung nach unten bei dem Umsetzen der Kohle bis zu 530°. Wolfram wirkt im Eisen ähnlich dem Härten, allein nicht an und für sich, vielmehr durch die Kohle, der er die Form von Härtekohle erhält. Ausserdem erfolgt bei hartem Stahl eine Verschiebung von ar1 nach unten nur dann, wenn die Anfangstemperatur bei der Abkühlung eine hohe war. Bei Abkühlung aus nur 750° liegt ar1 bei 670°, ist aber getrennt von ar3–2 Die Wirkung des Wolframs ist in diesem Falle der des Chroms vollständig gleich und entgegengesetzt der eben vorher erwähnten. Textabbildung Bd. 280, S. 110Graphische Darstellung des Einflusses fremder Stoffe. Die Experimente an Eisen mit steigendem Kieselgehalte wurden an fünf zu 6 bis 7 mm quadratisch ausgeschmiedeten Stäben von 12 cm Länge ausgeführt, deren chemische Zusammensetzung die folgende war: 30 31 32 33 34 Proc. Proc. Proc. Proc. Proc. Kohle 0,14 0,18 0,20 0,20 0,25 Kiesel 0,18–0,24 0,70–0,87 2,11–2,18 2,67–2,69 4,18–4,49 Schwefel 0,08 ? 0,06 ? ? Phosphor 0,05 ? 0,04 ? ? Mangan 0,14 0,21 0,25 0,25 0,36 Die damit festgestellten Ergebnisse sind: 30 31 32 33 34 ar3 Anfang 860° 850° Zweifelhaft       Maximum 830–810° 835–825°       Ende 780° 810° ar2 Anfang 740° ? ? ? ?       Maximum 725–710° 720–710° 720–710° 720–710°       Ende 700° 690° Zusammenfallendmit ar1 ar1 Anfang 670° 670° ?       Maximum 660–650° 660–650° 680–670° 690–680° 710–700°       Ende 620° 630° 650° 660° 670° Bei wachsendem Kieselgehalte rückt ar3 um etwas in die Höhe, sich der normalen Lage bei reinem Eisen (855°) nähernd, gleichzeitig nimmt seine Dauer sehr schnell ab. Schon beim Metalle Nr. 31 mit 0,8 Proc. Kiesel ist dieselbe erheblich verringert und bei den noch kieselreicheren Proben ist sie sozusagen gleich Null. Gleichwohl ist ar3 nicht verschoben. Der Kiesel verhindert die molekulare Veränderung des Eisens somit und erhält dasselbe in der α-Form auch bei solchen Wärmegraden, bei denen kieselfreies Eisen unausweichlich die β-Form annimmt. ar2 scheint durch den Einfluss des Kiesels um etwas hinabgedrückt zu werden, von 725 bis 710° auf 710 bis 700°, doch tritt diese Wirkung nicht sehr deutlich zu Tage; ar2 scheint hier das Ende von ar3 zu vertreten, d.h. die allotropische Veränderung der Moleküle des Eisens, welche unmittelbar von der Kohle abhängt. Bei ar1 veranlasst der Kiesel eine langsame, aber ganz deutliche Steigerung von 660 bis 650° auf 710 bis 700°, so dass ar2 und ar1 bei den Proben 32 und 33 zusammenfallen, eine Wirkung gleich der des Chroms, entgegengesetzt der des Mangans, des Nickels und des Kupfers. Aus diesen Untersuchungen scheint hervorzugehen, dass der Kiesel mit den verwendeten Metallen lediglich in Legirung sich befand, ohne damit eine bestimmte Verbindung eingegangen zu sein. Bei Abkühlung der Proben 33 und 34 von den Anfangstemperaturen 1320 und 1400° war thatsächlich keine plötzliche und bestimmte Wärme entbindung wahrzunehmen, die auf das Erstarren eines geschmolzenen Theils wie beim Roheisen hätte hindeuten können. Drei 5 × 5 × 40 mm grosse Stücke von arsenhaltigem Eisen zu den Experimenten 36, 38 und 39 enthielten Proc. Proc. Proc. Kohle 0,12 0,12 0,14 Kiesel   0,023   0,035   0,023 Schwefel 0,02 0,22 0,04 Phosphor   0,041   0,035   0,154 Mangan 0,25 0,24 0,24 Arsenik Spur 0,51 0,55 ar3 begann bei 835° 855° 885°       hatte sein Maximum bei 825–805° 845–855° 845–855°       endete bei 785° 815° 815° ar2 hatte sein Maximum bei 735–725° 735–725° 730–720° ar1     „     „            „         „ 640–630° 640–630° 640–630° Wie Kiesel verschiebt auch Arsenik die Lage von ar3 gegen die normale um etwas nach oben und schwächt zugleich seine Intensität; vielleicht verschwindet bei höherem Arsenikgehalte ar3 ganz. Die Einwirkung von 0,5 Proc. Arsenik auf ar2 und ar1 ist unmerkbar. Die Proben 19 und 20 bestanden aus Puddeleisen bezieh. basischem Bessemereisen vor dem Nachblasen, sie enthielten: Kohle 0,05 Proc. bezieh. 0,10 Proc. Kiesel 0,08 ? Schwefel 0,02 ? Phosphor 0,38 1,35 Mangan Spur 1,46 Die Curve des Puddeleisens deckt sich vollständig mit der des elektrolytischen Eisens, nur tritt ar3 allmählich und nicht plötzlich ein. Der Einfluss des Phosphors macht sich bei diesem Puddeleisen noch nicht bemerklich, vermuthlich weil ein erheblicher Theil noch als Eisenphosphat der Schlacke beigemischt ist. Das basische Bessemereisen vor dem Nachblasen genommen gibt bei Abkühlung von einer Anfangstemperatur von 1350° nur einen einzigen kritischen Punkt ar1 bei 680° und auch dieser tritt nur ganz unbestimmt auf. ar3 und ar2 sind verschwunden; der Phosphor hat gleiche Wirkung mit dem Kiesel: das Eisen behält auch bei höherer Temperatur seine α-Form bei. Die dimorphe Veränderung ar3–2 eines rothbrüchigen, in der Praxis unverwendbaren basischen Bessemerstahls mit 0,48 Proc. Kohle, 0,08 Proc. Kiesel, 0,28 Proc. Schwefel, 0,16 Proc. Phosphor und 0,51 Proc. Mangan hatte ihr Maximum zwischen 740 und 730° und fällt mit dem Stadium der Recalescenz ar1 bei 671 zusammen. Vergleicht man damit die Werthe aus der Probe 7 mit gleichem Mangangehalt. 0,32 Proc. Kohle und nur 0,02 Proc. Schwefel, so hat man die Maxima von ar2–3 und ar1 beim Normalstahl bei 705–697° bezieh. 640°, beim rothbrüchigen Stahl dagegen bei 740–720° bezieh. 671°; der Schwefel verschiebt ersichtlich die Lage beider kritischen Punkte um ungefähr 30°, seine Wirkung scheint also die gleiche zu sein mit der von Phosphor und Kiesel. Dr. Leo.