Titel: Neue Verfahren und Apparate in der Zuckerfabrikation.
Fundstelle: Band 280, Jahrgang 1891, S. 212
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Neue Verfahren und Apparate in der Zuckerfabrikation. (Fortsetzung des Berichtes S. 190 d. Bd.) Mit Abbildungen. Neue Verfahren und Apparate in der Zuckerfabrikation. Diffusions- und Pressschnecke. Von Moriz Klein, Maschineningenieur in Königsfeld bei Brunn. Privilegium vom 7. April 1890. (Oesterreichisch-Ungarisches Patentblatt, Nr. 15.) Vorliegende Erfindung bezweckt eine bedeutende Herabminderung des Anlagekapitals von Zuckerfabriken, und zwar in der Weise, dass die diversen Transportvorrichtungen für frische und ausgelaugte Rübenschnitte, ferner die ganze Diffusionsbatterie mit der Schnitzelrinne, sowie die Schnitzelpressen durch die Diffusions- und Pressschnecke ersetzt werden, und da zur Beaufsichtigung des Ganzen eine einzige Person genügt, auch eine bedeutende Reduction des Betriebskapitals. Textabbildung Bd. 280, S. 211Diffusions- und Pressschnecke von Klein. Ausserdem wird das Abtriebwasser bezieh. die comprimirte Luft vollends erspart. In der Zeichnung stellt Fig. 2 den Aufriss der Diffusions- und Pressschnecke, Fig. 3 den Kreuzriss des Spurlagers und Fig. 4 den Kreuzriss des oberen Theiles derselben dar. Wie aus Fig. 2 zu ersehen ist, besteht die Diffusions- und Pressschnecke aus der Gosse A, dem cylindrischen Mantel B, welcher unterhalb der Gosse gelocht ist, dem in der oberen Hälfte gelochten Pressconus C, ferner der Spindel D, die oben in einem Kammlager läuft, während sie unten in einem nachstellbaren Spurlager E gelagert ist, das seine Schmierung durch hineingepresstes Oel erhält. Dieses Spurlager ist durch zwei seitliche Zapfen F, wie aus Fig. 3 ersichtlich ist, in zwei Augenlagern G drehbar, die durch die beiden Ständer H gehalten werden. Auf der Spindel befindet sich die, durch das Abheben des mehrtheiligen Mantels leicht zugängliche Schnecke I. Zur Regulirung der Pressung dient der Conus K, welcher durch den Wurm L von Hand aus genähert oder entfernt werden kann. Der Antrieb der Spindel D erfolgt, wie Fig. 4 zeigt, durch die Voll- und Leerscheibe M und N, die Schnecke O und das Schneckenrad P. In den im Mantel B eingesetzten Gussstücken Q befinden sich die zweitheiligen Lager R, das Wasserventil S, die Wärmemesser T, die Druckmesser U und die Injectoren V. Die frischen Rübenschnitte gelangen von der Schneidemaschine in die bis zu beträchtlicher Höhe stets mit Schnitzeln gefüllte Gosse A. Während die Schnitzel langsam dem Pressconus zugeführt werden, tritt durch das Wasserventil S vorgewärmtes Druckwasser ein, welches, da die gepressten Schnitte im Conus ihm den Weg versperren, in entgegengesetzter Richtung der Schnittebewegung bis zur Gosse A vordringt und die vollständige Diffusion der Schnitte bewirkt, indem ein reines Gegenstromprincip auftritt, da die allmählich mehr und mehr gesättigten Säfte mit immer frischeren Schnitten in Berührung kommen, bis schliesslich erstere im gelochten Theile unterhalb der Gosse austreten und direct den Malaxeuren bezieh. den Saturationsgefässen zugeführt werden. Das Mitrotiren der gepressten Schnitte ist durch die im Conus quer eingeführten Stäbe W verhindert. Die Patentansprüche lauten: 1) Eine Diffusions- und Pressschnecke, in welcher die Diffusion der frischen und die Auspressung der ausgelaugten Rübenschnitte stattfindet, wesentlich wie gezeichnet und beschrieben. 2) Das Verfahren der Diffusion und Auspressung mittels der sub 1 angeführten Diffusions- und Pressschnecke, wesentlich wie beschrieben und gezeichnet. Nach der angegebenen Quelle haben die mit der beschriebenen Diffusions- und Pressschnecke in der Zuckerfabrik Dioszegh angestellten Versuche ein vollständig befriedigendes Resultat ergeben. Schnitzel- und Pülpenfänger. Von Oscar Pillhardt in Gross-Gerau (Hessen). (D. R. P. Nr. 51820 vom 31. März 1889.) Diese Erfindung hat den Zweck, die fein zertheilten festen Bestandtheile aus dem Rohsafte auf continuirlichem Wege, ohne die Saftcirculation wesentlich zu beeinträchtigen oder zu unterbrechen, abzuscheiden. Derselbe besteht aus einem mit der senkrechten Antriebwelle W rotirenden Siebcylinder S (Fig. 5), welcher oben durch den Deckel E verschlossen ist und unten mit dem Abführungsstutzen R communicirt, im Uebrigen nach aussen aber durch den Deckel F abgeschlossen ist. Dieser Siebcylinder ist von einem cylindrischen Behälter C umgeben, an welchen sich unten ein trichterförmiger Ansatz T anschliesst, der mit dem Stutzen R, welcher am oberen Ende zur Stützung der senkrechten Welle W ein Spurlager D trägt, in einem Stück gegossen ist. In dem Behälter C ist eine Abstreichvorrichtung angeordnet, welche in dem Kasten K in geeigneter Weise befestigt und mittels der abnehmbaren Verschlussplatte P zugänglich gemacht ist. Textabbildung Bd. 280, S. 212Fig. 5.Schnitzel- und Pülpenfänger von Pillhardt. Oben ist der Behälter C mit einem Deckel verschlossen, steht aber durch vier Rohre a, welche gleichzeitig als Stützen dienen, mit einem cylindrischen Gehäuse H in Verbindung, welches mittels eines Deckels verschlossen ist. In diesem Gehäuse bewegt sich ein mit der Welle W fest verbundener röhrenförmiger Arm M, welcher mit dem Zuführungsrohre O communicirt und dessen Querschnitt sich nach der Ausflussöffnung hin verengt. An dem Arme M ist in entgegengesetzter Richtung ein Gegengewicht j angebracht, welches zur Ausbalancirung des Armgewichtes dient. Statt des einen Armes M lassen sich zwei und mehrere Arme anwenden oder man kann auch ein Turbinenrad in Anwendung bringen. Es kann ferner mit dem Siebcylinder S direct das Laufrad einer Turbine verbunden und über diesem das Leitrad angeordnet werden. Der ganze Apparat wird in die Rohsaftleitung eingeschaltet, so dass der Saft bei A ein- und schliesslich bei B wieder austritt. Der unter einem gewissen Drucke stehende, bei A eintretende Rohsaft wird zunächst motorisch ausgenutzt, indem derselbe bei dem Durchströmen durch den gekrümmten Arm M diesen vermöge der Reactionskraft in Rotation versetzt, welch letztere mittels der Welle W auf den Siebcylinder S übertragen wird. Aus dem Gehäuse R fliesst alsdann der Saft durch die Röhren a in den Behälter C und wird vermöge des im Inneren des Siebcylinders herrschenden geringeren Druckes durch das Sieb hindurchgesaugt, wie die Pfeile angeben. Die Schnitzel- und Pülpentheile schwimmen in dem Safte und sinken allmählich vermöge ihrer Schwere nieder und sammeln sich im conischen Ansatzgefässe T an. Derjenige Theil der Schnitzel und Pulpe, welcher etwa am äusseren Umfange des Siebcylinders haften bleibt, wird während der Rotation des letzteren mittels Streicher N abgenommen und sinkt in den trichterförmigen Ansatz T. Der gereinigte Saft fliesst aus dem Siebcylinder S in der Pfeilrichtung durch den Stutzen R ab; die Mündung des Ansatzes T ist von einem Schieber oder einer anderen geeigneten Vorrichtung dicht verschlossen, welche von Zeit zu Zeit geöffnet wird, um die angesammelten Bestandtheile mittels einer Rohrleitung in einen theilweise mit frischen Rübenschnitzeln angefüllten Diffuseur ablassen zu können. Patent-Anspruch: Ein Schnitzel- und Pülpenfänger, gekennzeichnet durch einen senkrechten Siebcylinder (S), welcher durch ein Reactionsrad (M) mit Hilfe des Saftdruckes umgetrieben wird und in welchen der Saft von aussen (bei aa) eingepresst und axial abgeführt wird, während ein fester Abstreicher (NN) die anhaftenden Schnitzel- und Pulpentheilchen wegnimmt. (Nach mehrfachen Berichten hat sich dieser Schnitzelfänger bewährt und ist sehr empfehlenswerth. S.) Auf eine Vorrichtung zur Circulation der Füllmasse in Vacuumapparaten wurde Christian Andreas Freitag (Amsterdam) ein D. R. P. vom 3. April 1889 ab ertheilt (Kl. 89 Nr. 53679). Textabbildung Bd. 280, S. 212Circulation der Füllmasse im Vacuumapparat von Freitag. Die Verdampfapparate, bei welchen diese Circulationsvorrichtung zur Verwendung kommt, können mit Röhren-, Schlangen- oder Elementen-Heizsystemen ausgerüstet sein. In der Mitte des in Fig. 7 dargestellten Verdampfapparates wird ein Rohr a von passender Weite in der Weise angebracht, dass die Oberkante des Rohres dem Stande der niedrigsten Saft- oder Füllmassensäule entspricht, während das untere Ende des Rohres vom Boden des Apparates etwa 300 mm Abstand hat. Ausserdem wird etwa 80 bis 100 mm von der Aussenwand des Apparates ein oben und unten offener Blechmantel b angeordnet, dessen Oberkante gleiche Höhe mit dem Rohr a hat, während seine Unterkante ungefähr mit dem Heizsystem abschneidet. Weil in Folge des Einkochens und des darauffolgenden Nachziehens die Oberfläche der Füllmasse im Apparate steigt und fällt, ist in das mittlere Rohr a ein zweites Rohr c eingesetzt, welches sich in dem ersteren führt und, an einer oben mittels Stopfbüchse dampfdicht geführten Stange hängend, je nach dem Oberflächenstand der Füllmasse mehr oder weniger emporgezogen wird. Das Auf- und Abwärtsbewegen des Rohres c kann mit Hilfe einer einfachen Hebevorrichtung mittels Ketten und Rollen erfolgen, wobei zweckmässig der Stand des Rohres aussen am Apparate durch einen Zeiger e (Fig. 6) angegeben wird. Durch das mittlere Rohr a bezieh. das Rohr c und den Mantel b wird die im Verdampfapparate befindliche Füllmasse nach Ansicht des Erfinders in Dampfblasen führende und von Dampf blasen freie Masse getrennt. Die an den Heizflächen sich bildenden Dampf blasen haben das Bestreben, nach oben zu steigen, nehmen die sie umgebende Füllmasse mit und entweichen an der Oberfläche aus derselben. Während nun der auf diese Weise bewirkte Auftrieb der ganzen Masse über dem Heizsystem im ganzen Apparate stattfindet, wird der in Bewegung befindlichen Masse durch die Anordnung des Mittelrohres a und des Mantels b Gelegenheit gegeben, ohne mit der aufsteigenden Masse in Berührung zu kommen, nach abwärts zu fliessen und damit der Heizfläche wieder zugeführt zu werden. Durch die Teleskopeinrichtung der Rohre a und c kann nur die oberste Füllmassenschicht, welche den grössten Wassergehalt aufweist, nach dem unteren Theile des Verdampfapparates gelangen, geht von hier aus durch die Heizregion, steigt empor u.s.w., so dass eine ununterbrochene Circulation stattfindet. Um vorhandene Verdampfapparate mit Aussencirculation versehen zu können für den Fall, dass die Einbringung eines Mantels für Innencirculation nicht zu ermöglichen ist, werden an der Aussenwand eine Anzahl Rohre dd (Fig. 6 und 8) angebracht, welche nach dem unteren kegel- oder kugelförmigen Theile des Apparates führen und die Circulation der Füllmasse in gleichem Masse begünstigen, wie der Innenmantel bei der vorher beschriebenen Einrichtung. Beim Ablassen des Sudes wird das bewegliche Rohr c ganz emporgezogen, damit die Füllmasse durch das feste Rohr a ungehindert ablaufen kann. Patentanspruch: Zur Erzielung einer Circulation der Füllmasse während des Kochprocesses in Verdampfapparaten die Anordnung eines festen Mittelrohres (a) und eines in diesem verschiebbaren Rohres (c), sowie die Bildung eines isolirten ringförmigen Raumes am Umfange des Heizsystems durch Anordnung eines Mantels (b) innerhalb der Apparatwandung oder aussen durch die Wandung hindurchgeführter Communicationsrohre (d). Ein Apparat zum continuirlichen Trocknen von Zuckerstreifen oder -Platten wurde R. Pzillas in Brieg (Schlesien) patentirt (D. R. P. Nr. 52067 vom 26. September 1889 ab). In der Zeichnung zeigt Fig. 9 einen Längsschnitt, Fig. 10 einen Querschnitt und Fig. 11 die Anordnung des Trockenapparates. Der Apparat besteht aus einzelnen Trockenkammern a, welche an den Längswänden mit durchlaufenden Führungsleisten versehen sind, auf welchen die mit Zuckerstreifen oder -Platten belegten Bretter k lagern. Vorn und hinten am Trockenapparat befinden sich seitlich verschiebbare Wagen b und c, erstere für das Einbringen der feuchten, letztere für das Ausbringen der getrockneten Zuckerstreifen, mit den gleichen Kammereintheilungen und Führungsleisten. Der Transport der Zuckerbrettchen k im Apparat geschieht durch mittels Vorgelege angetriebene Druckstempel d, welche, wenn eingerückt, einen Weg gleich der Breite eines Zuckerbrettchens vor und zurück durchlaufen. Das Trocknen geschieht, indem im Heizraume e vorgewärmte Luft durch einen Exhaustor f mit starker Strömung hindurchgesaugt wird; hierbei mitgerissener Zuckerstaub setzt sich in der Staubkammer g an aufgehängten Tüchern h ab; die feuchte Luft wird bei i ausgestossen. Textabbildung Bd. 280, S. 213Pzillas' Trockenapparat für Zuckerstreifen und -Platten. Sobald der ganze Apparat mit den Zuckerbrettern gefüllt ist, geht der Betrieb in folgender Weise vor sich: Nachdem der Wagen b mit feuchten Zuckerstreifen beladen, der Wagen c von den getrockneten entladen ist, welche Arbeit ausserhalb seitlich des Apparates vorgenommen wird, werden beide Wagen gleichzeitig durch eine Vorrichtung in den Apparat eingeführt, die Druckstempel setzen sich in Thätigkeit, schieben sämmtliche Bretter k um eine Brettbreite vor, hierdurch wird Wagen b entladen und c mit trockenen Streifen beladen. Nachdem die Stempel zurückgegangen, kommen diese zum Stillstand, und werden nunmehr beide Wagen herausgebracht. Zum schnelleren Arbeiten sind die Wagen b und c doppelt angeordnet, d.h. wenn die Wagen auf der einen Seite herausgeholt werden, schieben sich auf der anderen Seite gleichzeitig zwei andere hinein. Wenn die Trockenvorrichtung getrennt von den Maschinen zur Fabrikation von Zuckerstreifen oder -Platten aufgestellt ist oder das Tragen der Bretter k bis zum Apparat vermieden werden soll, wird die Einrichtung getroffen, dass die Wagen b und c verbreitert werden, um mehrere Bretter neben einander aufzunehmen; in diesem Falle bewegen sich die Druckstempel um einen Weg gleich der gesammten Breite der Bretter k vor und zurück. Patentanspruch: Apparat zum Trocknen von Zuckerstreifen oder -Platten, gekennzeichnet durch eine mit an den Längswänden hinlaufenden Führungsleisten versehene Trockenkammer (a), die seitlich in die Kammer einschiebbaren, den Führungsleisten entsprechende Kammereintheilungen besitzenden Wagen b und c und die durch Vorgelege angetriebenen Druckstempel d, welche nach Einrücken der Wagen (b und c) in die Trockenkammer einen Weg gleich der Breite der Bretter k vor und zurück durchlaufen, so dass die mit Wagen b eingeführten Bretter (k) in der Kammer (a) einem erwärmten Luftstrome entgegen allmählich vorgeschoben und auf Wagen c aus der Kammer entleert werden. Ein Glühofen zur Herstellung von Knochenkohle wurde Adam Weber (New York) im Deutschen Reiche vom 31. Juli 1889 ab patentirt (D. R. P. Nr. 53380). Die Construction desselben beruht auf dem Generativsystem, wobei das zur Verwendung kommende Generatorgas in einem besonderen Ofen erzeugt wird und die rohen Knochen automatisch den Retorten zugeführt werden, während die gebrannten Knochen fortschreitend aus den unter den Retorten angeordneten Kühlapparaten in Transportschnecken entleert und dann durch einen Elevator den Mahlmühlen zugeführt werden, die sie zu Beinschwarz von verschiedener Feinheit verarbeiten. Zweck der neuen Einrichtung ist, die Herstellung von Beinschwarz unter Vermeidung von Handarbeit zu ermöglichen. Die Patentansprüche lauten: 1) Ein Glühofen für Knochenkohle, gekennzeichnet durch die Lagerung der Retorten in einer Grundplatte, die Anordnung eines mit einem Ablassschieber versehenen Kühlers unterhalb einer jeden Retorte und eine in dem Retortenkopfe angebrachte Scheidewand, durch welche dieser in zwei Kammern getheilt wird, deren eine zur Einführung der Knochen, deren andere zur Ableitung der Destillationsgase dient. 2) Bei dem unter 1) angegebenen Glühofen eine derartige Anordnung von Oeffnungen in den Böden der Kühler, sowie in den Schiebern, dass dieselben mittels der auf der gemeinsamen Welle angeordneten Curvenscheiben, deren excentrische Theile gegen einander versetzt sind, während eines gewissen Zeitabschnittes geöffnet werden, wenn die in der Curvennuth liegenden Führungsrollen den excentrischen Theil derselben durchlaufen. Zuckerkalk als Zusatz zum Wein. Das Gypsen der Weine zum Zwecke ihrer besseren Versendbarkeit und Erhaltung hat bekanntlich einige Uebelstände, von denen einer, die Entstehung von schwefelsaurem Kali durch doppelte Zersetzung, zu zahlreichen Erörterungen Gelegenheit gegeben hat, woraus sich die Feststellung einer Maximalgrenze für das Gypsen von 2 g schwefelsaurem Kali in 1 l ergeben hat. Es ist aber in der Praxis sehr schwer, den Gypszusatz so einzurichten, dass diese Grenze nicht überschritten wird, und mancherlei Unannehmlichkeiten für den Weinproducenten entstehen. Die Chemiker Castelaz und Bruère schlagen daher vor (Sucrerie indigène, Bd. 36 Nr. 11, nach Moniteur scientifique), den Gyps ganz wegzulassen und durch Zuckerkalk zu ersetzen. Zum Moste zugesetzt, löst sich derselbe darin auf und liefert einerseits Zucker und später Alkohol, andererseits kohlensauren, doppelt kohlensauren und weinsauren Kalk, welche Salze sich in verschiedenem Verhältniss, je nach der bei der Gährung entstehenden Kohlensäure auflösen. Die Kalksalze fällen die Proteinstoffe des Weins und bewirken dadurch gute Klärung und grössere Haltbarkeit. Später setzt sich der weinsaure Kalk ab und der Kalk verschwindet vollkommen aus dem Wein. Dieser behält also von dem Zusätze nichts zurück, als den entstandenen Alkohol, und es ist dies nicht allein eine theoretische Folgerung, sondern das Ergebniss von Versuchen, welche im J. 1889 in Nimes, nach den Angaben der oben Genannten, vollen Erfolg ergeben haben. Das Verhältniss von Zuckerkalk kann zwischen 100 und 300 g auf 1 hl Trauben wechseln; die mittlere Menge von 150 g wird in den meisten Fällen richtig sein; für Most soll man ⅓ weniger nehmen. Eine neue Reinigungsmethode für Zuckersäfte. Als solche ist die Fluorscheidung von A. und L. Lefrac und A. Vivien angegeben worden (Bulletin de l'assoc. des chimistes, Bd. 8 Nr. 2 und 3 S. 232). Die in den Zuckerlösungen enthaltenen Unreinigkeiten bestehen bekanntlich aus organischen Stoffen im freien und aus organischen Säuren im an alkalisch erdigen und anderen Basen gebundenen Zustande. Alle bisher angewandten Ausscheidungsverfahren für diese Verbindungen beruhen, wie bekannt, fast allein auf der Anwendung des Kalkes mit oder ohne derjenigen von Kohlensäure, wozu auch wohl noch schweflige Säure, Thonerde, phosphorsaure Salze, ferner Osmose und die Herstellung von Saccharaten hinzugenommen werden. Alle diese Reinigungsverfahren leiden an grossen Uebelständen, wie längst bekannt ist, und seit der Bestimmung des melassenbildenden Einflusses der Salze, seit 1860, hat man sich bemüht, die salzartigen Verbindungen durch Ueberführung in den unlöslichen Zustand auszuscheiden. Hierfür waren die Kieselfluorwasserstoffsäure und deren Abkömmlinge natürlich angezeigt, und einige Versuche sind in dieser Richtung angestellt worden, die aber sämmtlich scheiterten; wie sich nach der Natur der Sache voraussehen liess. Die Genannten haben nun gefunden, dass man mit einem Schlage durch doppelte Zersetzung fast vollständig sowohl die Basen wie die Säuren ausscheiden kann, indem man die ersteren an die Kieselflusssäure bindet und die anderen entweder als unlösliche Verbindungen oder durch Reduction oder endlich durch Oxydation ausfällt. Vom technischen Standpunkte betrachtet, scheint dieses doppelte Ziel am besten erreicht zu werden durch Kieselfluorblei und Kieselfluoreisen. Die Kieselflusssäure verbindet sich mit dem Kali und fällt mit diesem aus, die organische Säure vereinigt sich mit dem aus dem Blei entstehenden Bleioxyd, oder tritt einen Theil ihres Sauerstoffs an das Eisenoxydul ab, welches zu Oxydoxydul wird, oder sie nimmt Sauerstoff vom Eisenoxyd auf, welches zu Oxydul wird. Die Arbeitsweise mit dem neuen Verfahren der Fluorscheidung (fluation) ist folgende: Der mit möglichst hoher Dichte bei 20 bis 30° abgezogene Diffusionssaft wird in die Pfanne für die erste Saturation geleitet und daselbst mit einer je nach dem Aschengehalte verschiedenen Menge des Scheidemittels versetzt. Die Bestimmung dieser Menge geschieht täglich mit leicht anzuwendenden Mitteln. Ist das Aschengewicht bekannt, so betrachtet man dasselbe praktisch genau genug als dem gleichen Gewichte Kali entsprechend und findet danach durch Rechnung die entsprechende Menge des Scheidemittels. Theoretisch erfordert 1 k kohlensaures Kali, also auch 1 k Asche: 2,536 k wasserfreies Kieselfluorblei 1,437 k Eisenkieselfluorür (Einfach Kieselfluoreisen) 1,296 k Eisenkieselfluorid (Anderthalb-Kieselfluoreisen). Auf 1 hl Saft von 12 Proc. Zucker und einem Salzverhältnisse von 25, d.h. einem Aschengehalte von 0,480 k, braucht man demnach 1,248 k einer 30procentigen Lösung von Kieselfluorblei, entsprechend 4,127 l dieser Lösung. Im Allgemeinen muss man aber einen Ueberschuss des Scheidemittels nehmen, und es erhöht sich daher das Verhältniss auf 2,60 k wasserfreies Kieselfluorblei 1,50 k Eisenkieselfluorür 1,35 k Eisenkieselfluorid für je 1 k Asche. Der mit dem Mittel versetzte Saft wird mit Maischhölzern umgerührt, oder besser durch einen kalten Luftstrom während einer Viertelstunde gut gemischt und dann durch Filterpressen gedrückt. Der filtrirte Saft ist klar und schwach sauer, man schickt ihn in die zweite Saturationspfanne und neutralisirt bis zu schwacher Alkalität mit Kalkmilch, die man wieder mit einigen Luftstössen einrührt. Nach Durchgang durch eine zweite Filterpresse kommt der Saft in zwei besondere Behälter, einen vollen und einen leeren, wo die letzten Spuren des Scheidemittels ausgefällt werden. Man setzt nämlich auf 1 hl einige Cubikcentimeter Phosphorsäurelösung von 40 Proc. oder von saurem phosphorsauren Kalk bis zur erreichten Röthung von empfindlicher Lackmuslösung zu, stellt dann wieder eine Alkalität von etwa 1/10000 her und klärt mittels Sack- oder anderen Filtern, oder auch durch Filterpressen. Der so gereinigte Saft ist kalt und kann so nicht in den Dreikörper genommen werden; man lässt ihn daher durch einen Vorwärmer gehen, der mit dem Brüden des Verkoch- und des Verdampfapparates beheizt wird; hierdurch fällt alle bisher zur Saftreinigung erforderliche Wärme fort. Die mit der Fluorverbindung geschiedenen Säfte sind vollkommen farblos, und entsprechen genau dem mit Bleiessig geklärten; der Dicksaft von 20° B. ist schwach gelblich gefärbt und kann durch etwas Knochenkohlenmehl vollkommen entfärbt werden; er wird dann funkelnd klar wie Raffinerieklärsel. Die Füllmasse ist fast weiss, man könnte gewiss daraus unmittelbar Raffinadeplatten herstellen. Reinheit zwischen 95 und 96; Salzverhältniss 120 bis 140. Behandlung der Niederschläge. Die in den Filterpressen und Sackfiltern angesammelten Niederschläge sind dreierlei Art: Der erste, direct durch Zusatz des Scheidemittels gebildete enthält die niedergeschlagenen organischen Stoffe als Blei Verbindungen und die Asche als Kieselfluoralkalien. Nach dem Trocknen ist die Zusammensetzung folgende: Blei 36,956 Fluor 18,210 Phosphorsäure 2,700 Magnesia 1,139 Kalk 1,182 Kali 8,334 Natron 2,083 Stickstoff 1,181 Der zweite Niederschlag enthält weniger organische Stoffe, und besteht vorzugsweise aus dem geringen Ueberschusse des Scheidemittels und dem zu dessen Fällung gebrauchten Kalk. Er enthält: Blei 12 bis 15 Fluor   5   6 Kali   0,5   1 Kalk in Verbindung 15 25. Der dritte Niederschlag von der Phosphorsäure enthält nur schleimigen phosphorsauren Kalk und geringe Spuren phosphorsaures Blei. Die Menge der 45 bis 50 Proc. Wasser enthaltenden Niederschläge ist beim ersten 3 bis 4 k zweiten 1 2 k auf 100 k Rüben, entsprechend in trockenem Zustande zusammen 3 bis 4 Proc. des Rübengewichtes. Wiederbelebung. Es gibt zwei Methoden der Wiederbelebung der Scheidemittel, die eine auf nassem, die andere auf trockenem Wege. Die letztere hat deshalb den Vorzug, da zahlreiche Versuche zu einer Ofeneinrichtung geführt hatten, die dem Zwecke vorzüglich entspricht. Dieser Ofen ist der einfachste und bekannteste, nämlich der gewöhnliche Kuppelofen mit seinen Nebentheilen, welche die Gase aufzufangen gestatten. Derselbe hat unten vier Düsen, welche man mit der Gaspumpe der Fabrik speisen kann; unter den Düsen befindet sich eine Abflussöffnung zum Ablassen des Metalls (Blei oder Eisen), etwas oberhalb der Abflussöffnung befindet sich eine andere zum Abziehen der Schlacke, welche in unserem Falle aus der Asche der Rüben besteht, die durch den Schmelzprocess in Fluoralkalien umgewandelt worden ist. Der obere Theil des Ofens trägt einen dichten Fülltrichter und ein Rohr zum Ableiten der Gase. Die im Ofen vor sich gehende Zersetzung ist offenbar folgende: Das mit den organischen Stoffen verbundene Bleioxyd wird zu Metall reducirt; man braucht also nur wenig Kohle zuzusetzen. Die Kieselfluorverbindungen von Kali, Natron, Kalk und Magnesia zerfallen in der Rothglühhitze und liefern Fluoralkalien und gasförmiges Fluorsilicium, welches man in einer Reihe hölzerner verbleiter oder gemauerter Gefässe auffängt, in welche ein Wasserregen einströmt; es bildet sich dadurch unter Abscheidung von ⅓ der Kieselsäure Kieselfluorwasserstoffsäure. Nach der Filtration erhält man also 45 bis 50 Proc. des angewandten Fluorsiliciums wieder. Die flüssig abgezogenen Alkalifluoride werden bis zur Sättigung in Wasser gelöst; worauf man so viel Kalkmilch zusetzt, bis alles Fluor an Kalk gebunden ist. Durch Absitzenlassen und Abziehen erhält man kaustische Kalilauge von 20 bis 30° B. Das Fluorcalcium wird wieder zur Darstellung der Kieselflusssäure benutzt. Das metallische Blei wird geschmolzen und durch einen warmen Luftstrom oxydirt. Man sieht, diese Arbeit ist unschwer auszuführen und bedarf nur geringer, leicht herzustellender Einrichtungen. Man erhält 90 Proc. des Bleis, 40 bis 50 Proc. Kieselfluorwasserstoff und 25 bis 30 Proc. Fluor als Fluorcalcium wieder. Darstellung der Scheidemittel. Das Bleisalz erhält man durch langsames Auflösen in hölzernen oder verbleiten Gefässen von Bleiglätte in 15 bis 20grädiger Kieselflusssäure. Ein Ueberschuss von Blei ist zu vermeiden, vielmehr ein solcher von Säure zu erhalten, damit sich kein Bleifluorid bilde. Man kann genau die aus der Rechnung abzuleitenden Mengen anwenden. Das Eisenkieselfluorür wird durch Behandeln von Eisenstücken, Eisenfeil- oder Drehspänen mit Kieselflusssäure von etwa 15° B. erhalten; es entwickelt sich Wasserstoff und man muss entweder fleissig umrühren oder etwas erwärmen. Das Fluorür muss ebenfalls einen Säureüberschuss enthalten, um gut zu wirken. Das Fluorid erhält man durch Auflösen von Eisenoxyd oder Hydrat, oder eisenoxydhaltigen Erzen oder Rückständen in der Säure. Die Reinigung der Raffineriesirupe und der Nachproducte geschieht ähnlich wie die der Säfte. Die Entfärbung ist eine sehr bemerkenswerthe, es werden 90 bis 95 Proc. des Farbstoffes entfernt und das Salzverhältniss wie die Reinheit bedeutend erhöht. Geschmolzenes zweites Product z.B., welches eine Reinheit von 95 und ein Salzverhältniss von 65 zeigte, ergab ein Klärsel von 98 Reinheit und 150 Salzverhältniss. Die weiteren Angaben der Erfinder übergehen wir hier, da eine Bestätigung alles Mitgetheilten durch grössere und länger fortgesetzte Versuche wohl abgewartet werden muss. Das Verfahren ist ohne Zweifel höchst interessant: zum ersten Male werden beide Arten von Nichtzuckerbestandtheilen gleichzeitig und durch Zusatz eines einzigen Stoffes ausgeschieden; in welchem Masse, ist allerdings nach den Versuchen Aulard's (a. a. O. S. 241) noch nicht als feststehend zu betrachten. An eine technische Anwendung des Verfahrens ist vorläufig gewiss nicht zu denken, da die Arbeit nach demselben wegen der Wiederbelebung oder Darstellung der Reinigungsmittel mehr einer chemischen als einer Zuckerfabrik entsprechend sein wird. Das Bleisalz ist ausserdem giftig und eignet sich daher nicht zur Gewinnung eines Nahrungsmittels, auch ist nirgendwo eine Gewähr gegeben, dass nicht durch Misslingen einer Scheidung oder durch sonst einen Umstand ganz bedeutende Mengen Blei in die Säfte gelangen. Hierüber, wie über die Löslichkeitsverhältnisse aller in Betracht kommenden Verbindungen (in Zuckerlösungen!) werden erst nach eingehenden Beobachtungen, zunächst wohl den Erfindern, gemacht werden müssen. Neuerdings ist man, ohne Angabe der Gründe, von der Anwendung des Bleisalzes abgegangen und hat das Eisensalz benutzt, welches ebenso wie jenes angewandt werden und ähnliche Erfolge ergeben soll. Nähere Mittheilungen hierüber und namentlich über die Arbeit mit Rübensäften fehlen jedoch. Der Moniteur industriel vom 4. September 1890 S. 281 berichtet nach dem Propagateur (Martinique) über die Entstehung von Zuckerrohrpflanzen aus Samen folgendes: Wir erhielten von den Herren Littée, Verwaltern und Eigenthümern der Pflanzung Morne-Etoile (Martinique) eine kleine aus Samen gezogene Zuckerrohrpflanze, welche bei einer Höhe von 15 cm auf ihrem schönen geraden, schwach bräunlichen Stengel fünf kleine kräftige Blätter trägt, eine vollkommene Rohrpflanze im Kleinen. In der ersten Zeit des Wachsthums ist das ganz anders. Nach den halbvertrockneten Ueberbleibseln der ersten Blätter gleicht, ganz wie Harrison und Lowell angegeben haben, die Pflanze in keiner Weise dem Zuckerrohre, sondern etwa einem Binsenstengelchen. Es ist wohl interessant zu hören, wie die Herren Littée ihre zahlreichen Pflanzen erhalten haben; es ging ihnen damit ebenso wie den beiden oben Genannten. Sie beobachteten, dass die Gräser, welche seit Jahren auf denselben Stellen ihrer Pflanzung wuchsen und sorgfältig ausgejätet wurden, eben nur Zuckerrohrpflanzen im ersten Entwickelungsstadium waren; die zarten Wurzeln sind nicht wählerisch in Bezug auf ihren Standort; man entdeckte sie an den Gartenwegen, ja in den moosbewachsenen Vertiefungen alter Mauern u.s.w. Jedenfalls werden sich aus der Samenzucht Verbesserungen der Zuckerrohrpflanzen ergeben, welche bei der jetzigen Anbaumethode nicht möglich gewesen sind. Nach einer anderen Mittheilung (Sucrerie indigène, Bd. 36 Nr. 26 S. 817, nach dem Martiniquer Journal les Antilles) wurden die ganzen Fruchtähren, nur von dem Stengel gelöst, kaum mit einigen Körnchen Erde bedeckt, ausgelegt, worauf dann auf den Fahnen zahlreiche Rohrpflänzchen ihre aufrechten, geraden Miniaturblättchen entwickelten; andere waren noch weniger oder gar nicht entwickelt und man konnte so, wie auf einem Liliput-Versuchsfelde, alle Stadien der Entwickelung übersehen. In einem Blumentopfe waren aus einem Stück Aehre, das nur oberflächlich in der Erde lag, an 25 bis 30 Stellen die kleinen grünen Keimblättchen zu sehen. Nichts ist hiernach leichter, als das Zuckerrohr aus Samen zu ziehen, und es bleibt nur unbegreiflich, dass dies so lange für unmöglich gehalten worden ist. In Littée's Pflanzung sind heute schon die kleinen Rohrpflänzchen zu Tausenden zu sehen. Weitere Versuche sind des besten Erfolges sicher, wie auch folgendes Beispiel zeigt, worüber der Director des botanischen Gartens in Demerari berichtete. Das Rohr Scard ist eine zufällig erhaltene Spielart; die Pflanze war einer der ersten von Harrison und Lowell entdeckten Wildlinge. Von Dodd's Pflanzung wurde sie nach Demerari gebracht und dort entwickelten sie sich zu einer vollkommen neuen riesenhaften Spielart. Vor einigen Monaten brach sie unter ihrem eigenen Gewichte zusammen, wobei zehn Rohre im Falle geknickt wurden, die nach Entfernung der Blätter und Scheiden ein Gewicht von 122 Pfund besassen. Der stehen gebliebene Busch hat. noch 18 Fuss (5,40 m) Höhe, 12 Fuss Umfang und 24 Rohrstengel, deren Gewicht noch auf 200 Pfund geschätzt wird. Dabei hat der dieses Jahr in Demerari sehr häufige Borer mindestens noch halb so viel Stengel zerstört. Was dort geschehen, kann überall vorkommen und der Eigenthümer einer solchen Prachtpflanze könnte in kurzer Zeit alle seine Pflanzungen mit Hilfe des einen, ersten Wildlings erneuern. Der Versuch sollte gewiss gemacht werden. (Fortsetzung folgt.)