Titel: Klettenzerreissvorrichtung für Kammwolle.
Fundstelle: Band 282, Jahrgang 1890, S. 193
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Klettenzerreissvorrichtung für Kammwolle. Mit Abbildungen. Klettenzerreissvorrichtung für Kammwolle. Die in der Kammgarnspinnerei verarbeiteten Wollvliesse, im Besonderen die überseeischen Sorten sind bekanntlich zufolge der Ernährungsweise der Schafe stark mit Kletten durchsetzt und müssen diese letzteren zur Erzielung eines reinen Gespinnstes möglichst ganz aus den Wollhaaren ausgeschieden werden. Dieses Ziel lässt sich bei der einen der auftretenden Arten, der Steinklette, ohne Schwierigkeit erreichen, indem diese beim Krempeln der Wolle durch Klettenschläger u. dgl. leicht ausgeschieden werden kann. Anders steht es indess mit der zweiten Art, der Ringelklette, welche durch den Krempelprocess lang ausgestreckt und beim nachfolgenden Kämmen der Wolle, von der Zange gehalten, nicht mit ausgeschieden wird, sondern mit in den Kammzug gelangt. Um dem zu begegnen und eine völlige Ausscheidung der Kletten beim Kämmen zu erzielen, hat man versucht, die langgestreckte Klette vor dem Kämmen in kleinere Stücke zu zerreissen, und bringt L. Offermann, Director der Leipziger Wollkämmerei, zu dem Zwecke die nachstehend beschriebene Klettenzerreissvorrichtung in Anwendung. Dieses Zerreissverfahren beruht auf der natürlichen Elasticität des Wollhaares und der Unelasticität der Klette. Spannt man nämlich die die Klette enthaltenden Wollhaare sainmt der letzteren in zwei Zangen und entfernt letztere von einander, so wird die Klette zerreissen, während die Wollhaare für diese Zeit zufolge ihrer Kräuselung und Elasticität dem Zuge der Zangen nachgeben können. Dieses Zerreissverfahren wird nun bei dem vom Filet der Krempel abgelösten Wollvliess a in der Weise zur Durchführung gebracht (* D. R. P. Nr. 49400), dass das Vliess a über eine Schiene c geleitet wird, die zwischen zwei in gleicher Richtung, aber mit verschiedener Geschwindigkeit umlaufenden Walzen AB eingesetzt ist. Beide Walzen treten mit der Schiene c an ihrem oberen Theile in Berührung, so dass eine vorhandene Klette sowohl an der Stelle x (Fig. 1) wie an der Stelle y gefasst wird. Da aber die Walze B schneller als A umläuft, tritt an der Stelle xy eine kleine Streckung der dort befindlichen Wollhaare ein, der die im Vliess vorhandenen Kletten nicht folgen können. Die Kletten werden daher zerreissen und können nun beim späteren Kämmen mit ziemlicher Sicherheit ausgeschieden werden. Bei der Verarbeitung pechhaltiger Wollen hat sich nun öfters der Uebelstand gezeigt, dass sich die Wolle um die rascher gehende Walze wickelt. Um diesem Uebelstande abzuhelfen, wendet L. Offermann neuerdings (* D. R. P. Nr. 57005) das Verfahren nicht mehr auf den breiten sehr dünnen Flor, wie er vom Peigneur abgelöst wird, an, sondern der Flor wird auf eine Breite von 15 bis 20 cm zusammengezogen, bevor er in die Vorrichtung gelangt. Wenn dann die erwähnten Unreinigkeiten vorkommen, so werden von den Walzen zwar einzelne Fasern mitgenommen, die von bekannten Putz Vorrichtungen aufgefangen werden, der Flor selbst ist aber zu dick, als dass er zerreissen und starke Wickel bilden könnte. Wegen der Dicke des Flores ist es nöthig, dass er nicht mehr einem so starken Knick unterzogen wird, wie bei dem Passiren über die zwischen die beiden Walzen eingeschaltete Schiene, sondern in mehr wagerechter Richtung durch die Vorrichtung hindurchgeführt wird. Zu diesem Zwecke sind die beiden Walzen nicht wagerecht neben einander, sondern senkrecht über einander angeordnet und drehen sich nicht in derselben, sondern in entgegengesetzter Richtung, während anstatt einer einzigen Schiene deren zwei zwischen den Walzen angeordnet sind. Die Fig. 2 und 3 sind senkrechte Schnitte im grösseren Maasstabe. Die untere Walze A ist mit einem Gummiüberzug und über diesem mit einer Lederumhüllung versehen, während die obere Walze B, wie im Hauptpatent, geriffelt ist. Zwischen diesen beiden Walzen sind die sich gegenüberstehenden Schienen c und c1 angeordnet, von denen c an der Walze A, c1 an der Walze B anliegt. Textabbildung Bd. 282, S. 194Fig. 1.Offermann's Klettenzerreissvorrichtung.Textabbildung Bd. 282, S. 194Fig. 2.Offermann's Klettenzerreissvorrichtung.Textabbildung Bd. 282, S. 194Fig. 3.Offermann's Klettenzerreissvorrichtung. Da nun bei der vorliegenden Vorrichtung das Vliess nicht in seiner ganzen Breite durch die Vorrichtung geführt wird, sondern mittels einer geeigneten Vorrichtung so weit zusammengezogen ist, dass es ein Band von 15 bis 20 cm Breite bildet, so ist das Band auch dicker als die Kletten. Es ist daher nicht möglich, wie in dem Hauptpatent, die Kletten allein zu erfassen, während die Wollfasern selbst unberührt bleiben; mit den Kletten werden vielmehr die Wollfasern selbst ergriffen. Ein Zerreissen der Kletten im Vliess, ohne gleichzeitig die Wollfasern zu zerreissen, ist aber trotzdem möglich, da die Wollfasern sehr elastisch sind und, ohne Schaden zu nehmen, so viel gedehnt werden können, dass eine gleichzeitig erfasste Klette zerreisst. Um nun ein derartiges Fassen und Strecken des Vliesses auf kurze Strecken zu ermöglichen, müssen der Abstand der Schienen von einander, die Grösse der Berührungsflächen und die Umfangsgeschwindigkeiten der beiden Walzen in einem ganz bestimmten Verhältniss zu einander stehen. In dem vorliegenden Falle verhalten sich die Umfangsgeschwindigkeiten der beiden Walzen A und B wie 1 : 2. Die Länge der Berührungsfläche αβ (Fig. 3), auf welcher die Riffelwalze B die hintere Schiene c1 berührt, ist gleich 3 mm. Der Abstand αγ der beiden Schienen c und c1 von einander beträgt ebenfalls 3 mm, während der Abstand der Riffeln δε von einander 9 mm beträgt. In Folge dieser Verhältnisse gestaltet sich nun die Arbeitsweise folgendermaassen: Während sich die Riffel δ von α nach β bewegt, gibt die Walze A, welche nur die halbe Umfangsgeschwindigkeit besitzt, wie die Riffelwalze B, 1,5 mm Vliess heraus, so dass, wenn die Riffel in β angekommen ist, und hier die Berührungsfläche verlässt, 4,5 mm auf 6 mm gestreckt sind. Wenn die Riffel δ in β angekommen ist, befindet sich die nächste Riffel ε noch 6 mm von α entfernt. Während die Riffel die Entfernung zurücklegt, gibt die Walze A weitere 3 mm heraus, worauf dieses Stück wieder von der Riffelwalze erfasst und, da während des Verstreckens noch 1,5 mm hinzukommen, von 4,5 auf 6 mm verstreckt wird. Das Vliess wird also gewissermaassen in lauter kleine Abschnitte von 3 mm Länge zerlegt, die im Verhältniss von 45 : 60 gestreckt werden. Diese Verstreckung genügt aber, um die Kletten zu zerreissen, während die elastischen Wollfasern diese Streckung vertragen, ohne zu zerreissen oder Schaden zu nehmen. Das Zusammenfassen des vom Peigneur kommenden Vliesses geschieht mittels eines Trichters und einer Streichschiene. Nachdem das Band die Walzen durchlaufen hat, wird es durch einen Trichter zusammengefasst und dann aufgewickelt. Die Belastung der Walzen erfolgt im vorliegenden Falle bezüglich der unteren durch Gewichte, während zum Einstellen der oberen Walze ein Keil dient.