Titel: Ueber die optische Messung hoher Temperaturen.
Autor: H. Le Chatelier
Fundstelle: Band 286, Jahrgang 1892, S. 63
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Ueber die optische Messung hoher Temperaturen. Von H. Le Chatelier. (Schluss von S. 43 d. Bd.) Mit Abbildung. Ueber die optische Messung hoher Temperaturen. Graduirung. Um das optische Pyrometer zu graduiren, habe ich mich meiner Thermoelemente bedient, deren Löthstelle mit verschiedenen Körpern Fe3O4, Pd, Pt u.s.w. bedeckt war. Eine erste Reihe von Versuchen, welche in einem von aussen so regelmassig als nur möglich erwärmten Rohre mit einem mit Fe3O4 bedeckten Element angestellt wurde, hat folgende Resultate ergeben: Intensitäten Temperaturen    0,0076     840°    0,029   920    0,064   960    2,6 1350 Aber die Schwierigkeit, eine hinreichende Regelmässigkeit der Temperatur der Umgebung zu erhalten, war bisher das Hinderniss, um vollständig diese Messungsreihe durchzuführen, welche offenbar das meiste Interesse hätte. Eine zweite Reihe von Versuchen wurde angestellt, indem auf der Löthstelle des Elementes eine kleine Menge Fe3O4 geschmolzen und für die Messungen in der transparenten Flamme eines Luft- oder Sauerstoffgebläses erhitzt wurde. Die Resultate unterscheiden sich nicht in merklicher Weise von den im Ofen erhaltenen, wodurch das für Fe3O4 gefundene Maximalemissionsvermögen bestätigt wird. Es hat sich keine Aenderung im Emissionsvermögen dieses Oxyds bei seinem Schmelzpunkte (1340°) gezeigt. Die Resultate der Beobachtungen können durch die Formel J=10^{6,7}\,.\,T^{-\frac{3210}{T}}. dargestellt werden. Intensitäten Temperaturen Differenz zwischenBerechnung undBeobachtung beobachtete berechnete   0,00038     680°     671°   +   9°   0,00074   700   702 –   2   0,002   760   755 +   5   0,0054   810   815 –   5   0,0056   820   817 +   3   0,01   860   853 +   7   0,034   940   939 +   1   0,060   980   982 –   2   0,105 1020 1026 –   6   0,19 1080 1078 +   2   0,67 1220 1205 + 15   1,17 1270 1265 +   5   6,45 1495 1490 +   5 31,0 1775 1757 + 18 Eine dritte Reihe von Versuchen wurde mit mattem Platin angestellt. Man schmolz ein Kügelchen dieses Met alles auf der Löthstelle der Säule, hämmerte es, um eine ebene Oberfläche zu erhalten, und bedeckte diese Oberfläche wieder mit pulverförmigem Platin, welches aus der Zersetzung des Chlorids gewonnen wurde, und erhitzte dieses Platin auf 1500°, um es in einen stabilen Aggregatzustand zu bringen. In derselben Tabelle steht auch die Helligkeit eines in der Flamme des Knallgasgebläses schmelzenden Platindrahtes. Die beobachtete Helligkeit scheint zu gross zu sein, denn sie schliesst sich ziemlich gut an die Curve der vorhergehenden Versuche mit mattem Platin an: während sie schwächer sein und sich auf polirtes Platin beziehen müsste; vielleicht hat die Helligkeit einiger Punkte der Knallgasflamme Veranlassung zu Reflexionen gegeben, welche die Messungen gefälscht haben. Indessen hat der Versuch, mehrere Male wiederholt; übereinstimmende Resultate gegeben. Intensitäten Temperaturen   0,00031     730°   0,0011   800   0,0032   855   0,0043   880   0,011   950   0,073 1080   0,205 1180   0,210 1200   0,480 1290   0,60 1300   1,40 1420   1,90 1450   2,80 1500 Schmelzend. Platin 15,80 1775 Eine letzte Versuchsreihe mit Palladium hat folgende Resultate ergeben: Intensitäten Temperaturen   0,00022     700°   0,0005   735   0,001   760   0,0033   840   0,0091   895   0,041 1000   0,087 1060   0,24 1120   0,31 1160   1,17 1310   1,7 1350 Schmelz. Palladium   4,8 1500 Die folgende Tabelle gibt von 100° zu 100° die Intensität der rothen Strahlen, welche von einem Körper mit dem Emissionsvermögen 1 ausgesandt werden. Diese Zahlen sind mittels der oben angegebenen Interpolationsformel berechnet worden. Intensitäten Temperaturen Intensitäten Temperaturen     0,00008     600°         39,0     1800°     0,00073   700         60,0   1900     0,0046   800         93,0   2000     0,020   900     1800   3000     0,078 1000     9700   4000     0,24 1100   28000   5000     0,64 1200   56000   6000     1,63 1300 100000   7000     3,35 1400 150000   8000     6,7 1500 224000   9000   12,9 1600 305000 10000   22,4 1700 Diese Daten sind in Fig. 3 zusammengestellt. Es ist von Interesse, diese Resultate mit denjenigen, welche früher von Violle über denselben Gegenstand erhalten wurden, zu vergleichen. Die Experimente dieses Gelehrten bezogen sich alle auf glühende Körper in einer warmen Umgebung; sie stehen also in Beziehung zu meiner Reihe von Messungen über die Strahlung von Fe3O4. Diese letzteren haben sich überdies auf merklich einfarbige Strahlen (λ = 650) bezogen, vermöge des gleichzeitigen Gebrauches von rothem Glas und passend gewählten Absorptions-gläsern; sie müssen also mit den Versuchen Violle's über den Strahl λ = 656 verglichen werden und nicht, wie man auf den ersten Blick glauben könnte, mit denjenigen, welche mit einfachem rothen Glase gemacht worden sind; dieses Glas gibt für das Maximum des durchstrahlenden Lichtes ein mit der Temperatur des glühenden Körpers variables λ. Bei den folgenden Zahlen ist in jeder Reihe für die Strahlungen die Strahlung bei 1000° als Einheit angenommen. Temperaturen Intensitäten Violle Le Chatelier Verhältnisse     775°       0,113       0,037 3,05   954     0,55     0,54 1,02 1045     1,80     1,65 1,09 1500   85,00   86,00 0,99 1775 280,00 385,00 0,72 Da die photometrische Methode mir nicht gestattet, Intensitätsmessungen auf mehr als 10 Proc. Genauigkeit zu bringen, müssen die Resultate bezüglich der drei Temperaturen 954, 1045, 1500 als übereinstimmend angesehen werden. Dagegen haben wir eine absolute Nichtübereinstimmung bei den äussersten Temperaturen. Violle sieht seine Messungen bei der Temperatur 775 als sehr unsicher an, weil das benutzte Photometer sich für die Messung so schwacher Strahlen nicht eignete; die Interpolationsformel, welche er angegeben hatte, um die Gesammtheit seiner Versuche darzustellen, würde auf den Werth 0,045 führen, welcher sich sehr dem meinigen nähert. Textabbildung Bd. 286, S. 64Fig. 3.Schaulinien für die Intensität der rothen Strahlen. Die von diesem Gelehrten für die Temperatur von 1775° gefundene Zahl scheint mir unbestreitbar zu klein zu sein, ich schreibe dieses Resultat dem Mangel an Temperaturgleichgewicht in dem Ofen zu, in welchem das Platin geschmolzen wurde. Die Wölbung des Ofens ist sicher kälter als das Metall, welches direct von der Stichflamme des Knallgasgebläses getroffen wird. Es genügt eine Temperaturdifferenz von 200°, um den zwischen unseren Bestimmungen bestehenden Unterschied zu erklären. Versuche in Fabriken. Die optischen und thermo-elektrischen pyrometrischen Methoden, welche ich studirt habe, haben mir erlaubt, die genaue Messung der in den. industriellen Heizräumen entwickelten Temperaturen auszuführen. Die so erhaltenen Resultate stehen bei gewissen Industrien in absolutem Widerspruche zu den anderweitigen Schätzungen, und sie werden ohne Zweifel nicht ohne Widerspruch angenommen werden. Es würde mich freuen, wenn ihre Publication Gegenversuche über denselben Gegenstand veranlassen würde. Die hier mitgetheilten Temperaturen sind auf die durch Violle's Fixpunkte definirte Scala bezogen. Schwefel Gold Palladium Platin 448° 1045° 1500° 1775° Schmelzpunkte: Guss Stahl weisserschwedischer1135° grauerFormguss1220° weichc = 0,11475° halbhartc = 0,31455° hartc = 0,91410° Manganstahl13 Proc.1260° Nickeleisen25 Proc.1230° Al. Bronze10 Proc.980° Sn. Bronze20 Proc.790° Zn. Messing35 Proc.880° Bessemer Ofen. Flamme eines Robert'schen Converter. Periode der Funken Ende der Operation 1330° 1580° Bessemerbirne von 6 t Gehalt. AbstichderSchlacke Abstich des Stahls Erstarrungdes Eisen-oxydul-oxyds Schweiss-ofen Gussblockunter demFall-hammer in dieGiesskelle in dieGussform 1580° 1640° 1580° 1340° 1200° 1080° Walzen einer Schiene. Ankunftin derVorwalze FünftesKaliber Rück-kehrzumOfen Ankunftin derZang-walze Durchgangvon derZang- zurFormwalze Verlassen derFormwalze Seele Schenkel 1195° 1130° 1110° 1250° 1150° 1100° 1000° Siemens-Martin-Ofen. – Abstich halbharten Stahls. Regenerativgas Luft denRegene-rator ver-lassend RauchzumKamingehend VerlassendesGenerators Eintrittin den Re-generator Verlassendes Re-generators 720° 400° 1200° 1000° 300° Ofen Abstich des Stahls Ende des Ein-schmelzens d. Roh-eisenbeschickung GarendesStahls in die Giesskelle in dieGussform Anfang Ende 1420° 1500° 1580° 1490° 1520° Für weichen Stahl sind die Temperaturen um 50° höher und man beobachtet denselben Unterschied zwischen Anfang und Ende des Abstiches, woraus mit Sicherheit hervorgeht; dass das Stahlbad im mittleren Theile des Ofens wärmer ist als gegen die Enden. In den Siemens-Pernod-Oefen ist im Gegentheil das Ende des Abstiches am heissesten. Siemens-Ofen mit Schmelztiegeln für Stahl. Zwischenraum zwischen den Tiegeln 1600°. Rotationspuddelofen. Abstich des Roheisens FertigerGussblock in dieGiesskelle in denOfen 1340° 1230° 1330° Hochofen für graues Roheisen zum Bessemern. Arbeitsöffnunggegenüber derDüte Abstich des Roheisens Anfang Ende 1930° 1400° 1570° Ofen mit Glasschmelzhäfen. Ofenzwischen denHäfen Glas in den Häfen FensterglasimStreckofen bei derGare währendder Arbeit 1375° 1310° 1045° 600° Siemens-Tiegelofen zum Glasschmelzen. Ofen Glasfluss Flaschenkühlofen 1400° 1300° 585° Siemens-Ofen für Leuchtgas mit Generatorheizung durch Koks. Ofen Destillationsretorte Rauchzum Kaminabziehend oben unten 1 m vomMündungs-deckel 1,5 m vomMündungs-deckel 1190° 1045° 875° 950° 680° Ofen für Hartporzellan. Ende des Brennens: 1370°. Ich habe mich überzeugt, dass Hartporzellan von verschiedenem Herkommen: Sèvres, Mehun-sur-Yèvre, Bayeux, beinahe genau denselben Punkt der Gare hatten. Hoffmann-Ofen für rothe Backsteine. Garbrennen: 1100°. Die hier mitgetheilten Temperaturen sind viel kleiner als die im Allgemeinen für die fraglichen Industrien angenommenen: 2000° für StahlGrüner hatte schon für den Siemens-Martin-Ofen die Temperatur von 1500° angegeben, indem er von der Wärmemenge ausging, welche das Metall während seiner Abkühlung freigab., 1800° für PorzellanVogt hatte schon lange erkannt, dass die Temperatur beim Brennen des Porzellans 1550° nicht übersteige., 1200° für Leuchtgas. Die zu grosse Höhe dieser letzten Zahlen kommt von verschiedenen Ursachen her. Zwischen verschiedenen nicht übereinstimmenden Temperaturbestimmungen wählte man vorzüglich die höchsten in Folge eines instinctiven Gefühls, welches zur Annahme einer gewissen Proportionalität zwischen der Temperatur eines Körpers und seiner Helligkeit oder der Menge des zu seiner Erhitzung aufgewandten Brennmaterials drängt, während in Wirklichkeit diese beiden Grössen äusserst rasch wachsende Functionen der Temperatur sind. Zweitens ist das bisher am häufigsten in der Industrie gebrauchte Verfahren für pyrometrische Messungen das calorimetrische gewesen, wobei man Eisenstücke benutzte, deren specifische Wärme man mit Unrecht als unveränderlich annahm. Endlich haben besondere Fehlerquellen die Vergleichungen dann gefälscht, wenn man sich des Schmelzpunktes von Palladium oder Platin bediente. So war die Temperatur der Bessemerbirne von Langley auf 2000° fixirt worden, weil das Platin in ihrer Flamme rasch zu schmelzen schien. Ich habe erkannt, dass es nicht schmolz, sondern sich in den Tröpfchen geschmolzenen Stahls, die vom Gasstrome fortgerissen wurden, auflöste. Ebenso nahm man vom Palladium an, dass es in verschiedenen Oefen schmilzt, wo es sich in Wirklichkeit ohne Schmelzung in einen schwammigen Schaum umbildet in Folge vorübergehender Wasserstoffaufnahme oder Oxydation. Elektricität. Einige Versuche mit Glühlampen haben mir folgende Resultate gegeben: Glühlampen 1800°. Diese Messung ist an einer Lampe im normalen Zustande, welche zur Beleuchtung der Ecole Polytechnique diente, gemacht worden. Sehr überangestrengte Lampen können 2100° überschreiten. Die so überangestrengten Lampen erleiden sofort eine permanente Widerstandsverringerung, welche bei der untersuchten Lampe auf 10 Proc. anstieg. Die Widerstandsänderung einer Glühlampe von 10 Volt wurde bei verschiedener Temperatur folgendermaassen gefunden: Temperaturen Widerstände       15° 1   700     0,75 1000     0,66 1400     0,57 1800     0,49 2100     0,44 Die Bogenlampen haben für den heissesten Punkt der Kohlen eine Temperatur von 4100° ergeben, die von der Intensität des Stromes und dem Lampensystem unabhängig ist. In den Lampen mit constantem Strome ist die negative Spitze kälter, sie erreicht nur 3000°. Diese Resultate stimmen mit denjenigen überein, welche Rosetti früher erhalten hat. Die Sonne. Dieselbe optische Methode gab mir, auf die Bestimmung der effectiven Sonnentemperatur angewandt, die Zahl 7600°, wobei ich mich der oben angegebenen Formel zur Extrapolation bediente. Diese Zahl ist aus drei Messungsreihen der Sonnenstrahlung abgeleitet worden, welche für die Intensität der rothen Strahlen ausserhalb der Atmosphäre auf den Werth 125000 führten.