Titel: Die Dampfschleife.
Autor: Fr. Freytag
Fundstelle: Band 288, Jahrgang 1893, S. 36
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Die Dampfschleife. Mit Abbildungen. Die Dampfschleife. Textabbildung Bd. 288, S. 36 Fig. 1.Burnham's Dampfschleife. Obgleich die Wirkungsweise des unter dem Namen Dampfschleife bekannten, von Walter Burnham erfundenen Apparates zum selbsthätigen Zurückführen des vom Dampfe mitgerissenen Kesselwassers, sowie des in den Rohrleitungen zwischen Kessel und Maschine sich bildenden Condensationswassers nach dem Kessel noch nicht vollständig aufgeklärt ist, wollen wir doch in dem Nachstehenden eine kurze Beschreibung dieses interessanten Apparates bringen, der namentlich in Amerika vielfach zur Einführung gekommen ist und in Bezug auf Leistungsfähigkeit wohl von keinem anderen, demselben Zwecke dienenden Apparate übertroffen wird. Wie aus der dem Journal of the Franklin Institute entnommenen Abbildung (Fig. 1) ersichtlich, strömt der Dampf vom Dome des Dampfkessels aus in einer Rohrleitung nach einem in der Nähe der Maschine gelegenen Wasserabscheider, in welchem sich das mechanisch mitgerissene Wasser niederschlägt. Da der Sammelraum für dieses Wasser unter dem Kesselboden liegt, ist man von vornherein zu der Ansicht geneigt, dass dasselbe unmöglich aufwärts in den Kessel zurückfliessen könne, zumal noch zu beachten ist, dass, wenn z.B. die Kesselspannung 7 at beträgt, diejenige im Wasserabscheider 6,7 at nicht übersteigen wird; trotzdem bringt der Apparat das Wasser in den höher gelegenen Kessel zurück. Die Gestalt des Wasserabscheiders ist im Uebrigen von keiner Bedeutung für die Wirkungsweise desselben; im vorliegenden Falle besteht derselbe aus einem gekrümmten, unten offenen Rohre (Fig. 2), welches in einen Behälter mündet, in welchem sich eine schräg aufgestellte, durchlochte Platte befindet. Der vom Kessel kommende nasse Dampf strömt gegen diese Platte, wobei das mitgeführte Wasser abtropft und der Dampf nach der Maschine entweicht. Vom unteren Theile des Wasserabscheiders geht ein senkrechtes Steigrohr aus (Fig. 1), welches sich in genügender Höhe an ein wagerechtes Rohr anschliesst; dieses ist mit einem Fallrohr in Verbindung gebracht, welches unterhalb der Wasserlinie in den Kessel eintritt. Textabbildung Bd. 288, S. 37 Fig. 2.Burnham's Dampfschleife. Angenommen nun, der Dampf ströme zur Maschine: dieselbe fängt an zu laufen und das Wasser wird im Abscheider niedergeschlagen; die in dem letzteren angenommene Spannung von 6,7 at pflanzt sich dann durch die ganze Dampfschleife fort, bis sie in dem Fallrohr auf eine durch die Kesselspannung von 7 at auf eine Höhe von ungefähr 3 m getriebene Wassersäule (in Fig. 1 durch eine punktirte Mittellinie angedeutet) trifft, durch welche dem Spannungsunterschiede von 0,3 at das Gleichgewicht gehalten wird. Durch geringe Abkühlungen wird die Spannung des Dampfes im wagerechten Rohr nun vielleicht auf 6,6 at sinken und damit die Wassersäule im Fallrohr um 1 m weiter steigen; währenddem befindet sich im Steigrohr ein Gemisch von Dampf und Wasser, welches das Bestreben zeigt, sich nach dem Punkte hin zu bewegen, in dem die niedrigste Spannung herrscht, d.h. in das wagerechte Rohr überzutreten sucht, da in diesem Dampf condensirt. Dieses Gemisch ist specifisch leichter als das Wasser im Fallrohr, weshalb die aufsteigende Bewegung desselben schneller vor sich gehen wird als diejenige des ebenfalls nach dem Punkte der niedrigsten Spannung zuströmenden Wassers in letzterem. Besitzt das Gemisch im Steigrohr z.B. ein specifisches Gewicht von nur 0,1, so wird es sich mit einer zehnmal grösseren Beschleunigung als das Wasser im Fallrohr bewegen, so dass der ganze Inhalt des ersteren in das wagerechte Rohr eintritt und von hier in das Fallrohr gelangt. Es bringt demnach eine Spannungsverminderung im wagerechten Rohre gleiche Wirkungen auf den Inhalt des Steig- und Fallrohres hervor, jedoch in einem Grade, der umgekehrt proportional der Dichtigkeit des betreffenden Inhaltes ist. Wenn die Condensation im wagerechten Rohr einen dem Druckunterschiede entsprechenden Betrag erreicht hat, nimmt auch die Wassersäule im Fallrohr eine diesem constanten Unterschiede entsprechende Höhe an und steigt nicht weiter. Die Dampfschleife befindet sich dann in voller Thätigkeit und der Kreislauf des Wassers dauert so lange an, als Dampf durch das Röhrensystem strömt, sowie Druckunterschiede und Wassermengen den Verhältnissen, für welche der Apparat construirt wurde, entsprechen. Ein Ansammeln von Wasser sollte in dem Abscheider eigentlich gar nicht stattfinden, da die Aufgabe der Dampfschleifedarin besteht, dasselbe, ehe es sich in grösseren Mengen anhäuft, nach dem Kessel zurückzuführen. Bezüglich der Form des Wasserabscheiders ist zu bemerken, dass diejenige am geeignetsten erscheint, durch welche die Arbeit der Dampfschleife möglichst erleichtert wird. Versuche, welche mit grossen Abscheidern angestellt wurden, haben ergeben, dass ihr Inhalt überhaupt nicht mehr zum Austritt kam, als sich zu grosse Wassermengen angesammelt hatten. Es ergibt sich daraus, dass ein derartiger Apparat seinen Zweck am vollkommensten erfüllt, wenn er möglichst leer bleibt. Dies ist nicht immer zu erreichen; wenn jedoch die Dampfschleife im Stande wäre, plötzliche Ansammlungen von grossen Wassermengen zu verhüten und das durch Condensation entstandene, sowie aus dem Kessel mit fortgerissene Wasser in Form von Schaum oder längs der Rohrwandungen sich bewegender Häutchen, ferner das durch heftige Wallungen im Kessel herausgeschleuderte Wasser in Gestalt möglichst kleiner Partikelchen (sogen. Klumpen) sofort in den Kessel wieder zurückzuführen, würde sie aus der anscheinend untergeordneten Rolle, welche sie spielt, zu einer erhöhten Bedeutung gelangen. Im Allgemeinen sind die Grenzen, innerhalb derer die Dampfschleife anwendbar ist, sehr weit, da die Grundsätze, auf denen ihre Wirkungsweise beruht, sowohl für bedeutende als auch geringe Druckunterschiede und Wassermengen Gültigkeit haben. Die Wirkung ist ferner von der Länge der ober- oder unterirdisch gelegten Rohre unabhängig; auch kann der Wasserabscheider ziemlich tief unter dem Kessel liegen. Ueberall da, wo Dampf schnell condensirt, wie z.B. in Trockenräumen, bei Dampfkessel- und Heizungsanlagen u. dergl. kann die Dampfschleife zum Zurückführen des Condensationswassers Verwendung finden, wenn nicht anderweitige Rücksichten dies verbieten. Was zunächst den Druckunterschied anbelangt, so ist die Dampfschleife häufig durch die Höhe des Raumes beschränkt, in dem sie Aufstellung finden soll. Wenn die Spannung in einem Abscheider oder Trockenapparat um 0,7 at geringer ist, als die Kesselspannung, und die Dampfschleife eine Höhe von ungefähr 9,2 m haben muss, um das Wasser in den Kessel zurückzuführen, würde ein Druckunterschied von 3,5 at eine Dampfschleife von ungefähr 46 m Höhe erfordern. Es wird seine Schwierigkeiten haben, enge Rohre auf solchen Höhen zu befestigen, es müssten dieselben denn gerade an der Seite eines Schornsteines zu liegen kommen. Durchschnittlich schwanken die Druckunterschiede zwischen 0,7 bis 1,1 at Spannung, wobei ein bequemes Anbringen der Dampfschleife möglich ist; da, wo bedeutendere Unterschiede zu beobachten sind, können dieselben gewöhnlich durch Auswechselung fehlerhafter Rohre verringert werden. Da das Röhrensystem durch die Wassersäule im Fallrohr im Gleichgewicht gehalten wird, kann das Steigrohr beliebig weit unter dem Wasserspiegel im Kessel zu liegen kommen, doch tritt der Grenzfall ein, wenn der Druck am unteren Ende desselben nicht mehr ausreicht, um seinen Inhalt in das wagerechte Rohr und von hier in den Kessel überzuführen; auch bis zu irgend welcher Höhe über dem Wasserspiegel im Kessel lässt sich das Ende des Steigrohres anordnen, nur werden die Leistungen der Dampfschleife ungünstig ausfallen, wenn diese Höhe nicht im richtigen Verhältnisse zum Druckunterschiede steht. Liegt das untere Ende des Steigrohres in einer Höhe, welche der dem Druckunterschiede entsprechenden Wassersäule gleich ist, so kommt das Steigrohr vollständig in Wegfall und das sich im Abscheider angesammelte Wasser läuft direct in einem dem Fallrohre ähnlichen Bohre in den Kessel zurück. Dieses Wasser muss indess seinen gewöhnlichen Flüssigkeitszustand erreicht haben und durch seine Schwerkraft wirken, ehe sich die Säule bewegen kann. Textabbildung Bd. 288, S. 38 Fig. 3.Burnham's Dampfschleife. Man könnte nun ferner auf die Vermuthung kommen, dass die Anwendung der Dampfschleife durch die Entfernung des Wasserabscheiders vom Kessel eine begrenzte ist und lange Leitungen die Wirkung derselben beeinträchtigen; auch dies ist mindestens zweifelhaft, da man selbst bei Entfernungen von 245 bis 305 m keine ungünstigen Folgen spüren konnte. Sehr lange Leitungen verursachen natürlich ein Sinken der Spannung in der Dampfschleife selbst und bedingen bestimmte Aenderungen in der Höhe des Fallrohres; doch lässt sich äusseren Abkühlungen der Rohre durch eine gute Umhüllung derselben begegnen, und es treten Spannungsabfälle auch nur dann ein, wenn das wagerechte Rohr eine aussergewöhnliche Länge besitzt, was selten vorkommt. Bei langen Leitungen gibt man nämlich dem wagerechten Rohre nur die Länge, welche es zu seiner Verrichtung nöthig hat, und lässt es dann in das Fallrohr übergehen, welches durch ein beliebig geformtes Rohr mit dem Kessel in Verbindung steht (Fig. 3). Bezüglich des Fassungsraumes der Dampfschleife ist zu bemerken, dass derselbe im Stande sein muss, das vom Dampfe mitgerissene, condensirte und von Wallungen herrührende Wasser sowohl in sich aufzunehmen, als auch nach dem Kessel zurückzuführen. Um diese doppelte Aufgabe zu erfüllen, müssen die Volumina des Abscheiders, Steig- und wagerechten Rohres entsprechend gewählt werden und letzteres ein Volumen besitzen, welches nicht nur genügt, den Inhalt des Abscheiders und Steigrohres aufzunehmen, sondern auch dem behufs Erreichung fortwährender Condensationen durchziehenden Dampfe noch Platz übrig lässt. Hat eine Dampfschleife keinen hinreichenden Fassungsraum, so soll man sie nicht vergrössern, sondern lieber noch eine zweite oder mehrere derartige Apparate anordnen, deren Gesammtinhalt den angenommenen grössten Wassermengen entspricht. Derartige Einrichtungen bieten keinerlei Schwierigkeiten im Betriebe, nachdem sie gut zusammenwirkend mit einander verbunden sind. Bei bedeutenden Wallungen im Kessel schaltet man vortheilhaft in möglichster Nähe des Dampfkessels einen Abscheider in die Dampfleitung ein, dessen Inhalt direct in den Kessel übergeht, so dass der am Ende der Leitungen aufgestellte Apparat nur das Condensationswasser in den Kessel zurückzuführen hat. Zu erwähnen ist noch, dass vor dem Anlassen der Dampfmaschine und dem Ingangsetzen der Dampfschleife zunächst die Luft mittels Dampf aus derselben geblasen werden muss. Durch praktische Versuche wurde festgestellt, dass für die Steigrohre Durchmesser von 25 bis 32 mm am geeignetsten sind, während man für die Fallrohre gewöhnlich 32 bis 38 mm, selten 50 mm und nie darüber wählt. Die wagerechten Rohre besitzen in der Regel eine Weite von 50 mm, doch, da hier hauptsächlich das Volumen in Betracht kommt, finden sich dieselben bei sehr kurzen Rohren bis zu einer Weite von 100 mm und sogar von 152 mm ausgeführt. Alle wagerechten Theile der Dampfschleife sollten in der Richtung des Stromes Fall haben. Das Steigrohr wird zweckmässig mit einem Absperrventil, das Fallrohr ebenfalls mit einem solchen, sowie ausserdem noch mit einem Rückschlag- und Ablassventil versehen. Steig- und Fallrohr sind zur Verhütung von Wärmeverlusten stets mit einer guten Schutzmasse zu umhüllen, während das wagerechte Rohr seinen Abmessungen entsprechend nur soweit eingehüllt werden darf, dass noch genügende Condensationen stattfinden können. Die Anwendung mehrerer Dampfschleifen lässt sich auch auf ein weitverzweigtes Rohrsystem ausdehnen, und zwar werden dieselben bei einer derartigen Anlage am zweckmässigsten direct an den tiefsten Stellen der Dampfleitung und Abscheider an jedem Dampfausgangsrohre, mögen diese zu Dampfmaschinen, Pumpen, Trockenheizungen oder anderen Apparaten gehören, angebracht. Man sollte meinen, dass es in derartigen Fällen vortheilhaft sein würde, sämmtliche Abzugsröhren nach einem bestimmten Punkte hin zu führen und hier eine Dampfschleife von genügendem Fassungsraume einzuschalten, indess erkennt man das Unzweckmässige einer derartigen Anlage sehr bald; eine solche Dampfschleife würde nichts als Wasser erhalten und bald vollständig überschwemmt sein. Bezüglich des Wirkungsgrades einer Dampfschleife wäre es von grossem Interesse, die Kraftleistung derselben mit Hilfe der Thermodynamik ermitteln und mit praktischen Versuchsresultaten vergleichen zu können, indess stützt sich die thermodynamische Wissenschaft auf Annahmen, deren Richtigkeit selbst von Fachgelehrten theilweise angezweifelt wird, und auch praktische Versuche lassen sich nicht immer in der Weise ausführen, dass daraus endgültige Schlüsse gezogen werden können, da sie eben unter zu verschiedenartigen Verhältnissen vor sich gehen. Der Wirkungsgrad muss offenbar von der Wassermenge abhängen, welche mittels der Dampfschleife in den Kessel zurückgeführt wird, und das Maximum der Leistung auch einem Maximum an Wasser entsprechen. Dieser Grenzfall wird in der Praxis allerdings selten erreicht werden können, da die Dampfschleife sich sonst in steter Gefahr befindet, bei dem geringsten Uebermaass von Wasser übefluthet zu werden, womit ihre Wirkung vernichtet wird. Für gewöhnlich wird demnach die Dampfschleife mit einem Wirkungsgrade arbeiten, der erheblich unter ihrem höchsten Wirkungsgrade liegt. Dass die zum Zurückführen des Wassers in den Kessel erforderliche Arbeitsleistung der Dampfschleife nur eine äusserst geringe ist, zeigt folgende Betrachtung: Eine 100pferdige Maschine braucht für 1 und Stunde 13,6 k, demnach insgesammt 1360 k Wasser in der Stunde. Wenn hiervon 136 k stündlich in den Kessel zurückgeführt werden und der Druckunterschied zwischen diesem und dem Abscheider 0,7 at = 7 m Wassersäule beträgt, würde dies nur einer secundlichen Arbeit von \frac{136\,.\,7}{75\,.\,60\,.\,60}=\frac{1}{285} entsprechen. Es ist hierbei noch zu berücksichtigen, dass ein ziemlich grosser Betrag für das in den Kessel zurückgeschaffte Wasser angenommen und auch der Druckunterschied sehr hoch gewählt worden ist; durchschnittlich wird die erforderliche Arbeit \frac{1}{500} wohl kaum erreichen. Da die Dampfschleife zu ihrem Betreiben eine so geringe Arbeit erfordert, ist es klar, dass auch ihre Leistung nur eine äusserst niedrige sein kann; trotzdem ist ihre Wirksamkeit im Hinblicke auf das ununterbrochene Zurückführen des in den Röhren sich ansammelnden Condensationswassers nach dem Kessel eine ganz bedeutende. Bei den vorstehenden Betrachtungen ist fast nur der eine Fall berücksichtigt worden, dass die Dampfschleife das Trocknen des Dampfes besorgt, ehe derselbe in eine Maschine oder Pumpe tritt; es ist dies aus dem Grunde geschehen, um die Wirkungsweise der Dampfschleife möglichst klarzulegen, welche, wenn richtig verstanden, auch bei allen anderen Verwendungen dieses Apparates leicht erkennbar ist. Wo Kesseldampf zu Trocken zwecken Verwendung findet, kann die Dampfschleife direct in die Abdampfleitung des Trockenapparates eingeschaltet werden; man erhält dann eine kräftige Strömung in dem Apparate selbst und hält die ganze Anlage von Condensationen frei. Nach dieser Richtung hin hat die Dampfschleife ein weiteres Feld ihrer Anwendung erobert; es kann nämlich der Dampf bereits vor seinem Eintritt in solche Trockenapparate entwässert werden, so dass Temperatur und Spannung desselben erhalten bleiben. In ähnlicher Weise lassen sich alle Arten von Dampfwärmeapparaten mit Anordnung der Dampfschleife vortheilhafter betreiben als bisher. Es ist sehr zu wünschen, dass durch möglichst eingehende praktische Untersuchungen die eigentliche Wirkungsweise der Dampfschleife, die aus dem Vorstehenden noch nicht genügend zu erkennen ist, vollständig klar gelegt wird. Fr. Freytag.