Titel: Beiträge zur Technologie der Alkalidichromate.
Autor: C. Häussermann
Fundstelle: Band 288, Jahrgang 1893, S. 111
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Beiträge zur Technologie der Alkalidichromate. Von C. Häussermann. (Fortsetzung von S. 93 d. Bd.) Beiträge zur Technologie der Alkalidichromate. Fertigstellung. Zum Abdampfen der aus der Centrifuge ablaufenden Flüssigkeit bedient man sich gusseiserner, mit directer Feuerung versehener Kessel, wie solche zum Einkochen der NatronlaugeDerartige Kessel sind in Lunge's Handbuch der Sodafabrikation, Bd. 2 S. 541, abgebildet. gebräuchlich sind. Zunächst scheiden sich noch erhebliche Mengen von Sulfat ab, welche ausgesoggt und mit dem direct gefällten Salz zusammen aufgearbeitet werden. Bei fortgesetztem Kochen findet eine theilweise Reduction von Dichromat durch das metallische Eisen statt, in deren Folge das später ausfallende Sulfat einen mehrere Procente betragenden Gehalt an unlöslichen Verbindungen zeigt.Diese Partien, sowie die bei dem nachfolgenden Filtriren hinterbleibende Salzmasse werden zunächst mit Wasser ausgelaugt, worauf der Rückstand einer neuen Röstoperation beigefügt wird. Sobald das specifische Gewicht von 1,7 erreicht ist, wird die Flüssigkeit, welche jetzt etwa 1650 g Natriumdichromat in 11 enthält, heiss filtrirt und zur Krystallisation gebracht. Je nachdem man das Filtrat kaltrührt, oder aber in grossen, ganz angefüllten Reservoiren langsam und ohne Erschütterung abkühlen lässt, erhält man das Dichromat in Form feiner orangerother Nadeln oder grösser, dem Kaliumsalze ähnlicher Krystalle, welche im einen wie im anderen Falle nach dem Abschleudern und Trocknen bei 40° bis 50° 2 Mol. Krystallwasser enthalten. Der Gehalt guter Handelswaare an Na2Cr2O7 + 2H2O schwankt zwischen 98 bis 99 Proc; der Rest besteht im Wesentlichen aus Natriumsulfat nebst Spuren von Eisenoxyd und Thonerde. Das bislang noch nicht festgestellte specifische Gewicht des grosskrystallisirten Productes ist zu 2,6 bestimmt worden.Ueber die Volumgewichte wässeriger Lösungen von verschiedenem Procentgehalt liegen Angaben von Stanley, Chemiker-Kalender für 1893 von R. Biedermann, S. 60, vor. Die Lösung im Wasser geht unter Temperaturerniederung vor sich. Beim Liegen an der Luft zieht das Salz Wasser anKiessling, Chemiker-Zeitung, 1891 Bd. 15 S. 373. und verändert dadurch wie auch durch Austrocknen seinen Titre, während das Kaliumsalz sich bekanntlich durch Luftbeständigkeit auszeichnet. Dieser Nachtheil wird jedoch durch den billigeren Preis und durch die leichtere Löslichkeit in Wasser aufgewogen, und kann es nicht zweifelhaft sein, dass das Natriumsalz mit der Zeit das Kaliumsalz beinahe vollständig verdrängen wird. Als bequemes Unterscheidungsmerkmal kann das verschiedene Verhalten beider Präparate gegen absoluten Alkohol dienen: Kaliumdichromat löst sich auch bei gewöhnlicher Temperatur und in massiger Wärme in absolutem Alkohol nicht, während Natriumdichromat demselben sofort eine gelbe Färbung ertheilt und bei längerem Stehenlassen, schneller beim Erwärmen, Veranlassung zur Entstehung braunrother Flocken (chromsaures Chromoxyd?) gibt. Von sonstigen specifischen Reactionen ist zu erwähnen, dass nach den Angaben von Nölting und LehneAnilinschwarz und seine Anwendung in Färberei und Zeugdruck, S. 24. J. Springer, Berlin 1892. Natriumdichromat für sich gewöhnliches Anilinschwarz unvergrünlich macht, wogegen das Kaliumsalz diese Wirkung nur bei Gegenwart von Säure hervorbringt. Ausser in klein- und grosskrystallisirter Form wird das Natriumdichromat auch in Form von Brocken in den Handel gebracht, wie solche leicht durch Schmelzen des krystallisirten Salzes bei einer 100° übersteigenden Temperatur, Ausgiessen der verflüssigten Masse auf emaillirte Platten und Erkaltenlassen erhalten werden. Dieses Product ist in der Regel etwas ärmer an Wasser und etwas reicher an Natriumsulfat, als die krystallisirte Waare, wodurch seine grössere Beständigkeit an der Luft bedingt wird. Was die Ausbeute an Natriumdichromat aus dem in Arbeit genommenen Chromeisenstein anbelangt, so beträgt dieselbe auch bei sorgfältiger Arbeit nur etwa 90 Proc. der theoretischen. Die Verluste sind hauptsächlich darin begründet, dass das Chromerz sich leicht der vollständigen Aufschliessung entzieht, dass ein Theil des Oxyds in alkaliunlösliches chromsaures Chromoxyd übergeht, dass die ausgelaugte und ausgewaschene Röstmasse (im trockenen Zustand etwa 80 Proc. vom Gewicht des Einsatzes) Chromat zurückhält, dass das dem Sulfat anhängende Dichromat nicht vollkommen zurückgewonnen werden kann und dass während des Eindampfens in Folge von Reduction durch das Material der Gefässwandungen geringe Mengen unlöslicher Chromverbindungen entstehen, welche nur zum Theil wieder in den Kreislauf der Fabrikation zurückgelangen. Aus dieser kurzen Skizzirung der schwachen Seiten des beschriebenen Verfahrens erhellt – wie dies auch aus der grossen Anzahl der diesbezüglichen Patente hervorgeht – dass die Fabrikation der Alkalichromate vorläufig ein dankbares Feld für Bestrebungen zur Verbesserung der bestehenden Arbeitsweise oder zum Ersatz derselben durch neue bleibt. Bei der Inangriffnahme dieses Gegenstandes ist ein besonderes Augenmerk darauf zu richten, dass die Bildung grosser Mengen werthloser Abfallproducte vermieden wird, indem solche immer Chrom in der einen oder in der anderen Form zurückhalten und so eine stete Verlustquelle bilden. Kaliumdichromat. Dieses Salz wird schon seit längerer Zeit ausschliesslich durch Umsetzen von Natriumdichromat mit Chlorkalium in wässeriger Lösung gewonnen: Na2Cr2O7 + 2 KCl = K2Cr2O7 + 2 NaCl. Die Isolirung der entstehenden Producte geschieht auf Grund ihrer verschiedenen Löslichkeitsverhältnisse und bietet die fabrikmässige Herstellung von Kaliumdichromat auf diesem Wege keine Schwierigkeiten. Die Ueberlegenheit des neueren Verfahrens über das früher gebräuchliche ist darin begründet, dass die durch die Flüchtigkeit des Kaliumcarbonats bei hoher Temperatur bedingten Verluste vermieden werden und dass die theuere Potasche durch das billige Chlorkalium ersetzt wird, wozu noch kommt, dass an Stelle von Kaliumsulfat das geringwertigere Natriumsulfat abfällt. Um rationell zu arbeiten, ist es erforderlich, die Concentration der heiss zu mischenden Lösungen von vornherein so zu wählen, dass das schwer lösliche Kaliumsalz beim Erkalten möglichst vollständig ausfällt, und dass das Chlornatrium grösstentheils gelöst bleibt. Hierzu erweisen sich LösungenAuch Mutterlaugen von der Natriumdichromatfabrikation können hierfür verwendet werden. von etwa 1500 g Na2Cr2O7 + 2H2O bezieh. 300 g KCl im Liter am geeignetsten und verfährt man zweckmässig in der Weise, dass man die Chlorkaliumlauge unter beständigemUmrühren zu der in einem eisernen Gefäss befindlichen Chromatlösung fliessen lässt, worauf sofort die Umsetzung bezieh. die Ausscheidung des Dichromats in Form eines krystallinischen Niederschlags vor sich geht. Das Rohsalz wird centrifugirt und zum Zweck der Entfernung des anhängenden Chlornatriums umkrystallisirt. Um die bekannten grossen Krystalle zu erhalten, stellt man Lösungen von etwa 570 g K2Cr2O7 im Liter her und lässt diese nach dem Filtriren bezieh. Decantiren von etwa ausgefallenen Verunreinigungen in gut emballirten Reservoiren erkalten. Die von den Krystallen getrennte Mutterlauge wird wieder zum Lösen neuer Mengen Rohsalz benutzt, während die bei der Herstellung des Rohsalzes abfallende Flüssigkeit, in welcher unter den angegebenen Verhältnissen auf 100 Th. Chlornatrium etwa 22 bis 24 Th. Dichromat enthalten sind, concentrirt wird. In der Hitze scheidet sich zunächst chromathaltendes Kochsalz aus; beim Erkaltenlassen der concentrirten, ein specifisches Gewicht von 1,38 zeigenden Lauge schiesst dagegen Kaliumdichromat an. Beide Producte werden durch Auslaugen bezieh. Umlösen gereinigt und der in den Endlaugen bleibende Rest von Chromat durch reducirende Agentien in Form von Chromhydroxyd abgeschieden. Aufarbeitung von gefälltem Chromoxyd. Die letzten Antheile von Chromat, deren Isolirung aus den verschiedenen Mutterlaugen nicht mehr lohnend ist, werden vielfach in der Weise zu Gute gemacht, dass man diese Flüssigkeiten mit einem alkalischen Reductionsmittel, wie Natriumsulfhydrat u.s.w., versetzt und den Niederschlag mittels Filterpressen abscheidet. Der nach dem Auswaschen hinterbleibenden, etwa 20 Proc. Chromoxyd haltenden Paste wird nach dem Anrühren mit Wasser so viel Kalkbrei incorporirt, dass das Verhältniss von Cr2O3 zu CaO annähernd 1 : 1,5 entspricht. Die abgepresste und in Kuchenform gebrachte Masse wird dann nach dem Trocknen so lange auf gelinde Rothglut erhitzt, bis sie gleichmässig gelb gefärbt erscheint und eine Probe nach dem Lösen in verdünnter Säure einen Gehalt von etwa 36 Proc. CrO3 zeigt, worauf man das Röstgut aus dem Ofen zieht und mit Sodalösung auslaugt. Das gleiche Verfahren ist auch zum Regeneriren des aus den Abfalllaugen der Anthrachinonfabrikation mit MagnesitpulverFilsinger, Chemische Industrie, 1878 Bd. 1 S. 409. gefällten Chromhydroxyds im Gebrauch; zum Brennen der auf diesem Wege erhaltenen beträchtlichen Massen von Chromoxydkalk bedient man sich häufig ähnlicher rotirender Oefen, wie sie in den Leblancfabriken schon seit längerer Zeit zum „Rohsodaschmelzen“ benutzt werden.Um beim Arbeiten im kleinen Maasstabe gefälltes Chromhydroxyd bequem in Chromsäure überzuführen, fügt man zu dem mit Wasser angerührten Hydroxyd allmählich und in kleinen Partien Natriumsuperoxyd, wodurch eine rothbraune Lösung entsteht, welche nach dem Kochen das gesammte Chrom in Form von Chromat enthält.Vermeidet man während des Zusetzens des Superoxyds eine erhebliche Temperatursteigerung, und überlässt man die Flüssigkeit längere Zeit sich selbst, so scheiden sich rothbraune, glänzende Krystalle ab, welche das Natriumsalz der Ueberchromsäure darstellen und nach der Formel Na6Cr2O15 + 28H2O zusammengesetzt sind. Ueber die Eigenschaften dieser an der Luft rasch verwitternden, bei stärkerem Erhitzen lebhaft verpuffenden Körper wird demnächst an anderer Stelle berichtet. Dem wasserfreien Salz kommt die Constitutionsformel zu:(Na\,.\,O\,.\,O\,.)_3\ \vdots\ \underset{\overset{..}O}{Cr}\,.\,O\,.\,\underset{\overset{..}O}{Cr}\ \vdots\ (O\,.\,O\,.\,Na)_3 Da die Gegenwart geringer Mengen Gyps bei der Verarbeitung des Anthracens auf Anthrachinon nicht störend wirkt, so verwendet man zum Umsetzen des Calciumchromats vielfach Sulfat an Stelle von Soda. Falls derartige Laugen zur Herstellung von reinem krystallisirtem Chromat dienen sollen, ist es nothwendig, den in der Lösung befindlichen Kalk vor dem Eindampfen abzuscheiden, was durch Zugeben einer entsprechenden Quantität Soda gelingt. Arbeiterschutz. Die vielfach zu beobachtenden Störungen der Gesundheitsverhältnisse des in den Chromatfabriken beschäftigten Personals lassen sich durch geeignete Maassregeln erheblich einschränken. Insbesondere gelingt es leicht, die Geschwürsbildungen an den Händen u.s.w. zu vermeiden, wenn dafür Sorge getragen wird, dass alle Arbeiter, an welchen eine zufällige Hautabschürfung oder sonstige Verletzung bemerkbar ist, so lange vom Chrombetrieb ausgeschlossen bleiben, bis die Wunden vollkommen geheilt bezieh. vernarbt sind. Die unverletzte Epidermis ist gegen Chromatlauge nur wenig empfindlich; dagegen tritt an frei liegenden Stellen des Bindegewebes eine Aetzwirkung ein, in deren Folge sich ein nur langsam heilendes Geschwür bildet. Ausserdem empfiehlt sich das Einreiben der Hände mit Vaseline oder anderen, einen schützenden Ueberzug gewährenden Substanzen, und ist weiterhin die Einführung von Chromatstaub in die inneren Organe, wie sie durch den Genuss von in den Fabrikationsräumen aufbewahrten Nahrungsmitteln u.s.w. stattfinden kann, durch entsprechende Anordnungen zu verhindern.Amtliche Mittheilungen aus den Jahresberichten der mit Beaufsichtigung der Fabriken betrauten Beamten. 1889 Bd. 14 S. 228; 1890 Bd. 15 S. 185. (Schluss folgt.)