Titel: Beiträge zur Technologie der Alkalidichromate.
Autor: C. Häussermann
Fundstelle: Band 288, Jahrgang 1893, S. 161
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Beiträge zur Technologie der Alkalidichromate. Von C. Häussermann. (Schluss des Berichtes S. 111 d. Bd.) Beiträge zur Technologie der Alkalidichromate. Ueberführung von Chromoxyd in Chromsäure auf elektrolytischem Wege. Um den zur Umwandlung von Natriumchromit in Chromat erforderlichen StromaufwandBekanntlich hat A. Classen das Verhalten einer Lösung von Chromoxydammoniumoxalat gegen den elektrischen Strom schon vor längerer Zeit zur Trennung des Chroms von solchen Metallen benützt, welche unter denselben Bedingungen nicht in eine höhere Oxydationsstufe übergehen. kennen zu lernen, wurde eine Lösung von Chromhydroxyd in überschüssiger concentrirter Natronlauge in eine den Anodenraum bildende poröse Thonzelle eingegeben und letztere in ein mit Wasser gefülltes, den Kathodenraum darstellendes Glasgefäss eingesetzt. Als Anode diente ein Platin-, als Kathode ein Eisenblech von je 7 × 12 qc wirksamer Oberfläche. Die anfänglich 12 Volt betragende Spannung am Bad ging schon nach kurzer Zeit zurück und blieb dann auf 5 Volt stehen; die Stromstärke wurde während der ganzen Dauer des zweistündigen Versuchs auf 2 Ampère gehalten. An der negativen Elektrode machte sich eine lebhafte und anhaltende Wasserstoffentwickelung bemerkbar, welche jedoch – wie aus dem Auftreten von Natronhydrat hervorgeht – wenigstens theilweise secundärer Natur ist. An der positiven Elektrode wurde dagegen nur wenig Gas entbunden und nahm die Flüssigkeit allmählich eine ins Gelbe ziehende Farbe an. Der Versuch wurde unterbrochen, ehe das Chromit vollständig oxydirt war. Der durch die Elektrolyse bewirkte chemische Process wird durch die Gleichung: \underbrace{\mbox{Na}_2\mbox{Cr}_2\mbox{O}_4+5\,\mbox{NaOH}}_{|} =\underbrace{3\,\mbox{Na}+3\,\mbox{H}}_{\mbox{Kathode}} ←→ \underbrace{2\,\mbox{Na}_2\mbox{CrO}_4+\mbox{H}_2\mbox{O}}_{\mbox{Anode}} ausgedrückt. Die Menge des unter den angegebenen Bedingungen und ohne äussere Wärmezufuhr zum Bade gebildeten Chromats betrug 3,404 g Na2CrO4, was 2,251 g thatsächlich oxydirtem Chromit entspricht. Durch 1 Stunden-Ampère waren somit \frac{2,251}{4}=0,563\mbox{ g} der ursprünglichen Natrium Verbindung in die sauerstoffreichere Stufe übergeführt worden. Da 1 Stunden-Ampère theoretisch 0,298 g Sauerstoff liefert, welche zur Oxydation von 1,336 g Na2Cr2O4 ausreichen: Na2Cr2O4 + 2NaOH + 30 = 2Na2CrO4 + H2O, so berechnet sich der Nutzeffect zu \frac{100\,.\,0,563}{1,336}=42\mbox{ Proc}. Herstellung von Dichromat aus neutralem Chromat auf elektrolytischem Wege. Um das neutrale Salz auf elektrolytischem Wege zu zerlegen, wurde unter Beibehaltung der vorstehend beschriebenen Versuchsanordnung der Anodenraum mit einer Lösung von 58 g Na2CrO4 in 0,5 l Wasser beschickt, während in den Kathodenraum reines Wasser eingegeben wurde. Unmittelbar nach dem Schliessen des Stromkreises bot das Bad – wie vorauszusehen war – dem Durchgang des Stroms einen sehr hohen Widerstand dar, welcher sich jedoch schon nach etwa ¼ Stunde beträchtlich verringerte. Nach Ablauf von ½ Stunde betrug die Spannung am Bad nur noch 8 Volt und ging dann auf 6 Volt zurück, auf welcher Höhe sie während des Restes der Versuchszeit stehen blieb. Die Stromstärke schwankte zwischen 2 bis 3,5 Ampère; nach insgesammt 8½stündigem Durchleiten des Stroms wurde das Bad ausgeschaltet. An der Anode war Sauerstoffentwickelung und Ozongeruch, an der Kathode lebhafte Wasserstoffentwickelung bemerkbar; eine Erwärmung fand nicht statt. Die Flüssigkeit im Anodenraum nahm nach einiger Zeit eine rothe, diejenige im Kathodenraum eine gelbliche Färbung an, und ist letztere Erscheinung die Folge einer Diffusion oder Wanderung von neutralem Chromat nach der Kathode hinBei der Elektrolyse des Chromits findet eine Wanderung von Chrom nach der Kathode hin nicht statt.. Die Analyse der Kathodenflüssigkeit ergab folgende Resultate: Freies Natronhydrat 14,0 g Neutrales Chromat   0,4 g Die Anodenflüssigkeit lieferte nach dem Concentriren eine Krystallisation von über 40g Na2Cr2O7 + 2H2O. Die durch die Elektrolyse bewirkte Zersetzung wird dementsprechend durch die Gleichung: \underbrace{2\,\mbox{Na}_2\mbox{CrO}}_{|} \underbrace{2\,\mbox{Na}}_{\mbox{Kathode}} ←→ \underbrace{\mbox{Na}_2\mbox{Cr}_2\mbox{O}_7+\mbox{O}}_{\mbox{Anode}} ausgedrückt (58 g Na2CrO4 liefern theoretisch 14,8 g NaOH und 50 g Na2Cr2O7 + 2H2O). Die durch die Diffusion in den Anodenraum gelangende Chromatmenge ist ohne Belang, falls die regenerirte Natronlauge wieder in den Kreislauf der Fabrikation – zum Ausziehen des Röstgutes – zurückgegeben wird. Ueberschüssiges Natronhydrat, wie solches immer in der beim fabrikmässigen Betrieb erhaltenen Chromatlauge vorhanden ist, wirkt nicht störend auf den Verlauf des Processes undkann somit die durch Auslaugen der gerösteten Masse gewonnene Flüssigkeit ohne weiteres, eventuell nach dem Concentriren, der Elektrolyse unterworfen werden. Da das Verfahren die Rückgewinnung der Hälfte des in zwei Molekülen neutralen Chromats vorhandenen Natriums in werthvollerer Form als bisher erlaubt, so kann es die „Säuerung“ mit Vortheil ersetzen. Dazu kommt noch, dass die mit seiner Anwendung verbundenen Verluste an „Chrom“ gleich Null sind, und dass direct sulfatfreie Dichromatlauge erzeugt wird, wodurch sich auch die „Fertigstellung“ erheblich vereinfacht. Nach dem Vorstehenden kann es keinem Zweifel unterliegen, dass die Einführung der Elektrolyse in die Fabrikation der Alkalidichromate einen erheblichen Fortschritt bedingt und dass das beschriebene Verfahren, welches zum Patent angemeldet ist, in der Folge eine wichtige Rolle in der Technik zu spielen berufen sein dürfte. Wie an dieser Stelle hervorgehoben werden soll, ist die Elektrolyse der chromsauren Alkalien an sich nicht neu, indem schon BuffAnnalen Chem. Pharm. 101 S. 1 ff. im Jahre 1856 gelöstes neutrales Kaliumchromat zwischen den Polen einer galvanischen Batterie zerlegt hat. Dabei erhielt er einerseits Kalium, resp. Kalihydrat, andererseits freie Chromsäure und Sauerstoff. Die Bildung von Dichromat hat er dagegen nicht beobachtet und unterscheidet sich somit die oben beschriebene Methode zur Zerlegung der neutralen Chromate von derjenigen Buff's principiell dadurch, dass sie gerade die Gewinnung dieses intermediären Produktes ermöglicht. Stuttgart, Mai 1893.