Titel: J. Berliners Mikrophon und seine Benutzung zur Musikübertragung in Frankfurt a. M.
Autor: Ed. Z.
Fundstelle: Band 288, Jahrgang 1893, S. 280
Download: XML
J. Berliners Mikrophon und seine Benutzung zur Musikübertragung in Frankfurt a. M. Mit Abbildungen. Berliners Mikrophon und seine Benutzung zur Musikübertragung. In dem Berichte über die ins Gebiet der Telegraphie gehörigen Gegenstände auf der Internationalen Elektrotechnischen Ausstellung zu Frankfurt a. M. 1891 ist in D. p. J. 1891 282 113 und 114 kurz erwähnt worden, dass zur Musikübertragung auf der Leitung München-Frankfurt die Mikrophone (Universal-Transmitter) von J. Berliner in Hannover benutzt worden seien und dass die Ausführungsweise dieser Mikrophone verbessert worden sei. Nachstehend mögen über diese Verbesserungen und ihre inzwischen erfolgte Weiterführung, sowie zugleich über jene Musikübertragung noch etwas ausführlichere Mittheilungen gemacht werden. Textabbildung Bd. 288, S. 280 Fig. 1.Berliner's Mikrophon. Zu der Opern- und Musikübertragung von München nach Frankfurt 1891 konnte in Europa zum ersten Male eine Fernleitung mit einer 450 km langen Doppelleitung benutzt werden, da die königl. bayerische und die deutsche Reichs-Postverwaltung die eben fertiggestellte Telephonleitung München-Frankfurt a. M. dazu zur Verfügung stellten. Die Mikrophone, welche an der Tonquelle in München im Hofopernhause und dem später noch angeschlossenen Restaurant zum Löwenbräukeller zur Verwendung kamen, waren noch die älteren Berliner'schen Mikrophone (vgl. 1887 266 * 245). Fig. 1 zeigt ein solches nebst dem Schaltungskästchen in der Ansicht, Fig. 2 gibt einen Schnitt des Mikrophons in seiner damaligen Ausführung. Die Mikrophonbüchse ist mittels zweier Metallbügel an dem Kästchen befestigt; die in sie hineinragende Schraubenspindel trägt den mit ringförmigen Einschnitten versehenen Kohlenkörper. Die mit Kohlenpulver ausgefüllte Kammer über dem letzteren ist nicht mehr durch einen Filzring abgeschlossen, sondern mit einem Flanellring, welcher zufolge seiner Weichheit angenehm dämpfend auf die schwingende Platte wirkt. Die eine Strom Zuführung bildet der in Fig. 2 sichtbare der beiden Metallbügel, an denen der nach oben liegende Boden der Büchse befestigt ist; dieser Boden ist noch aus Vulcanfiber hergestellt, und links unter dem Boden und seitwärts von dem genannten Bügel läuft das in Fig. 2 sichtbare Kupferband zu der Metalldose und hinab zu der schwingenden Platte. Der zweite in Fig. 2 nicht vorhandene Bügel steht ebenfalls durch ein Kupferband mit dem Kohlenblocke in leitender Verbindung. In dem nach unten liegenden Deckel ist eine Blattfeder angenietet, welche sich in Fig. 2 von links her gegen die Glimmerseite der schwingenden Platte anlegt und zwar gegen ein auf der Plattenmitte befestigtes Filzpolster, welches den metallischen Ton zu dämpfen bestimmt ist. Der Ring, worauf die Platte ruht, ist aus Metall und an die Dose angelöthet. Bei allen Ausführungsweisen ist im Deckel ein Filzring unter die Platte eingelegt, mittels dessen die aus Kohle und Glimmer hergestellte Platte gegen den eben genannten Metallrand der Dose angeschraubt wird. An Stelle eines gewöhnlichen, auf ein Röhrchen aufgeschobenen Sprechtrichters wurde bei der Musikübertragung zur Aufnahme der aus grösserer Entfernung kommenden Schallwellen ein grösserer Schallfänger benutzt. Letzterer musste in der aus Fig. 3 ersichtlichen Weise auch drehbar gemacht werden, damit das Mikrophon je nach Erforderniss an der Rampe der Bühne, in der Höhe des ersten Ranges oder in dem Orchesterraume aufgehängt werden konnte, wodurch die Möglichkeit geboten war, an einer grösseren Anzahl von Punkten im Theater die Schallwellen aufzufangen. Ferner wurden einige der in München aufgestellten Mikrophone auf schräg geschnittene Klötze aufgeschraubt, so dass die Platte in der Dose eine nach hinten geneigte Stellung bekam, also in eine halb aufrechte Lage gebracht wurde. Textabbildung Bd. 288, S. 280 Fig. 2.Berliner's Mikrophon. Textabbildung Bd. 288, S. 280 Fig. 3.Berliner's Mikrophon. Textabbildung Bd. 288, S. 280 Fig. 4.Berliner's Mikrophon. Fig. 4 zeigt schematisch die für den vorliegenden Fall von J. Berliner gewählte Schaltung der Batterien B, Inductoren J und Mikrophone M. Der primäre Stromkreis ist in Fig. 4 gestrichelt, der an die Leitungen L, L sich anschliessende secundäre in Strichpunkt gezeichnet. Wie ersichtlich, sind 60 Elemente in 15 Reihen zu je 4 Elementen vorhanden, und es ist der eine Pol derselben mit den hier gezeigten 9 Mikrophonen verbunden, während von dem entgegengesetzten Pole ein Draht zur primären Wickelung von 6 grossen Inductionsrollen läuft, um von hier aus wieder zu dem zweiten Contacte der Mikrophone zu gelangen. Auf Grund sehr eingehender Versuche, welche von Berliner schon 2 Monate vor Beginn der Ausstellung begonnen wurden, ist hier die reine Parallelschaltung gewählt worden. Es sind also sämmtliche Mikrophone, sämmtliche Primär- und Secundärwindungen der Inductionsrollen und sämmtliche 15 Reihen der Elemente parallel geschaltet. Da bei der Parallelschaltung sämmtlicher Mikrophone auch die sämmtlichen auf dieselben einwirkenden Schallwellen gleichzeitig zur Geltung kommen, so wurde auch in der Frankfurter Ausstellung die vorzüglichste Gesammtwirkung erzielt. Es war gewissermaassen, als ob jeder Zuhörer gleichzeitig an zehn verschiedenen Punkten sich die Oper anhörte, und durch sorgfältiges Studium der Akustik im Münchener Theater, sowie der einzelnen Instrumente waren diese Punkte so gewählt, dass eine vollständig harmonische Gesammtwirkung erreicht wurde. Berliner sucht die gerade bei dieser Schaltung erzielten ausserordentlich günstigen Resultate dadurch zu erklären, dass erstens der Einfluss der Extraströme geringer zu sein scheint, und zweitens, dass mit Rücksicht auf die hohe Leitungsfähigkeit und den durch den starken Querschnitt erzielten geringen Widerstand der heutigen verschiedene Städte mit einander verbindenden Telephonlinien es weniger darauf ankommt, in dem secundären Mikrophonstromkreise eine hohe Spannung, als vielmehr eine grosse Stromstärke zu erzielen, um den durch die grosse Anzahl von Stützpunkten der Leitung verursachten Stromverlust zu überwinden. Bei einer geringen Spannung ist dieser Stromverlust verhältnissmässig geringer, und es wird folglich von der am Ausgangspunkte der Leitung erzeugten Strom menge bei geringer Spannung ein grösserer Theil am Endpunkte der Leitung ankommen, als bei hoher Spannung. Einige von Berliner in dieser Beziehung noch vorgenommene Versuche haben gezeigt, dass auf einer langen Leitung mit einer Inductionsrolle mit 50 Ohm Widerstand in dem secundären Stromkreise (Draht von 0,28 mm Durchmesser), ebenso günstige Erfolge erzielt wurden, wie mit einer Rolle von 180 Ohm secundärem Widerstand (Draht von 0,20 mm Durchmesser), bei gleicher primärer Stromquelle, gleichen Windungen und Widerständen der primären Spiralen und selbstverständlich mit demselben Mikrophon. Neben der günstigen Wirkung der zweckmässig angeordneten Schaltung und der gewählten Elemente wird zu dem rühmlichen Erfolge der Musikübertragung in Frankfurt wohl am meisten der „Universal-Transmitter“ beigetragen haben. Textabbildung Bd. 288, S. 281 Berliner's Mikrophon. Die Anordnung der von Berliner für Musikübertragung gewählten Form von Callaud-Elementen ist aus dem Schnitt Fig. 5 und dem Grundrisse Fig. 6 (3/20 der natürlichenGrösse) zu ersehen. In einem etwa 30 cm hohen Standglase befindet sich der aus zwei unter einem rechten Winkel gebogenen und durch eine Kupferniete kreuzförmig mit einander verbundenen Kupferblechplatten K, von je 120 mm Länge und 60 mm Höhe gebildete Kupferpol Z und der zu einer Spirale aufgewickelte 2 m lange Zinkdraht von 10 mm Dicke; letzterer wird von einem Holzstege H getragen und ist von einer Kautschukröhre B zum Nachfüllen von Kupfervitriol durchzogen. Dieses Element hat sich, wie bei früheren ähnlichen Anlagen, so auch bei der Frankfurter Uebertragung vollständig bewährt, und während eines fünfmonatlichen täglichen Gebrauches haben die Zinke keine Auswechselung erfordert. Textabbildung Bd. 288, S. 281 Fig. 7.Berliner's Mikrophon. Textabbildung Bd. 288, S. 281 Fig. 8.Berliner's Mikrophon. Bei der bereits in Frankfurt ausgestellten, in Fig. 7 abgebildeten neueren Form des Mikrophons war der Kohlenblock und die schwingende Platte in eine lothrechte Lage gebracht, wodurch verhütet werden sollte, dass sich das Kohlenpulver mit der Zeit in den Vertiefungen des Kohlenblockes festpacke. Wie die einen Schnitt durch das Mikrophon bietende Fig. 8 (0,8 nat. Gr.) und die einen Schnitt nach AB in Fig. 10 zeigende Befestigungsskizze, Fig. 9, (0,6 nat. Gr.) sehen lassen, ruht hier das Mikrophon auf einem wagerechten Bolzen s und lässt sich um diesen bequem drehen und dadurch das etwa beginnende Packen des Kohlenpulvers beseitigen. Die schwingende Platte besteht aus einer äusserst feinen Kohlenplatte, welche mittels Schellack auf ein Glimmerplättchen aufgeklebt ist. Hinter dieser Platte, zwischen ihr und dem mit den ringförmigen Vertiefungen versehenen Kohlenblocke k befindet sich, ähnlich wie früher, das Kohlenpulver und wird durch den Flanellring eingeschlossen, welcher den Kohlenblock umgibt und die Kammer gegen die schwingende Platte hin abschliesst. Auch hier (wie in Fig. 2) drückt die Blattfeder gegen das Filzpolster auf der schwingenden Platte. Während bei der wagerechten Anordnung als Boden der Mikrophondose eine isolirende Fiberscheibe benutzt wurde, ist jetzt die Dose vollständig metallen und dient als die eine Stromzuführung, während nur der den Kohlenblock k tragende, als zweite Stromzuführung benutzte Schraubenstift s und der Block k selbst durch die in Fig. 8 leicht zu erkennende Zwischenlage v aus Vulcanfiber gegen die Dose isolirt ist. Das Drahtnetz d, welches das Mundstück abschliesst, bezweckt, die schwingende Platte vor Beschädigung von aussen (z.B. mit Spitzen von Bleistiften und Stahlfedern) zu schützen. Textabbildung Bd. 288, S. 282 Fig. 9.Berliner's Mikrophon. Textabbildung Bd. 288, S. 282 Fig. 10.Berliner's Mikrophon. Beim Aufsetzen eines solchen Mikrophons in oder auf den Deckel eines Mikrophon- oder Telephongehäuses wird der Schraubenstift s durch eine im Deckel D befindliche Metallhülse m geführt und, wie Fig. 9 erkennen lässt, mittels Spiralfeder und Mutter angezogen. Der Metallboden der Mikrophondose ruht dann auf drei Contactstiften i, gegen welche er durch die Spiralfeder fest angedrückt wird. Der Stromlauf dabei lässt sich in Fig. 10 leicht verfolgen; er geht vom Kohlenblocke k zum Schraubenstifte s, zu der Metallhülse, der auf diese aufgeschraubten Contactplatte und zur Batterie und kommt über die drei leitend mit einander verbundenen Contactstifte i zur Dose, zur schwingenden Platte und zum Kohlenpulver zurück. Textabbildung Bd. 288, S. 282 Fig. 11.Berliner's Mikrophon. Die neueste Form der Mikrophonanordnung wird durch Fig. 11 bis 13 erläutert. Sie gestattet, das Mikrophon innerhalb gewisser Grenzen nach oben und nach j abwärts zu drehen, entsprechend der Grösse der das Mikrophon benutzenden Person. Es ist eine solche Anordnung besonders für öffentliche Fernsprechstellen zweckmässig, in denen bald grosse, bald kleine Personen zu sprechen wünschen. Hier bewegt sich die Mikrophondose mit ihrer Bodenfläche auf den gekrümmten Flächen zweier Messingbügel b, der auf den Schraubenstift s aufgesteckte halbkugelförmige Zapfen a dagegen wird von der Spiralfedergegen die innere, halbkugelförmig ausgehöhlte Lagerfläche der auf den Gehäusedeckel aufgeschraubten ovalen Fassung c angepresst; diese als Lager dienende, metallene Fassung, in welcher der metallene Zapfen, gut ein geschliffen, spielt, ist mit einem entsprechenden Schlitze versehen, in welchem sich der Schraubenstift beim Drehen des Mikrophons bewegen kann. Fig. 12 (in 0,6 der nat. Gr.) zeigt einen Schnitt nach der lothrechten Mittellinie in der Vorderansicht der Befestigungsstücke, welche in Fig. 13 gegeben ist. Aus letzterer wird zugleich klar, dass der von der Batterie der ovalen Fassung c zugeführte Strom seinen Weg über den Kugelzapfen a nach dem Schraubenstifte s, zu dem Kohlenblocke, dem Kohlenpulver, zur schwingenden Platte, zur Dose und den beiden leitend mit einander verbundenen Messingbügeln b nimmt. Textabbildung Bd. 288, S. 282 Fig. 12.Berliner's Mikrophon. Textabbildung Bd. 288, S. 282 Fig. 13.Berliner's Mikrophon. Ed. Z.