Titel: Ueber Lagermetalle.
Fundstelle: Band 290, Jahrgang 1893, S. 85
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Ueber Lagermetalle. Von C. B. Dudley. Ueber Lagermetalle. Nachstehender Aufsatz lehnt sich an eine im Journal of the Franklin Institut veröffentlichte Abhandlung eines auf diesem Gebiete erfahrenen Fachmanns C. B. Dudley an. Es werden darin die Untersuchungen des Laboratoriums der Pennsylvania Railway Company mit den praktischen Erfahrungen verglichen, die auf den Bahnen dieser Gesellschaft in den letzten 15 Jahren gemacht wurden. Die aus Legirungen hergestellten Lager besitzen gegenüber den aus dem gleichen Metall wie die Zapfen gefertigten die Vorzüge, dass die Reibung geringer ist, dass die Legirungen sich in Folge ihres niedrigen Schmelzpunktes leichter durch Giessen verarbeiten lassen, und dass vorwiegend die Lagerschalen sich abnutzen, während der theurere Zapfen geschont wird. Ein brauchbares Lagermetall muss fest genug sein, um die grosse Belastung auszuhärten, die bei Eisenbahnachsen oftmals 350 bis 400 engl. Pfd. auf den Quadratzoll beträgt; auch muss es starken Stössen widerstehen können, denen ein Lager vielfach ausgesetzt ist. Es darf nicht schnell heisslaufen, muss für das Giessen im Grossen geeignet sein und brauchbare Gusstücke ergeben, ohne grosse Sorgfalt zur Verhütung der Oxydation zu erfordern, ein Ziel, das vielfach durch Zusätze, z.B. von 1 bis 2 Proc. Zink oder einer geringen Menge Phosphor in Form von Phosphorzinn o. dgl. erreicht wird. Das Lagermetall muss bei hinreichender Schmierung möglichst geringe Reibung ergeben, so dass die Abnutzung des Lagers auf die durchlaufene Kilometerzahl gering ist. Zu den Metallen, aus denen Legirungen für Lager gewöhnlich hergestellt werden, gehören vor allen Kupfer, Zinn, Blei, Zink, Antimon, Eisen und Aluminium. In vielen Fällen kommen Phosphor, Mangan, Silicium, Wismuth, Schwefel, Arsen oder Nickel, Kobalt, Cadmium und Quecksilber als wesentliche oder zufällige Beimengungen vor. Auch die bei den Versuchen benutzten und nachstehend aufgeführten Legirungen enthalten im Wesentlichen die genannten Metalle; die Zusammensetzungsziffern sind aus Probestücken von in Gebrauch gekommenen Lagerschalen ermittelt. Ein Theil dieser Legirungen wird unseren Lesern bekannt sein, dennoch dürfte die Wiedergabe der Zusammenstellung Interesse bieten. Canneliametall. Amerikanisches Antifrictions-metall. Kupfer 70,20 Zinn 4,25 Blei 78,44 Blei 14,75 Antimon 19,60 Zink 10,20 Zink 0,98 Eisen 0,55 Eisen 0,65 Antifrictionsmetall. Tobinbronze. Zinn 98,13 Kupfer 59,00 Kupfer 1,60 Zink 38,40 Eisen Spuren Zinn 2,16 Eisen 0,11 Weissmetall. Blei 0,31 Blei 87,92 Antimon 10,08 Graneybronze. Kupfer 75,80 Metall als Futter für Wagen- Blei 15,06 lager. Zinn 9,20 Blei 84,87 Antimon 15,10 Damaskusbronze. Zinn Spuren Kupfer 76,41 Zinn 10,60 Salgee-Antifrictionsmetall. Blei 12,52 Zink 85,57 Manganbronze. Zinn 9,91 Kupfer 90,52 Kupfer 4,01 Zinn 9,58 Blei 1,15 Mangan fehlt Graphitlagermetall. Ajaxmetall. Blei 67,73 Kupfer 81,24 Zinn 14,88 Zinn 10,98 Antimon 16,73 Blei 7,27 Eisen unbestimmt Phosphor oder Arsen 0,37 Graphit fehlt Antimonblei. Antifrictionsmetall. Blei 80,69 Antimon 11,93 Antimon 18,83 Carbonbronze. Harringtonbronze. Kupfer 75,47 Kupfer 55,73 Zinn 9,72 Zink 42,67 Blei 14,57 Zinn 0,97 Kohlenstoff Spuren möglich Eisen 0,68 Cornischbronze. Wagenbuchsenmetall. Kupfer 77,83 Blei 84,33 Zinn 9,60 Antimon 14,38 Blei 12,40 Eisen 0,61 Zink Spuren Zink Spuren Eisen „     Hartblei. Phosphor „     Blei 94,40 Deltametall. Antimon 6,03 Kupfer 92,39 Phosphorbronze. Zinn 2,37 Kupfer 79,17 Blei 5,10 Zinn 10,22 Eisen 0,07 Blei 9,61 Phosphor 0,94 Magnoliametall. Ex.-B.-Metall. Blei 83,55 Kupfer 76,80 Antimon 16,45 Zinn 8,00 Und Spuren von Eisen, Kupfer,Zink und möglicher WeiseWismuth. Blei 15,00 Phosphor 0,20 Viele der aufgeführten Weissmetallegirungen sind wenig brauchbar wegen ihrer geringen Widerstandsfähigkeit gegen Stösse und überhaupt wegen ihres Mangels an Festigkeit. Die Prüfung der verschiedenen Legirungen auf ihre Abnutzung geschah in folgender Weise: Es wurden eine Anzahl von Lagern aus feststehenden (Normal-) Legirungen, ebenso viele aus den Versuchsmetallen hergestellt und auf die Achsen des Tenders oder eines Wagens gebracht, so dass an einem Ende derselben Achse ein Normallager und auf dem gegenüberstehenden eins der Versuchslager sich befand. Sämmtliche Lager waren vor dem Versuch sorgfältig gewogen und wurden nach hinreichender Frist abgenommen und abermals gewogen. Auf diese Weise war es möglich, ein ziemlich sicheres Vergleichsergebniss zwischen der Abnutzung der Versuchslegirung und des Normallagers zu gewinnen, während die Versuche einer absoluten Bestimmung der Abnutzung der Legierung mit Bezug auf die Zahl der durchlaufenen Meilen wegen der Verschiedenheit der Belastung und der Schmiermittel nicht zuverlässig erschienen. Das S-Lagermetall der Phosphor-Bronze Smelting Company, welches angenähert 79,7 Proc. Kupfer, 10 Proc. Zinn, 9,50 Proc. Blei und 0,80 Proc. Phosphor enthält, wurde als Normallagermetall verwendet. Es wurden bei einem Vorversuch zunächst 16 Lager einer jeden Sorte an Tendern angebracht, und nachdem das Metall sich überhaupt als verwendbar erwies, wurden 50 oder 100 Lager jeder Art in den Betrieb eingeschaltet. Beim ersten Versuch wurde die alte Kupfer-Zinnlegirung mit dem Normalmetall verglichen und zwar bei folgender Zusammensetzung: Kupfer-Zinn-legirung Phosphor-bronze Kupfer 87,50 79,70 Zinn 12,50 10,00 Blei   9,50 Phosphor   0,80 Es ergab sich, dass sich Kupferzinn um 47 bis 53 Proc. schneller abnutzte als Phosphorbronze. Es zeigte sich auch, dass Lager aus ersterer Legirung schneller heisslaufen als solche aus Phosphorbronze. Der Werth der Kupfer-Zinnlegirung ist also bedeutend geringer als der der Phosphorbronze. Es wurde dann untersucht, ob Arsen mit gutem Erfolge statt des Phosphors in einer Kupfer-Zinnlegirung verwendet werden könne. Nachfolgende Versuche wurden dementsprechend mit Arsenbronze angestellt. 1. Versuch. Arsenbronze Phosphor-bronze Kupfer 89,20 79,70 Zinn 10,00 10,00 Blei   9,50 Phosphor   0,80 Arsen 0,80 Das Ergebniss war, dass Arsenbronze sich um 42 Proc. schneller als Phosphorbronze abnutzte. 2. Versuch. Arsenbronze Phosphor-bronze Kupfer 79,20 79,70 Zinn 10,00 10,00 Blei   7,00   9,50 Phosphor   0,80 Arsen   0,80 Ergebniss: Arsenbronze nutzte sich um 15 Proc. schneller ab als Phosphorbronze. 3. Versuch. Arsenbronze Phosphor-bronze Kupfer 79,70 79,70 Zinn 10,00 10,00 Blei   9,50   9,50 Phosphor   0,80 Arsen   0,80 Ergebniss: Arsenbronze nutzte sich um 1 Proc. schneller ab als Phosphorbronze. Der erste Versuch mit einer Kupfer-Zinnlegirung, die nur etwas Arsen enthielt, zeigte ein nur wenig besseres Ergebniss als mit der gewöhnlichen Legirung (7 Kupfer, 1 Zinn). Die Anwendung des Arsens (bezieh. des Phosphors) kam nur für die Giesserei in Betracht. Bei dem zweiten Versuch bewirkte die Einführung des Bleies eine beträchtliche Herabminderung der Abnutzung. Und aus dem dritten Versuch bei gleichen Mengen von Blei in beiden Legirungen zeigte sich die Abnutzung für beide Bronzen fast gleich; hieraus folgt, dass ein Ersatz des Phosphors durch Arsen nur geringen Einfluss auf den Bestand oder das Heisslaufen der Lager hat. Weiter wurden dann mit folgender Legirung, die mehr Blei als die normale enthielt, Versuche angestellt: „K“-Bronze Phosphor-bronze Kupfer 77,00 79,70 Zinn 10,50 10,00 Blei 12,50   9,50 Phosphor   0,80 Ergebniss: „K“-Bronze nutzte sich um 7,30 bis 8 Proc. langsamer als Phosphorbronze ab. Die „K“-Bronze verhielt sich im Uebrigen gegen das Heisslaufen u.s.w. ebenso wie Phosphorbronze. Es hatte sich bei diesen und vielen anderen Versuchen ferner gezeigt, dass es wohl möglich wäre, eine bestimmte Regel für die Zusammensetzung von Lagermetallen mit Bezug auf die Festigkeit derselben aufzustellen; in dieser Hinsicht stellt Dudley folgenden Satz auf: Diejenige Legirung, welche der grössten Beanspruchung auf Verdrehung (Torsion). ohne zu zerreissen, widersteht, verhält sich auch am besten gegen Abnutzung. Die Versuche wurden nach dieser Richtung hin ausgedehnt und es wurde zunächst festgestellt, in welchem Verhältniss Kupfer und Zinn gemischt werden müssen, um eine Legirung zu erhalten, die eine Höchstbeanspruchung auf Verdrehung zu ertragen vermag. Hierauf war zu bestimmen, wie viel Blei mit Vortheil der Legirung zweckmässig beizugeben ist. Es wurde darauf ein Verhältniss von 9 ½ Th. Kupfer auf 1 Th. Zinn ermittelt; aber es erschien nachträglich zweifelhaft, ob nicht 12 oder 15 Th. Kupfer auf 1 Th. Zinn vorzuziehen gewesen wären. Es wurde nämlich beobachtet, dass ein gesteigerter Bleizusatz fast dieselbe Wirkung in einer Kupfer-Zinnlegirung hervorbringt wie eine Verminderung des Zinnes; aber es ergab sich ferner, dass bei Verringerung des Zinngehaltes und Erhöhung der Bleimenge die Eigenschaft des Metalls, unter Druck schneller zu leiden, wuchs. Das endliche Ergebniss der Versuche bestand in der Ermittelung einer Legirung B, die sich um 13,50 Proc. langsamer abnutzte als Phosphorbronze. Diese Legirung B besteht aus 77 Th. Kupfer, 8 Th. Zinn, 15 Th. Blei. Sie ist nunmehr mit geringen Schwankungen das feststehende oder Normallagermetall der Pennsylvania Railway Company. Dudley meint, es sei wahrscheinlich, dass eine noch weitere Herabsetzung des Zinngehaltes und Vermehrung des Bleis in der Legirung noch bessere Ergebnisse haben könne; ein gewisser Bestand an Zinn ist allerdings erforderlich, um das Blei an das Kupfer der Legirung zu binden. Um Phosphorbronzereste nutzbar zu machen und gleich-massigen Guss zu erhalten, ist gegenwärtig eine Legirung nach folgender Formel bei der Gesellschaft in Anwendung: Kupfer 105 Pfd. Phosphorbronze, neu oder Bruch   60 Zinn     9 ¾ Blei   25 ¼ Die hierdurch gewonnene Legirung ist das „Ex-B.-Metall“, dessen Zusammensetzung in der Zusammenstellung der verschiedenen Lagermetalle angegeben ist. Es ist nur erforderlich, die gewöhnliche Sorgfalt beim Giessen anzuwenden und das Metall während des Schmelzens gut mit Holzkohle bedeckt zu halten, um recht brauchbare Gusstücke in Wagenlagern nach der obenstehenden Zusammensetzung zu erhalten. Es kann alles Kupfer und die gesammte erforderliche Phosphorbronze in den Tiegel gethan werden, bevor dieser in den Schmelzofen geschoben wird; das Zinn und Blei fügt man hinzu, nachdem der Tiegel vom Feuer genommen ist. Schliesslich stellt Dudley fest, dass ausser hoher Dehnungsfähigkeit und Zugfestigkeit, die erforderlich sind, um eine Abscherung kleinster Theilchen zu verhindern, noch ein dritter bisher unberücksichtigter Factor mitspricht, der die Abnutzung beeinflusst, nämlich das Korn der Legirung oder die Grösse der Theilchen, die weggerissen werden können. Theoretische Betrachtungen lassen mit Sicherheit schliessen, dass ein feinkörniges Gefüge für Lagermetall wünschenswerth ist. – Künftige Untersuchungen über den Werth von Lagermetallen werden vielleicht auch diesen Punkt berücksichtigen. (Nach Metallarbeiter, 1893 Nr. 44.)