Titel: Neuerungen in der Technik der Glasindustrie.
Fundstelle: Band 290, Jahrgang 1893, S. 107
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Neuerungen in der Technik der Glasindustrie. Mit Abbildungen. Neuerungen in der Technik der Glasindustrie. Flintglasofen von Atwater. In der Americ. Manufact., Bd. 50 S. 674 und Bd. 51 S. 112, wird ein von Atwater construirter Flintglasofen beschrieben, der in mancher Beziehung von den gebräuchlichen Constructionen abweicht. Derselbe besitzt eine runde Ofenkammer A (Fig. 1 und 2), die von einem Gewölbe B bedeckt ist. Rundum befinden sich acht mit Kanälen C und D versehene Pfeiler E, zwischen denen die bedeckten Häfen F aufgestellt sind. Die als Generator gedachte Feuerung G ist in der Mitte der Ofenkammer angeordnet. Die Beschickung derselben mit festen Brennstoffen erfolgt durch die seitliche Oeffnung H. Oberhalb derselben münden in den Generator acht Luftkanäle 7, durch welche die zur vollständigen Verbrennung der im Generator erzeugten Heizgase nöthige Luftmenge eintritt. Die hierdurch gebildete Flamme steigt zunächst in dem Ofenraume A hoch und strömt sodann gleichmässig nach der Peripherie der runden Ofenkammer. Am Fusse der vorerwähnten acht Wandpfeiler befinden sich nämlich je zwei Absaugöffnungen K. Durch diese verlassen die Verbrennungsproducte, die Häfen umspülend, den Ofen, steigen in den senkrechten Pfeilerkanälen D hoch und gelangen von hier in die Abzugsrohre M, welche in genügender Höhe in die Luft ausmünden und so den Schornstein abgeben. Diese Rohre M (im Ganzen 16 Stück) sind nun wieder zu je zwei in einem Rohre N von entsprechend grösserem Durchmesser eingeschlossen, so dass freier Raum im Inneren der Rohre N übrig bleibt, um die oben angesaugte frische Luft in genügender Menge nach unten strömen zu lassen. Hierbei tritt eine hochgradige Erwärmung derselben ein. Die Fortsetzung der Rohre N bilden die Kanäle C, welche wiederum in die fast wagerecht angelegten, in den oberen Theil des Generators einmündenden Kanäle I auslaufen. Die secundäre Verbrennungsluftsoll bei dieser Construction ziemlich hoch vorgewärmt werden; für den Fall, dass der Ofen zu heiss geht, kann die Hitze dadurch vermindert werden, dass ein in jedem der acht Heissluftkanäle I bei P angelegter Schieber ganz oder theilweise geöffnet wird. Textabbildung Bd. 290, S. 107Flintglasofen von Atwater.Glasofen von L. West. Während man für gewöhnlich bei der Herstellung von Spiegelglas und anderen feineren Glassorten die geschmolzene Glasmasse in Tiegeln einschmilzt und auch darin läutert, geschieht letzteres bei dem Glasofen von Leonhard West in Ravenhead, England, zum Theil bereits in einem Wannenofen und wird sodann in Tiegeln beendet (D. R. P. Nr. 68774 vom 14. September 1892). Die Glasmasse wird in der Abtheilung M (Fig. 3 und 4) eingeschmolzen; fliesst unter der mit einer Kühlvorrichtung versehenen Brücke O vorbei in die Abtheilung N. Hierdurch wird bereits eine Reinigung des Glases erzielt, weil bekanntlich die noch nicht geschmolzenen Materialien auf dem geschmolzenen Glase schwimmen. Mit diesem Wannenofen ist eine ringförmige Ofenkammer E verbunden, auf deren drehbarem Boden Tiegel P aufgestellt sind. Der Boden A besteht aus einer ringförmigen Drehscheibe, die von Rollen getragen wird, welche in einer U-förmigen Schiene R Führung erhalten. Eine weitere Führung gibt der Laufkranz W, welcher um die Standsäule B drehbar und mit der Drehscheibe A verstrebt ist. Auf der Aussenseite ist der Laufkranz W mit Zähnen versehen und wird mittels eines Schneckengetriebes in Bewegung gesetzt. Um in der Ringkammer E eine bestimmte Temperatur zu unterhalten; wie solche nöthig ist, um ein zu starkes Abkühlen des in den Tiegeln befindlichen Glases zu verhüten, wird dieselbe entweder aus dem Glasschmelzofen T oder aus einem besonderen Ofen mit heissen Verbrennungsgasen versorgt. Diese steigen, aus der Leitung K kommend, in den beiden senkrechten Kanälen H auf, durchziehen die Ringkammer E und werden durch zwei Abzugskanäle F und die Leitung C zum Schornstein abgesaugt. D und D1 sind Thüren, aus welchen die fertig geläuterten Tiegel herausgenommen und durch leere ersetzt werden. Textabbildung Bd. 290, S. 108Glasofen von West. Der Arbeitsgang ist hiernach leicht zu übersehen. Das Glas steigt in der Abtheilung N auf und wird durch die Rinne S in die auf der Drehscheibe A stehenden leeren Tiegel P der Reihe nach abgelassen. Sobald der zuerst gefüllte Tiegel vor der Thür D1 anlangt, wird er, fertig geläutert, herausgehoben und sein Inhalt an geeigneter Stelle verarbeitet, gleichzeitig aber ein leerer Tiegel aus der Rinne S mit Glas gefüllt. Sollte während der Zeit, welche die Tiegel gebrauchen, um von der Rinne S bis zur Thür D1 zu gelangen, der Tiegelinhalt noch nicht fertig geläutert sein, so kann das Entnehmen und Wiedereinsetzen der Tiegel auch erst durch die zweite Thür D erfolgen. Auch kann in der Weise gearbeitet werden, dass durch die erste Thür D1 lediglich die gefüllten und fertig geläuterten Tiegel herausgenommen und gleichzeitig durch die zweite Thür D durch leere ersetzt werden, so dass also das Füllen der Tiegel durch die Rinne S, das Herausnehmen durch die Thür D1 und das Einsetzen leerer Tiegel durch die Thür D gleichzeitig erfolgt. Glasofen mit abgedecktem Schmelz- und Arbeitsraum von Henning und Wrede. Der neue Glasschmelzofen der Firma Henning und Wrede in Dresden sucht die bekannten Mängel, welche aus der Berührung des Glases mit den Verbrennungsproducten entstehen, dadurch zu beseitigen, dass der Schmelzraum theilweise, der Arbeitsraum gänzlich überdeckt wird. Das Wesen dieser Erfindung (D. R. P. Nr. 67505 vom 22. October 1891) soll an einem Glasschmelzwannenofen (Fig. 5) erläutert werden. Textabbildung Bd. 290, S. 108Fig. 5.Glasofen von Henning und Wrede. In dem Schmelzraume A, welcher durch den Kanal B beheizt and durch die Oeffnung C mit den einzuschmelzenden Materialien beschickt wird, ist von einer Seitenwand zur anderen eine Anzahl Balken a angeordnet, und zwar entweder dicht neben einander, so dass die Balken selbst das darunter befindliche Schmelzgut vor der unmittelbaren Einwirkung der Verbrennungsproducte schützen, oder aber in gewissen Abständen von einander. In letzterem Falle werden die Zwischenräume zwischen ihnen durch Platten b überdeckt, die zweckmässig eine gewölbte Form erhalten, und sich vor Erhöhungen c der Balken stützen. Die Balken lagern in den Seitenwänden des Ofens entweder fest oder frei, oder man lässt sie in Falzen der Seiten wände geführt schwimmen. An den in die flüssige Masse tauchenden Theilen versieht man sie zweckmässig mit Löchern oder Aussparungen, um den Durchfluss der geschmolzenen Glasmasse von dem einen Ende des Ofens zum anderen nicht zu hindern. Es empfiehlt sich, diese Durchlässe in den auf einander folgenden Ueberbrückungen an verschiedenen Stellen anzubringen, so dass die Glasmasse, um von einem Ende zum anderen zu fliessen, einen sehr grossen Weg machen muss. Zu den in die flüssige Glasmasse tauchenden Balken a darf nur ein Material verwendet werden, welches sich neutral zum Schmelzgut verhält. Diese Ofeneinrichtung, durch welche jegliche zersetzende oder verunreinigende Wirkung der Verbrennungsproducte auf das Schmelzgut vermieden wird, erfordert zwar gegenüber anderen Glasöfen mehr Brennstoffe; indessen wird dieser Nachtheil durch die vorstehend angeführten vortheilhaften Wirkungen der Abdeckungen in den meisten Fällen mehr als ausgeglichen werden. (Fortsetzung folgt.)