Titel: Neuerungen in der Technik der Glasindustrie.
Fundstelle: Band 290, Jahrgang 1893, S. 157
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Neuerungen in der Technik der Glasindustrie. (Fortsetzung des Berichtes S. 107 d. Bd.) Mit Abbildungen. Neuerungen in der Technik der Glasindustrie. Fiege's Glasschmelzofen mit Lufterhitzungskanälen auf dem Wannenboden. Bei den bis jetzt gebräuchlichen Glasschmelzwannen sind die Luftkanäle unterhalb der Wanne angeordnet und werden von den abziehenden Gasen bestrichen; diese Bauart ist meistens sehr complicirt und theuer und vielen Reparaturen unterworfen. Diese Nachtheile sind an dem neuen Glasschmelzofen von Gust. Fiege in Stralau dadurch vermieden, dass die Lufterhitzerkanäle auf dem Boden der Wanne angeordnet sind, so dass die abziehenden Gase mit den Luftkanälen nicht mehr in Berührung kommen. Die Kanäle befinden sich im vorderen Theil der Wanne. Gebildet werden sie durch zwei oder mehr Reihen aus Chamottestein hergestellter, oben offener Kästen b (Fig. 6 bis 9), die durch eine Platte c abgedeckt sind. Auf diese Weise wird die durch die Kanäle d in die Lufterhitzer eintretende kalte Luft gezwungen, einen vielverzweigten Weg zu machen, der noch dadurch verlängert wird, dass in den Luftkanälen Rippen e (Fig. 9) vorgesehen sind, welche die Luft zwingen, eine wellenförmige Bewegung zu machen. Die Luft wird auf diesem Wege durch die in den Kästen b und auf der Platte c stehende heisse Glasmasse erwärmt, indem sie gleichzeitig die Wände der Kästen und die Platte c abkühlt und hierdurch vor dem Durchbrennen schützt. Die so vorgewärmte Luft tritt nun über die durch die bei k abziehenden Verbrennungsgase erhitzte Wand w, sich hier noch mehr erwärmend, in den Raum A und steigt in diesem in den Kanälen g hoch. Gleichzeitig steigen in diesem Raume in den von den Kanälen g durch Scheidewände getrennten Kanälen h die Gase, welche in der Richtung des Pfeiles von einem gewöhnlichen Gaserzeuger kommen, hoch und vereinigen sich bei i mit der vorgewärmten Luft. Die entzündeten Gase bestreichen die Glasmasse in der Wanne, bringen dieselbe zum Schmelzen und ziehen dann durch die Kanäle k, den Kanal l, dabei die unter den Lufterhitzern liegende Wand w bestreichend, ab, um eventuell noch weiter zum Heizen verwendet zu werden. Sollte die Hitze in den Luftkanälen zu gross werden, so kann man durch die mit Ventil versehene Oeffnung v frische Luft einlassen, wodurch eine genügende Abkühlung erzielt wird. (D. R. P. Nr. 69687 vom 9. November 1892.) Textabbildung Bd. 290, S. 158Fiege's Glasschmelzofen.Regenerativgasofen mit Doppelflamme von Henning und Wrede. Die Schwierigkeit, Oefen nach dem Regenerativsystem mit einfacher Flammenführung gleichmässig zu beheizen, veranlasste die Firma Henning und Wrede in Dresden zur Construction eines Regenerativgasofens mit Doppelflamme, welcher mit einer steigenden oder liegenden doppel-U-förmigen Flamme derartig betrieben wird, dass der Ofen von der Flamme sehr gleichmässig bestrichen und beheizt wird. Die zum Ofen (Fig. 10 bis 12) gehörenden Heizkammern sind mit Regulirvorrichtungen versehen, so dass bei jeder Einstellung die doppel-U-förmige Flamme im Ofen beibehalten wird und namentlich die an den Seiten des Ofens ausströmenden und heizenden Flammen leicht geregelt werden können. In Fig. 10 bis 12 und 13 bis 14 sind zwei Ausführungsformen dargestellt. In Fig. 10 und 11 münden die Ein- und Ausströmungsöffnungen in wagerechter Ebene im Ofen zur steigenden und sodann fallenden Flammenführung aus, während diese Oeffnungen in Fig. 14 in senkrechter Ebene behufs liegender Flammenführung münden. Fig. 12 zeigt die Einströmungsöffnungen für das Gas am Boden der Heizkammern G1 bis G4 und für die Luft am Boden der Heizkammern L1 bis L4 Die aus den erstgenannten Heizkammern führenden Kanäle F1 bis F4 treffen mit den aus den letztgenannten Heizkammern führenden Kanälen E1 bis E4 in den Räumen M, M3 und M4 zusammen, wobei der Raum M durch Hals H1 als Austritt des Gasgemisches in den Ofenraum dient, in welchem Falle die Verbrennungsproducte durch H3 und H4 abziehen, oder aber es tritt das Gasgemisch durch H3 und H4 in den Ofen ein und die Verbrennungsproducte ziehen durch H1 nach M und von hier durch die Kanäle E1, E2 und F1, F2 in die Heizkammern G1, G2 und L1, L2 und weiter ab (entgegengesetzt der Pfeilrichtung). Textabbildung Bd. 290, S. 158Regenerativgasofen von Henning und Wrede. Bei letztgenannter Bewegungsrichtung ist es zur gleich-massigen Beheizung des Ofenraumes an seinen beiden Längsenden erforderlich, eine Regulirung der Gas- und Luftzufuhr vor dem Eintritte in die Regeneratoren zu bewirken. Zu diesem Zwecke sind die in die Heizkammern G3, G4 und L3, L4 einmündenden Kanäle N1 und N2 (Fig. 13) mit den Regulirflügeln O1 und O2 ausgestattet. Durch geeignete Einstellung derselben kann die Vertheilung von Gas und Luft vollständig geregelt werden. Textabbildung Bd. 290, S. 158Regenerativgasofen von Henning und Wrede. Der Betrieb gestaltet sich in folgender Weise: Ist die Wechselvorrichtung für das Gas derartig gestellt, dass dasselbe durch den Kanal A1 zum Ofen geführt wird, so steigt es zunächst in den Gasheizkammern G1, G2 hoch. Gleichzeitig tritt durch die Luftwechselvorrichtung die Luft in den Kanal C1 ein, steigt in den Luftheizkammern L1, L2 in die Höhe und gelangt durch die Oeffnungen E1, E2 in den Mischungsraum M, trifft hier mit dem aus den beiden Kanälen F1, F2 kommenden heissen Gase zusammen, worauf beide nach erfolgter Mischung durch die Oeffnung H1 in den Ofenraum eintreten und sich als zwei Flammenströme nach beiden Seiten des Ofens frei entfalten, um denselben durch die Oeffnungen H3 und H4 wieder zu verlassen. Die Verbrennungsproducte durchziehen sodann die Regeneratoren G3, L3 und G4, L4, wobei sie diese hochgradig erhitzen, und entweichen durch die Wechselvorrichtungen in den Schornstein. Tritt nun nach Umstellung der Wechselvorrichtungen für Gas und Luft das Gas in den Kanal N1 bezieh. die Luft in den Kanal N2 ein, so muss das Gas, um in die Regeneratoren G3, G4 gelangen zu können, an dem Regulirflügel O1 vorbeigehen, während die Luft, um in die Heizkammern L3, L4 zu gelangen, am Regulirflügel O2 vorbeiströmen muss. Je nach Stellung dieser Flügel, die drehbar mit einer stehenden Welle verbunden sind, wird die eine oder andere Seite des Ofens mehr oder weniger befeuert werden können als die andere. Die Verbrennungsproducte entweichen durch den Hals H1, den gemeinschaftlichen Kanal M, durch die Oeffnungen E1, E2 und F1, F2 in die Regeneratoren L1, L2 und G1, G2 und dann durch die Kanäle C1 und A1 in den Schornstein. Fig. 14 zeigt die Ein- bezieh. Ausströmungskanäle in senkrechter Ebene angeordnet; hier tritt die Luft aus den Oeffnungen l1 und l2 und trifft mit dem aus den Oeffnungen g1 und g2 strömenden Gase zusammen, nachdem sowohl das Gas als auch die Luft in den dazu gehörenden Heizkammern (ähnlich wie G3, G4 bezieh. L3, L4 in Fig. 12) hoch erhitzt worden sind. Die Verbrennungsproducte nehmen, wie die Pfeile andeuten, ihren Weg durch den Ofenraum und ziehen durch die Oeffnungen l und g in die entsprechenden Regeneratoren und durch die Leitungskanäle in den Schornstein. Werden die Wechsel Vorrichtungen für Gas und Luft umgestellt, so tritt die heisse Luft aus der Oeffnung l und das heisse Gas aus der Oeffnung g, beide entzünden sich und strömen in einer einzigen grossen Flamme durch die Mitte des Ofens bis zum gegenüberliegenden Ofenende; hier theilt sich die Flamme in zwei Flammenströme, welche an den beiden Seiten des Ofens zurückfliessen, durch P1 und P2 den Ofen verlassen und durch die Oeffnungen g1, l1 und g2, l2 in die zugehörigen Regeneratoren und den Schornstein entweichen. Auch hier kann eine Regulirung der Heizung in ähnlicher Weise wie vorhin beschrieben vorgesehen werden. Kühlofen für Tafelglas von J. W. Bonta. Die gegenwärtig gebräuchlichen Kühlöfen haben fast durchweg den Uebelstand, dass der Auflegetisch ungleich dicht ist, so dass er sich beim Erhitzen ungleichmässig ausdehnt und sich verzieht; die so entstandenen Unebenheiten des Tisches übertragen sich auf die zu kühlenden Glastafeln, die man deshalb so stark herstellen muss, dass beim nachfolgenden Schleifen die Unebenheiten wieder entfernt werden können. Diesen Uebelstand hat James William Bonta in Wayne (Delaware, Nordamerika) an seinem Kühlofen (D. R. P. Nr. 68244 vom 26. Juli 1892), Fig. 15 bis 17, dadurch beseitigt, dass er den Auflegetisch B auf einem aus Ziegeln D, zwischen denen Lufträume C gelassen sind, bestehenden Unterbau auflagert; die Ziegel sind mit Rippen versehen, wodurch ein Kanalnetz gebildet wird. Durch dieses wird kalte Luft geblasen, welche die ganze Unterseite des Tisches gleichmässig kühlt und dadurch jedes Verziehen desselben unmöglich macht. In der Abbildung sind bb Thüren an den Seiten des Ofens, a Gaseinlässe. Der Tisch B besteht aus einer Schicht weicher Ziegelsteine. Die Ziegel D werden mit Rippen d zur Bildung von Luftkanälen hergestellt; die Art ihrer Aufstellung zeigt Fig. 17. Sie werden von einer Reihe von Grund wänden E getragen, welche so weit von einander abstehen, dass Luftkanäle I entstehen, welche sich von der Vorderseite des Ofens nach der Hinterseite erstrecken und mit den Lufträumen c der Ziegel D und an einem Ende auch mit dem Abzüge I1 Verbindung haben. Beim Betrieb wird in die Kanäle I mittels der Düse s des Windrohres S Luft geblasen, welche im Verein mit der Durchlüftungswirkung der Ziegel D verhindert, dass sich der Ziegelunterbau in Folge Erhitzung verzieht; somit wird der Tisch B während des Kühlens in gleichmässiger Höhe gehalten. Die Glastafeln können schwächer als sonst üblich gewalzt werden, da man beim Schleifen nicht so viel wegzuarbeiten hat. Textabbildung Bd. 290, S. 159 Kühlofen von Bonta. (Fortsetzung folgt.)