Titel: Sicherheits- und Absperrventile.
Autor: Jos. Sibert
Fundstelle: Band 290, Jahrgang 1893, S. 221
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Sicherheits- und Absperrventile. Mit Abbildungen. Sicherheits- und Absperrventile. Die verschiedenen Arten von Ventilen haben nach Zweck und Construction so vieles gemeinsam, dass die in der obigen Ueberschrift benannten sich gegenseitig vielfach berühren und deshalb eine genaue Trennung nicht streng durchzuführen ist. Sind doch auch vielfach die Constructionen für Rückschlagventile denen der Dampfdruckminderventile sehr ähnlich. Wir haben trotzdem den Stoff thunlichst eingetheilt und werden im Nachtrage noch einige beachtenswerthe anderweitige Constructionen mittheilen. Revue universelle des Mines, de la Metallurgie, Tome 20 Nr. 3 S. 269, enthält eine Mittheilung von Jos. Sibert über verbesserte Sicherheitsventile für Dampfkessel, aus der wir die nachstehenden Einzelheiten entnehmen. Textabbildung Bd. 290, S. 221Fig. 1.Sicherheitsventile von Lethuillier und Pinel. Von Lethuillier und Pinel sind zwei Sicherheitsventile angegeben worden, das eine (Fig. 1) ist für den offenen Raum, das andere (Fig. 2) für den geschlossenen Raum bestimmt, d.h. mit Vorrichtung zur Abführung des entweichenden Dampfes versehen. Die Einrichtung (Fig. 1) hat einen cylindrischen Sitz A mit vier Führungsstegen, der cylindrische Theil ist oben zurückgebogen, um dem Ventil B als Führung zu dienen. Letzteres hat zwei tellerförmige Theile, mit dem unteren derselben ruht es auf dem Ventilsitze, der obere Theil dient zur Regelung der Ausströmung und ist mit dem ersteren durch Flügel verbunden. Die Wirkungsweise des Ventils ist folgende: Wenn die höchste zulässige Spannung erreicht ist, öffnet sich das Ventil, der Dampf entweicht in den ringförmigen Theil, der sich zwischen Ventil und cylindrischem Theile des Sitzes bildet, und entweicht durch die ringförmige Oeffnung, welche von dem zurückgebogenen Theile und der oberen Platte des Ventils gebildet ist. Wächst der Druck weiter, so kann der Dampf oberhalb des Verschlussitzes nicht rasch genug entweichen und beginnt auch auf die obere Platte des Ventils zu drücken; die dadurch bewirkte Hebung gestattet einen so reichlichen Dampfabfluss, dass bald die Normalspannung erreicht ist und das Ventil wieder auf seinen Sitz gelangen kann. Auf diese Weise geht die Dampfspannung durch gelinde und unschädliche Schwankungen hindurch. Das Ventil ist gewissermaassen ein Druckminderventil. Fig. 2 zeigt das Ventil derselben Erfinder mit Dampfableitung in der Richtung der Pfeile. Bei dieser Einrichtung sei nur noch erwähnt, dass dem Ventile eine Führung von entsprechendem Durchmesser durch den Deckel hindurch gegeben ist in der Absicht, diese Führung in bekannter Weise mit zum Heben des Ventils zu benutzen, sobald der Gegendruck im Dampfabführungsrohr eine gewisse Grösse erreicht. Textabbildung Bd. 290, S. 221Fig. 2.Sicherheitsventile von Lethuillier und Pinel. Für Locomobilkessel und Schiffsmaschinen wird das beschriebene Ventil durch eine Rankenfeder in üblicher Weise belastet. Auf Grund von Versuchen, die von Vinçotte und Dwelshauvers bei Gelegenheit der Ausstellung in Antwerpen 1885 angestellt sind, empfiehlt der Vortragende die Ventile von Lethuillier und Pinel als sehr brauchbar. Wir erwähnen nur, dass ein solches Ventil von 60 mm Durchmesser der Sitzfläche 713 k Dampf von 4,95 at in der Stunde entweichen liess, ohne auch nur einen Augenblick eine grössere Schwankung in der Dampfspannung als 1/10 at zu zeigen. Textabbildung Bd. 290, S. 221Dulac's Sicherheitsventil. Der Vortragende erwähnt auch die Dulac'schen Sicherheitsventile, die sich dadurch kennzeichnen, dass der Ventilsitz konisch in die Höhe geführt und der obere Theil des Ventils entsprechend konisch geformt ist, um eine Erweiterung des ringförmigen Raumes für den abgehenden Dampf zu erzielen und gleichsam ein Schwimmen des Ventils im Dampfstrome zu erreichen. Die Fig. 3, 4 und 5 zeigen verschiedene Anordnungen, Fig. 3 für offene Ventile, Fig. 4 und 5 für Ventile mit Dampfwegleitung; letztere haben Vorrichtungen; welche bei wachsendem Gegendruck im Ableitungsrohr zur Wirkung kommen, bestehend in einem durch Rankenfeder oder Scheibenfeder angedrückten beweglichen Theile. Zum Schluss erwähnt der Vortragende noch das Sicherheitsventil von Wilson, bei welchem eine eigenthümliche Rankenfeder zur Anwendung gekommen ist, die den von ihr ausgeübten Druck im zusammengedrückten Zustande nicht verändern soll. Die Anordnung, wie Fig. 6 sie vorführt, wird unseren Lesern nicht unbekannt sein, ebenso wenig wie die Entnahme des unter das Ventil geführten Dampfes von einem dem Ventil entfernt liegenden Kessel. Textabbildung Bd. 290, S. 222Fig. 5.Dulac's Sicherheitsventil.Textabbildung Bd. 290, S. 222Fig. 6.Wilson's Sicherheitsventil. Das Sicherheitsventil von W. H. Fowler in Failsworth, Lancashire (Englisches Patent Nr. 1999 vom 2. Februar 1892), ist sowohl als Sicherheitsventil gegen hohen Dampfdruck, als auch dann zu verwenden, wenn wegen zu niedrigen Wasserstandes dem Kessel Gefahr droht. Die Einrichtung des Ventils erhellt aus Fig. 7. Der Ventilkörper hat zwei Sitze, bei A und bei B; im letzteren Falle ruht das Ventil auf dem ringförmigen Sitze C. Die Sitzfläche bei A ist durch die stellbare Fläche D gebildet. Die beiden Flächen für A und B sind kugelförmig und von einem gemeinschaftlichen Mittelpunkt aus gearbeitet, wie die in der Figur angedeuteten Radien zeigen. Dies hat den Zweck, einen genauen und dichten Abschluss auch dann noch zu erreichen, wenn sich das Ventil etwas aus der ursprünglichen Lage verschoben hat. Der Sitz D ist mittels Schraube in einem Trägerbügel E genau einstellbar. Weiterhin ist die Vorsicht getroffen, die Säulen F hohl zu gestalten, und diese Höhlungen sind dem Zutritt des Dampfes geöffnet. Es soll dadurch die Ausdehnung der Ventiltheile ausgeglichen werden. Die Belastung des Ventils wird von der Stange G aufgenommen, welche in einer Brücke des Ventilkörpers verschraubt ist. Textabbildung Bd. 290, S. 222Sicherheitsventil von Fowler.Die Fig. 8 zeigt diese Ventilconstruction als Sicherheitsventil mit directer Belastung und bedarf wohl keiner weiteren Erklärung. Die Einrichtung des Ventils als Sicherheitsvorrichtung bei zu niedrigem Wasserstand ist aus Fig. 9 zu ersehen. Bei derselben sind J die Schwimmer, die, mittels Stangen an den Hebeln K angelenkt, das Gewicht M zu heben suchen, sobald J zu weit heruntersinkt. Das steigende Gewicht hebt mittels Knaggen N die Stange G, dadurch wird das Ventil entlastet und bläst ab. Textabbildung Bd. 290, S. 222Fig. 9.Sicherheitsventil von Fowler. Die Hülsen für Ventil- und Schieberspindeln von Gustav Jellinek in Szczakowa (Oesterreich.-Ungarisches Privilegium vom 29. September 1889) sollen die Verwendung von Ventilen und Schiebern ermöglichen für solche in der chemischen Industrie vorkommenden Laugen und Gase, welche die Spindeln aus Schmiedeeisen und Bronze stark angreifen und dadurch zu Reparaturen und Störungen Veranlassung geben. Namentlich bei allen Arten von Schiebern, die sonst wegen des freien Querschnittes sehr vortheilhaft sind, zeigt sich das Angreifen in verstärktem Maasse, da hier das Spindelgewinde dem Angriffe der betreffenden Flüssigkeit ausgesetzt ist und schon eine verhältnissmässig geringe Abrostung genügt, um die Schraube ungangbar zu machen. Die vorliegende Anordnung verfolgt nun den Zweck, die Spindel dem Angriffe der Flüssigkeit zu entziehen, was dadurch erzielt wird, dass eine Hülse H (Fig. 10), die mit dem Ventilkegel V (oder dem Schieberkonus) verbunden ist, durch eine Stopfbüchse aus dem Ventilinneren heraustritt. Diese Hülse selbst kann dann aus dem, der betreffenden Flüssigkeit am besten widerstehenden Material bestehen; das Muttergewinde kann in eine eingesetzte Büchse geschnitten sein und mit einem entsprechenden Material ummantelt werden. Der Ventilkegel kann für alle Arten von Ventilen und Schiebern eingerichtet sein. Die Geradführung der Hülse kann entweder durch eine in einen Schlitz eingreifende Schraube s oder in einer anderen beliebigen Weise erzielt sein. Die Bewegung des Ventils erfolgt durch Griffrad und äussere, an axialer Verschiebung verhinderte Spindel. Textabbildung Bd. 290, S. 222Fig. 10.Jellinek's Ventil. Absperrventil „Reform“ von Schilling und Co. in Dresden soll die Uebelstände vermeiden, an denen viele Dampfventile leiden, dass sie schon nach kurzem Gebrauche undicht werden; der entweichende Dampf zerstört als solcher oder als Condensationswasser die Maschinen- oder Metalltheile. Zur Abhilfe dieses Uebelstandes hat man Ventile mit flachen Sitzen construirt, bei denen sich Weichbleiplatten in entsprechende Nuthen des Sitzes eindrückten, ist jedoch bald hiervon abgekommen, da sich die Bleiringe schnell abnutzten. Kautschukdichtungsringe haben sich nur bei Wasserventilen bewährt und sind, sobald sie unter Dampf gestellt wurden, verbrannt. Ein Versuch mit Asbestringen in Metallpackung ergab ebenfalls ein negatives Resultat, weil die Drahtumwickelung des Ringes durch das Einpressen in die Nuth des Kegels zerrissen wurde. Die Firma Schilling und Co. in Dresden verwendet Kupfer zur Herstellung eines dampfdichten Ventilkegels (Fig. 11 und 12). Bei kleineren Ventilen wird der konisch geformte und mit äusserer Verzahnung versehene Kupferring durch eine Schraube mit einem metallenen Konus verbunden, welcher durch eine Ueberwurfmutter drehbar am unteren Bunde der Ventilspindel gehalten wird. Hierdurch wird dem Metallkonus eine gewisse Beweglichkeit gesichert, welche da von Nutzen sein kann, wo sich der Metallsitz durch die Wärmeausdehnung ändert. Bei grösseren Ventilen wird der Kupferring durch mehrere Schrauben an dem Metallring festgehalten. Die Construction der Dichtungsringe schliesst jede Nachhilfe, sowie jedes Nachschleifen aus und der Verschluss erfolgt bereits nach einer geringen Drehung des Handrades. Nach längerem Gebrauche jedoch wird das feste Schliessen des Ventils nothwendig, wenn der bekannte eigenthümlich pfeifende Ton bemerkbar wird, welcher das Durchdringen des Dampfes durch die Verpackung anzeigt. Dagegen findet eine Abnutzung der metallenen Dichtungsflächen fast nicht statt, so dass sich das Einsetzen eines neuen Kegelmantels erst nach jahrelangem Gebrauche nöthig machen wird. Da aber das Einsetzen des Mantels in wenigen Minuten auszuführen ist, so hat man nicht nöthig, das Ventil erst aus der Leitung auszuschalten. Textabbildung Bd. 290, S. 223Ventil von Schilling und Co. Ventile bis zu 60 mm Durchgang werden mit Rothgusspindeln, solche von 70 mm aufwärts mit Stahlspindeln geliefert. Sollen die Reformventile in Leitungen für zerstörende Dämpfe oder Säuren eingeschaltet werden, so werden dieselben aus entsprechend widerstandsfähigen Metallen hergestellt. Das Dampfabsperrventil mit selbsthätigem Verschluss, System Lethuillier und Pinel, gehört zu den Rückschlagventilen, welche bei Explosionen von Dampfleitungen oder Dampfkesseln einen selbsthätigen schnellen Abschluss der Dampfleitung ermöglichen, um ein weiteres Ausströmen des Dampfes zu verhindern. Diese Ventile sind bei uns in Deutschland fast gar nicht im Gebrauch; in Frankreich dagegen sind sie für combinirte Kesselanlagen im Wege der Verordnung vorgeschrieben. Anlass zu derselben haben dort seiner Zeit zwei von sehr schlimmen Folgen begleitete Explosionen von Dampfleitungen gegeben, wobei der Dampf im Nu die Fabrikräume erfüllte und eine grosse Anzahl der darin anwesenden Arbeiter verbrühte (1888 267 * 244). Unter den in Frankreich üblichen Vorrichtungen dieser Art verdient das selbsthätige Absperrventil (Fig. 13 und 14) von Lethuillier und Pinel Beachtung. Es besteht aus einem Ventilgehäuse A mit nach unten gerichteter Ventilsitzfläche; die auf diese letztere passende Ventilscheibe C wird durch eine im Deckel des Gehäuses festgeschraubte Stande q geführt. Textabbildung Bd. 290, S. 223Rückschlagventil von Lethuillier und Pinel. Die Ventilscheibe ist mit feinen Löchern versehen, welche den Dampfzutritt nach erfolgtem Abschlusse über derselben gestatten, damit nach Absperrung eines zwischen diesem und dem Dampfkessel sitzenden abschliessbaren Ventils ein allmählicher Druckausgleich in der Leitung stattfinden und die Ventilscheibe in ihre frühere Lage zurückfallen kann. Der Dampf durchströmt das Ventil in der Pfeilrichtung; Fig. 13 zeigt die Ventilscheibe im Zustande der Ruhe. Für die sichere und gefahrlose Wirkung einer derartigen Einrichtung ist es wichtig, dass der Abschluss bei etwaigen Unfällen zwar schnell, aber möglichst stossfrei erfolge, denn wenn es auch auf der einen Seite erwünscht ist, im Falle eines Unfalles ein weiteres Ausströmen von Dampf möglichst schnell zu verhindern, so könnte doch auch andererseits durch ein zu plötzliches Abschliessen des Dampfstromes die Haltbarkeit des Apparates in Frage gestellt werden. Aus diesem Grunde ist der Ruhepunkt der Ventilscheibe unterhalb des Dampfstromes gelegt, ausserdem ist die Scheibe nach der Ventilsitzseite zu mit einem konischen Ansätze versehen; in Folge dessen findet bei einer plötzlichen Druckentlastung über dem Ventilsitze ein Ansaugen der Ventilscheibe statt, dieselbe wird sanft gehoben und setzt sich mit schwachem Stoss auf den Sitz auf. Textabbildung Bd. 290, S. 223Fig. 15.Ventil mit Asbestdichtung von Robinson.Fig. 14 zeigt ein solches Ventil mit zwei Scheiben, so dass der selbsthätige Abschluss nach beiden Seiten hin erfolgen kann; die obere Ventilscheibe ist ausserdem zum Hoch- und Niederschrauben eingerichtet, so dass dasselbe gleichzeitig als gewöhnliches Absperrventil benutzt werden kann. Eingehende Versuche, die mit diesem Ventil unter den verschiedensten Umständen vom Kesselüberwachungs-Ingenieur Siebant gemacht sind, haben die Brauchbarkeit des Apparates bewiesen und gezeigt, dass der Schluss des Ventils bei jeder Explosion erfolgt, dass derselbe von der Dampfspannung unabhängig ist und nicht versagt. Ein Ventil mit Asbestdichtung ist von. J. Robinson in Penryn angegeben und von der Bell's Asbestos Company lim. in den Handel gebracht. Wie Fig. 15 zeigt, hat der Ventilkörper E ein Ventil B, welches durch ein anstellbares Oberstück C auf seinen Sitz gedrückt und zugleich mittels der Einlage A von Asbestschnur gedichtet wird. Falls durch irgend einen Zufall die Asbestschnur versagen sollte, so kommen die metallischen Flächen von C und B in dichtenden Abschluss. (Englisches Patent Nr. 16352 vom 9. Juli 1890.) Textabbildung Bd. 290, S. 224Schmid's Ventile.A. Schmid in Zürich gibt die nachstehenden in Fig. 16 und 17 dargestellten Ventile mit ringförmigem Sitze für offenen und geschlossenen Raum an. Die Vortheile der ringförmigen Oeffnungen sind hinreichend bekannt und die Form der Ventile aus den Figuren hinreichend ersichtlich.