Titel: Ueber Fortschritte in der Bierbrauerei.
Fundstelle: Band 290, Jahrgang 1893, S. 284
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Ueber Fortschritte in der Bierbrauerei. (Letzter Bericht Bd. 289 S. 66 und 83.) Ueber Fortschritte in der Bierbrauerei. I. Wasser, Gerste, Malz, Hopfen. Im Gegensatz zu der (hygienischen) Methode Koch's der Untersuchung von Wasser auf Organismengehalt, hat E. Ch. Hansen für das Brauereigewerbe seine gährungstechnische Wasseranalyse eingeführt. Statt der Fleischwasserpeptongelatine benutzt er sterilisirte Würze und Bier und empfiehlt den Zymotechnikern die Koch'sche Methode nur zur Prüfung der Filter (Gährungstechnische Analyse der Mikroorganismen der Luft und des Wassers; Untersuchungen aus der Praxis der Gährangsindustrie von E. Ch. Hansen, 2. Heft 1892). Von den in Gelatineculturen (auch in Würzegelatine) entwickelten Bakterien kommen nur äusserst wenige in Würze fort, in Bier aber fast gar keine; dagegen entwickeln sich gerade einige derjenigen Mikroorganismen, welche für das Gährungsgewerbe besonders wichtig sind, nicht auf Gelatine, so z.B. Essigsäurebakterien und abgeschwächte Alkoholgährungspilze. Die hygienische Methode ist also für Brauereizwecke unbrauchbar; es besteht nicht einmal ein bestimmtes Verhältniss zwischen den Zahlen, welche man bei Anwendung der beiden Methoden erhält. Ein angeführtes Beispiel zeigt, dass 1 cc Wasser 1500 Vegetationen auf Gelatine gab, aber nur 10 in Würze entwickelungsfähige Keime enthielt. Von diesen 10 sind wieder nicht alle schädlicher Natur, da sie in den Gährbottichen bei der Concurrenz mit Hefe unterdrückt werden. Die Schimmelpilze sind so gut wie bedeutungslos, weil sie keine Krankheiten im Bier hervorrufen und in der Mälzerei bei dem Reichthum der Oberfläche des Gerstenkorns an Mikroorganismen nicht ins Gewicht fallen. Bedenklich sind auch nur die Keime, weiche die Würze rasch und energisch angreifen. Mit besonderer Rücksicht auf letztere hat Wichmann (vgl. Biologische Untersuchung des Wassers für Brauereizwecke, Mittheilungen der österreichischen Versuchsstation für Brauerei und Mälzerei in Wien) die Feststellung des sogen. Zerstörungsvermögens des Wassers bezogen auf Würze und Bier in Vorschlag gebracht. Das Verfahren ist einfach und praktisch. 4 Freudenreich-Kölbchen, je 10 cc Würze bezieh. Bier enthaltend, werden mit 1, ¾, ½ und ¼ cc von dem betreffenden Wasser beschickt, hierauf gut durchgeschüttelt und in einen Thermostaten von 25° C. gestellt. Täglich zu derselben Stunde werden die Kölbchen beobachtet und etwaige Veränderungen notirt, am fünften Tage wird der Versuch abgebrochen. Das Zahlenmaterial, das man durch die Beobachtung der 4 Kölbchen erhält, besteht; aus der Angabe der Verdünnung Nr. 1, 2, 3, 4 und den Zahlen für jenen Tag, an welchem eine Trübung oder Veränderung in einem bestimmten Kolben eingetreten ist, z.B. Verdünnung der Würze 1, 2, 3, 4, Tag der Trübung 2, 3, 3, 5. Für die Berechnung ist maassgebend, dass ein Wasser um so besser sein wird, je später die Zersetzung der Würze (des Bieres) eintritt. Die Fähigkeit, Zersetzung hervorzurufen, würde daher mit dem Steigen der Tageszahl fallen. Um direct auf das Wasser beziehen zu können, muss die Berechnung eine Zahl ergeben, welche mit dem Wachsen der Schädlichkeit ebenfalls wächst. Dies erreicht man durch Einführung eines ständigen Factors für jeden Tag, mit welchem die Verdünnungszahlen zu multipliciren sind; indem man die Producte für die 4 Verdünnungsstufen summirt, erhält man eine Zahl als den Ausdruck des Zerstörungsvermögens eines bestimmten Wassers bezogen auf Würze oder Bier. Für jenes Wasser, welches die Würze schon am ersten Tage, das Bier aber am dritten Tage in allen 4 Kölbchen zu trüben vermag, wurde das Zerstörungsvermögen mit 100 bezeichnet. Bei Würze ist der Factor für den 1., 2., 3., 4., 5. Tag: 10, 8, 6, 4, 2. Für Bier müssen andere Factoren gewählt werden, da es die Keime schwerer und langsamer aufkommen lässt. Der Factor für Bier ist am dritten Tage derselbe wie für Würze am ersten Tag, nämlich 10. Der Würzefactor finden dritten Tag ist 6. 6 : 10 stellt also das Verhältniss der Factoren bei Würze und Bier dar. Für die Berechnung des Zerstörungsvermögens für Bier kann man die Factoren für Würze zu Grunde legen, muss jedoch das gewonnene Resultat noch mit 10/6 multipliciren. Berechnungsbeispiel: Wurzekolbchen trübte sichnach Tagen der Factor fürden Tag ist Verdun-nungsstufeder Wurze Nr. 1 (mit  1 cc Wasser) 2 8    × 1 = 8 „   2  (  „  ¾ cc      „      ) 3 6 × 2 = 12 „   3  (  „  ½ cc      „      ) 3 6 × 3 = 18 „   4  (  „  ¼ cc      „      ) 4 4 × 4 = 16 –––– Zerstörungsvermögen = 54 Bierkolbchen trübte sichnach Tagen Würzefactorfür den Tag Verdünnungs-stufe Nr. 1 3 6 × 1 =   6 „    2 4 4 × 2 =   8 „    3 5 2 × 3 =   6 „    4 5 2 × 4 =   8        –––– Zerstörungsvermögen = 28 × 1,67         für Bier = 47 Aus dem Vergleiche der gleichzeitig nach Hansen vom Verfasser ausgeführten Kölbchenculturen mit jenen der neuen Methode findet man, dass die letztere mehr Abstufungen besitzt, mithin eine feinere Unterscheidung zulässt als erstere. Das Zerstörungsvermögen ist der Ausdruck für die Energie, mit welcher die in einem Wasser vorhandenen Mikroorganismen Würze oder Bier anzugreifen im Stande sind. Die Farbe der Braugerste bildet den Gegenstand der Untersuchungen von A. Zoebl (Allgemeine Zeitschrift für Brauerei und Malzfabrikation, 1892 Nr. 23 und 25, sowie Allgemeine Brauer- und Hopfenzeitung, 1892 Nr. 106). 1) Dunkelgelbe Farbe der Gerstenkörner wird durch Einwirkung von Ammoniak auf feuchte Spelzen erzeugt. Stammt das Ammoniak aus der Luft, so kann die strohgelbe Farbe als unbedenklich gelten, liefert aber gleichwohl den Beweis, dass die Gerste während der Reife längere Zeit solchen Bedingungen ausgesetzt war, welche der Entwickelung von schädlichen auf der Gerste parasitisch lebenden Pilzen günstig sind. Ist das dunkelfärbende Ammoniak eine Folge des Zersetzungsprocesses des Kornes, dann muss das Auftreten der Braunfärbung als ein gefährliches Symptom bezeichnet werden. 2) Graue Färbung zeigt sich an den Körnern, wenn die möglicherweise schon frühzeitig bei ihnen sich angesiedelten Sporen von saprophytisch lebenden Pilzen in Folge nasser Witterung auskeimen. Die Farbe der Pilzfäden selbst oder auch die durch die Pilzvegetation erzeugten Zersetzungsproducte können die Missfärbung bedingen. Ein grauer Ton der Gerste gibt deshalb zu berechtigten Bedenken Veranlassung. Derartige Gerste keimt vielfach ungleichmässig und büsst die Keimfähigkeit frühzeitig ein. 3) Die Braunspitzigkeit der Gerste zeigt sich an der Kornbasis. Die Bräunung rührt von einer mit dem Wundgummi gewisser Pflanzen vergleichbaren Substanz her, welche sich jedenfalls in Folge des Eindringens von Pilzen (Cladosporium herbarum und verwandte) in der Aehrenspindel und den sie umgebenden Geweben bildet und als Krankheitsproduct aufzufassen ist. Die Braunspitzigkeit bildet sich vor Eintritt der Vollreife. Braunspitzige Gerste zeigt beim Keimungsprocess frühzeitige Neigung zu Schimmelbildung, ferner eine geschwächte Keimungsenergie und Keimfähigkeit. Es ist deshalb auch die Braunspitzigkeit als eine schwere Schädigung der Braugerste aufzufassen. H. Maus empfiehlt in der Wochenschrift für Brauerei, 1892 S. 775, folgendes Verfahren zur Reinigung der Gerste von Schimmelpilzen: Die Gerste wird mit kalkhaltigem Wasser (10 k Kalk auf 20 Centner Gerste) bei 10 bis 20° R. etwa 1 Stunde lang stehen gelassen, worauf das Wasser durch reines vollständig ersetzt werden muss. Diese Arbeitsweise thut niemals dem Wurzelkeimende Schaden, wirkt nachweislich niemals auf Geschmack und ist für die Reinheit der Gährungen von grossem Nutzen. Zur Kenntniss des rothen Malzschimmels (zur Gattung Fusarium gehörig) gibt K. Klein in den Mittheilungen der österreichischen Versuchsstation für Brauerei und Mälzerei in Wien, V. Heft, einen Beitrag. Das Mycel entwickelt sich an der Aussenseite der Spelze des Gerstenkorns. Der Sauerstoff der Luft scheint bei der Bildung des rothen Farbstoffes der Mycelfäden eine nicht unbedeutende Rolle zu spielen. Die Entwickelung der Pilzfäden findet aus sichelförmigen, mehrzelligen Conidien statt. Die Gefahr der Infection der Gerste durch Fusarium ist nach vorgenommenen Versuchen äusserst gering. Die Darrtemperaturen wirken absolut vernichtend auf Fusarium ein. Ein neues Diaphanoskop zur optischen Prüfung der Inneren Structur von Gersten- und Malzkörnern hat Braumeister Ashton construirt (vgl. Bericht von C. Kraus, Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1892 S. 223). Dasselbe hat die Form einer kurzen Röhre, welche eine Lupe trägt und am anderen Ende eine Gummiplatte, in deren Löcher die Gersten- und Malzkörner eingeschüttet werden. Mit dem Instrument kann auf einen Blick ein Urtheil über die Mehligkeit der Gerste bezieh. die Auflösung des Malzes gewonnen werden. Die glasigen Körner sind durchscheinend, die mehligen um so dunkler, je vollkommener die Mehligkeit ausgebildet ist. Gut gelöstes Malz lässt ebenfalls das Licht sehr wenig durch und erscheint deshalb dunkel, während mangelhafte Auflösung durch den Grad und die Vertheilung der Transparenz der Körner sofort in die Augen fällt. Ueber den Einfluss des Wassergehaltes der Gerste auf das Volumgewicht finden sich neue Angaben von C. Kraus in der Allgemeinen Brauer- und Hopfenzeitung, 1892 Nr. 66. Bei niedrigen Wassergehalten vergrössert sich mit Zunahme des Wassergehaltes auch das Volumgewicht, um darüber hinaus erst rasch, dann langsamer zu fallen. Bei hohen Wassergehalten nehmen die Volumgewichte wieder zu. Der Wassergehalt, bei dem das grösste Hectolitergewicht eintritt, liegt bei 15 bis 16 Proc. Für die Beurtheilung der Reinheit der Gerste sind die Merkmale, welche Atterberg zur Erkennung der Gerstevarietäten bei den Braugersten und den Gerstenwaaren des Handels gibt (Deutsche landwirihschaftliche Presse, 1891 Nr. 60), von grossem Nutzen. Bei den sechszeiligen Gersten hat das mittlere Korn gerade, gleichseitige Form. Die beiden Seitenkörner sind aber etwas gebogen und stark um ihre Achse gedreht, das eine Korn nach rechts (Rechtskörner), das andere nach links (Linkskörner). Die zweizeiligen Gersten kann man nach der Form der Körnerbasis in zwei Abtheilungen trennen. Bei der einen hat die Körnerbasis eine tiefe Querfurche (Haupttypus: Imperialgerste); bei der anderen Abtheilung fehlt die Querfurche und zeigt die Körnerbasis nur eine kleine Abstutzfläche (hordeum distichum nutans). Zu letzterer Klasse gehören die Chevaliergersten und die Landgersten. Bei den Landgersten ist die Basalborste mit langen Haaren versehen, bei den Chevaliergersten sind diese Haare kurz; ebenso sind die unter den Spelzen verborgenen kleinen Schüppchen (Codiculae) bei den Landgersten etwas länger behaart als bei den Chevaliergersten. Bei den sechszeiligen Gersten gilt dasselbe Eintheilungsprincip wie bei den zweitheiligen. Die wirkliche sechszeilige Gerste zeigt tiefe Querfurche bei der Körnerbasis. Ohne Querfurche ist die sogen. vierzeilige Gerste. H. Wichmann zieht aus seinen Untersuchungen über die Keimungsverhältnisse der Gerste (Mittheilungen der österreichischen Versuchsstation für Brauerei und Mälzerei in Wien, 1892 V. Heft 96) folgende Schlussfolgerungen: Die Gerste bedarf einer Samenruhe, während welcher die Keimfähigkeit steigt. Längere Lagerung begünstigt die Gleichmässigkeit und Schnelligkeit des Keimprocesses. Die Differenz zwischen Keimungsenergie und Keimfähigkeit wird geringer und die Gerstenkörner keimen rascher an. Auch bei guter Lagerung nimmt nach einer gewissen Zeit die Keimfähigkeit ab, während die Keimungsenergie noch wächst. Der hohe Wassergehalt frischer Gerste als solcher ist nicht die Ursache der auffallend ungünstigen Keimfähigkeit, sondern die ungenügende Reife. Gerste mit hohem Wassergehalt zeigt nach längerer Lagerung eine bedeutende Zunahme der Keimfähigkeit, auch wenn bei der Lagerung eine erhebliche Verminderung des Wassergehaltes nicht erfolgen konnte. Den Einfluss der Blattkeimlänge auf die Qualität und die Farbe des Malzes studirte Franz Czerny (Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1892 S. 292). Ein Pilsener Malz (von der Abdarrtemperatur 52° R. im Malze), welches aus einem ziemlich gleichmässigen Gewächs bestand, indem 55,2 Proc. eine Blattkeimlänge von ½ bis zu ⅔ besassen, 33,9 Proc. eine solche von ¾ bis ganze Kornlänge, wurde nach der Blattkeimlänge in 4 Gruppen sortirt, worauf jede Gruppe für sich der Untersuchung auf Verzuckerungszeit, Extractausbeute, Zuckerverhältniss und Farbentiefe der Würze unterzogen ward. Der Verfasser zieht aus seinen Versuchen für die Mälzereipraxis folgende Schlüsse: 1) Ein ideal gewachsenes Malz mit der Blattkeimlänge von durchwegs ¾ Kornlänge ist in Folge der Ungleichmässigkeit der Gerste und anderer störender Einflüsse in der Praxis unerreichbar; um einen höheren Extractgehalt mit einem guten Maltoseverhältniss zu erzielen, genügt es, wenn mehr als die Hälfte der Körner den Blattkeim bis zu ⅔ entwickelt und von der anderen Hälfte die Mehrzahl der Körner lang gewachsen ist. 2) Handelt es sich um die Erzeugung eines maltosereichen Malzes, so muss dieses womöglich lang geführt werden, ein Theil der Körner bis zum Auswuchs; kleine Verluste an Extract sind hierbei unvermeidlich. 3) Körner mit Blattkeimen über ½ bis zu ⅔ Kornlänge sind an und für sich kein gerade vorzügliches Malz, weder in Betreff der Extractausbeute noch des Maltosegehaltes; ein minder gleichmässiges, sonst gut gelöstes Malz mit einem kleineren Antheil der schwächer und einem grösseren der lang gewachsenen Körner liefert extract- und maltosereichere Würze. 4) Die Länge des Blattkeims bedingt auch die Farbe des Malzes. Kurz gewachsene Malze eignen sich besser für lichte, lange Malze für dunkle Farbe. Bei langen Mälzen lässt sich bei verhältnissmässig niederer Abdarrtemperatur leichter ein höherer Farbenton erzielen; sollen dieselben jedoch auf lichte Farbe abgedarrt werden, so erfordern sie besondere Vorsicht, damit sie sich nicht auch bei niederer Temperatur übermässig bräunen. Demzufolge ist es auch leicht erklärlich, warum die Mälze im Herbst und im Frühjahr zur Erzielung der erwünschten Farbe höher abgedarrt werden müssen als in den Wintermonaten. Bei einer höheren Temperatur in der Tenne ist es nicht möglich, einen so langen Blattkeim zu erzielen als im Winter, und die Mälze sind bei sonst gleicher Abdarrtemperatur bedeutend lichter. Die Blattkeime färben sich bei höherer Temperatur sehr leicht und bilden so einen bedeutenden Factor in der Färbekraft des Malzes. Die Ueberzeugung von dem hohen Werth der pneumatischen Mälzerei hat sich noch keineswegs allgemein Bahn gebrochen; es werden noch sehr viele Mälzereianlagen grösseren Stils nach dem uralten Tennensystem ausgeführt. Um so dankenswerther ist es, wenn aus der Praxis Mittheilungen über mechanisch-pneumatische Mälzerei gemacht werden. Ein mit den Buchstaben A. D. unterzeichneter Autor berichtet in der Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, S. 146, speciell über das System Galland, welches allein neben dem System Saladin eine nennenswerthe Verbreitung gefunden hat. Mit diesen beiden Systemen kann man jede gewünschte Art Grünmalz unabhängig von der äusseren Temperatur sicher und gleichmässig herstellen, von mindestens ebenso guter Qualität als mit der Tennenmälzerei. Man hat hier sämmtliche Factoren, welche die Keimung beeinflussen, in der Hand: Luft, Feuchtigkeit und Wärme; sie müssen nur richtig gehandhabt werden. Ausgeführte Analysen ergaben, dass das pneumatische Malz in keiner Beziehung dem Tennenmalz an Güte nachsteht, dass es oft sogar dasselbe übertrifft in Beziehung auf leichtere Verzuckerung und auch höheres Hectolitergewicht. Der Mälzungsverlust stellt sich bei ersterem etwas niedriger in Folge der mehr gleichmässigen und niedrigeren Temperatur während der ganzen Keimdauer, bei längerem Blatt- und Wurzelkeim. Es ist auch nach Einführung der pneumatischen Mälzerei nicht rathsam, das ganze Jahr zu mälzen, weil die Darre in der heisseren Zeit den an sie gestellten Anforderungen nicht ganz genügt. An den jetzigen Constructionen der pneumatischen Mälzerei wird auch getadelt, dass eine Abkühlung des Keimgutes nicht möglich ist ohne Luftzufuhr; dass also Sauerstoff zugeführt wird, auch wenn er momentan nicht nöthig oder nicht in dem Maasse nöthig ist, was einen Einfluss auf die Zuckerbildung im Keimmalze übe. Man gibt bei der Trommelmälzerei vortheilhaft 8 bis 10 Stunden längere Weiche, weil nach Ueberführung der geweichten Gerste in die Trommel durch die sofort beginnende Ventilation viel Wasser entfernt wird; übrigens kann mittels angebrachter Brausen das Keimgut beliebig und gleichmässig angefeuchtet werden. Die Trommel macht in etwa 40 bis 45 Minuten eine Umdrehung und wird etwa 2 bis 3 Stunden in Bewegung erhalten, worauf man sie ungefähr 2 Stunden in Ruhe lässt. Ueberhaupt wird sich die Dauer der Bewegung, sowie das mehr oder weniger Oeffnen der Ventilationsschieber nach der Temperatur der ausströmenden Luft richten. Ein Verfilzen des Malzes kann bei der starken Ventilation nicht stattfinden. Die Temperatur der einströmenden Luft wird auf etwa 12 bis 13° R gehalten, die der ausströmenden Luft auf 16 bis 17° R. Will man eine starke Entwickelung des Blattkeims erzielen, so muss die Gerste bei ganz offener Ventilation anfänglich ziemlich nass gehalten werden, bis sie in den Brachhaufen übergeht. Will man hauptsächlich stark entwickelte Wurzelkeime, z.B. bei stark stickstoffhaltiger Gerste, so gibt man dem Haufen erst am fünften oder sechsten Tag je nach der Keimzeit Wasser und steigert die Temperatur durch Verminderung der Ventilation. Auch kann man die Trommel jetzt 3 bis 4 Stunden ohne Nachtheil stehen lassen. Auffallend in der pneumatischen Mälzerei ist die überaus kräftige Entwickelung des Wurzelkeims, indem meist 7 bis 8 Würzelchen hervortreten, die mehr oder weniger gestreckt erscheinen, während sie beim Tennenmalz gekräuselt sind. Die relativ grosse Menge Sauerstoff, die dem Keimgut zugeführt wird, bedingt eine rasche und vollständige „Auflösung“ und hat bei richtiger Darrmethode ein mürbes Malz zur Folge. Der Geruch des Grünmalzes ist auch am zehnten Tage noch ein angenehmer, da selbst auf Halbkörnern keine Schimmelbildung vorkommt. Die Weiterverarbeitung von pneumatischem Malz geht tadellos vor sich. Die Vortheile, welche eine pneumatische Mälzereianlage gegenüber einer Tennenanlage bietet, sind kurz folgende: Ungefähr 40 bis 50 Proc. geringere Anlagekosten bei Neubauten. Etwa ⅘ Raumersparniss. Sichere Mälzung, unabhängig von den äusseren Temperaturschwankungen. Keine Verluste an zertretenen Körnern. Schimmelfreies Grünmalz. Herstellung eines mürben und gleichmässigeren Malzes. Bedeutende Ersparniss an Arbeitslohn. Kleine Ersparniss am Mälzungsverlust. Einem Bericht von Franz Chodounsky über das Trommelsystem Galland entnehmen wir Folgendes: Gründliche Befeuchtung der Luft (96 bis 99 Proc.) durch hinreichende Düsenanlagen im Koksthurm, entsprechend vertheilter Eintritt der mit Feuchtigkeit gesättigten Luft in den Cylinder und centralo Absaugung mit verhältnissmässiger Durchgangsfläche, Gerstenfüllung, dass nur ein zum Bewegen der Körner kleinst bemessener Raum leer bleibt, zeichnen in vortheilhafter Weise die heutige Anlage aus. Auch in der pneumatischen Mälzerei kann Kräuselung der Wurzeln erzielt werden durch abwechselndes Stehenlassen und Bewegen der Trommel im Stadium des Junghaufens und durch Sistirung der Ventilation auf die Hälfte der Zeit, während welcher sich die Trommel in Ruhe befindet. Auch nach Chodounsky's Ansicht steht die Qualität des pneumatischen Darrmalzes sowohl in Bezug auf Mürbheit, ausgezeichnete Entwickelung des Blattkeims, angemessene Länge der Wurzelkeime, als auch in chemischer Beziehung in gar nichts den Tennenmalzen nach. Ein Apparat zum Wenden, Lüften und Befeuchten von Gerste bezieh. Malz auf der Tenne ist Siegfr. Hirschler in Worms a. Rh. patentirt worden (D. R. P. Nr. 58973 vom 7. October 1890). Durch die Lintner'schen UntersuchungenVgl. das Referat über Isomaltose 1893 289 66. ist die erhöhte Aufmerksamkeit der Brauer auf das richtige Verhältniss zwischen den aufsteigenden Temperaturgraden und den abnehmenden Feuchtigkeitsmengen im Darrgute gelenkt worden. Die Ansichten, wo der Grund zum Charakter des Malzes gelegt wird, ob auf der oberen oder unteren Horde, gehen noch aus einander. Theodor Senff veröffentlicht seine Beobachtungen über Temperaturen und Wassergehalte des Malzes beim Trocken- und Darrprocesse (Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1892 S. 197), die er in der Trochgorny-Brauerei in Moskau gemacht hat. Dort wird mit einer Zweihordencylinderdarre gearbeitet, theils mit Benutzung einer künstlich ventilirbaren Schwelke, theils ohne dieselbe. Im ersteren Fall beträgt die Darrzeit 36 Stunden und das Malz kommt stets bei einer Abdarrtemperatur von 60° R. mit einem Wassergehalt von etwa 7,5 Proc. auf die untere Horde, in letzterem Fall wird nur 24 Stunden gedarrt und das Malz gelangt noch mit einer Feuchtigkeit von 24 Proc. herunter. Bei letzterem Malz tritt die Isomaltosebildung offenbar auf der unteren Horde, bei ersterem aber auf der oberen ein. Beim Münchener Darrverfahren glaubt der Verfasser die obere Horde als Isomaltosebildner halten zu müssen. Karl Winter machte bei der Herstellung von Münchener Malz (Wochenschrift für Brauerei, 1892 S. 460) die Erfahrung, dass dasselbe auch bei stark ziehender Darre in vorzüglicher Qualität gewonnen wird, falls in Folge richtiger Temperatur und Feuchtigkeitsregulirung der Wassergehalt desselben beim Transport von der oberen Horde auf die untere noch 14 Proc. beträgt. Das Malz bleibt mit 20 Proc. Wasser 2 bis 3 Stunden bei 40 bis 45° R. auf der oberen Horde und ist auch noch auf der unteren Horde 2 Stunden der Temperatur von 40° R. ausgesetzt (Gesammtdarrzeit: 24 Stunden). Bei dieser Art zu darren, glaubt der Verfasser, dass sowohl auf der oberen, als auf der unteren Horde der Grund zum Charakter des Malzes gelegt wird. Um richtig darren zu können, sollte nach C. Bernreuther (Die Darre der Zukunft, Wochenschrift für Brauerei, 1892 S. 1137) jede Darre folgenden Anforderungen genügen: a) Innehalten jeder beliebigen Temperatur mit einem entsprechenden Wassergehalt im Korn. b) Die Möglichkeit, den chemischen Process getrennt vom physiologischen mit leitender und strahlender Wärme durchzuführen. c) Auf ökonomischem Gebiet: Vollkommene Ausnutzung des Brennmaterials. Wie sehr aber der Darrprocess und damit der Wassergehalt des Malzes durch die relative Feuchtigkeit der Luft allein schon beeinflusst wird, zeigt folgende Zusammenstellung: Um 100 Centner Grünmalz bei 35° R. innerhalb 10 Stunden 30 Proc. = 1500 k Wasser zu entziehen, sind erforderlich: Temperatur und relativeFeuchtigkeit 0° R.40 Proc.a 0° R.75 Proc.b 16° R.75 Proc.c 16° R.90 Proc.d Cubikmeter Luft 44800 47000 66000 75000 Wie viel Cubikmeter Luft sind  mehr erforderlich als bei a nach  Procenten berechnet 0 5 47 67 Die Luftströmung bei d müsste gegen a um 67 Proc. zugenommen haben. In Wirklichkeit aber findet das Gegentheil statt; denn je mehr sich die Lufttemperatur der Darrtemperatur nähert, je geringer die Temperaturdifferenz ist, desto mehr nimmt die Luftströmung ab. Um bei der Construction der Darre dafür Sorge zu tragen, den Einfluss der ungünstigen Witterung auf den Darrprocess möglichst zu verringern, werden die Züge, der Dunstkamin und die Feuerung im Verhältniss zur Darre 2 bis 3 mal grösser gebaut, als dies bei normaler Witterung erforderlich wäre. Wird dann bei niederer Temperatur und schlechter Ventilation das Grünmalz nicht trocken, so entsteht bei höherer Temperatur eine lebhaftere Ventilation, und dadurch wird wieder eingeholt, was bei niederer Temperatur versäumt wurde. Lermer und Holzner liefern in der Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1892 S. 337 und 407, Beiträge zur Kenntniss des Hopfens, indem sie die Entwickelung, Morphologie und Bildungsabweichungen des Hopfenzapfens sowie die Entwickelung und Bestandtheile der Frucht, die Anatomie des Perigoniums, des Vor- und Deckblattes behandeln. Strassmann bezeichnet (Chemiker-Zeitung, 1892 S. 839) als wichtigsten Factor für die Werthbestimmung des Hopfens die alkoholische Extractausbeute; dieselbe ist jedoch abhängig von dem Procentgehalt des Alkohols. Bei der vom Verfasser benutzten Stärke von 94 Proc. wird ein Hopfen, dessen Alkoholextract zwischen 24 und 29 Proc. der wasserfreien Substanz liegt, als gut bezeichnet, während Hopfen mit unter 20 Proc. Alkoholextract als schlecht gelten muss. Zwecks einheitlicher Grundlage der Untersuchung und Beurtheilung von Hopfen schlagen Strassmann und Levy in der Chemiker-Zeitung, S. 1123 die Extraction desselben mittels absoluten Alkohols vor. H. Seyffert hat, anlehnend an die Methode von Hayduck (vgl. Beitrag zur Kenntniss der chemischen Bestandtheile des Lupulins, Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1892 S. 31), einen Weg ausfindig gemacht zur Isolirung wesentlicher Bestandtheile des Hopfens. Bei der leichten Zersetzbarkeit derselben macht er ausgedehnten Gebrauch von Kälte, setzt die Präparate statt der Luft einer Kohlensäureatmosphäre aus und nimmt die nothwendigen Destillationen stets unter vermindertem Druck vor. Er erhält zur weiteren Untersuchung zunächst drei Rohmaterialien: A. Petrolätherextract. B. In Petroläther löslicher Theil des Aetherextracts. C. In Petroläther unlöslicher Theil des Aetherextracts. A und B können gemeinsam verarbeitet werden, sie enthalten α- und β-Harz, Hopfenöl, sowie Hayduck's krystallisirte Hopfenbittersäure, für welche der Verfasser, der Beziehung zum α-Harz wegen, den Namen α-Hopfenbittersäure vorschlägt. Der in A ebenfalls enthaltenen Hopfenbittersäure Bungener's (1893 289 66) wäre dementsprechend die Bezeichnung β-Hopfenbittersäure beizulegen. C enthält vermuthlich γ-Harz und andere sonst wenig oder gar nicht bekannte Stoffe, darunter auch einen krystallisirbaren Körper. (Fortsetzung folgt.)