Titel: Untersuchungen über Sämischleder und dessen Zusammensetzung.
Autor: v. Schroeder, Pässler
Fundstelle: Band 295, Jahrgang 1895, S. 211
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Untersuchungen über Sämischleder und dessen Zusammensetzung. Von Prof. v. Schroeder in Tharand und Dr. Pässler in Freiberg i. S. Untersuchungen über Sämischleder und dessen Zusammensetzung. Bis jetzt sind in der Litteratur wenig Angaben über die Zusammensetzung der verschiedenen Lederarten zu finden; selbst den Fachleuten ist in den meisten Fällen nicht bekannt, wie die in der gerberischen Praxis hergestellten verschiedenen Ledersorten zusammengesetzt sind. Es liegt dies vor allen Dingen daran, dass einerseits die Praxis meistens den Gerbeprocess zu wenig beobachtet und andererseits bis jetzt keine zuverlässigen analytischen Methoden vorhanden waren, mit Hilfe derer die Leder auf ihre Zusammensetzung untersucht werden konnten. Den ersten praktischen Vorschlag zur Untersuchung des Leders machte Muntz, indem er empfahl, den Stickstoffgehalt des Leders zu ermitteln und aus diesem die Menge der von der thierischen Haut aufgenommenen gerbenden Stoffe zu berechnen. Dieser Autor ging von der Ansicht aus, dass die thierische Haut, wie dieselbe in der Gerberei verwendet wird, auf asche- und fettfreie Trockensubstanz berechnet, einen ganz constanten Stickstoffgehalt besitze, und zwar sollte derselbe 18,16 Proc. betragen; bei dem Gerbeprocesse würden von der thierischen Haut nur stickstoffreie Substanzen aufgenommen und mithin der Stickstoffgehalt des Leders entsprechend der absorbirten Gerbstoffmenge heruntergedrückt. Nach Muntz stellt demnach der Stickstoffgehalt des fertigen Leders ein Maass dar für die Menge des im Leder enthaltenen Gerbstoffes und aus demselben lässt sich die absorbirte Gerbstoffmenge auf einfache Weise berechnen. Der von Muntz aufgestellte Vorschlag setzt, um praktisch für die Lederanalyse verwerthet werden zu können, vor allen Dingen voraus, dass die elementare Zusammensetzung der asche- und fettfreien Hauttrockensubstanz vollständig constant ist, dass also nicht nur ein und dieselbe Haut an verschiedenen Stellen, sondern auch verschiedene Häute derselben Thiergattung denselben Stickstoffgehalt besitzen; den Beweis dafür hat Muntz nicht geführt, und dies ist wohl der Grund, dass die Stickstoffbestimmungen bis jetzt so wenig zur Lederanalyse herangezogen worden sind. Um die Frage bezüglich des Stickstoffgehaltes der Hautsubstanz klarzulegen, haben wir umfängliche Blössenuntersuchungen ausgeführt und die Resultate derselben, welche die Muntz'sche Ansicht vollauf bestätigen, bereits früher veröffentlicht.„Untersuchungen verschiedener Blössen“, D. p. J. 1893 287 258, 283 und 300. Zum besseren Verständniss des Folgenden wollen wir diese Resultate nochmals hier kurz zusammenfassen. Der Stickstoffgehalt der wasser-, asche- und fettfreien Blössensubstanz ist bei ein und demselben Individuum an den verschiedensten Stellen und bei Individuen derselben Thiergattung als constant zu betrachten. Es haben sogar mehrere Thier arten den gleichen Stickstoff geholt. Die von uns untersuchten Blässen lassen sich hinsichtlich ihres Stickstoff geholtes in drei Gruppen theilen: 1) Blössen von Rind, Rips (Zebu), Ross, Schwein und Kameel mit durchschnittlich 17,80 Proc. Stickstoff; 2) Blössen von der Ziege, vom Hirsch und Reh mit durchschnittlich 17,40 Proc. Stickstoff; 3) Blössen vom Schaf, Hund und von der Katze mit durchschnittlich 17,10 Proc. Stickstoff. Wenn man also weiss, von welchem Thiere ein Leder abstammt, was ja innerhalb dieser drei Gruppen bei den gerberisch wichtigen Blössen leicht zu entscheiden ist, so wird man im Stande sein, bei allen Leder arten, welche mit stickstoffreien Gerbstoffen gegerbt sind (lohgare, weissgare, sämischgare, fettgare und mineralgare Leder) aus dem Stickstoffgehalte der wasser-, asche- und fettfreien Leder-Substanz berechnen zu können, wie viel das Leder Blössentrockensubstanz und gerbende Stoffe enthält; man kann also auf einfache und schnelle Weise die Zusammensetzung des Leders ermitteln. Nachdem durch unsere Untersuchungen eine sichere Grundlage für die Lederanalyse geschaffen war, haben wir es unternommen, mit Hilfe derselben zur Untersuchung der verschiedenen Ledersorten Verfahren auszuarbeiten. Es sei hier erwähnt, dass sowohl JeanFerdinand Jean, Industrie des Cuirs et des Peaux, S. 155 ff. (Verlag von G. Masson, Paris.), als auch ProcterProcter, A Text-Book of Tanning, 1885. (E. und F. N. Spon, 125 Strand, London.) Verfahren zur Lederuntersuchung angeben; dieselben beziehen sich aber nur auf lohgare Leder und legen vor allen Dingen falsche Blössenstickstoffgehalte zu Grunde. Wir haben unsere Untersuchungen ausgedehnt auf lohgare, weissgare, sämischgare, fettgare und crowngare Leder. Diese Arbeiten sind vollständig abgeschlossen und die dabei erhaltenen Resultate werden wir demnächst in dieser Fachschrift in einer Reihe von Artikeln veröffentlichen. Ueber das Princip der von uns angewandten Verfahren haben wir bereits in früheren, hier„Ueber die Gerbstoffabsorption der Haut“, D. p. J. 1892 284 256 und 283. „Finden während des Gerbeprocesses Hautzersetzungen statt?“, D. p. J. 1893 289 137, 210 und 229. veröffentlichten Arbeiten Mittheilung gemacht. Wir beginnen mit der Veröffentlichung der bei der Untersuchung von Sämischleder erhaltenen Resultate und wollen zunächst einige allgemeine Bemerkungen über die Herstellung dieser Lederart machen. Zu der grossen Reihe von Substanzen, welche die Eigenschaft haben, die thierische Haut in Leder überzuführen, gehören auch die Thrane. Behandelt man eine entsprechend vorbereitete Blösse mit Thran und setzt sie der Einwirkung von Luft aus, so erleidet der Thran eine gewisse, bis jetzt noch nicht eingehend studirte Veränderung und führt hierbei die Blösse in Leder über, d.h. in ein Product, welches auch nach dem Trocknen Weichheit und Geschmeidigkeit besitzt und der Fäulniss widersteht. Das so hergestellte Product führt den Namen Sämischleder. Weil dieses Leder vor den nach anderen Verfahren hergestellten Ledersorten noch den Vorzug hat, mit Wasser gewaschen werden zu können, ohne dass es nach dem Trocknen seine Weichheit und Geschmeidigkeit verliert, so bezeichnet man es auch als Waschleder (nicht zu verwechseln mit Vacheleder, welches ein lohgares Leder ist). Zur Herstellung von Sämischleder werden vorzugsweise die Häute und Felle von Büffeln, Hirschen, Rehen, Gemsen, Elenthieren, Ziegen und Schafen, seltener von Kälbern und Rindern verarbeitet. Das Sämischleder findet hauptsächlich Verwendung zur Anfertigung von Riemenzeug, Bandagen, Handschuhen, Kleidungsstücken, Putzledern, Schürzen, für Futterzwecke u.s.w. Zur Herstellung von Sämischleder werden die dafür bestimmten Felle zunächst fast ebenso behandelt wie in den übrigen Zweigen der Gerberei. Man legt dieselben zuerst auf 2 bis 4 Tage in reines Wasser und während dieser Zeit ersetzt man das Wasser mehrmals durch reines. Diese Operation, welche man als die „Weiche“ oder das „Wässern“ bezeichnet, hat den Zweck, das Fell vollständig zu erweichen und das anhaftende Blut und die Unreinigkeiten, bei gesalzenen Fellen auch das zur Conservirung verwendete Kochsalz zu lösen. Nachdem dies erreicht ist, gelangen die Felle auf mehrere Tage in den „Aescher“, d. i. eine dünne Kalkmilch, in welcher die Haare bezieh. die Wolle und die Oberhaut so weit gelockert werden, dass sie bei der darauffolgenden Operation des „Haarens“ mit Hilfe des Haareisens mit Leichtigkeit von der Lederhaut entfernt werden können. Der Enthaarungsprocess in der Sämischgerberei weicht von dem in anderen Zweigen der Gerberei nicht ganz unwesentlich ab. Während man bei diesen ängstlich bemüht ist, den Narben des Felles in möglichst unverletztem Zustande zu erhalten, wird derselbe in der Sämischgerberei in den meisten Fällen beim Enthaaren selbst oder nach dieser Operation abgezogen, weil der Narben beim eigentlichen Gerbeprocesse dem leichten Eindringen des Thranes in die Blösse hinderlich ist; nur in den Fällen, in welchen es sich darum handelt, sehr dünne Felle, wie z.B. Lämmerfelle oder kleine Schaffellchen, sämischgar zumachen, schont man den Narben, weil sonst das Leder zu dünn werden würde. Nach dem Enthaaren und dem Abstossen des Narbens legt man die Felle zur vollständigeren Auflockerung des Hautgewebes noch 1 bis 2 Tage in einen frischen Aescher, worauf dieselben auf der Fleischseite zur Entfernung des anhaftenden Fleisches und Fettes und der aufgesogenen Aescherbrühe auf dem Schabebaume mit dem Schabeisen geschabt werden. Nach dieser Behandlung werden die Felle ½ bis 2 Tage, je nach der Stärke derselben und je nach der Temperatur, zur möglichst vollständigen Beseitigung des Kalkes aus den Blössen in eine in saurer Gährung befindliche „Kleienbeize“ eingelegt. Die so vorbereiteten Blössen werden hierauf zur theilweisen Entfernung des Wassers ausgerungen und können dann direct dem Gerbeprocesse unterworfen werden. Wie erwähnt, verwendet man in der Sämischgerberei als Gerbmaterial die Thrane und man kann von diesen sowohl den Dorschthran, als auch den Robben-, Walfisch-, Delphinthran oder den Heringsthran benutzen. Nach den neueren Untersuchungen und Gerbeversuchen von EitnerDer Gerber, 1893 S. 243 und 256. soll sich nur Dorschthran vollkommen zur Sämischledererzeugung eignen, während Robben- und Walthran ein minderwertiges Product und der Haithran überhaupt kein Sämischleder liefern sollen. Die Arbeit des eigentlichen Gerbens in der Sämischgerberei ist eine sehr einfache und innerhalb, einer verhältnissmässig kurzen Zeit auszuführen; sie besteht nur in dem Einsprengen der vorbereiteten Blössen mit Thran und dem nachherigen Einwalken in besonderen Walkapparaten. Nachdem die Felle auf diese Weise einige Zeit der mechanischen Bearbeitung unterworfen worden sind, setzt man sie der Einwirkung der Luft aus und behandelt sie nachher auf gleiche Weise abwechselnd so lange mit Thran in der Walke und an der Luft, bis sie möglichst mit Fett gesättigt sind, worauf man sie noch einer weiteren Operation unterzieht, welche man als das „Färben in der Brut“ oder „Färben in der Braut“ bezeichnet. Durch diesen Process soll die wahrscheinlich chemische Veränderung des Thranes, welche vorher schon bei dem Hängen an der Luft eingeleitet worden ist, weiter fortgesetzt werden. Bei dem Färben in der Brut werden die Felle in Haufen aufgeschichtet und von Zeit zu Zeit wegen der eintretenden Erwärmung umgelegt. Wenn die Felle einen gewissen gelben Farbenton angenommen haben, ist der Gerbeprocess als beendet zu betrachten und die Felle werden, da sie zu viel Thran, der zum Theil verändert ist, enthalten, noch einem Entfettungsprocesse unterworfen, welcher darin besteht, dass man die Felle entweder, wie dies neuerdings häufig geschieht, in kräftig wirkenden Pressen auspresst, wobei der eigentliche Degras oder Moëllon gewonnen wird, oder nach dem ursprünglichen Verfahren mit einer Soda- oder Potaschelösung behandelt. Durch diese Alkalicarbonatlösung wird der überschüssige Thran in eine Fettemulsion übergeführt, welche den Namen „Weissbrühe“ oder „Urläuter“ führt. Aus dieser Emulsion wird in den meisten Fällen durch Zusatz verdünnter Schwefelsäure oder Salzsäure das Fett wieder abgeschieden, welches man als „Weissgerberdegras“ oder „Gerberfett“ bezeichnet und das ebenso wie der Moëllon zum Schmieren lohgarer Leder eine vielfache und beliebte Verwendung findet. Nach der Entfernung des Fettüberschusses werden die Leder getrocknet, eventuell gebleicht und dann zugerichtet. Bei der Zurichtung werden die Felle gestollt, geschlichtet und, um glatte Flächen zu erhalten, schliesslich mit Bimsstein abgerieben; zuweilen erfolgt auch noch ein dünner Auftrag mit einem Brei, welcher in der Hauptsache aus mit Wasser angerührtem Ocker, geschlämmter Kreide, Thon und ähnlichen Substanzen besteht. Aus der obigen Beschreibung der Herstellung des Sämischleder ersehen wir, dass dasselbe im lufttrockenen Zustande besteht aus: Wasser, anorganischen Substanzen, Fettsubstanz, d. i. die gerbende Substanz, und Hautsubstanz. Die Menge des in einem lufttrockenen Sämischleder enthaltenen Wassers wird, wie dies bei allen anderen Ledern der Fall ist, vollständig von dem Feuchtigkeitsgehalt der das Leder umgebenden Luft abhängen; in der feuchten, kalten Jahreszeit wird das Leder einen höheren Wassergehalt besitzen wie in der trockenen, warmen Jahreszeit. Der Eine von uns ist gegenwärtig mit einer Untersuchung über den durchschnittlichen Wassergehalt des Sämischleders, sowie des weissgaren, fettgaren und crowngaren Leders beschäftigt; dieselbe ist im Sommer 1894 begonnen worden und wird, um gute Durchschnittszahlen zu erhalten, etwa 2 Jahre lang fortgesetzt werden müssen. Aus den bisher erhaltenen Zahlen ergibt sich, dass während der letzten 6 Monate in fünf verschiedenen Sämischledern die Wassergehalte zwischen 20 und 25 Proc. schwanken; der durchschnittliche Wassergehalt dürfte sich nach Beendigung unserer Versuche voraussichtlich auf etwa 22 Proc. stellen. Es würde sich demnach das Sämischleder bezüglich des durchschnittlichen Wassergehaltes zwischen ungefettetem lohgarem Leder (mit 18 Proc. Wasser) und sogen. Hornleder, d. i. getrocknete Blösse (mit 23 Proc. Wasser), stellen (vgl. „Untersuchung über den Wassergehalt des lufttrockenen lohgaren Leders“ von Prof. v. SchroederD. p. J. 1894 293 139, 162 und 187.). Die Zusammensetzung der von uns analysirten Sämischleder werden wir weiter unten im wasserfreien Zustande und mit dem Wassergehalte von 22 Proc. welcher der Wirklichkeit am nächsten kommen dürfte, angeben. Was die Menge der im Sämischleder enthaltenen anorganischen Substanzen anbelangt, so sind dieselben entweder schon ursprünglich in der Blösse vorhanden gewesen, oder sie sind durch den Aescher oder durch den Entfettungsprocess mit Soda- bezieh. Potaschelösung oder schliesslich durch den Auftrag einer aus anorganischen Substanzen bestehenden Appretur in das Leder gelangt. Die Fettsubstanz, welche als die eigentliche gerbende Substanz zu betrachten ist,. rührt theilweise aus der Blösse her, zum grössten Theil ist sie jedoch durch den Gerbeprocess in das Leder gelangt (über den Fettgehalt der Blösse vgl. „Untersuchung verschiedener Blössen“ von Prof. v. Schroeder und Dr. PässlerD. p. J. 1893 287 258, 283 und 300.. Die im Sämischleder enthaltene Fettsubstanz können wir scharf in zwei Theile trennen, und zwar in einen solchen, welcher sich in unseren gewöhnlichen Fettlösungsmitteln, wie Schwefelkohlenstoff, Petroläther, Chloroform, löst, und in einen solchen, welcher sich in den genannten Flüssigkeiten nicht löst. Bei unseren Untersuchungen hat sich nämlich herausgestellt, dass sich ein Theil des von der Blösse aufgenommenen Thranes nicht wieder durch die genannten Lösungsmittel aus der Haut entfernen lässt; wir haben das Leder nach vollständiger Lösung des Fettes mit Schwefelkohlenstoff mit den verschiedensten Substanzen behandelt, ohne dass wägbare Mengen des Gerbemittels dabei in Lösung gegangen wären. Wir sehen also, dass ein Theil des Fettes von der Hautfaser vollständig fixirt ist; ob dieses von der Haut fest gebundene Fett unveränderter Thran ist oder nicht, lässt sich auf Grund unserer Untersuchungen nicht bestimmt feststellen, da wir dieselben nicht nach dieser Richtung hin ausgeführt haben. Es muss aber wohl als ziemlich wahrscheinlich hingestellt werden, dass bei dem Sämischgerbeprocesse der Thran theilweise eine chemische Umänderung erfährt; wenigstens deutet die beim „Färben in der Brut“ auftretende starke Wärmeentwickelung auf einen chemischen Process, vor allen Dingen auf eine Oxydation hin. Möglicher Weise findet bei dieser Oxydation eine Spaltung der Fette und eine Bildung von gesättigten Oxysäuren aus der in den Thranen nie fehlenden Physetölsäure statt, und diese Oxysäuren werden dann im status nascendi von der Lederfaser derartig gebunden, dass sie durch unsere gewöhnlichen Lösungsmittel nicht mehr getrennt werden können, während das chemisch unveränderte und theilweise veränderte Fett sich z.B. durch Schwefelkohlenstoff aus dem Leder leicht extrahiren lässt. In ähnlicher Weise äussert sich Fahrion„Zur Theorie der Lederbildung“, Chem.-Zeit., 1893 S. 394. über die Theorie der Bildung des Sämischleders. Wir haben also beim Sämischleder scharf zu unterscheiden: Fett, welches durch Schwefelkohlenstoff aus dem Leder extrahirbar ist, und Fett bezieh. chemisch verändertes Fett, welches durch obiges Lösungsmittel nicht extrahirt werden kann, sondern von der Hautfaser fest gebunden ist. Die Menge des ersteren lässt sich, wie wir weiter unten bei der Beschreibung der analytischen Methode sehen werden, durch Extraction mit Schwefelkohlenstoff, die letztere nur indirect aus dem Stickstoffgehalte des extrahirten Leders bestimmen. Die Menge der im Leder vorhandenen Hautsubstanz wird natürlich aus dem Stickstoffgehalte gleichzeitig ermittelt. Ausführung der einzelnen Bestimmungen: Das Sämischleder wird für die Analyse erst in kleine Stücke geschnitten und dann auf einer Mühle zu Pulver vermählen. Wasserbestimmung: 5,000 g des Lederpulvers werden im Trockenschrank bei 105° C. bis zur Gewichtsconstanz getrocknet, was in 1 bis 1½ Tagen erreicht ist, und aus dem Gewichtsverluste wird der Wassergehalt berechnet. Aschebestimmung: 5,000 g Lederpulver werden in einer gewogenen Platinschale über einer kleinen Gasflamme vorsichtig und vollständig verascht und die rückständige Asche wird gewogen. Bestimmung des in Schwefelkohlenstoff löslichen Fettes: 10,000 g Lederpulver werden zunächst etwas vorgetrocknet und dann im Soxhlet'schen Extractionsapparat 4 bis 5 Stunden mit Schwefelkohlenstoff extrahirt. Die Fettlösung wird quantitativ in ein kleines, gewogenes Kölbchen übergespült und der Schwefelkohlenstoff aus demselben abdestillirt. Das Kölbchen sammt gelöstem Fett wird 3 bis 4 Stunden bei 105° C. getrocknet und dann nach dem Erkalten im Exsiccator gewogen. Mit Vortheil haben wir bei der Extraction einen kleinen, einfachen Apparat verwendet, welcher zur Aufnahme des Lederpulvers dient und direct in den Soxhlet'schen Apparat eingelegt werden kann. Dieser kleine Apparat besteht aus einem 7 bis 10 cm langen Glascylinder, dessen eines Ende durch Filtrirpapier und Seidengaze abgeschlossen ist, welche mit Hilfe eines übergeschobenen Messingringes am Glascylinder befestigt werden. Bestimmung des gebundenen Fettes und der Hautsubstanz: Das vom löslichen Fette befreite Leder wird vollständig getrocknet; hiervon werden zweimal je 0,500 g genau abgewogen und zu den Stickstoffbestimmungen nach Kjeldahl'scher Methode verwendet. Diese beiden Stickstoffbestimmungen, aus welchen das Mittel gezogen wird, sollen höchstens um einige Hundertstel-Procent differiren. In der getrockneten und entfetteten Substanz wird ferner eine Aschenbestimmung ausgeführt und der Stickstoffgehalt auf aschefreie Substanz berechnet. Hierauf berechnet man den Stickstoffgehalt im wasserfreien ursprünglichen Leder (also mit Asche und löslichem Fett). Wenn man weiss, von welcher Thiergattung das Leder abstammt, kann man auf einfache Weise den Gehalt des Leders an Hautsubstanz und aus der Differenz an 100 mit Berücksichtigung der Asche und des löslichen Fettes die Menge des gebundenen Fettes berechnen. Wir haben jetzt die vollständige Zusammensetzung des Leders im wasserfreien Zustande auf einfache Weise ermittelt und können dann dieselbe auf einen beliebigen Wassergehalt umrechnen; wir werden die Zusammensetzung auf einen solchen von 22 Proc. angeben. Wir haben auf diese Weise sechs verschiedene Sämischleder untersucht, und zwar: Nr. I. Büffelleder, Nr. IV. Rehleder, II. Kalbleder, V. Schafleder, III. Rehleder, VI. Schafleder. Die dabei erhaltenen Resultate sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt: Textabbildung Bd. 295, S. 214 Büffelleder; Kalbleder; Rehleder; Rehleder; Schafleder; Schafleder; Mittlere Zusammensetzung; Im absolut trockenen Leder; Fettsubstanz (mit CS2 extrahirbar); Asche; N im absolut trockenen, entfetteten, aschefreien Leder; N im absolut trockenen Leder (mit Fett und Asche); N-Gehalt der Hautsubstanz; Asche; Fett; löslich in CS2; unlöslich in CS2 (von der Hautfaser gebunden); Hautsubstanz; Wasser; Hautsubstanz Um diese Zahlen mit der Zusammensetzung anderer Ledersorten, wie lohgares und weissgares Leder, besser vergleichen zu können, wollen wir zugleich einige von uns ausgeführte Analysen derselben (Mittel aus einer grossen Anzahl von Einzelanalysen) mittheilen. Rheinisches Sohlleder NorddeutschesSohlleder Oberleder(ohne Fett berechnet) Absoluttrocken Lufttrocken Absoluttrocken Lufttrocken Absoluttrocken Lufttrocken Proc. Proc. Proc. Proc. Proc. Proc. WasserMineralstoffeFettDurch Wasser extrahirbarReine Ledersubstanz GerbstoffNichtgerbstoffe     0,00    0,61    0,44    4,24    2,77  91,94   18,00    0,50    0,36    3,48    2,27  75,39     0,00    0,71    0,54    6,43    4,91  87,41   18,00    0,58    0,44    5,27    4,03  71,68     0,00    1,01    1,00    4,52    2,13  91,34   18,00    0,83    0,82    3,71    1,75  74,89 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 Stickstoff in der reinen LedersubstanzDie Ledersubstanz besteht aus HautsubstanzGebundenem Gerbstoff   12,93  54,74  37,20   10,60  44,89  30,50   11,84  47,68  39,73     9,71  39,10  32,58   13,10  55,09  36,25   10,74  45,17  29,72   Weissgares Rindsleder Absolut trocken Lufttrocken WasserFettMineralstoffe (Alaun, Kochsalz,    Kalk u.s.w.)Hautsubstanz Proc.    0,00    0,40  21,00  78,60 Proc.  25,00    0,30  15,75  58,95 100,00 100,00 Bei der Zusammensetzung der Sämischleder fällt zunächst auf, dass der Gehalt an Asche wesentlich höher ist als bei anderen, mit Ausschluss von Mineralstoffen gegerbten Ledern, wie z.B. bei lohgaren Ledern. Dieser höhere Gehalt – in den Ledertrockensubstanzen 4,19 bis 7,17 Proc. – ist auf verschiedene Ursachen zurückzuführen. Bei der qualitativen Analyse der Asche ergab sich nämlich, dass dieselbe zum grössten Theil aus Kalk- und Natronverbindungen und aus geringen Mengen von Thonerdeverbindungen besteht. Die Kalkverbindungen stammen in der Hauptsache aus dem Aescher und die Natronsalze sind durch die Entfettung mittels Soda in das Leder gelangt. Bei den vom Leder aufgenommenen Fettmengen müssen wir, wie erwähnt, scharf unterscheiden „lösliches Fett“ und „unlösliches Fett“. Die Menge des löslichen Fettes schwankt in unseren sechs Ledern zwischen 2,07 und 6,69 Proc. (in der Trockensubstanz); dieselbe ist natürlich vollständig abhängig von der Art und Weise der Entfettung des Leders mit Soda- bezieh. Potaschelösung; ein mit Sodalösung sorgfältig ausgewaschenes Fell muss selbstverständlich weniger lösliches Fett enthalten als ein nur vorübergehend damit behandeltes Fett. Die Menge des unlöslichen Fettes ist in den sechs Ledern auch sehr schwankend, und zwar innerhalb der Grenzen 2,00 bis 9,17 Proc.; diese Zahlen hängen wahrscheinlich von der der thierischen Haut dargebotenen Menge Thran und von der Länge des Gerbeprocesses ab. Ist der Gerbeprocess auf längere Zeit ausgedehnt und bei der Oxydation günstigen Temperaturverhältnissen vorgenommen worden, so wird sicher die von der Haut gebundene Fettmenge grösser sein als im umgekehrten Falle. Die sechs Leder zeigten also laut Analyse sehr verschiedene Gehalte an gebundenem Fett; beurtheilte man die Fette lediglich nach dem Augenschein, so war hinsichtlich der Durchgerbung kein Unterschied wahrzunehmen; es machten sämmtliche sechs Leder den Eindruck von sattgegerbten Producten. Um zu sehen, ob lediglich das gebundene Fett oder dieses in Gemeinschaft mit dem extrahirbaren Fette die gerbende Wirkung bedinge, wurden verschiedene unzerkleinerte Lederproben zunächst mit Schwefelkohlenstoff entfettet, dann in Wasser eingeweicht und getrocknet. Nach dem Trocknen zeigten die so behandelten Leder dieselben Eigenschaften als im unentfetteten Zustande; man kann demnach dem in Schwefelkohlenstoff löslichen Fette keine gerbenden Eigenschaften zuschreiben, sondern es müssen dieselben lediglich dem gebundenen Fette zugesprochen werden. Was die absoluten Mengen der von der Haut aufgenommenen gerbenden Substanzen anbelangt, so sind dieselben, wenn wir Vergleiche mit anderen Ledersorten ziehen, ausserordentlich gering – eine Thatsache, auf welche schon EitnerDer Gerber, 1893 S. 243 und 256. gelegentlich einer Untersuchung über das Gerbvermögen einiger Thransorten hingewiesen hat. Während lohgare Leder im absolut trockenen Zustande etwa 35 Proc. gebundenen Gerbstoff und weissgare Leder etwa 20 Proc. gerbend wirkende Mineralstoffe enthalten, weisen unsere sechs Sämischleder einen Gehalt von durchschnittlich 5 Proc. gebundenem Fett auf. Hieraus folgt nun weiter, dass bei der Sämischgerberei sehr niedrige Gewichtsrendements erhalten werden müssen. Wie hoch die Rendements in der Loh-, Weiss- und Sämischgerberei ungefähr sein werden, können wir unter der Voraussetzung gleichartigen Hautmaterials aus der Analyse und aus dem Trockensubstanzgehalte der weissen Blösse annähernd berechnen. Den Gehalt der Trockensubstanz von Rindsblösse wollen wir mit durchschnittlich 25 Proc. annehmen; in Wirklichkeit schwankt derselbe je nach der Behandlung (ob geschwitzt oder gekalkt) und nach der Stärke der Haut von etwa 22 bis 28 Proc. Aus den oben mitgetheilten Durchschnittsanalysenresultaten der lohgaren, weissgaren und sämischgaren Leder ersehen wir, dass 44,89 Th. Hautsubstanz liefern 100 Th. rheinisches Sohlleder 39,10 100 norddeutsches   „ 45,17 100 Oberleder (ohne Fett) 58,95 100 Weissgarleder 66,29 100 Sämischleder oder auf die Einheit für Hautsubstanz umgerechnet: 1 Th. Hautsubstanz liefert 2,23 Th. rheinisches Sohlleder 1 2,56 norddeutsches   „ 1 2,21 Oberleder (ohne Fett) 1 1,70 Weissgarleder 1 1,51 Sämischleder. Da 100 Th. Blösse durchschnittlich 25 Th. Hautsubstanz enthalten, so werden demnach 100 Th. Blösse durchschnittlich 55,8 Th. rheinisches Sohlleder 64,0 norddeutsches   „ 55,3 Oberleder (ohne Fett) 42,5 Weissgarleder 37,8 Sämischleder ergeben. Selbstverständlich beziehen sich diese durchschnittlichen Rendementszahlen nur auf Rindsleder bezieh. Rindsblösse. Man sieht also, dass bei der Sämischgerberei die durchschnittlichen Gewichtsrendements in Bezug auf die Blösse, natürlich auch in Bezug auf die Rohhaut, wesentlich niedriger sind als in anderen Zweigen der Gerberei, namentlich bedeutend niedriger als in der Lohgerberei.