Titel: Spannungs- und Beschleunigungsmesser.
Fundstelle: Band 298, Jahrgang 1895, S. 63
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Spannungs- und Beschleunigungsmesser. Von K. Hrabowski, Director des städt. Gewerbesaales in Berlin. Mit Abbildung. Spannungs- und Beschleunigungsmesser. Vor einigen Jahren machte der Geh. Regierungsrath Prof. Dr. Bertram in Berlin darauf aufmerksam, dass es wichtig sei, für den Unterricht in der Mechanik einen Apparat zu construiren, mit welchem man die Spannungsänderung, die bei der beschleunigten Bewegung eintritt, zeigen könne und zwar für die im praktischen Leben wichtigste Bewegung auf wagerechter Bahn. Es war hierdurch die Aufgabe gestellt worden, einen Apparat zu construiren, bei welchem ein Wagen durch ein Gewicht an einer Schnur gezogen wird, und an welchem in irgend einer Weise ein Dynamometer anzubringen ist, das die Grösse der Spannung in der Schnur während der Bewegung zeigt. Die Lösung dieser Aufgabe ist nicht so leicht als sie scheint, da die Praxis noch die Bedingung stellt, dass ein solcher Apparat nur wenig kosten darf, wenn der meistens beschränkte Schuletat die Anschaffung gestatten soll. Nach verschiedenen Versuchen ist die folgende verhältnissmässig einfache und billige Lösung (s. Figur) des Spannungsmessers geglückt. Derselbe Apparat mit geringfügigen Ergänzungstheilen ist ausserdem geeignet, die Fallgesetze und die Gesetze verschiedener Bewegungen nachzuweisen, und hat vor der gewöhnlichen Fallmaschine neben grösserer Einfachheit noch den Vortheil voraus, eine graphische Darstellung zu ermöglichen. Der Apparat besteht aus einem Wagen W, der auf einer Schiene ss1 sich leicht bewegen lässt und das Gewicht Q und das Dynamometer d trägt. Eine Schnur, mittels welcher der Wagen von dem Gewichte P gezogen wird, läuft über die Rollen r und r1 und ist mit einem Ende der Dynamometerfeder verbunden. An demselben Ende der Dynamometerfeder befindet sich ein Schreibstift a, welcher während der Fahrt des Wagens auf einer berussten Milchglastafel gg1 eine Curve beschreibt. Der Haken h dient zum Festhalten des Wagens und die gabelförmige Feder f zum Auffangen desselben. Wenn der Wagen festgehalten wird, so zeigt das Dynamometer die Grösse des Gewichtes P an; die Spannung in der Schnur ist also P. Wird der Wagen losgelassen und von dem Gewichte P fortbewegt, so beschreibt der Stift a auf der Tafel eine Curve (auf der Figur strichpunktirt gezeichnet), durch deren Höhe bewiesen wird, dass die Spannung während der beschleunigten Bewegung weniger als P und zwar \frac{P\,.\,Q}{P+Q} gewesen ist. Um die Gesetze der beschleunigten Beilegung graphisch nachzuweisen, schiebt man eine besondere Schreibfeder ein, durch welche der Schreibstift des Dynamometers ausser Wirkung gesetzt wird, und befestigt am unteren Ende des Dynamometers eine Pendellinse. Der Wagen wird durch letztere in ein „fahrendes Pendel“ umgewandelt, welches um die Kante der Schiene ss1 in der Richtung senkrecht zur Schreibtafel schwingen kann. Der Auslöschaken h hat vorn an seiner Schneide eine Einkerbung; wird der Wagen aus dieser ausgelöst (in schräger Pendellage), so erfolgen während der Fahrt die Pendelschwingungen. Die Schreibfeder gibt je nach der verschiedenen Bewegung des Wagens in verschiedenen Abständen Striche auf der Glastafel an, durch deren Mitten die Bewegung des Wagens bestimmt worden ist. Die verschiedenen Bewegungen gibt man dem Wagen auf folgende Weise: 1) Die beschleunigte Bewegung (bei der Demonstration der Fallgesetze). Durch schräge Stellung der Fahrschiene, ohne Anwendung des Zuggewichtes P. Man schiebt unter den linken Fuss der Fahrschiene einen Keil, so dass der Wagen in Folge seines Eigengewichtes „fällt“ bezieh. herunter fährt. 2) Die beschleunigte Bewegung auf wagerechter Bahn. Man lässt ein kleines Gewicht P am Ende der Schnur wirken. Textabbildung Bd. 298, S. 63 Spannungs- und Beschleunigungsmesser. 3) Die gleichmässige Bewegung und Endgeschwindigkeit. Man setzt auf wagerechter Bahn den Wagen durch ein kleines Gewicht in Bewegung und lässt nach kurzer Zeit das letztere auf einen untergelegten Gegenstand (Fussbank, Bücher) aufschlagen. 4) Die verzögerte Bewegung wird erhalten, indem man durch schräge Stellung der Fahrschiene den Wagen schwach aufwärts fahren lässt, nachdem man ihm durch kurze Wirkung eines Gewichtes P eine Anfangsgeschwindigkeit gegeben hat. Der Spannungs- und Beschleunigungsmesser ist gesetzlich geschützt, seine Herstellung hat die Firma für Präcisionsinstrumente von Sommer und Runge in Berlin übernommen.