Titel: Ueber das Calorimeter von Junkers.
Fundstelle: Band 298, Jahrgang 1895, S. 262
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Ueber das Calorimeter von Junkers. Mit Abbildungen. Ueber das Calorimeter von Junkers. Die Anwendung des Leuchtgases zu Heizzwecken ist in neuerer Zeit in bedeutender Zunahme begriffen. Seine Heizkraft kommt nicht nur bei den eigentlichen Heiz- und Kochapparaten, sondern auch beim Betriebe von Gasmotoren, beim Gasglühlicht u.s.w. in Betracht. Der Werth des Leuchtgases für diese Zwecke wird durch seine Heizkraft bestimmt. Letztere ist aber in verschiedenen Städten von sehr ungleicher Grösse, beispielsweise beträgt dieselbe nach Untersuchungen von Bueb in Dessau 4650 Calorien, in Frankfurt a. M. dagegen 6700. Auch ist sie bei dem Gase derselben Anstalten beträchtlichen Schwankungen unterworfen. Die Leuchtkraft des Gases kann jedoch nicht als Maass für seine Heizkraft dienen, da beide von einander unabhängig sind. So ist zum Beispiel beim Acetylen die Leuchtkraft 15mal so gross als bei gutem Leuchtgas, während seine Heizkraft nur etwa doppelt so gross ist. Textabbildung Bd. 298, S. 261 Fig. 1.Calorimeter von Junkers. Unter diesen Umständen ist für die Technik ein Apparat von Wichtigkeit, der es ermöglicht, die Heizkraft des Leuchtgases unmittelbar in einfacher und genauer Weise zu bestimmen, wie dieses durch das Calorimeter von Junkers geschieht. In diesem wird das zu untersuchende Gas in einer offenen Verbrennungskammer K (Fig. 1) verbrannt, deren Seiten wände ein ringförmiges, von einem gleichmässigen Wasserstrom durchspültes Gefäss G bilden. Die Verbrennungsgase geben an dieses einen Theil ihrer Wärme durch Strahlung ab. Der übrige Theil derselben wird ihnen entzogen, indem sie durch zwei Reihen senkrechter Rohre, welche sich in dem ringförmigen Gefäss G befinden, hindurchgeleitet werden. Hierdurch werden die Verbrennungsgase so weit abgekühlt, dass sie aus dem mit einer Drosselklappe versehenen Ausströmungsrohr R mit einer Temperatur austreten, die unter gewöhnlichen Umständen noch unterhalb der Zimmertemperatur liegt. Die gesammte Verbrennungswärme wird somit von dem Wasserstrome in dem Gefässe G aufgenommen. Damit dieses aber seitens der äusseren Atmosphäre keine Wärmeabsorption erleide, ist das Gefäss G noch von einem allseitig geschlossenen Mantel M umgeben, so dass eine ruhende Luftschicht auf allen Seiten den Wärmedurchgang fast ganz verhindert. Mit dem Thermometer T1 wird die Temperatur des Wasserstromes vor seinem Eintritt in G gemessen, mit T2 nach seinem Austritt aus diesem Gefässe. Um das beim Durchströmen von G theilweise ungleichmässig durchwärmte Wasser sich durchmischen und eine gleichmässige Temperatur annehmen zu lassen, sind in dem auf G aufgesetzten Stutzen unter dem Quecksilbergefässe von T2 eine Reihe von Querwänden angebracht, durch deren abwechselnd kreuzweise gestellte Schlitze beim Durchströmen die Ungleichheiten in der Temperatur des Wassers ausgeglichen werden. Textabbildung Bd. 298, S. 262 Fig. 2.Calorimeter von Junkers. Damit ferner während eines Versuches ein gleichmässiger Beharrungszustand herrsche, während dessen das durchfliessende Wasser stets, um dieselbe Anzahl Grade erhitzt wird, muss während des Versuches stets die gleiche Wassermenge durch den Apparat strömen. Dieses wird in sehr einfacher Weise erreicht, indem das Wasser unter dem gleichen Druck durch denselben hindurchgeleitet wird. Das Wasser tritt nämlich zunächst durch das Rohr A in das Gefäss F1 ein, von dem aus ein Theil des Wassers durch das Rohr C den Apparat durchströmt, während der andere Theil überfliesst, von dem Gefässe F2 aufgefangen wird und durch das Rohr B abfliesst. Das den Apparat durchströmende Wasser steht also stets unter einem Drucke, welcher der Niveaudifferenz zwischen dem Rande von F1 und dem Rande des Trichters T im Gefässe F3, von welchem das Wasser wieder aus dem Apparate ausströmt, entspricht. Um jedoch Versuche mit verschiedenen Durchflussmengen vornehmen zu können, ist in den Lauf des Wassers noch der Hahn H eingeschaltet, durch dessen Einstellen die Durchflussmenge variirt werden kann. Das durch den Apparat während eines Versuches hindurchgeflossene Wasser wird in einem Messglase M1 (Fig. 2) aufgefangen; das Product aus der Menge desselben und seiner im Apparate erfolgten Temperaturerhöhung (der Differenz zwischen den Angaben der beiden Thermometer T1 und T2) ergibt die vom Gase beim Verbrennen während des Versuches abgegebene Wärmemenge. Dieselbe ist aber grösser als die in der Technik nutzbare Wärme des Gases. Bei der technischen Verwendung des Gases entweicht nämlich der bei der Verbrennung entstehende Wasserdampf in die Atmosphäre, während er in dem Apparate in den das Gefäss G durchziehenden senkrechten Rohren condensirt wird und seine Condensationswärme an den dieselben umspülenden Wasserstrom abgibt. Diese beträgt beim Leuchtgase etwa 10 Proc. der gesammten Verbrennungswärme. Die Ermittelung dieses Betrages wird gleichfalls durch den Apparat ermöglicht. Das in den Rohren condensirte Wasser tropft auf den Boden des äusseren Mantels herab, von dem aus es durch das Ausflussrohr A1 abfliesst, so dass es in einem kleinen Messglase M2 (Fig. 2) aufgefangen werden kann. Die aus der Menge desselben sich ergebende Condensationswärme (für jedes Cubikcentimeter rund 600 Grammcalorien) ist von der ermittelten gesammten Verbrennungswärme abzuziehen. Die Einrichtung für Beobachtungen mit dem Apparate ist in Fig. 2 dargestellt. Das Gas ist zunächst durch einen Gasmesser und darauf durch einen Druckregler D zu leiten, damit während des Versuches die Verbrennung völlig gleichmässig erfolgt. Nachdem man das Wasser den Apparat hat durchströmen lassen, führt man den Brenner angezündet in die Kammer K ein und wartet, bis der Beharrungszustand eingetreten, was daran erkennbar ist, dass das Thermometer T2 nicht mehr ansteigt. Wenn dies der Fall, beginnt man das aus dem Apparate abfliessende Wasser, sowie das Condensationswasser in den Messgefässen M1 und M2 aufzufangen, indem man in demselben Moment den Stand des Gasmessers abliest. In den darauf folgenden Minuten muss man dann wiederholt den Stand der beiden Thermometer T1 und T2 notiren. Sobald eine genügende Menge Gas im Apparate verbrannt ist, entfernt man die beiden Messgefässe M1 und M2 wieder, indem man gleichzeitig den Gasmesser abliest. Die von dem Wasserstrome aufgenommene Wärmemenge ist dann in der oben angegebenen Weise zu ermitteln, abzüglich der Condensationswärme des Wasserdampfes, und da die Ablesungen am Gasmesser die aufgewandte Gasmenge ergeben, so ist die Heizkraft des Gases für jedes Cubikmeter leicht zu berechnen. Obgleich die Handhabung des Apparates eine so überaus einfache ist, gibt derselbe dennoch eine für technische Bedürfnisse mehr als ausreichende Genauigkeit, wie dieses durch Untersuchungen in der königl. technischen Hochschule, sowie in der physikalisch-technischen Reichsanstalt festgestellt ist. Letzteres Institut führt auf Wunsch auch Prüfungen dieser Calorimeter aus. (Zeitschrift für Instrumentenkunde, 15. Jahrg. S. 408.)