Titel: Beitrag zur Beurtheilung von Gerbereigebrauchswässern.
Autor: A. Bartel
Fundstelle: Band 299, Jahrgang 1896, S. 136
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Beitrag zur Beurtheilung von Gerbereigebrauchswässern. Von A. Bartel in Tharandt. Beitrag zur Beurtheilung von Gerbereigebrauchswässern. In allen Stadien des Processes, der die leicht zerstörbare, rohe Thierhaut in widerstandsfähiges Leder umwandelt, ist das Wasser ein bedeutsamer Factor, weshalb auch schon seit langer Zeit das Augenmerk der Fachleute auf eine gute Beschaffenheit dieses Hilfsstoffes gerichtet war. Doch über die Frage, welche Eigenschaften ein in jeder Beziehung den Anforderungen des Gerbereibetriebes entsprechendes Wasser haben müsse und wodurch die gewünschte Einwirkung desselben bedingt werde, ist vielfach gestritten worden. Auch heute noch gehen die Ansichten von praktisch und wissenschaftlich gebildeten Fachleuten oft sehr weit aus einander, so dass ein Beitrag zu diesem Thema nicht ohne Interesse sein dürfte. Aus diesem Grunde habe ich eine Anzahl von Wässern, welche dem praktischen Betriebe von Gerbereien entstammen, analysirt und den Zusammenhang zwischen den Eigenschaften dieser Wässer und ihres Einflusses auf den Verlauf der Lederbildung festzustellen versucht. Die vorwiegend herrschende Ansicht geht dahin, dass die schätzenswerthen Eigenschaften eines Gerbereibetriebswassers von dessen grösserem oder geringerem Gehalt an gelösten Mineralstoffen und von der Temperatur desselben abhängen. Dazu kommt noch der Einfluss des Gehaltes des Wassers an suspendirten Stoffen organischer und anorganischer Natur, gelösten organischen Materien und absorbirten Gasen in Betracht. W. Eitner, einer der thätigsten Forscher auf diesem Gebiete, schloss sich in älteren Publicationen vollkommen dieser Ansicht an, während er später den Standpunkt vertritt, dass von besonders hervorragender Bedeutung für den Einfluss eines Wassers im Gerbereibetrieb dessen Gehalt an lebenden organisirten Stoffen, wie Bakterien, Bacillen, Hefenarten, und unorganisirten Fermenten, den sogen. EnzymenGerber, XVI (1890) Nr. 373: „Antiseptik in der Gerbereipraxis“. Nr. 390: „Die Oberlederfabrikation der Neuzeit“., sei. Die gleiche Ansicht vertritt ein Amerikaner, J. T. WoodThe Leather Manufacturer, 1894 Nr. 5: „Fermentation in the leather industrie“., der die Gerberei geradezu als zu den „Gährungsgewerben“ gehörig betrachtet. Er unterscheidet hierbei eine schädliche Gährung(Fäulniss), welche zu verhindern ist, und eine nöthige, fördernde Gährung, welche in geordneter und regelmässiger Weise einzuleiten und weiterzuführen wünschenswerth ist. Erstere ist nach ihm gekennzeichnet durch das Auftreten gewisser Mikroorganismen, letztere soll hervorgerufen werden durch gewisse unorganisirte Fermente, die sogen. Enzyme. Das Richtigste wird wohl sein, dass allen diesen Factoren Rechnung getragen werden muss, so dass ein alter Ausspruch Eitner's sich bewahrheitet: Der Gerber muss mit jedem süssen Wasser gerben können – aber er muss die Qualität des Wassers kennen lernen und sich danach richten. In Folgendem möge zunächst ein kurzer Blick auf die herrschenden Ansichten über die Wirkung der einzelnen Bestandtheile und Eigenschaften der Wässer geworfen werden, dann wollen wir sehen, wie weit sich diese Ansichten mit den an den hier untersuchten Wässern gemachten Erfahrungen decken. Bei den natürlichen Wässern haben wir zu unterscheiden: Seewasser, Mineralwässer verschiedener Art und süsse Wässer verschiedener Art. Die beiden ersteren kommen hier nicht weiter in Betracht. Die letzteren sind uns zugänglich als meteorologische Niederschläge, frei fliessendes oder stehendes Wasser in Flüssen und Teichen und Quell- oder Brunnenwasser, erstere gewöhnlich arm an Salzen, namentlich der Erdalkalimetalle, als weiche Wässer, letztere an solchen Mineralstoffen reichere, meist harte Wässer. Von den genannten weichen Wässern kommt das der ersteren Art, als Regen- oder Schneewasser, für den praktischen Gerbereibetrieb wohl kaum in Frage, weil es in den meisten Fällen nicht in genügender Menge zu haben sein wird. Da es als fast chemisch rein zu betrachten ist, würden bei ihm als wirkende Factoren nur die aus der Luft aufgenommenen Gase und seine Temperatur von Wichtigkeit sein. Fluss- oder Teichwasser dagegen steht an manchen Orten dem Gerber als bequemstes Wasser reichlich zur Verfügung. Auch dieses wird, da es hinreichend Gelegenheit hat, etwa auf seinem Weg durch den Erdboden gelöste Bicarbonate der Erdalkalimetalle wieder auszuscheiden, meist ein weiches oder mässig hartes Wasser sein. Als solches ist es für die Reinmacharbeiten besonders gut zu verwerthen, denn es macht die Häute schlank und verfallen, in welchem Zustande eine vollständige Entfernung des Fettes und Schmutzes leichter zu erreichen ist. Da ein möglichst vollkommener Grad von Schlankheit bei gewissen Ledersorten, wie Kidleder, Chevretten u.s.w., erwünscht ist, wird besonders für diese die Bearbeitung mit möglichst weichem Wasser vortheilhaft sein. Diese schlaffmachende Wirkung kann noch unterstützt werden durch eine etwas höhere Temperatur, doch soll diese 20° nicht übersteigen, da sonst in den Weichen leicht eine zu weitgehende Lockerung der Hautsubstanz eintreten kann.Gerber, XII (1886) Nr. 275: „Kalbkid- und Chevrettenfabrikation“. Zu warmes Wasser – beim Auswässern der Blössen angewandt – kann nach Eitner auch die Ursache von einem mürben Narben sein.Gerber, XV (1889) Nr. 362: „Ueber Narbenfehler“. Ein zu kaltes Wasser, mit einer Temperatur unter 10° C., von sonst gleichen Eigenschaften soll eher die Blössen straff machen und leicht schwellend wirken, es zieht den Narben zusammen, so dass die Enthaarung erschwert wird.Gerber, XX (1894) Nr. 485: „Die Bedeutung der Wärmegrade in der Weissgerberei“. Frei fliessende Wässer werden andererseits in den meisten Fällen eine geringere oder grössere Menge an schwebenden Stoffen organischer und anorganischer Natur, als Schlamm und Schmutz, namentlich nach starken Regengüssen oder im Frühjahr bei der Schneeschmelze mit sich führen. Diese sind, wie leicht begreiflich, bei dem Gebrauche des betreffenden Wassers für Gerbereizwecke stets schädlich, da ausser den die Fäulniss begünstigenden Eigenschaften der organischen Substanzen die erdigen Theile die Poren der Haut verschlammen und so die Reinmacharbeiten, wie auch später die Gerbung erschweren. Die Quell- und Brunnenwässer werden vielfach, da sie auf ihrem Wege durch die Gesteinsschichten hierzu Gelegenheit haben, aus diesen mineralische Bestandtheile gelöst haben und diese mit sich führen. Dies können leicht lösliche Salze der Alkalien sein, oder nur schwer und, wenn nicht freie Kohlensäure zu Hilfe kommt, in nur geringer Menge lösliche Salze der Erdalkalimetalle, welche die Härte solcher Wässer bedingen. Die Alkalichloride sollen nach Eitner die Häute schlank und verfallen machen, was derselbe auf die Eigenschaft verdünnter Salzlösungen, das Coriin aus der Haut zu lösen, zurückführt.Gerber, III (1877) u.a. a. O. Dies ist zwar für die Reinmacharbeiten nicht unvortheilhaft, aber es geht dabei ein werthvoller Hautbestandtheil verloren und die Leder werden leicht blechig und flach. Alkalisulfate und -carbonate sollen leicht schwellend wirken, werden also für die Weiche und die Farben eher einen günstigen Einfluss haben, doch zum Reinmachen aus dem Kalke wird sich ein an ihnen reiches Wasser nicht eignen, da letzterer durch Umsetzung mit ihnen unlösliche Salze gibt, die sich im Innern der Haut selbst ablagern und nur sehr schwer vollständig zu entfernen sind. Aus diesem Grunde ist auch die Methode, ein sehr hartes Wasser dadurch zu erweichen, dass man die Kalk- und Magnesiasalze durch Sodazusatz ausfällt, für Gerbereizwecke nicht zu empfehlen, man wird diesen Zweck hier besser durch Abkochen oder nach Clark's Verfahren durch Zusatz von Kalkmilch erreichen, was allerdings nur die vorübergehende Härte mildern kann. Nach HoffmannJahresber. f. Chemie, 1865 S. 171. bleiben beim längeren Kochen von den im Wasser gelösten doppelkohlensauren Kalksalzen 34 mg in 1 l gelöst, nach WeltzienAnn. Chem. Pharm.. Bd. 136 S. 165. 36 mg in 1 l, was einer Härte von 1,90 bis 2,02 deutschen Härtegraden entspricht. Deshalb wurde in den in den Tabellen gegebenen Analysenresultaten als bleibende Härte mindestens 2° eingesetzt, sobald die Gesammthärte überhaupt diesen Betrag erreichte. Die Wirkung der Erdalkalisalze ist in den verschiedenen Stadien der Gerberei sehr verschieden, weshalb man ein hartes Wasser wohl für einen bestimmten Zweck noch gut brauchen kann, während es für einen anderen schädlich oder mindestens unvortheilhaft wirkt. Der Einfluss des Kalkgehaltes in der Weiche wird wohl meist überschätzt. Eitner und Prokter sind der Meinung, dass ein hartes Wasser schwer weicht. Dies kann ja in vielen Fällen zutreffen, doch ist dann diese Thatsache wohl meist auf die naturgemäss kühlere Temperatur und einen geringeren Gehalt an organischen Stoffen des vorwiegend Quellen oder Brunnen entstammenden harten Wassers, gegenüber dem meist als Fluss- oder Teichwasser zur Verfügung stehenden weichen, zurückzuführen. Die Reinmacharbeiten werden durch hartes Wasser erschwert, weil sich leicht unlösliche, schwer zu entfernende Seifen bilden. Bedeutungsvoller ist der Kalkgehalt eines Wassers bei den folgenden Arbeiten. Im Kalkäscher bilden sich leicht durch den überschüssigen Kalk unlösliche basische Salze in der Haut, wodurch dieselbe spröde und brüchig wird, und enthält das Wasser ausserdem noch viel Eisen oder organische Säuren, so erscheinen leicht die sogen. Kalkflecken auf den Häuten oder sie nehmen ganz und gar eine blaugraue, unansehnliche Färbung an.Prokter, Textbook of Tanning. Auf den Schwellprocess wirken nach eingehenden Versuchen von EitnerGerber, III (1877). die kohlensauren und besonders die schwefelsauren Erdalkalisalze vortheilhaft ein. In der Oberledergerberei ist besonders darauf zu sehen, dass nach dem Kalken die Häute von dem aufgenommenen Kalk gehörig befreit werden, da sonst leicht ein brüchiger Narben die Folge ist. Durch gründliches Beizen und genügenden Säuregehalt der Farben kann die hier unerwünschte Schwellwirkung der Kalksalze auf ein richtiges Maass zurückgeführt werden.Gerber, XV (1889): „Ueber Narbenfehler“. Als Wasser zum Abtränken der Gruben und für die Extraction der Gerbmaterialien ist ein solches von nicht ganz ungewöhnlicher Härte wohl kaum zu beanstanden, doch kann hier unter Umständen die Schwerlöslichkeit und dunkle Farbe der Verbindungen des Kalks und der Magnesia mit den gerbend wirkenden organischen Säuren die Quelle zu einem Verlust an Gerbstoff oder die Ursache einer schlechten Färbung des erzeugten Productes sein, und ein reines, weiches Wasser wird sich am besten für diesen Zweck eignen. Eisen in kalkarmen Wässern wirkt nach LietzmannJ. C. H. Lietzmann, Herstellung der Leder, 1880. nicht nachtheilig, sondern eher conservirend ein, nur zum Abtränken der Gruben räth er von der Verwendung derartiger Wässer ab. In Schweizer Sohlledergerbereien soll es sogar Brauch sein, Eisen in irgend einer Form in die Angerbefarben zu geben, um einen dunkleren Schnitt zu erzielen. Dass es in Gemeinschaft mit Kalk durch Fleckenbildung verderblich wirken kann, ist schon oben erwähnt. Endlich ist noch Rücksicht zu nehmen auf die im Wasser gelösten Gase, denn oft ist deren Menge nicht unbeträchtlich. Freie Kohlensäure unterstützt nach EitnerGerber, VII (1881) Nr. 162: „Die Extractgerberei in Anpassung an unsere Verhältnisse“. wesentlich die hebend wirkenden Eigenschaften der Bicarbonate und Sulfate der Erdalkalimetalle. Freier Sauerstoff, d.h. ein grosser Gehalt an gelöster Luft, wird die zersetzenden Wirkungen mancher Mikroben befördern und kann bei der Extraction von Gerbmaterialien, namentlich in der Hitze, durch Oxydation des Gerbstoffes schädlich wirken. Dies sind in der Hauptsache die Meinungen, welche jetzt über die Wirkung der besonderen Eigenschaften und Bestandtheile eines Wassers im Verlaufe des Gerbprocesses bestehen. An analytischem Beweismaterial für die aufgestellten Behauptungen ist in der Litteratur nicht viel zu finden. Hier (Tab. I und II, A bis E) will ich nur einige Analysen von Gerbereigebrauchswässern, auf das Schema unserer Analysen umgerechnet, wiedergeben, über welche Ferd. Simand wie folgt urtheilt:Gerber, XV (1889) Nr. 361. „Die Wässer A, B, C und D sind für Gerbereizwecke gut zu benutzen, Wasser E dagegen ist sehr schlecht, erstens in Folge seines grossen Gehaltes an kohlensauren Salzen, besonders aber wegen seiner übergrossen Menge an Chloriden.“ In letzterem sieht Simand die Ursache der Mängel, welche bei Benutzung des betreffenden Wassers in einer Sohlledergerberei sich gezeigt hatten. Die Häute sollten darin nur wenig geschwellt haben und äusserst schwer gegerbt, so dass 5 bis 7 Sätze zur satten Durchgerbung nöthig waren und ein Zusatz von ¼ Fichtenlohe in den Gruben, um die Leder fest zu bekommen. Seit Verwendung des Wassers B schwellten die Häute schöner, wurden schon in den Farben fester und nahmen gegen früher leichter und mehr Gerbstoff auf, so dass schon 4 bis 5 Sätze zur Durchgerbung genügten. Das Wasser A, welches fast identisch mit B ist, machte die Häute in den Farben etwas weicher, was Simand seiner höheren Temperatur zuschreibt. Auch die Wässer C und D ergaben beim Gebrauch gleich günstige Resultate. Zur weiteren Controle führte Simand mit den Wässern A und B, gemischt, und mit dem Wasser E unter gleichen Umständen im Laboratorium einen Gerbeversuch aus und fand dabei nicht nur die Resultate aus der Praxis bestätigt, sondern es zeigte sich auch, dass das mit E gegerbte Stück Leder ein geringeres Rendement ergab und die Feuchtigkeit mehr zurückhielt bezieh. schneller wieder aufnahm. Bei einem Extractionsversuch einer Fichtenrinde mit diesen Wässern unter gleichen Verhältnissen fand er unter Benutzung des Wassers AB ein Minus von etwa ½ Proc. bei Wasser E von gegen 2 Proc. an gerbenden Substanzen gegenüber den mit destillirtem Wasser erhaltenen Zahlen. Wie weit nun diese Ansichten und Erfahrungen mit den im Tharander Laboratorium gewonnenen Resultaten übereinstimmen, soll durch die in Tab. I und II unter Nr. 1 bis 23 zusammengestellten Analysen von Gerbereiwässern aus dem praktischen Betrieb und folgenden unter den correspondirenden Nummern gegebenen Charakterisirungen derselben gezeigt werden. Nr. 1. Dieses Wasser ist das Betriebswasser der Lehrgerberei der deutschen Gerberschule in Freiberg. Es entstammt aus vor der Stadt gelegenen Teichen und wird dieser durch Rohrleitung zugeführt. Die Probe wurde im Mai 1894 entnommen. Sie erwies sich als färb–, geruch- und geschmacklos und zeigte nur einen äusserst geringen, hellen Absatz. Das Wasser hat sich seit mehreren Jahren im Gebrauch in der Gerberei für alle Zwecke gut bewährt. Die Lehrgerberei hat damit alle Ledersorten in völlig befriedigender Qualität fertig gestellt. Das Wasser ist, wie die Analyse zeigt, sehr weich und rein und nur der Gehalt an Alkalisulfaten ist im Verhältniss zu den übrigen Stoffen etwas hoch, was sich indess in keiner Weise als nachtheilig oder auch nur störend erwiesen hat. Tabelle I. Textabbildung Bd. 299, S. 139 Milligramm im Liter; A; B; C; D; E; Alkalien, Na2O; Kalk, CaO; Magnesia, MgO; Schwefelsäure, SO3; Chlor, Cl; Eisen, Thonerde, Phosphorsäure, Fe2O3, Al2O3, P2O5; Org. Stoffe (Glühverlust); Kaliumpermanganatverbrauch; nicht bestimmt; Gesammtrückstand; berechnet; Gesammthärte (in deutschen Härtegraden); * Siehe Text. Tabelle II. Textabbildung Bd. 299, S. 139 Milligramm im Liter; A; B; C; D; E; Alkalichloride, (Na, K) Cl; Alkalisulfate, (Na,K)2SO4; Alkalicarbonate, (Na, K)2CO3; Calciumchlorid; Calciumnitrat; CaCl2; Calciumsulfat, CaSO4; Calciumcarbonat, CaCO3 (im Wasser als Bicarbonat enthalten); Magnesiumchlorid, MgCl2; Magnesiumcarbonat, MgCO3 (im Wasser als Bicarbonat enthalten); Spur; Eisen u.s.w., F2O3, Al2O3, P2O5; Unlösliches, SiO2 u.s.w. (susp. Stoffe); Org. Stoffe (Glühverlust); Bleibende Härte *; Vorübergehende Härte *; Gesammthärte *; * In deutschen Härtegraden (berechnet) 1° = 10 mg CaO in 1 l. Nr. 2 stellt das gleichfalls im Mai 1894 zur Analyse entnommene Betriebswasser einer bedeutenden Lederfabrik Freibergs dar, deren Fabrikate, wie Vache-, Riemen-, Blank- und Oberleder, rühmlichst bekannt sind. Es stammt wie Nr. 1 aus den Teichen der Stadt, was seine fast identische Zusammensetzung mit ersterem erklärt. Wie ersteres hat es sich bei allen Arbeiten in jeder Beziehung als gut brauchbar erwiesen. Nr. 3 stammt aus der Wasserleitung von Spalato, der es im Januar 1894 entnommen wurde. Es zeigte sich völlig klar, geruch- und geschmacklos und ist, wie die Analyse ausweist, von mittlerer Härte. Der Gehalt an organischen Stoffen ist ein verhältnissmässig hoher, doch ist, wie der Kaliumpermanganatverbrauch ausweist, nur ein geringer Theil von diesen weiter oxydirbar, was darauf schliessen lässt, dass die Hauptmenge aus sogen. Huminsubstanzen, die den Charakter schwacher Säuren haben, besteht. Die übrigen Zahlen zeigen nichts Auffälliges. Das Wasser hat sich als gut brauchbar erwiesen bei der Herstellung eines guten, festen Sohlleders und auch eines nicht schlechten Oberleders. Nr. 4 ist das Wasser einer süddeutschen Sohlledergerberei, welche ein sehr gutes Eichensohlleder herstellt. Nach Angabe des betreffenden Gerbers entspringt dieses Wasser einem Boden, dessen Untergrund von Granit und Porphyr gebildet wird. Bevor es für die Gerberei gefasst wird, fliesst es etwa 0,2 km über kahles Weideland und dann noch 0,8 km durch Fichtenwald. Die etwa 0,3 km lange Leitung durch Holzröhren liegt kaum 20 cm im Boden, so dass die Temperaturschwankungen des Wassers Sommer und Winter immerhin noch ziemlich beträchtlich sind. Es betrug zum Beispiel die Temperatur im Januar 1894, wo das Wasser zur Analyse entnommen wurde, 2°, während sie in den heissen Tagen des vorhergehenden Sommers auf 12 bis 13° stieg. Das Wasser ist, wie die Analyse zeigt, sehr rein und ausserordentlich weich. Trotz des letzteren Umstandes hat sich das Wasser als ganz vorzüglich geeignet für Sohllederfabrikation erwiesen. Zum Wässern genügen 3 Tage vollständig und bei 5- bis 6tägigem Schwellen in den Farben werden die Häute ziemlich stark, ohne dabei hart oder zu prall zu werden, welche guten Eigenschaften wohl hauptsächlich auf die kühle Temperatur zurückzuführen sind. Selbst bei anhaltend heissem Sommerwetter verderben die Häute nicht leicht und werden bei einiger Aufmerksamkeit auch nicht schleimig oder glatt, was als ein Zeichen beginnender Zersetzung anzusehen sein würde. In den ersten beiden Sätzen nehmen die Leder schnell und leicht den Gerbstoff auf, etwas weniger rasch im dritten und vierten Satz, was wohl an dem fortschreitenden Festerwerden des Leders liegen mag. Ein Springen des Narbens ist nicht beobachtet worden. Nr. 5. Dieses Wasser hat seine Quellen in einem quarzreichen Porphyr, dessen Gebiet es auf einer Länge von etwa ½ km durchfliesst; dann fliesst es etwa 2½ km über cambrische Schiefer, wovon nahezu 1 km durch diese durchsetzende Rücken von Diabas eingenommen wird. Darauf wird es in einer Holzröhrenleitung von etwa ¾ km Länge bis zur Gerberei geführt. Das Wasser war klar, schwach gelblich gefärbt, geruch- und geschmacklos. Bei seiner Entnahme im Februar 1894 hatte es + 1° bei einer Lufttemperatur von – 3°. Der das Wasser benutzende Gerber erklärte dasselbe für sehr hart, war aber mit der Wirkung in allen Punkten zufrieden und erzielte damit ein gutes, gekalktes Sohlleder. Nach der Analyse ist das Wasser eher als sehr weich zu bezeichnen, wenn auch etwa zwei Fünftel der in ihm enthaltenen Kalksalze als Gyps vorhanden sind, der die bleibende Härte eines Wassers bedingt. Der ziemlich hohe Eisengehalt dieses Wassers hat sich in keiner Weise als schädlich oder störend erwiesen, selbst nicht bei dessen Verwendung im Kalkäscher. Nr. 6, ein Wasser, mit dessen Hilfe verschiedene Arten Sohlleder und Vacheleder guter Qualität gegerbt werden, erwies sich bei der Analyse als ein reines Wasser mittlerer Härte, die indess nur durch Carbonate der Erdalkalimetalle hervorgerufen ist. Der Gehalt an Chloriden und Sulfaten ist äusserst gering. Nr. 7 und Nr. 8 sind Wässer eines Baches der Rheinpfalz. Ersteres wurde im December 1893 geschöpft, als in Folge Thauwetters alle Gräben und sonstigen Zuflüsse des Baches, der ausserdem durch Wiesen läuft, offen waren, wodurch die hohe Menge der organischen Substanzen, welche dieses Wasser enthielt, sich erklärt. Es war schwach gelblich gefärbt, geruch- und geschmacklos. Der Einsender, welcher ein gutes, sehr hartes und festes Eichensohlleder, sowie auch ein schönes, mildes und weiches Fahl- und Kalbleder unter Verwendung dieses Wassers herstellt, hält dasselbe für sehr weich, wogegen es durch die Analyse als ein mittelhartes Wasser sich herausstellte. Das Wasser Nr. 8 wurde im Mai 1894 geschöpft. Es zeigte sich viel reiner. Nach Absatz einer geringen gelben unlöslichen Suspension (von ungefähr 10 mg in 1 l) war es färb-, geruch- und geschmacklos. Die Menge der organischen Stoffe ist immer noch hoch, doch bei weitem nicht so, wie bei Nr. 7. Namentlich die durch Kaliumpermanganat oxydirbaren Stoffe sind auf ein mittleres, normales Maass zurückgegangen. Desgleichen zeigt der Gehalt an Eisen, Alkalien und Schwefelsäure eine merkliche Abnahme, während die Chloride und die die Härte bedingenden Kalk- und Magnesiasalze annähernd gleich gefunden wurden. Der Einsender rühmt von diesem Wasser besonders die erweichenden Eigenschaften, die er indess weniger auf die chemische Beschaffenheit desselben zurückführt, als vielmehr auf die Temperatur, welche im Sommer meist nur einige Grad unter der Lufttemperatur liegt, so dass öfters bei Oberleder, die vorzugsweise zu dieser Zeit gearbeitet werden, die Arbeit des Beizens ganz wegfallen kann, da die Leder durch das Wasser allein in genügender Weise gelockert werden. Höchstwahrscheinlich spielen in diesem Falle auch in dem Wasser in grosser Menge vorhandene gährungserregende Mikroben eine Rolle, wie aus dem grossen Gehalt an organischen Stoffen zu schliessen ist. Nr. 9 bekamen wir zur Begutachtung eingesandt von einer Gerberei Badens. Es ist ein Bachwasser und schon lange Zeit als Betriebswasser zur Herstellung eines guten Sohlleders in Gebrauch. Es war bis auf eine leichte Trübung durch eine geringe Menge suspendirter Stoffe rein und erwies sich als ziemlich hart, doch ist keiner der normalen Bestandtheile in besonders hervortretender Menge vorhanden. Auch ist die Härte nur eine durch Bicarbonate bedingte, vorübergehende und kann im Bedarfsfalle leicht durch Abkochen oder nach Clark's Verfahren durch Zusatz von Kalkwasser herabgemindert werden. Nr. 10 ist das Wasser der städtischen Leitung, welches eine Dresdener Lohgerberei, die ein vorzügliches Riemenleder liefert, in ihrem Betriebe benutzt. Es ist rein und weich, verhältnissmässig reich an Alkalisalzen, namentlich -Sulfaten, ohne dass sich eine nachtheilige Wirkung derselben je hätte geltend gemacht, was mit den Erfahrungen Eitner's übereinstimmt. Nr. 11 erhielten wir im October 1893 aus einer Gerberei Thüringens, in welcher es sich bei der Fabrikation von Säbelscheiden gut bewährt hat. Hier handelt es sich darum, dem Leder eine gewisse Härte und Starrheit zu geben, was einestheils erreicht wird durch eine weitgehende Schwellung, ähnlich wie bei Sohlleder, und anderntheils durch eine nur mangelhafte Durchgerbung oder vielmehr nur starke Angerbung, so dass das Leder zwar widerstandsfähig gegen äussere Einflüsse wird, aber doch gewissermaassen den Charakter einfach aufgetrockneter Haut beibehält. Das Wasser entstammt dem Nahefluss; es enthielt einen geringen, flockigen Niederschlag (etwa 5,0 mg in 1 l), war von schwach gelber Farbe, reinem Geschmack und geruchlos. Die Färbung rührte wahrscheinlich von gelösten organischen Stoffen her, da Eisen nicht gefunden wurde, die Chamäleonzahl dagegen verhältnissmässig hoch war. Trotz dieses Umstandes und der ausserordentlichen Weichheit dieses Wassers, d.h. der geringen Menge der in ihm enthaltenen Carbonate und Sulfate der Erdalkalimetalle, die nach Eitner die Hauptagentien für eine gute Schwellung sein sollen, war es dem betreffenden Lederfabrikanten in diesem Falle gelungen, eine solche zu seiner vollen Zufriedenheit auch damit zu erreichen, wie das Wasser sich auch in jeder übrigen Beziehung bewährte. Nr. 12. Dieses Wasser ist eine Bohrprobe aus einem alten Brunnen in der Rheingegend, der von 10 m auf etwa 40 m vertieft wurde. Die neue Brunnensohle liegt tiefer als der Rheinboden in einer starken Schicht groben Kieses. Die darüber lagernden Schichten sind feiner Triebsand, Sand mit Letten und reiner gelber Letten. Das Wasser war nach Filtration eines sehr geringen Niederschlages von Lehm farb-, geruch- und geschmacklos. Es zeigt bei etwas über mittlerer Härte einen ziemlich hohen Gehalt an Alkalisulfat und eine sehr reichliche Menge organischer, nicht weiter oxydirbarer Stoffe. Erzielt wurde bei seiner Anwendung ein gutes Kalblackleder. Nr. 13 und Nr. 14 sind Gebrauchswässer einer holländischen Zeugledergerberei, welche ein gutes Fabrikat erzielt. Nr. 13 findet nur bei den Wasserarbeiten Verwendung, während Nr. 14 zu allen übrigen Zwecken benutzt wird. Wie die Analysen zeigen, sind beide Wässer über mittelhart und weit übernormal reich an Chloriden und Sulfaten. Dennoch kommt hier die Eigenschaft der Chloride, welche diesen Eitner zuschreibt, nämlich blechig und flach zu machen, nicht in schädigender Weise zur Wirkung, vielleicht weil sie durch die entgegengesetzt wirkenden Sulfate aufgehoben wird. Auch die Menge der organischen Stoffe überschreitet, namentlich bei Nr. 14, bei weitem das Maass, welches für ein gutes, normales Wasser zulässig ist. Der Chamäleonverbrauch wurde bei Nr. 14 bei dem Inhalte der einen eingesandten Flasche zu 15,4 mg in 1 l gefunden, während bei einer zweiten, deren Kork etwas Schimmelbildung aufwies, sich 21,5 mg ergab. In der Tabelle ist das Mittel dieser Zahlen angeführt. Nr. 15 soll ein hartes Wasser sein und hat sich bei der Fabrikation von gutem Oberleder in einer Siebenbürgener Lederfabrik bestens bewährt. Wie die Analyse zeigt, ist das Wasser allerdings von ungewöhnlicher Härte, doch ist dieselbe nur temporär und kann durch geeignete Behandlung leicht aufgehoben werden. Ob dies in der betreffenden Fabrik in irgend einer Weise geschieht, konnte nicht in Erfahrung gebracht werden. Der Gehalt an Alkalichlorid und -sulfat erhebt sich nicht über die normalen Grenzen, während allerdings organische Stoffe reichlich vorhanden sind. Nr. 16 soll ein Brunnenwasser sein, mit dessen Hilfe eine ungarische Gerberei ein sehr gutes Fahlleder und desgleichen schwarz genarbte Leder erzeugt. Wie aus der Analyse zu ersehen, ist das Wasser mässig hart und auch sonst rein. Nur zeigte es einen geringen flockigen Absatz (etwa 4,0 mg in 1 l), schwach gelbliche Farbe und hat einen ziemlich hohen Gehalt an organischen Stoffen und auch an Eisen. Wenn letzterer auch bei geschwärzten Ledern keinen grossen Einfluss haben kann, könnte man doch meinen, dass ein stark eisenhaltiges Wasser, wie dieses, für naturfarbige Leder schädlich wirken müsse. Dies hat sich in diesem Falle jedoch in keiner Weise gezeigt, was der Ansicht Eitner's widerspricht, dass Eisen in kalkreichem Wasser durch Verbindung mit diesem Anlass zu den gefürchteten Kalkflecken gebe, weshalb auch eisenhaltiges Wasser vollständig unbrauchbar zu den Reinmacharbeiten sei. Nr. 17 repräsentirt ein als „hart“ bezeichnetes Gebrauchswasser einer Luxemburger Gerberei, die ein gutes braunes Kalbleder erzeugt. Es ist ein Bachwasser (aus der Enz), doch in der That, wie die Analyse zeigt, über mittelhart und enthält auch einen beträchtlichen Theil des Kalkes als schwefelsaures Salz. Von einer, hier in diesem Falle unerwünschten, stark schwellenden Wirkung, die nach weit verbreiteter Ansicht diesem Wasser zukommen müsste, war indess nichts zu bemerken, was allerdings vielleicht auf eine diese paralysirende Wirkung der organischen Stoffe, die ja reichlich vorhanden gefunden wurden, oder auch der höheren Temperatur zurückzuführen wäre. Nr. 18 ist gleichfalls das Betriebswasser einer Oberledergerberei in Holland, die damit ein sehr gutes Leder herstellt. Das Wasser war farblos, zeigte jedoch einen geringen schwärzlichen Niederschlag. Der Inhalt einer der eingesandten Flaschen hatte auch einen etwas modrigen Geruch und ergab einen Chamäleonverbrauch von 22,2 mg auf 1 l, während der einer zweiten geruchlos war und nur 13,2 mg Kaliumpermanganat auf 1 l verbrauchte. Nach der Analyse ist das Wasser von mittlerer Härte und als sehr rein zu betrachten, denn der gefundene hohe Gehalt an organischen Stoffen ist nach oben angeführten Bemerkungen wohl nur auf eine schlechte Reinigung der zur Einsendung benutzten Flaschen zurückzuführen. Nr. 19. Dieses Wasser stammt aus der weissen Elster in der Nähe von Gera und hatte bei Entnahme im November 1894 eine Temperatur von 8°. Die Sommertemperatur stellt sich nach Angaben des Einsenders auf etwa 20° und im Winter wird das Wasser zum Anstellen der Aescher und Farben durch Dampf auf etwa 18 bis 20° angewärmt. Das damit hergestellte Product ist in der Hauptsache ein vorzügliches, sehr weiches, haltbares und beim Tragen sehr glattes Kalbleder. Die Analyse erweist das Wasser als sehr weich und rein, so dass irgend eine schädigende Wirkung beim Gebrauch, wenn auch die nöthigen Temperaturgrenzen eingehalten werden, wohl ausgeschlossen erscheint. Nr. 20 soll ein Bachwasser sein, das sich wenigstens in den warmen Sommermonaten beim Gebrauch in der Weiche nicht bewährt hat. Es ist, wie die Analyse zeigt, ein sehr weiches Wasser, dessen Bestandtheile normal sind bis auf die ziemlich hohe Menge organischer Stoffe. Diese und mitgeführter, schwebender Schmutz (etwa 0,7 mg in 11) werden wohl die Schuld tragen an den schlechten Eigenschaften, die das Wasser in heissen Tagen zeigt. Sie bieten dann den Fäulnissbakterien, die ja in der freien Natur nirgends fehlen, einen günstigen Nährboden zur Weiterentwickelung und Vermehrung. Werden dann die rohen, trockenen Häute in solches mikrobenreiches Wasser gebracht, so überträgt sich in kurzer Zeit der Fäulnissprocess auch auf diese. Die Häute werden zunächst auf der Fleischseite, als dem günstigsten Angriffspunkt, löcherförmig angefressen, was man als sogen. Stippigwerden zu bezeichnen pflegt. Durch die höhere Sommertemperatur wird der Fäulnissvorgang natürlich wesentlich unterstützt. Etwas zur Verbesserung des Wassers kann der Gerber in diesem Falle durch Filtration desselben über gebrauchte Lohe beitragen und sich durch möglichstes Kühlhalten der Weichen und strenge Beaufsichtigung derselben vor Schaden bewahren. Nr. 21 ist ein Wasser, das in einer Gerberei Thüringens Verwendung findet, die Rind- und Kalbleder, als lackirte Koppelleder, Schuhlack–, Wichs- und Satinleder, herstellt. Nach Angabe des Einsenders macht es die Häute noch zu prall, welche Wirkung es jedoch verliert, wenn es vorher erwärmt wird. Dies beweist, dass die stark schwellende Wirkung in diesem Falle auf eine zu grosse Härte zurückzuführen ist. Durch die Analyse wurde diese auch bestätigt, und zwar nicht nur als hohe Gesammthärte, sondern auch als sehr hohe, durch Gypsgehalt bedingte, bleibende Härte. Letztere scheint auf die Häute nicht nachtheilig einzuwirken, da schon durch blosses Erhitzen des Wassers, wodurch nur die die vorübergehende Härte bedingenden Kalk- und Magnesiabicarbonate ausgeschieden werden, dieses in ein gut brauchbares umgewandelt werden kann. Der Einsender berichtet über den Ursprung des Wassers Folgendes: Bei Anlage der Gerberei wurde auf dem betreffenden Wiesengrundstück ein Brunnen gegraben, der durch eine etwa 1 m starke Torfschicht in gyps- und kalkhaltiges Gestein führenden Kies eindrang. Das erhaltene Wasser war weich, zeigte einen schwärzlichen Schein und ging leicht in Geruch über, ein Beweis, dass es reichlich organische Substanzen enthielt. Bei den Wasserarbeiten, in der Weiche und Beize, war es nur mit äusserster Vorsicht verwendbar, und die Felle und Häute zeigten im ersten, zweiten und dritten Satz stets eine bläuliche Farbe und blieben lappig, bis sie in stärkere Brühen kamen, weshalb es wünschenswerth erschien, ein Wasser besserer Qualität zu erhalten. Zu diesem Zweck wurde der Brunnen in einer Weite von 30 cm noch 12 m tiefer gebohrt. Nach Durchdringung der Kiesschicht kam der Bohrer auf festen Grauwackenfelsen und erschloss eine starke Quelle, die, wie auch das demselben Gestein entspringende Wasser der Stadtleitung, ein sehr hartes, Kalbleder erfahrungsgemäss zu stark schwellendes und schwer beizendes Wasser lieferte. Durch Einsetzen des Saugers neben das Bohrloch hoffte der Einsender eine für seine Zwecke brauchbare Mischung von dem weichen Grundwasser und dem sehr harten Quellwasser zu erhalten, und diese Mischung wird durch die untersuchte Probe repräsentirt. Wie die Analyse zeigt, ist das Wasser immer noch sehr hart und hat ausserdem die wahrscheinlich aus dem weichen Moorwasser herrührenden grossen Mengen organischer Stoffe und einen sehr hohen Eisengehalt aufzuweisen, welches letztere vermuthlich an organische Bodensäuren gebunden ist. Eine Verbesserung des Wassers ist demnach nicht erzielt worden, und diese würde in diesem Falle wohl auch nur möglich sein durch vollständigen Ausschluss des weichen Grundwassers und ein Weichermachen des Quellwassers auf mechanischem oder chemischem Wege, wofür es ja eine genügende Anzahl Methoden gibt. Nr. 22 ist gleichfalls ein äusserst hartes Wasser, jedoch ohne Gypsgehalt, mit welchem bei einem versuchten praktischen Gebrauch sehr schlechte Erfahrungen gemacht wurden. Das Wasser entstammt einer Neuanlage einer bedeutenden Gerberei Böhmens, deren Fichtenterzen in sehr gutem Rufe stehen. Um die Qualität der herzustellenden Leder durch kleine Unterschiede in der Qualität des Wassers der alten Gerberei und der Neuanlage nicht zu beeinträchtigen, wurden die Häute in der alten Gerberei in gewohnter Weise durch 4- bis 5tägiges Aeschern gekalkt und dann durch elf allmählich in der Stärke gesteigerte Farben im Laufe von 3 Wochen gehen gelassen. Dann erst wurden dieselben in die neue Lederfabrik übergeführt zum Versetzen in die Gruben. Gleich nach dem ersten Satz, auf welchem die Häute bloss 6 Wochen gelassen wurden, zeigten dieselben einen rauhen und unerwünscht festen Narben, was das weitere Eindringen des Gerbstoffes und damit natürlich eine gute Durchgerbung sehr erschwert. Der Grund dieser Erscheinung liegt hier jedenfalls in der übermässig grossen Härte des Wassers. Ob nach Abstellung dieses Uebelstandes bessere Resultate erzielt wurden, ist uns leider nicht bekannt geworden. Nr. 23 gibt sich durch die Analyse als ein durch ziemlich viel organische Stoffe verunreinigtes, mittelhartes Wasser mit hohem Eisengehalt zu erkennen. Schon durch einen unangenehmen, fauligen Geruch gab sich kund, dass der Brunnen, dem es entnommen war, nicht dicht und durch Jauchenzufluss u.s.w. verunreinigt sein müsse. Auf den damit behandelten lohgaren Ledern sollte es schwarze Flecke hervorbringen, was der Einsender dem Eisengehalte zuschiebt. Wahrscheinlicher ist es, dass besagte Flecke durch organische Kalksalze oder durch Fäulnissbakterien verursacht werden, was sich indess ohne genaue Untersuchung derselben, die uns nicht möglich war, nicht sicher entscheiden lässt. Der Einsender theilte später mit, dass in der Nähe des Brunnens die Kalkgruben und die Düngerstätte sich befänden, nach deren Beseitigung sich das Wasser wohl als rein und gut brauchbar erweisen wird. Die vorstehenden Analysen geben zum grössten Theil eine Bestätigung der herrschenden Ansichten über die Wirkungsweise der verschiedenen Wässer beim Gebrauch zur Herstellung von Leder. So zeigen besonders die als unbrauchbar bezeichneten Nr. 20 bis 23, dass viel organische Stoffe, namentlich in Verbindung mit erhöhter Temperatur, sehr ungünstig in den Vorarbeiten zum Gerbeprocess auf die Häute einwirken und dass ein zu hoher Kalk- und Magnesiagehalt, namentlich in Form der kohlensauren Salze, eine oft unerwünschte, zu starke Schwellung hervorruft, den Narben zusammenzieht und damit die Gerbung erschwert. Andererseits stehen die Erfahrungen, welche mit einigen der untersuchten Wässer gemacht wurden, im Widerspruch mit den Eigenschaften, die denselben nach dem Analysenbefund zugeschrieben werden müssten, oder zeigen wenigstens, dass die Wässer trotz eines Mangels recht gut zur Herstellung einer guten Waare brauchbar waren. So erwies sich zum Beispiel das Wasser Nr. 4 trotz seiner grossen Weichheit und Armuth an schwefelsauren Salzen dennoch als sehr gut geeignet zur Sohlledergerbung, wo eine gute Schwellung ein Haupterforderniss ist. Eine ähnliche Wirkung zeigte das Wasser Nr. 11, während im Gegensatz hierzu das übernormal harte Wasser Nr. 15 sich doch als ganz gut brauchbar bei der Fabrikation eines allen Anforderungen entsprechenden, milden Oberleders herausstellte, wie auch das übermittelharte und namentlich an Sulfaten der Erdalkalimetalle reiche Wasser Nr. 17 keine besondere Schwellwirkung erkennen liess. Der ziemlich hohe Eisengehalt der Wässer Nr. 5 und Nr. 16 gab weder bei den Vorarbeiten noch im weiteren Verlauf der Gerbung zu Klagen Anlass und hatte durchaus keinen nachtheiligen Einfluss auf die Farbe der erzeugten Leder, wie auch diesem Bestandtheil keine Schuld zuzumessen war bei den sonst als schlecht tauglich befundenen Wässern Nr. 21 und Nr. 23. Besonders interessant sind die Analysen der Wässer Nr. 13 und Nr. 14. Wohl die Mehrzahl der Fachleute würde auf Grund derselben ein sehr ungünstiges Urtheil Tabelle III. Textabbildung Bd. 299, S. 143 Milligramm im Liter; Mittel mit Ausschluss der abnormen Zahlen; Alkalien, Na; Kalk; Magnesia; Schwefelsäure; Chlor; Eisen, Thonerde, Phosphors; Organische Stoffe (Glühverlust); Kaliumpermanganatverbrauch; Gesammtrückstand Tabelle. IV. Textabbildung Bd. 299, S. 143 Milligramm im Liter; Mittel mit Ausschluss der abnormen Zahlen; Alkalichloride; Alkalisulfate; Alkalicarbonate; Calciumchlorid; Calciumsulfat; Calciumcarbonat; Magnesiumchlorid; Magnesiumcarbonat; Eisen, Thonerde, Phosphors; Organische Stoffe (Glühverlust; Bleibende Härte; Vorübergehende Härte; Gesammthärte über die Wässer gefällt, oder ihre Brauchbarkeit als technische Nutzwässer für den Gerbereibetrieb ganz verneint haben, und doch erzielt die Lederfabrik, die auf den Gebrauch derselben angewiesen ist, damit ein gutes Fabrikat. Das in diesen Untersuchungen niedergelegte Material zeigt somit, dass wohl den einzelnen Bestandtheilen der Wässer, wie auch den physikalischen Eigenschaften derselben, ein wichtiger Einfluss bei den einzelnen Operationen des Gerbereiprocesses eingeräumt werden muss, dass jedoch, abgesehen von den schon eingangs erwähnten Mineralwässern und Meerwasser, jedes Wasser für den Gerbereibetrieb zu gebrauchen ist. Eine nicht ausser Acht zu lassende Nothwendigkeit aber ist in den meisten Fällen, dass der betreffende Gerber die Eigenschaften seines Gebrauchswassers genau kennt, sie zu beurtheilen und sich danach zu richten versteht. Als mittlere Gehalte und normale Grenzzahlen der einzelnen Bestandtheile der natürlichen Gebrauchswässer ergeben sich, aus den Analysen der Wässer Nr. 1 bis 19 berechnet, die in Tab. III und IV unter a zusammengestellten Werthe, während unter b dieselben unter. Ausschluss der vereinzelten abnorm hohen Zahlen berechnet sind.