Titel: Die Reinigung des Kesselspeisewassers.
Fundstelle: Band 299, Jahrgang 1896, S. 206
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Die Reinigung des Kesselspeisewassers. Mit Abbildungen. Die Reinigung des Kesselspeisewassers. Die Reinigung des Kesselspeisewassers ist entweder eine chemische oder eine mechanische, noch öfter aber werden beide Verfahren combinirt. Die mechanische Reinigung wird durch Filtration bewirkt, gebräuchlich ist die Filtration durch Sand oder poröse Stoffe, wie z.B. Filtersteine, die neuerdings vielfach als Ersatz für den Sand angewendet werden. Mit dem Filtriren ist häufig ein vorhergehendes Absetzenlassen verbunden, wodurch oft wesentlich an Zeit erspart wird. – Ein wichtiger Factor, der leider noch viel zu wenig Beachtung findet, ist sowohl bei der mechanischen als chemischen Reinigung der Wärmegrad, dem die Wässer bei dem Verfahren ausgesetzt sind, oder ausgesetzt werden müssen. Wie wenig sich hierbei die Ansichten noch geklärt haben, zeigt uns ein Blick in die technische Tageslitteratur. In dieser wird vom einen Empiriker ein Stoff oder ein Verfahren als vorzüglich gelobt, während beides von dem anderen als unbrauchbar gänzlich verworfen wird. In diesem Umstände liegt auch der Grund des oft gerade komisch wirkenden Geheimmittelhandels und seine Weiterexistenz – trotz der vernichtenden Kritik, mit der von Fachmännern gegen ihn angegangen wird. Die meisten Unklarheiten herrschen natürlich auf dem Gebiete der chemischen Wasserreinigung, weil die Umstände mannigfaltiger und nicht so ohne weiteres controlirbar sind. Einen lesenswerthen Beitrag über die chemische Reinigung hat C. Cario in der Zeitschrift des Verbandes der Dampfkessel-Ueberwachungsvereine veröffentlicht. Diese klare Anleitung zur Bekämpfung des Kesselsteins durch Soda sei in Nachstehendem wiedergegeben, da sie zur Klarstellung bei den zerfahrenen Ansichten unseren Lesern immerhin erwünscht sein mag. „1) Beim Füllen des Kessels mit Wasser setze man diesem so viel aufgelöste Soda zu, dass ein Streifen rothen Lackmuspapieres deutlich blau gefärbt wird. 2) Während des Betriebes bringe man, jeden Tag ein- oder zweimal, so viel Soda in den Kessel, dass die genannte blaufärbende Wirkung des Kesselwassers auf rothes Lackmuspapier dauernd bestehen bleibt. 3) Täglich, und zwar bevor man wieder Soda in den Kessel bringt, lasse man einen Theil des Kesselwassers ab, so viel, dass der Wasserspiegel im Glase um etwa 50 mm sinkt. In den vorstehenden drei Sätzen ist das ganze Verfahren der Sodaanwendung zur Bekämpfung des Kesselsteins enthalten. Folgende Bemerkungen mögen nur noch eine genauere Anleitung geben. Das rothe Lackmuspapier kaufe man (in Droguenhandlungen und Apotheken) nicht in zu grossen Vorräthen und schütze es möglichst vor dem Zutritt der Luft und Unreinlichkeiten, begreife es auch möglichst wenig mit den Fingern, damit es immer frisch und empfindlich bleibe. Um damit das Kesselwasser zu probiren, öffne man einen wassergebenden Hahn des Wasserstandsapparates, lasse erst etwas Wasser kräftig wegblasen und mässige dann den Wasserstrahl durch theilweises Schliessen des Hahnes, damit man den Lackmuspapierstreifen dann benetzen kann. Tritt eine Blaufärbung desselben nicht mehr ein, so wiederhole man den Sodazusatz so oft, bis man die blaue Farbe bemerkt. Färbt sich dagegen das Papier dickblau, so verringere man den täglichen Sodazusatz. Nach kurzer Zeit lernt man die erforderliche tägliche Sodamenge kennen, so dass es genügt, etwa wöchentlich einmal mit Lackmuspapier zu prüfen. Die Soda löse man vorräthig auf und zwar 1 k calcinirte (wasserfreie) Soda auf 2 l heissen Wassers; die Mischung rühre man öfter um, bis alle Soda sich aufgelöst hat. Mehr als 1 l solcher Lösung bringe man nicht mit einem Male in den Kessel, da sonst das Wasser in demselben mehr oder weniger stark aufschäumt. Man schütte die Lösung auch nicht in den Brunnen oder in den Vorwärmer u. dgl., man befördere sie überhaupt nicht durch eine längere Speiseleitung in den Kessel, weil diese sonst verschlammt und sich allmählich verstopft. Nur bei Locomobilen, wo die Speisevorrichtungen unmittelbar am Kessel sitzen, kann man die Sodalösung einpumpen, aber auf öfteres Reinigen der Pumpen und der Ventile ist dann immer Rücksicht zu nehmen. Im Allgemeinen empfiehlt es sich, eine Einrichtung (Fig. 1), ähnlich wie bei den früheren Schmierapparaten der Cylinder und Schieberkasten, anzuwenden, welche aus einem Hahne mit aufgeschraubtem Rohr besteht, welches oben offen und mittels einer Kopfschraube nebst Griff verschliessbar ist. Der Hahn wird oben direct in die Kesselwand eingeschraubt und gegen Zurückdrehen gesichert. Beim Gebrauche schliesst man den Hahn, öffnet die Kopfsehraube, füllt von dort aus mittels eines Trichters die Sodalösung ein, verschliesst die Schraube wieder und öffnet den Hahn, worauf die Lösung in den Kessel hineinfliesst. Es empfiehlt sich, die Lösung heiss einzugiessen, weil sie in kaltem Zustande bei der Berührung mit Dampf ein starkes Knattern verursacht. Enthält das Speisewasser nur kohlensaure Mineralien, so ist der Sodaverbrauch sehr gering. Sind schwefelsaure Verbindungen (meist als Gyps) vorhanden, so kann für einen Kessel, je nach Umständen, täglich 0,5 bis 5 k Soda erforderlich werden. Textabbildung Bd. 299, S. 206 Fig. 1.Füllapparat. „Durch die Wirkung der Soda scheiden sich die Wasserrückstände nicht in steiniger, sondern in schlammiger Form aus, so dass ein grosser Theil derselben durch regelmässiges, theilweises Abblasen des Wassers aus dem Kessel (unter 3 aufgeführt) hinausgeschafft wird. Das Abblasen nehme man nicht nach einer Betriebspause, sondern bei lebhaftem Betriebe vor, damit der Schlamm möglichst gründlich aufgerührt ist und wirklich mit abfliessen kann. Auch überzeuge man sich an der Mündung des Abblaserohres, dass während der ganzen Zeit des Abblasens auch wirklich schlammiges und nicht etwa nur reines oder höchstens trübes Wasser ausströmt, denn in letzterem Falle hat das Ausblasen keinen Zweck. „Enthält der Kessel noch alten Kesselstein, so räume man den Kessel zu Anfang des Verfahrens (2- bis 6wöchentlich) aus, zumal wenn der Kessel Unterfeuerung hat, weil sich der alte Stein in grösseren Mengen löslösen, auf der Feuerplatte zusammenschieben und ein Durchbrennen derselben veranlassen könnte. „Aber auch wenn kein alter Kesselstein mehr vorhanden ist, muss der Kessel zeitweise (jährlich zwei- bis dreimal) geöffnet und ausgeräumt werden, da durch das Ausblasen nicht aller Schlamm aus dem Kessel entfernt werden kann. Beim Entleeren achte man darauf, dass der Kessel mit dem Wasser zusammen abkühlt, und sobald das Wasser vom Kessel herunter ist, lasse man denselben sofort ausräumen, weil dann aller an den Wandungen hängende Schlamm noch weich ist und leicht entfernt werden kann. Würde man das Wasser zuerst ablassen, und stände der leere Kessel noch einige Zeit innerhalb des heissen Mauerwerks, dann könnte der Schlamm hart werden, fest zusammen trocknen und backen und an den Wandungen fester anhaften. Ueber die Anwendbarkeit des Sodaverfahrens bei verschiedenen Beschaffenheiten von Speise wässern sei Folgendes als ungefährer Anhalt angeführt. Wenn ein Speisewasser in 100000 Gew.-Th. weniger als 50 Gew.-Th. Gesammtrückstände bei weniger als 10° Härte enthält, so kann es noch als ein gutes Speisewasser gelten, es macht sich dann kein besonderes Reinigungsverfahren erforderlich. Bei einer Härte des Wassers von 8° an lohnt es sich bereits, das vorstehend beschriebene Sodaverfahren anzuwenden. Bei einem Gesammtrückstand von über 100 Th. und einer Härte von über 15° sollte man ein Wasser nicht mehr zum Speisen der Kessel benutzen, ohne mindestens das hier beschriebene Verfahren gegen den Kesselstein in Anwendung zu bringen. Dieses Verfahren bleibt anwendbar bis zu einer Härte von ungefähr 30°, so lange der Gesammtrückstand 200 Th. in 100000 Th. Wasser nicht überschreitet. Bei höherem Gehalte des Wassers an Rückständen und härtebildenden Bestandtheilen werden zweckmässiger Weise solche Verfahren angewendet, bei welchen das Wasser vor der Einführung in die Kessel gereinigt wird. Welches von diesen Verfahren dann als das beste zu bezeichnen ist, das muss für jeden einzelnen Fall besonders erwogen werden. Kein Geheimmittel gegen Kesselstein ist wirksamer als Soda, alle aber sind viel theurer.“ Einen ebenfalls sehr bemerkenswerthen Beitrag zur Lösung der Kesselreinigungsfrage hat Ingenieur V. O. Keller in dem 7. Heft Bd. 24 des Gastechniker geliefert; wir lassen den Hauptinhalt hier folgen: Das Princip der chemischen Wasserreinigung hat die Bekämpfung des Kesselsteines, gegen welchen früher in höchst laienhafter, mitunter allen Regeln der Wissenschaft hohnsprechender Weise gearbeitet wurde, in ganz neue Bahnen gelenkt, ja man kann ohne Uebertreibung behaupten, dass der Kesselstein, soweit er in Bezug auf die Gefährdung des Kesselbetriebes eine Rolle spielt, von der Bildfläche verschwunden ist. Die verschiedenen bis jetzt bekannten Spielarten des Wasserreinigers, welchen Namen sie auch immerhin führen mögen, haben alle dasselbe Endresultat zum Zwecke, so dass der Unterschied in der Construction hier von geringem Interesse sein kann. In demselben Verhältnisse, als sich die Wasserreinigung im Kesselbetriebe mehr und mehr Eingang verschaffte, erhoben sich auch die Bedenken gegen dieses neue System. Während die meisten derselben, da sie hauptsächlich auf blossen Vermuthungen beruhten, mit der Zeit wieder verstummten, haben sich zwei Ausfälle gegen die Wasserreinigung, wenn auch ohne zufriedenstellende Begründung, mit einer gewissen Hartnäckigkeit behauptet. Einerseits wird dem Wasserreiniger zum Vorwurfe gemacht, dass er, wiewohl er die Steinbildner ausscheide, durch die eingebrachten Chemikalien (Kalkhydrat und Natriumcarbonat) das Kesselblech rascher dem Ruin zuführe, wodurch der Kessel über kurz oder lang betriebsuntüchtig werden müsse, während die zweite Einsprache sich lediglich gegen die Verwendung von nicht vorgewärmtem Wasser richtet. Nach dieser Ansicht ist die Temperatur, welche ein Brunnen-, Fluss- oder Leitungswasser für gewöhnlich besitzt, nicht hinreichend, um diejenige Menge von Kalk und Soda zu lösen, welche theoretisch zur Reinigung bezieh. Weichmachung des Rohwassers erforderlich ist. Was die erste Behauptung anbelangt, dass nämlich die Anwendung des Kalkes und der Soda von nachtheiligen Folgen für das Kesselblech begleitet sei, so möchte ich hier erwähnen, dass ursprünglich vorgeschlagen war, die Schwefelsäure des im Wasser vorhandenen und bei der Verdampfung desselben sich ausscheidenden, schwer löslichen schwefelsauren Kalkes durch Chlorbarium zu eliminiren, wobei die leicht löslichen Nitrate und Chloride des Kalkes und der Magnesia in Lösung bleiben. Damals hat man gefürchtet, dass das Chlorbarium das Kesselblech angreife, und eben deshalb hat man von der Anwendung desselben Abstand genommen und hierfür die Soda substituirt, deren Erforderniss gegen Chlorbarium aber ein höheres ist, da bei ihrer Anwendung zuerst die Nitrate und Chloride und erst in letzter Linie die Sulfate umgesetzt werden. Um zu untersuchen, wie weit die Verhältnisse in der Praxis mit den theoretischen Erörterungen im Einklänge stehen, habe ich folgende Versuche gemacht: In drei Gefässe, von denen eines mit einer Lösung von Soda, ein zweites mit Kalkhydrat und das dritte mit einer Mischung beider Lösungen gefüllt war, gab ich Stücke von Kesselblech, Nieten, Schrauben und Kupferplatten und liess diese Gefässe in einem geschlossenen Raume über ein Jahr stehen. Gewicht und Dimensionen der Kesselblechstücke und Kupferplatten waren vorher genau ermittelt und notirt worden. Ich will mir hier nicht verhehlen, dass die Verhältnisse bezüglich der Einwirkung der Chemikalien auf die Metalle, wie sie hier geschaffen waren, mit denjenigen, die im Dampfkessel herrschen, nicht ganz zusammentrafen, da hier nicht jene Temperatur wie bei der Verdampfung des Wassers vorhanden war. Um dies einigermaassen auszugleichen, habe ich die einzelnen Lösungen in möglichster Concentration hergestellt, und zwar in einem Verhältnisse, gegen welches die geringen Ueberschüsse an Kalk und Soda im gereinigten Wasser verschwindend sind. Ausserdem betrug die durchschnittliche Temperatur des Raumes immerhin 34 bis 38°, so dass die einzelnen Lösungen ziemlich rasch verdunsteten, und die Gefässe während der Versuchszeit vier- bis sechsmal nachgefüllt werden mussten. Dadurch waren die einzelnen Metallstücke stellenweise und durch längere Zeit von der Flüssigkeit nicht bedeckt und so den Einflüssen der atmosphärischen Luft ausgesetzt, was jedenfalls auch nicht zu ihrer Conservirung beigetragen hätte. Trotz dieser ungünstigen Verhältnisse hat die sorgfältige Untersuchung nach Ablauf eines Jahres ergeben, dass die einzelnen Versuchsobjecte sich in ganz genau demselben Zustande befanden, wie zu Beginn der Versuche. Dieselben zeigten weder die geringste Aenderung der Form oder des Gewichtes, noch waren sie irgendwie corrodirt oder oxydirt. Dass gleich den Eisenbestandtheilen auch die Kupferplatten völlig unverändert waren, ist bemerkenswerth, weil ja Kupfer bei Dampfkesseln vielfach verwendet wird, so z.B. bei Locomotivkesseln (Feuerbox, angestutzte Heizrohre) und insbesondere zur Herstellung der feinen Armatur der Kessel, welche seltener aus reinem Kupfer, meistens aber aus Legirungen desselben (Messing u.s.w.) verfertigt wird. Wenn wir die zweite Befürchtung, welcher die Temperaturfrage als Leitmotiv zu Grunde liegt, widerlegen wollen, so müssen wir uns vor allem über einen wesentlichen Punkt Klarheit verschaffen: welche durchschnittliche Temperatur besitzt das Wasser beim Passiren des Apparates, also zur Zeit der chemischen Reinigung? – Da bisher genaue Untersuchungen hierüber nicht vorlagen, so habe ich mich der Aufgabe unterzogen, die Temperatur des Wassers genauestens zu controliren und die Durchschnittswerthe für 6 Monate zu ermitteln. Gleichzeitig wurde die Temperatur der Luft im Raume, wo der Wasserreiniger aufgestellt war, und ebenso die Lufttemperatur im Freien beobachtet und die entsprechenden Mittelwerthe berechnet. Die Beobachtungen wurden begonnen am 1. Juli 1893 und beendet am 31. December desselben Jahres; in diesem Jahre waren im Monate Juli die höchsten, im Monate December die niedersten Temperaturen zu verzeichnen. Textabbildung Bd. 299, S. 208 Fig. 2.Temperatur des Wassers im Raume im Freien. Wenn wir – wie aus Fig. 2 ersichtlich ist – die so erhaltenen Werthe in ein Coordinatensystem eintragen, in der Weise, dass wir die Monate als Abscissen, die Temperaturmittelwerthe als Ordinaten auftragen, so erhalten wir drei Curven, welche die oben erwähnten Beobachtungen graphisch zum Ausdrucke bringen. Ein Blick auf das Diagramm führt uns zu folgenden Betrachtungen: Während die Curve der Lufttemperatur mit einem Durchschnittsmaximum von 17,11° beginnt, um dann ziemlich steil gegen die Horizontalachse bis auf ein immerhin noch positives Minimum von 0,12° abzufallen, bemerken wir, dass die Curve der Lufttemperatur im Raume, wo der Wasserreiniger aufgestellt war, nicht in demselben Maasse herabgeht, wie die erstere Curve, sondern dass die Differenz der Ordinatenwerthe beider Curven immer grösser wird. Es wäre überflüssig, erst zu constatiren, dass ein geschlossener Raum gegen die Aussentemperatur schützt, dies liegt auch durchaus nicht in meiner Absicht; die Curve soll nur in anschaulicher Weise zur Geltung bringen, in welchem Grade ein geschlossener Raum der Herabminderung der Temperatur entgegenwirkt. In unseren Gegenden wird es. ja kaum Jemandem einfallen, einen Wasserreinigungsapparat im Freien aufzustellen. Sollte aus irgend welchem Grunde doch dieser Fall einmal eintreten, so wird der Betreffende, von dem diese Anordnung ausgegangen ist, beim ersten strengen Winter Gelegenheit haben, mit grossem Missvergnügen die Unzweckmässigkeit dieser Disposition einzusehen. Die dritte Curve, die eben die Mittelwerthe der Temperaturen erkennen lässt, welche das zu reinigende Wasser während der Beobachtungsperiode im Durchschnitte besass, ist diejenige, die uns am meisten interessirt. Dieselbe besitzt zu Anfang den niedersten und gegen Ende den höchsten Werth im Vergleich mit den beiden anderen Curven. Sie beginnt bei 14,97° und variirt nur äusserst wenig (zwischen 13,87° und 14,97°), so dass sie als ziemlich constant bezeichnet werden kann. Der Mittelwerth aus sämmtlichen Beobachtungen während der 6 Monate beträgt 14,45°. Das Löslichkeitsverhältniss des Kalkes wird von Roscoe und Schorlemmer wie folgt angegeben: Bei 15,6° lösen 100 Th. Wasser 0,1368 Th. Ca(OH)2 100° 100 0,0752 Wir sehen also, dass die Löslichkeit bei 15,6° am grössten ist und mit zunehmender Temperatur gerade abnimmt. Aehnlichen, wenn auch etwas verschiedenen Verhältnissen begegnen wir bei der Soda, deren Löslichkeit bei verschiedenen Temperaturen aus folgendem, von Mulder aufgestelltem Löslichkeitsschema ersichtlich ist: 100 Th. Wasser lösen bei 10° 20° 30° 32,5° 80° 95° 105° Na2CO3 7,1 12,6 21,4 38,1 59 46,1 45,5 45,1 Th. Aus diesem Schema entnehmen wir, dass die Löslichkeit der Soda mit ansteigender Temperatur zunimmt, bei 32,5° ihren Maximal werth erreicht und von hier an mit weiter zunehmender Temperatur ebenfalls abnimmt. Um nun eine Beziehung zwischen dem Ebengesagten und der letzterwähnten Curve herzustellen, wollen wir die Analyse des Wassers, welches der in Rede stehende Apparat zu reinigen hatte, ins Auge fassen. In 1 l sind enthalten: Aequivalentkohlens. KalkCO3Ca Chlornatrium 21,7 mg Chlorkalium 13,8 mg ChlorcalciumSalpetersaurer KalkSchwefelsaure MagnesiaKieselsaure          „ 4,6 mg119,4 mg4,6 mg14,2 mg 4,287,83,812,3 108,1 mg CO3Caentsprechend10,8° permanenterHärte. Kohlensaure         „Kohlensaurer KalkFreie Kohlensäure 70,3 mg170,0 mg72,7 mg 83,7170,0165,0 418,7 mg CO3Ca. Rückstand im Ganzen 640,0 mg Derselbe geglüht 320,0 mg Gesammthärte des Wassers 36,2 franz. Härtegrade Permanente Härte des Wassers 10,8    „            „ Zur Entfernung des im Rohwasser enthaltenen doppelsauren Kalkes, der doppelkohlensauren Magnesia, sowie der an Säuren (hauptsächlich Schwefelsäure) gebundenen Kalk- und Magnesiumverbindungen, deren Ausscheidung bekanntlich nach den Formeln: \mbox{Ca}=\left\{ {{\mbox{HCO}_3}\atop{\mbox{HCO}_3}} \right+\mbox{Ca}\left\{ {{\mbox{OH}}\atop{\mbox{OH}}} \right=2\,(\mbox{CaCO}_3)+2\,(\mbox{H}_2\mbox{O}) . . . . 1) \mbox{Mg}=\left\{ {{\mbox{HCO}_3}\atop{\mbox{HCO}_3}} \right+\left {{\mbox{Ca}\{{{\mbox{OH}}\atop{\mbox{OH}}}}\atop{\mbox{Ca}\{{{\mbox{OH}}\atop{\mbox{OH}}}}} \right=2\,(\mbox{CaCO}_3)+\mbox{Mg}\left\{ {{\mbox{OH}}\atop{\mbox{OH}}} \right+2\,(\mbox{H}_2\mbox{O}) 2) \mbox{CaSO}_4+\mbox{Na}_2\mbox{CO}_3=\mbox{CaCO}_3+\mbox{Na}_2\mbox{SO}_4 . . . . . . . 3) vor sich geht, berechnet sich das erforderliche Quantam an Natriumcarbonat aus der permanenten Härte des Wassers, während die nothwendige Menge des Kalkes von dem Gehalte an halbgebundener und freier Kohlensäure abhängig ist. Da die Analyse des Wassers eine permanente Härte von 10,8 franz. Härtegraden angibt, was einem Gehalte von 108,1 mg äquivalentem kohlensauren Kalk entspricht und da ferner 100 Th. kohlensaurer Kalk 106 Th. Soda zur chemischen Verbindung erfordern, also auf 1° franz. Härte = 10 mg kohlensaurer Kalk 10,6 mg Soda zu rechnen sind, so benöthigen wir hier für 1 l Wasser 10,8 × 10,6 = 115 mg Soda. Aus der Analyse ersehen wir ferner, dass die Menge der freien Kohlensäure und ihrer Verbindungen auf kohlensauren Kalk umgerechnet 418,7 mg beträgt. In 100 Th. kohlensaurem Kalk sind 44 Th. Kohlensäure enthalten, daher in 418,7 mg = 484 mg CO2. Um nun 44 Th. Kohlensäure an Kalk zu binden, brauchen wir 56 Th. Aetzkalk (CaO), daher für 184 mg Kohlensäure \frac{184\,\times\,56}{44}=234 reinen Aetzkalk, entsprechend 312 mg 75procentigem Kalk. Wie bereits früher angegeben, beträgt der Mittelwerth der Wassertemperatur 14,45°, liegt also nahe bei 15°. Aus den Löslichkeitstabellen entnehmen wir, dass bei 15,6° 100 Th. Wasser 0,1368 Th. Kalk lösen, daher 1 l = 1000 Raumtheile 1,368 Raumtheile Kalk zu lösen im Stande ist. Ebenso sehen wir, dass 1000 Th. Wasser schon bei 10° 126 Th. Soda lösen. Um unser Wasser zu reinigen, müssen auf 1 l 312 mg Kalk und 115 mg Soda gelöst werden. Da die Löslichkeitstabelle Raumtheile anführt, so müssten die in Gewichtstheilen (mg) angegebenen Mengen des Kalkes und der Soda unter Berücksichtigung des specifischen Gewichtes auf Raumtheile umgerechnet werden. Ich will diese Umrechnung gar nicht erst vornehmen, da sie zu selbstverständlich ist, andererseits sehen wir aus der Tabelle, dass bei der oben erwähnten Temperatur die Löslichkeit des Kalkes und der Soda schon in Raumtheilen ausgedrückt eine vielfach höhere ist, als für unsere Zwecke erforderlich erscheint. Ich will hier gänzlich davon absehen, welchen Einfluss ein vorgewärmtes Wasser auf die Verdampfung hat und welcher calorische Effect daraus resultiren kann, ich constatire hier nur, dass die Temperatur, welche das zu reinigende Wasser im Apparate durchschnittlich besitzt, vollkommen hinreichend ist, um die nöthigen Mengen an Kalk und Soda zu lösen, welche irgend ein Speisewasser zu seiner Reinigung bezieh. Weichmachung erfordert, was eben zu beweisen war. Wie wir früher gesehen, wäre – speciell beim Kalk – eine bedeutend höhere Temperatur einem günstigen Reinigungsresultate direct abträglich. Während die relativ hohe Löslichkeit der Soda es mit sich bringt, dass dieselbe dem Rohwasser vollkommen gleichmässig zugeführt werden kann, liegen die Verhältnisse beim Kalk weit ungünstiger. Da einerseits der Kalk im Wasser nur schwer und langsam löslich ist, andererseits aber die Durchgangsgeschwindigkeit des Wassers oft eine beträchtliche ist, so bleibt es meistens dem Zufalle überlassen, ob die zur Reinigung eines gewissen Wasserquantums nöthige Menge gelöst wird oder nicht. An diesem Uebelstande leiden die meisten der bisher construirten Wasserreiniger, indem bei ihnen eine grössere Portion Aetzkalk auf einmal abgelöscht und das so gebildete Calciumhydroxyd in einen sogen. Kalksaturateur geleitet wird, um sich von hier aus dem Rohwasser zuzumischen, wobei es sich leicht ereignen kann, dass einmal zu viel, ein anderes Mal wieder zu wenig Kalkhydrat in das Rohwasser gelangt. Diesem Uebelstande hat Dr. Karl Schierholz in Wien in einer ebenso einfachen als sinnreichen Weise durch die Construction eines Apparates abgeholfen, welcher dem Rohwasser den Kalk in kleineren Partien continuirlich und automatisch zuführt. Dieser Apparat besteht der Hauptsache nach aus einem Rohre, welches um eine wagerechte Achse drehbar ist und in seiner Ruhelage unter einem Winkel von beiläufig 30° gegen die Horizontale geneigt ist. Ueber seinem nach oben gerichteten offenen Ende mündet eine Abzweigung des Hauptrohres, welches den Zufluss des Rohwassers zum Wasserreinigungsapparate vermittelt. Durch diese Abzweigung, in welche ein Hahn zur Regulirung der Ausflussmenge eingeschaltet ist, wird das Rohr mit Wasser gefüllt, und zwar ist der Drehpunkt so gewählt, dass das Rohr, wenn es bis zu einer gewissen Höhe mit Wasser gefüllt ist, zum Kippen gebracht wird, während ein aufgeschobenes Gegengewicht ihm einen Impuls zur nachherigen Elevation ertheilt. In starrer Verbindung mit der Drehachse befindet sich ein Rechen, der in ein darunter angebrachtes Gefäss, welches Kalkmilch enthält, eintaucht und dieselbe bei jedesmaligem Niedergange und darauffolgender Erhebung des Kipprohres aufrührt. Das Kipprohr, die Drehachse und der Rührer sind zu einander senkrecht, so dass ihre Anordnung an die drei Orthogonalachsen eines Raumcoordinatensystemes erinnert. An dem Kipprohre finden wir noch eine kurze Stange gelenkig befestigt, die an ihrem unteren Ende eine wagerechte, kreisförmige Scheibe trägt und die dazu dient, ein gewisses Quantum Kalkhydrat zu schöpfen, sowie ein cylindrisches, unten zugespitztes Pendel. Die Anordnung ist eine derartige, dass beim Kippen des Rohres der Schöpfer in die Kalkmilch sinkt, während das Pendel knapp an der Aussenwand des Kalkgefässes niedergeht und in das Rohwasser eintaucht. Bei der Erhebung gehen beide nach aufwärts; dabei berührt das Pendel die kreisförmige Scheibe, wodurch die auf derselben aufgespeicherte Menge Kalkhydrat an dem Pendel abläuft. Zu besserem Verständnisse dieses Vorganges erinnere ich an eine sehr bekannte Erscheinung. Neigt man ein mit Wasser oder irgend einer Flüssigkeit gefülltes Gefäss in der Weise, dass die Flüssigkeit bis zum Rande tritt, und hält man dann an das Gefäss einen Glasstab, so wird die Flüssigkeit an diesem herablaufen. Auf diesem Principe beruht der oben geschilderte Vorgang. Beim nächsten Kippen des Rohres wird der Schöpfer wieder in die Kalkmilch gelangen, während das Pendel in das Rohwasser eintaucht, wobei die geringe, ihm etwa noch anhaftende Kalkmenge abgespült wird. Setzen wir als bekannt voraus: die zur Weichmachung des Wassers nöthige Menge Kalk für 1 cbm, die stündliche Leistung des Wasserreinigers bezieh. die Durchgangsgeschwindigkeit des Wassers und endlich die mit einem Hub herausbeförderte Menge Kalkhydrates, so sind wir mit Hilfe des Regulirhahnes in der Lage, genau die Anzahl der nöthigen Hübe zu fixiren, um dem Rohwasser die erforderliche Kalkmenge zuzuführen. In Ansehung des Umstandes, dass der richtige Zusatz der Chemikalien die Grundbedingung für die Wirkungsweise des Wasserreinigers bilde, geben einzelne Fabrikanten bei der Lieferung ihrer Wasserreiniger einen Reagenzapparat mit, um die Richtigkeit der Zusätze täglich controliren zu können. Ich habe bereits seinerzeit nachgewiesen, dass der wissenschaftliche Werth dieser Reagenzapparate ein überaus bescheidener sei und dass dieselben ohne Schaden für den Betrieb auch wegbleiben könnten, da ihre Anzeigen durchaus keinen Anspruch auf Verlässlichkeit erheben können. Das einzig Richtige wäre es, das gereinigte Wasser jedesmal der Analyse zu unterwerfen, wollte man vollkommen sicher sein, ob der Kalk und die Soda genau im vorgeschriebenen Verhältnisse zugesetzt sind. Diese Methode der Controle dürfte kaum irgendwo Eingang finden, da der Betriebsbeamte, selbst wenn er von Hause aus Chemiker wäre, meistens anderes zu thun hat, als sich dieser, wenn auch nicht schwierigen, so doch immerhin zeitraubenden Aufgabe zu unterziehen. Ich kann hier ruhig die Erklärung abgeben, dass diese Mühe ganz überflüssig wäre; in der Regel verwendet man doch stets dasselbe Wasser, dessen Zusammensetzung sich im Laufe der Zeit vielleicht um ein Geringes, keinesfalls aber beträchtlich ändern wird. Ist nun einmal auf Grund der chemischen Analyse das nöthige Quantum des Kalkhydrates und Natriumcarbonates ermittelt, so ist gar nicht einzusehen, warum der Wasserreiniger nicht correct functioniren sollte. Ein geringer Mangel an Kalk oder Soda, ebenso wie ein unbedeutender Ueberschuss beider, spielen in der Praxis keine Rolle; bedeutende Verstösse in einer oder der anderen Richtung bezieh. deren Folgen, die übrigens nur von grober Nachlässigkeit herrühren können, werden sich, wenn der Kessel nach einer gewissen Zeit abgestellt und revidirt wird, der Entdeckung nicht entziehen können. Bedeutender Mangel an Kalk oder Soda beeinträchtigt die Wirkung des Wasserreinigers; die nothwendige Folge wird Kesselstein sein, der sich im Kessel vorfindet und wohl leicht genug zu erkennen ist. Ein grosser Ueberschuss von Kalk wird im Dampfkessel einen namhaften Rückstand hinterlassen, der zwar nicht Kesselstein, aber auch nicht viel besser ist. Noch leichter ist ein bedeutender Ueberschuss von Soda schon während des Betriebes an dem ächzenden und knirschenden Geräusch in den Cylindern der Dampfmaschinen, sowie an dem überraschenden Mehrverbrauch von Schmieröl zu erkennen. Diese Erscheinung ist leicht zu erklären. Enthält das Wasser im Dampfkessel bedeutende Quantitäten Soda gelöst, so gelangt die Soda mit dem Wasser, welches durch den Dampf mit übergerissen wird, in den Cylinder der Dampfmaschine, wo sie mit den Fettsäuren des Schmieröles eine Verseifung eingeht, wodurch die auf der Viscosität des Schmieröles beruhende Wirkung desselben illusorisch gemacht wird, ja in extremen Fällen sogar die Maschine gefährdet werden kann. Zum Schlusse sei hier noch der Kostenpunkt erwähnt. Rechnen wir, den gegenwärtigen Verhältnissen entsprechend, den Kalk zu 1,25 fl. für 100 k, ferner 100 k Soda zu 9 fl., nehmen wir für den Wasserreinigungsapparat eine 5procentige Amortisationsquote und einen den äusserst geringfügigen Erhaltungskosten entsprechenden Betrag, so stellen sich die Kosten der Wasserreinigung für 1 cbm Wasser wie folgt: Kosten des Kalkes und der Soda 1,38 kr. Amortisation und Erhaltungskosten 0,92 kr. –––––– Totale Kosten für 1 cbm gereinigten Wassers 2,30 kr. Die Betriebskosten sind, wie ersichtlich, in Anbetracht der Vortheile, die die Wasserreinigung bietet, nicht bedeutend, ausserdem richten sich dieselben stets nach der Zusammensetzung des zu verwendenden Speisewassers und unterliegen daher für verschiedene Verhältnisse erheblichen Fluctuationen. Ich will aber damit durchaus nicht gesagt haben, dass überall dort, wo Dampfkessel im Betriebe sind, auch ein Wasserreiniger unumgänglich nothwendig wäre. Hat man mit einem sehr weichen Wasser zu arbeiten, bei welchem die fallweise Reinigung des Kessels mühelos und daher auch mit geringen Kosten zu bewerkstelligen ist, so wäre es nicht ökonomisch, einen Wasserreiniger zu benutzen. Es wäre daher vor der Activirung einer Wasserreinigungsanlage eine Parallele zwischen den Betriebs- bezieh. Erhaltungskosten mit und ohne Wasserreinigung zu ziehen, und vom Ergebnisse des kaufmännischen Calculs mag es abhängen, ob die Aufstellung eines Wasserreinigungsapparates zu empfehlen sei oder nicht. (Schluss folgt.)