Titel: Lanolinum anhydricum, Adeps lanae und Wollfett, zugleich eine Kritik der Arbeiten von Lifschütz.
Autor: v. Cochenhausen
Fundstelle: Band 299, Jahrgang 1896, S. 256
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Lanolinum anhydricum, Adeps lanae und Wollfett, zugleich eine Kritik der Arbeiten von Lifschütz. Von Prof. Dr. v. Cochenhausen in Chemnitz. (Schluss von S. 233 d. Bd.) Lanolinum anhydricum, Adeps lanae und Wollfett, zugleich eine Kritik der Arbeiten von Lifschütz. Um Verwechselungen vorzubeugen, soll zunächst kurz erklärt werden, was hier unter Wollfett, gereinigtem Wollfett, Wollschweiss u.s.w. gemeint ist. Unter Wollfett kann man den sogen. Wollschweiss, welcher in wechselnden Mengen, 30 bis 70 Proc. des Rohwollengewichtes, als Secret des Wollhaares oder der ihm zugehörigen Organe das Haar als fettartige Masse überzieht und vor der Verarbeitung der Wolle entfernt werden muss, oder das gewöhnliche Handelswollfett verstehen, welches bei der Aufbereitung der beim Waschen der Rohwollen mittels Waschmittel, gewöhnlich Seife, erhaltenen Waschwässer gewonnen wird. Die Entfernung des Wollschweisses von der Rohwolle erfolgt nach zwei verschiedenen Methoden. Bei der einen, der sogen. Extractionsmethode, wird die Wolle mit Flüssigkeiten, welche Fette und fettartige Körper wirklich auflösen können, behandelt; durch Verdampfen der Lösungsmittel wird alsdann der Wollschweiss gewonnen. Bei den Waschmethoden, welche gewöhnlich angewendet werden, unterwirft man die Wolle zunächst dem sogen. Einweichprocess, welcher darin besteht, dass die Wolle mit lauwarmem Wasser behandelt wird. Dieser Process wird mit den sogen. Schweisswollen, d.h. denjenigen Wollen, welche nicht die Rückenwäsche auf dem lebenden Schafe durchgemacht haben, vorgenommen. Für die Wollen, welche bereits auf dem lebenden Schafe mit Wasser gewaschen worden sind, ist der Einweichprocess nicht nöthig. Die in den Secreten des Wollhaares befindlichen Kalisalze organischer Säuren sind in Wasser löslich und besitzen ebenso wie Seife die Fähigkeit, Fette und fettartige Stoffe in Emulsion zu verwandeln, so dass schon durch die blosse Behandlung mit Wasser ein Theil des Wollschweisses von der Wolle entfernt wird. Diese Wässer, die Weichwässer, werden eingedampft und aus dem verbleibenden Rückstande wird nach dem Verbrennen der organischen Stoffe Potasche gewonnen. Die eingeweichten Wollen werden nun erst mit Wasser unter Zusatz von Seife (in seltenen Fällen anderer Waschmittel) und zuweilen auch Soda behandelt; aus den hierbei erhaltenen Waschwässern wird durch Zusatz von Säure und Auspressen des entstandenen Niederschlages das Handelswollfett gewonnen. Da der ausgepresste Rückstand noch 20 bis 30 Proc. Fett enthält, so wird er zuweilen noch mit Petroleumäther extrahirt. Das hierbei gewonnene Fett wird für sich allein oder gemischt mit dem ausgepressten in den Handel gebracht. Dieses Wollfett enthält also die durch den Einweichprocess oder die Rückenwäsche entfernten Bestandtheile des Wollschweisses nicht, dafür jedoch Stoffe, welche aus den angewendeten Waschmitteln stammen, und zwar bei Anwendung von Seife Fettsäuren. Demnach muss der Wollschweiss eine andere Zusammensetzung haben als das Wollfett des Handels, welches stets sehr grosse Mengen von Seifenfettsäuren enthält. Die ganze Art und Weise der Darstellung des Handelswollfettes lässt aber auch ferner noch erwarten, dass jedes aus ihm dargestellte Präparat eine andere Zusammensetzung haben muss als ein solches, welches aus Wollschweiss gewonnen wurde. Denn die durch den Einweichprocess entfernten Bestandtheile werden in jedem Präparat fehlen, welches direct aus den Wollwaschwässern oder aus dem Handelswollfette dargestellt worden ist. Die Wollfettpräparate sind also nicht nur je nach der Wahl des verwendeten Rohmaterials, Wollschweiss oder Handels wollfett oder Wollwaschwasser, sondern auch je nach dem Grade der Reinigung, welche sich nach der beabsichtigten Verwendungsart richtet, verschieden zusammengesetzt. Ein Präparat, welches für medicinische Salben und kosmetische Mittel dienen soll, wird nicht nur befreit sein müssen von den zufälligen Verunreinigungen, Erde, Pflanzentheilen, Kothbestandtheilen, Wollfasern, sondern auch von den Färb- und Riechstoffen und allen freien Fettsäuren, während ein für den Zusatz zu Seifen bestimmtes Fett von den freien Fettsäuren nicht frei zu sein braucht. Aus diesem Grunde ist von der Untersuchung des gereinigten Wollfettes des Handels abgesehen und nur seine wahrscheinliche Zusammensetzung aus der Zusammensetzung des Wollschweisses und des Handelswollfettes berechnet worden. Die ersten Angaben, welche einen Schluss auf die quantitative Zusammensetzung der Handelsproducte ermöglichten, sind von Herbig und mir in dieser Zeitschrift1894 292 42, 66, 91, 112. gemacht worden. Dort sind auch die Gründe angegeben worden, warum alle früheren Arbeiten hierüber als unwesentlich oder ungenau erklärt werden müssen. Ueber das Lanolin und das Adeps lanae existiren nur wenige Angaben, welche nur die unter den verschiedensten Bedingungen ermittelte Verseifungszahl berücksichtigen. Die grosse Verschiedenheit dieser Werthe ist wohl nicht nur der Verschiedenheit der untersuchten Materialien, sondern auch der in Anwendung gebrachten Verseifungsart zuzuschreiben. Was den vermeintlichen Chlorgehalt betrifft, welcher die Anstellung einer grossen Menge von Chlorbestimmungen veranlasst hat, so verweise ich nur auf einige diese Frage berührende ArbeitenDer Seifenfabrikant, 1894 S. 281 und 312; Chem. Zeitung, 1894 I S. 640; Pharm. Zeitung, Bd. 40 S. 69., weil die Spur von Chlor, welche in den durch Grossbetrieb hergestellten Präparaten mit vieler Mühe constatirt worden ist, in Rücksicht auf den chemischen Charakter der Stoffe ohne den geringsten Einfluss ist. Mente und GraffChemisches Centralblatt, 1893 S. 963. erhitzten 2 g Fett mit 20 cc 1/1-normaler alkoholischer Kalilauge am Rückflusskühler und fanden die Verseifungszahl für Adeps lanae im August 1892 97,0, September 1892 94,0, November 1892 95,3, Januar 1893 96,3, März 1893 95,9; für Lanolinum anhydricum (Martinikenfelde), bezogen 1892 aus England, 92,0, 1889 aus Leipzig 89,8, 1891 90,1, 1889 aus Wien 94,0. KleinschmidtPharm. Bundschau, 1887 S. 150. (ohne Angaben über die Ausführung der Verseifung) fand die Verseifungszahl für Lanolin 53,7 und für Lanolinum purissimum 41,9; die Proben werden wohl stark wasserhaltig gewesen sein. Helbing und PassmorePharm. Zeitung, Bd. 37 S. 704 und 712, Bd. 38 S. 150. verseiften 2 g Fett mit 8 cc 2/1-normaler alkoholischer Kalilauge in starker, verschlossener Flasche 2 Stunden lang bei 100° C. und fanden die Verseifungszahl für Adeps lanae im J. 1892 99,4, 99,3, 95,3, 93,2, im J. 1893 87,8, 85,3, 84,8, für Lanolinum anhydricum 83,4, 85,4. KupfenderPharm. Zeitung, 1895 S. 69. erhitzte 2 g Fett im Erlenmeyer'schen Kölbchen mit Glasstöpselaufsatz mit 25 cc ½-normaler alkoholischer Kalilauge ½ Stunde lang im Wasserbade und fand die Verseifungszahl für Adeps lanae 70 oder nach Abzug der Säurezahl der freien Fettsäuren 69,56, für Lanolinum anhydricum 60 oder nach Abzug der Säurezahl der freien Fettsäuren 59,04. Ausser Adeps lanae und Lanolinum anhydricum wurden noch drei Wollfettpräparate untersucht, welche aus frischem Wollwaschwasser im Laboratorium von mir dargestellt worden sind mit Benutzung des D. R. P. Nr. 38444, welches nach Ausweis der Patentrolle am 15. Januar 1890 an Benno Jaffé und Darmstädter in Martinikenfelde übergegangen ist. Die vollkommene Unlöslichkeit der Kalksalze der Fettsäuren in reinem, säurefreiem Aceton gestattete in vorzüglicher Weise die Trennung der freien Fettsäuren von den Cholesterinen und den Estern des Wollschweisses. Eine grössere Menge Wollwaschwasser (von australischer Wolle) wurde mit einer Lösung von Chlorcalcium gefällt; der entstandene Niederschlag, welcher aus den Kalksalzen der Seifenfettsäuren und der freien Fettsäuren des Wollschweisses, sowie aus den freien Alkoholen und den Estern des Wollschweisses bestand, wurde abfiltrirt und in einem grossen, dem Soxhlet'schen Apparate ähnlichen Extractionsapparat mit reinem, säurefreiem Aceton extrahirt. Die Extraction wurde so lange fortgesetzt, bis das Aceton nichts mehr auflöste. Der verbleibende Rückstand erwies sich als frei von Alkoholen und Estern und bestand nur aus fettsaurem Kalk und Schmutzbestandtheilen der Rohwolle. Es wurden hierbei drei Acetonlösungen erhalten, von denen die eine die leicht löslichen, die zweite die schwerer löslichen und die dritte, zuletzt erhaltene die am schwersten löslichen Antheile enthielt. Diese drei Lösungen wurden getrennt von einander durch Destillation von dem Aceton befreit und hierauf mehrere Mal mit kochendem Wasser behandelt, um die letzten Reste des Acetons vollständig zu entfernen. Das leicht lösliche Product, etwa 70 Proc. der gewonnenen Wollfettmenge, soll als Wollfett I, das schwerer lösliche, etwa 20 Proc. als Wollfett II, das am schwersten lösliche, etwa 10 Proc. als Wollfett III bezeichnet werden. Wollfett I hatte dieselbe schwach gelbliche Farbe und dieselbe Consistenz wie das Adeps lanae und das Lanolinum anhydricum und unterschied sich überhaupt seinem Aussehen nach in nichts und seinem chemischen Charakter nach, wie sich später zeigen wird, nur sehr wenig von diesen beiden Körpern. Das Wollfett II war etwas dunkler gefärbt und sehr viel consistenter, zäher und klebender als das Fett I. Das Wollfett III war bei gewöhnlicher Temperatur hart und fest wie Bienenwachs und konnte zwischen den Fingern wie dieses geknetet werden, ohne dabei zu schmelzen. Diese Producte, nämlich zwei aus verschiedenen Quellen bezogene Proben Adeps lanae I und II, das Lanolinum anhydricum des Handels und die drei von mir dargestellten Fette, Wollfett I, II und III, wurden in folgender Weise untersucht: 1) Bestimmung der Säurezahl, d.h. derjenigen Mengen von Kali, KOH, welche 1000 Th. des in Aether gelösten Fettes zum Neutralisiren bei gewöhnlicher Temperatur brauchen. Indicator war bei allen Versuchen Phenolphtaleïn. 2) Bestimmung der Verseifungszahl, d.h. derjenigen Mengen von Kali, KOH, welche für die Verseifung der leicht verseifbaren Ester nöthig sind, und zwar a) durch 1stündiges Kochen mit ½-normaler alkoholischer Kalilauge am Rückflusskühler; b) nach dem Verfahren von Henriques.Zeitschrift für angewandte Chemie, 1895 S. 721. Das Fett wurde in Petroleumäther, Siedepunkt 100 bis 150°, gelöst, mit 25 cc 1/1-normaler alkoholischer Natronlauge versetzt und 24 Stunden lang bei gewöhnlicher Temperatur unter öfterem Umschütteln stehen gelassen. Der Ueberschuss an Natronlauge wurde mit ½-normaler Salzsäure zurückgemessen. Es wurde Natronlauge verwendet, weil diese von Henriques vorgeschrieben ist. Die verbrauchten Mengen Natron sind in dem Untersuchungsresultate auf äquivalente Mengen Kali umgerechnet worden. Es wurde oft umgeschüttelt, weil ohne diese Maassnahme die Resultate niedriger ausfielen und wenig Uebereinstimmung zeigten. 3) Bestimmung der Mengen von Kali, KOH, welche für die Verseifung mit 2/1-normaler alkoholischer Kalilauge im geschlossenen Kupferrohr bei 105 bis 110° C. nöthig sind. Alle Versuche wurden durch blinde Versuche controlirt, um unter den jedesmaligen Bedingungen die Einwirkung des Kalis auf das Glas, das Kupfer und den Alkohol zu bestimmen. Die hierdurch beim Zurücktitriren des Kalis sich geltend machenden Fehler waren äusserst gering, wurden jedoch bei der Berechnung stets berücksichtigt. Es wurden nur vollkommen farblose Laugen verwendet; die Farblosigkeit erhielt sich bei ½-normaler Kalilauge und 1/1-normaler Natronlauge während der ganzen Dauer dieser Versuche, länger als 4 Wochen. Die 2/1-normale Kalilauge wurde stets nach 2 Tagen frisch bereitet. 4) Das Product, welches bei der Verseifung mit ½-normaler alkoholischer Kalilauge erhalten war, wurde mit Chlorcalcium versetzt, der Niederschlag abfiltrirt, ausgewaschen, getrocknet und mit Aceton extrahirt. Es wurde genau nach der von HerbigD. p. J. 1895 298 138. gegebenen Vorschrift verfahren. Durch das Aceton wurden die unverseiften Stoffe, d.h. die ursprünglich vorhandenen freien Alkohole, die aus den leicht verseifbaren Estern entstandenen Alkohole und die schwer verseif baren Ester, extrahirt. Dieselben wurden nach Entfernung des Acetons gewogen und verbrannt; die hierbei gefundene Menge von Kalk war jedesmal äusserst gering, so dass hieraus die Brauchbarkeit des Verfahrens aufs deutlichste zu erkennen ist. Die Resultate sind in Tabelle III auf folgender Seite zusammengestellt. Ein Vergleich dieser Zahlenwerthe mit den Werthen, welche Herbig bei der Untersuchung des Wollschweisses verschiedener Provenienz und ich bei der Untersuchung von zwei Handels Wollfetten erhielten, zeigt eine wesentliche Verschiedenheit aller dieser Körper, namentlich aber geht daraus hervor, dass bei der Herstellung von Adeps lanae und Lanolinum anhydricum aus dem Wollschweiss, dem Handelswollfett oder aus Wollwaschwässern ausser Tabelle III. Textabbildung Bd. 299, S. 258 Bestimmung der Säurezahl; Bestimmung der Mengen von KOH, welche für die leicht verseifbaren Ester nöthig sind; Bestimmung der Mengen von KOH, welche zur vollständigen Verseifung bezieh. für die schwer verseifbaren Ester nöthig sind; Bestimmung der Verseifungszahl nach der Methode von Henriques ; Bestimmung der unverseiften Stoffe, d.h. Alkohole und schwer verseifbare Ester; Angewendetes Fett; Verbrauchtes KOH; Säurezahl; Angewendetes KOH; Fett brauchen KOH; überhaupt; nach Abzug der Säurezahl; für die schwer verseifbaren Ester; Verseifungszahl; Unverseifte Stoffe; Aschengehalt des Unverseiften; Adeps lanae; Mittel; Lanolin, anhydr.; Wollfett den Schmutzbestandtheilen und den Färb- und Riechstoffen wesentliche Bestandtheile des Wollschweisses abgeschieden werden. Die Zahlenwerthe können jedoch nicht ohne weiteres in Vergleich gezogen werden, da alle untersuchten Producte, besonders aber der Wollschweiss und das Handelswollfett wesentliche Mengen von freien Fettsäuren enthalten. Es sollen daher durch die folgende Rechnung zunächst die Zahlenwerthe ermittelt werden, welche den säurefreien Producten entsprechen. Der Einfluss dieser Rechnung zeigt sich am deutlichsten bei den Handelswollfetten 1 und 2, welche in Folge des grossen Gehaltes an freien Seifenfettsäuren eine sehr verschiedene Zusammensetzung haben, an der Uebereinstimmung der berechneten Werthe. Der besseren Uebersicht wegen stelle ich die Zahlenwerthe voraus, welche von Herbig früher für mehrere Arten von Wollschweiss und von mir für zwei Wollfette des Handels gefunden wurden. Die Resultate der Untersuchung des Handelswollfettes 2 sind noch nicht veröffentlicht worden. Wollschweiss aus: Für 1000 Th. Fettwerden KOH ver-braucht, und zwarvon den 100 Th. FettliefernAlkohole undschwer ver-seifbare Ester 100 Th. Fett enthaltenfreie Fettsäure Molekulargewicht derFettsäuren freien Fett-säuren leicht ver-seifbarenEstern schwer ver-seifbarenEstern nach D. p. J.Bd. 292 nach D. p. J.*Bd. 297 Neuseeland-Wolle 14,30 94,21   2,69 44,10 46,30 Australischer Wolle 15,53 87,60   9,57 44,78 48,41 Südamerikanischer    Wolle 13,22 78,28   7,63 44,73 48,41 Russischer Wolle 13,83 66,17 16,44 37,20 Handelswollfett 1 49,47 74,53 33,49 25,77 292           „              2 39,31 77,59 34,86 20,84 297 * Die Zahlen dieser Colonne sind bei der Rechnung zu Grunde gelegt. Geht man von der gewöhnlichen AnnahmeBenedikt, Analyse der Fette, II. Aufl. S. 124. aus, dass das qualitative Verhältniss der einzelnen Fettsäuren zu einander im Neutralfett dasselbe ist, wie in den freien Fettsäuren, und nimmt man als Molekulargewicht der flüchtigen Fettsäuren das der Capronsäure 116 (Säurezahl 483) an, so ergibt sich das mittlere Molekulargewicht der freien Fettsäuren des Wollschweisses durch folgende Betrachtung: Bei der Verseifung der leicht verseifbaren Ester entstanden aus: Handelswollfett 1 Handelswollfett 2 Procent Mole-kular-gewicht Säure-zahl Procent Mole-kular-gewicht Säure-zahl Flüchtige Fett-   säuren   2,20 116 483,0   1,46 116 483,0 Nichtflüchtige Fett-   säuren 39,74 348 160,8 43,30 342 163,8 Die Säurezahl eines Fettsäuregemisches kann, wenn die Mengen und die Säurezahlen der Einzelbestandtheile bekannt sind, berechnet werden. Dieselbe ist mit Benutzung der für Handelswollfett 1 gefundenen Werthe 2,20 . 483 + 39,74 . 160,8 = 41,94 . x; x = 177,7; mit Benutzung der für Handelswollfett 2 gefundenen Werthe 1,46 . 483 + 43,30 . 163,8 = 44,76 . x; x= 174,2. Demnach beträgt das mittlere Molekulargewicht der freien Fettsäuren des Wollschweisses nach Handelswollfett 1 315 und nach Handelswollfett 2 321. Demnach würden die von Herbig untersuchten Wollschweissorten freie Fettsäuren gehabt haben: Wollschweiss aus: Bei Annahme des Durchschnitts-Molekulargewichtes 315 321 D = 318 Proc. Proc. Proc. Neuseeland-Wolle 8,05 8,20 8,12 Australischer Wolle 8,74 8,90 8,82 Südamerikanischer Wolle 7,44 7,57 7,50 Russischer Wolle 7,78 7,92 7,85 Diese Zahlen differiren so wenig von einander, dass die Annahme eines Durchschnitts-Molekulargewichtes von 318 keinen Fehler zur Folge haben wird. Die Zusammensetzung des säurefreien Wollschweisses würde alsdann durch folgende Zahlenwerthe zum Ausdruck kommen: Wollschweiss aus: Für 1000 Th. Woll-schweiss werden KOHverbraucht von den 100 Th. Woll-schweiss liefernbei der Ver-seifung Alkoholeund schwer ver-seifbare Ester leicht ver-seifbarenEstern schwer ver-seifbarenEstern Proc. Neuseeland-Wolle 102,5   2,93 50,4 Australischer Wolle   96,1 10,49 53,1 Südamerikanischer Wolle   84,6   8,25 52,3 Russischer Wolle   71,8 17,84 40,4 Durch Anwendung derselben Berechnungsart wird man für die säurefreien Handelswollfette folgende Zahlenwerthe erhalten: Verseifungszahlder leicht ver-seifbaren Ester 100 Th. WollfettliefernUnverseifbares Proc. Handelswollfett 1 100,4 45,1            „             2   98,0 44,0 Da die jetzt von mir untersuchten Wollfettpräparate ebenfalls freie Fettsäuren enthalten, so müssen noch die Zahlenwerthe, welche diesen Präparaten im säurefreien Zustande entsprechen, berechnet werden. Diese Zahlenwerthe sind mit Benutzung der Molekulargewichte der in diesen Präparaten enthaltenen Fettsäuren, welche in Tabelle IV mit aufgenommen worden sind, berechnet worden. Zum Vergleich sind die für Wollschweiss und die beiden Handelswollfette berechneten Werthe hinzugefügt worden. Die Verschiedenheit der Werthe für Wollschweiss und die beiden Handelswollfette findet ihre Erklärung darin, dass die letzteren nicht alle Secrete der Schafwolle enthalten; denn durch den Einweichprocess wurde ein Theil derselben vor dem Waschen mit Seifenwasser entfernt. Wenn man mit Berücksichtigung der relativen Mengen, in welchen die von mir aus Wollwaschwasser dargestellten Wollfette I (70 Proc.), II (20 Proc.) und III (10 Proc.) erhalten worden sind, die Verseifungszahl der leicht verseifbaren Ester und die Menge des Unverseiften, d.h. der Tabelle IV. Textabbildung Bd. 299, S. 260 100 Th. ursprüngliches Fett enthalten freie Fettsäuren; 1000 Th. säurefreies Fett brauchen KOH zur Verseifung der leicht verseifbaren Ester, schwer verseifbaren Ester; 100 Th. säurefreies Fett enthalten Unverseifbares, d.h. Alkohole und schwer verseifbare Ester; Schmelzpunkt der Fette; Molekulargewicht der Fettsäuren der leicht verseifbaren Ester; Schmelzpunkt der Fettsäuren; 100 Th. Fett nehmen Wasser auf; Wollschweiss aus Neuseeland-Wolle; Wollschweiss aus australischer Wolle; Wollschweiss aus südamerikanischer Wolle; Wollschweiss aus russischer Wolle; Wollfett des Handels aus australischer Wolle; Wollfett des Handels aus australischer und südamerikanischer Wolle; Adeps lanae; Lanolinum anhydricum; Wollfett I, leicht löslich; Wollfett II, schwerer löslich; Wollfett III, schwer löslich Alkohole und der schwer verseifbaren Ester, für ein Gemenge dieser drei Wollfette berechnet, so erhält man 92,2 und 54,7. Diese Zahlen stimmen nur annähernd mit den Zahlen überein, welche für das aus australischer Wolle hergestellte Handelswollfett 1 gefunden sind. Dieses Handelswollfett und das verwendete Wollwaschwasser stammen zwar aus derselben Wäscherei; das letztere wurde jedoch 2 Jahre später bezogen, als das erstere. Die Werthe für das von mir dargestellte leicht lösliche Wollfett I stimmen fast überein mit den Werthen, welche für Adeps lanae und Lanolinum anhydricum gefunden wurden. Dasselbe ist auch der Fall bei den Durchschnitts-Molekulargewichten der aus diesen drei Fettarten gewonnenen Fettsäuren und deren Schmelzpunkten und für Adeps lanae und dem leicht löslichen Wollfett I auch bei den Schmelzpunkten der Fette und bei ihrer Fähigkeit, Wasser aufnehmen zu können. Einen grossen Unterschied zeigen jedoch die für Adeps lanae und Lanolinum anhydricum gefundenen Werthe gegenüber dem Handelswollfett und dem Wollschweiss. Die Mengen der leicht verseifbaren Ester sind bei ersteren kleiner, die der unverseiften Stoffe sind bedeutend grösser und die der schwer verseif baren Ester sind beim Adeps lanae geringer, während diese letzteren Stoffe beim Lanolinum anhydricum die gleichen sind. Es sind also wahrscheinlich bei der Gewinnung des Adeps lanae ein Theil der leicht verseifbaren Ester und fast alle schwer verseifbaren Ester entfernt worden, wodurch eine starke Vermehrung der relativen Mengen der freien Alkohole (Cholesterin und Isocholesterin) eingetreten ist, während bei der Herstellung des Lanolinum anhydricum ein Theil der leicht verseifbaren Ester und nur wenig schwer verseifbare Ester beseitigt wurden, wobei ebenfalls eine Erhöhung der relativen Mengen der freien Alkohole stattgefunden hat. Dieser Unterschied zwischen Adeps lanae und Lanolinum anhydricum macht sich auch etwas durch die verschieden grosse Fähigkeit, Wasser aufnehmen zu können, bemerkbar. Ein Vergleich der Säurezahlen und der Mengen der in Aceton löslichen Stoffe, welche aus den freien Alkoholen, den aus den leicht verseif baren Estern entstandenen Alkoholen und den schwer verseif baren Estern bestehen, zeigt, dass die Alkohole leichter löslich sind als die Ester; in Folge dessen enthält das leicht lösliche Wollfett I eine grössere Menge Unverseiftes, als die schwerer löslichen Wollfette II und III, in welchen, wie die grössere Säurezahl angibt, umgekehrt die Menge der leicht verseifbaren Ester grösser ist als in dem leicht löslichen Wollfett I. Die beiden Handelswollfette 1 und 2 hatten folgende Zusammensetzung: Nr. 1 ausaustralischerWolle Nr. 2 ausaustralischerund südameri-kanischerWolle Proc. Proc. Freie Fettsäuren, aus der Seife   stammendFreie Fettsäuren, aus dem Woll-   schweiss stammendGebundene Fettsäuren:   a) flüchtige Fettsäuren   b) nichtflüchtige FettsäurenAlkohole und schwer verseifbare   EsterWasser und fremde Stoffe   20,51    5,26    2,20  39,74  33,49    1,20   14,27    6,57    1,46  43,30  34,86    2,04 102,40 102,50 Diese Zahlen sind sehr verschieden von einander, wie auch zu erwarten war, da das von australischer Wolle stammende Fett von einer sächsischen und das andere, welches von einem Gemisch von australischer und südamerikanischer Wolle stammte, von einer norddeutschen Kämmerei bezogen war. Die Umrechnung dieser Werthe in der angegebenen Weise zeigte jedoch bei beiden Fetten für die aus dem Wollschweiss stammenden Stoffe eine sehr übereinstimmende Zusammensetzung; die geringen Verschiedenheiten sind als Folge des verschiedenen Wollmaterials und der verschiedenen Behandlungsweise zu erklären. Schliesslich wurden die Schmelzpunkte der verschiedenen Fette, die Säurezahl der aus den leicht verseif baren Estern gewonnenen Fettsäuren, aus welcher ihr Durchschnitts-Molekulargewicht berechnet wurde, der Schmelzpunkt dieser Fettsäuren und die Wasseraufnahmefähigkeit der Fette, welche für ihre Verwendung zur Herstellung medicinischer Salben von Wichtigkeit ist, bestimmt. Die Resultate, welche in Tabelle IV mit aufgeführt sind, stehen mit den übrigen Werthen in sehr gutem Einklang. Bei der Bestimmung der Säurezahl, deren Ausführung früherD. p. J. 1894 292 94. genau beschrieben worden ist, muss berücksichtigt werden, dass die Wollfettsäuren beim Titriren bei gewöhnlicher Temperatur stets um so weniger Kali verbrauchen, je länger sie beim Trocknen erwärmt wurden, da hierbei ein Theil in Verbindungen übergeht, welche nur in der Wärme sich mit Kali vereinigen. Die Säuren müssen daher mit einem Ueberschuss an Kali gekocht werden. Die Wasseraufnahmefähigkeit wurde in der Weise bestimmt, dass in einer zusammen mit dem Pistill gewogenen Porzellanschale eine bestimmte Menge Fett so lange mit Wasser geknetet wurde, bis neue Wassermengen nicht mehr aufgenommen wurden, sondern sich in Tropfen von der gleichmässigen Emulsion absonderten. Diese Tropfen wurden mit Fliesspapier vor der Bestimmung der Gewichtszunahme entfernt. Henriques hat in einer bereits angeführten Arbeit Resultate über kalte Verseifung von Fetten und Oelen veröffentlicht und gefunden, dass die von ihm untersuchten Fette, Leinöl, Rüböl, Ricinusöl, Olivenöl, Cottonöl, Cocusöl, Margarin, Butter, Wollfett, Lanolinum anhydricum, Bienenwachs, wenn sie in Petroleumäther gelöst mit 1/1-normaler alkoholischer Natronlauge zusammengebracht werden, nach spätestens 24 Stunden, ohne Erwärmen, in derselben Weise verseift worden sind, als wenn sie mit ½-normaler alkoholischer Kalilauge gekocht werden. Ich habe ein Olivenöl, welches die Hübl'sche Jodzahl 89,2 hatte, in der von Henriques angegebenen Weise behandelt und dabei die Verseifungszahlen 192,24, 191,61, 192,18 erhalten, während durch 1stündiges Kochen mit ½-normaler alkoholischer Kalilauge die Zahlen 192,26, 193,88, 192,65 gefunden wurden. Die sehr geringe Verschiedenheit dieser letzteren Zahlen von den ersteren kann als eine Folge von Versuchsfehlern betrachtet werden, so dass das Verfahren von Henriques für die Verseifung der leicht verseifbaren Fettarten sich voraussichtlich als brauchbar erweisen wird. Dagegen habe ich gefunden, dass bei der Verseifung solcher Fettarten, welche schwer verseif bare Stoffe enthalten, nach dem Henriques'schen Verfahren stets sehr viel kleinere Werthe als bei der Verseifung durch 1stündiges Kochen mit ½-normaler alkoholischer Kalilauge gefunden werden, und dass diese Werthe auch nur dann eine genügende Uebereinstimmung zeigten, wenn man die Proben, in denen sich die Lauge von der Petroleumätherlösung sehr bald trennt, oft durch Umschütteln mischt. Die von mir für die untersuchten Wollfettpräparate erhaltenen Resultate sind in Tabelle III mit aufgeführt worden. Bei der Untersuchung eines direct von Hongkong bezogenen chinesischen Wachses habe ich jedoch Resultate erhalten, welche deutlich zeigen, dass das Verfahren von Henriques für die harten, schwer schmelzbaren, in Petroleumäther schwer löslichen, schwer verseifbaren Fettarten nicht anwendbar ist. Es musste zunächst, um das chinesische Wachs auflösen zu können, die doppelte Menge Petroleumäther angewendet werden, als von Henriques angegeben wird; beim Vermischen dieser heissen Aetherlösung mit der alkoholischen Lauge schied sich das Wachs als weisse, klumpige Masse ab, so dass, um ein Mischen der Aetherlösung mit der Lauge zu bewirken, abermals erwärmt und bis zum Erkalten umgeschwenkt werden musste. Die so entstandene dicke, breiige Masse wurde noch sehr oft umgeschüttelt, nach 24 Stunden durch Erwärmen in Alkohol gelöst und mit ½-normaler Salzsäure zurücktitrirt. Hierbei wurden die Verseifungszahlen 58,43, 52,58, 38,32 erhalten. Die letzte Probe war weniger lange erwärmt worden als die beiden ersten. Durch 1stündiges Kochen mit ½-normaler alkoholischer Kalilauge am Rückflusskühler wurden bei demselben chinesischen Wachs die Verseifungszahlen 78,70, 77,91, 77,66 gefunden. BenediktAnalyse der Fette, II. Aufl. S. 450. gibt für diese Wachsart die Verseifungszahl 63 an. Dieses Resultat war für die schwer verseif baren Fettarten, Wollfette, chinesisches Wachs, vorauszusehen, da nach der Ansicht Henriques' 1/1-normale alkoholische Natronlauge ebenso energisch wirkt, wie das von Kossel-Obermüller verwendete Natriumalkoholat, und da HerbigD. p. J. 1894 292 68. bereits früher das Verfahren von Kossel-Obermüller einer Prüfung unterzogen hat, deren Resultat er in die Worte zusammenfasst: „Die Verseifung mit Natriumalkoholat geht in alkoholischer Lösung oder Suspension bei keiner der untersuchten Wollschweissarten bis zur Vollendung, dieselbe ist aber eine vollständige in ätherischer Lösung für das mit ½-normaler alkoholischer Kalilauge unter Druck verseif bare Fett, unvollständig für jene Fette, deren Grenzwerth der Verseifung erst unter Anwendung von 2/1-normaler alkoholischer Kalilauge unter Druck erreicht wird.“ Daher wird voraussichtlich das chinesische Wachs bei der Behandlung mit 2/1-normaler Lauge unter Druck eine noch höhere Verseifungszahl als 78 ergeben. Trotzdem wird das von Henriques vorgeschlagene Verfahren der kalten Verseifung sehr gut verwendet werden können, wenn sich für dasselbe eine Gesetzmässigkeit in gleicher Weise ergibt, wie von Herbig bei der Einwirkung von ½-normaler Lauge auf Wollfett nachgewiesen worden ist. Es würden vielleicht durch das Verfahren der kalten Verseifung zunächst die am leichtesten zersetzbaren Fette verseift werden können und hierdurch neue Zahlenwerthe gefunden werden, welche gerade für die Untersuchung der schwer verseif baren Fettarten werthvoll werden könnten. Die Uebereinstimmung der Resultate der Controlversuche bei den von mir untersuchten Wollfettpräparaten lassen diese Erwartung nicht aussichtslos erscheinen. Chemnitz, Laboratorium der techn. Staatslehranstalten.