Titel: Neuere Dampfmaschinen.
Fundstelle: Band 304, Jahrgang 1897, S. 52
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Neuere Dampfmaschinen. (Fortsetzung des Berichtes S. 25 d. Bd.) Mit Abbildungen. Neuere Dampfmaschinen. b) Doppelt wirkende Dampfmaschinen. Dampfmaschinen mit Schiebersteuerungen. Zur Stromerzeugung für den elektrischen Betrieb der Strassenbahnen in Baltimore dienende Tandem-Verbundmaschinen der Firma Mc Intosh, Seymour and Company in Auburn, N. Y., mit einer Gesammtleistung von 3000 beschreibt Le Génie civil, 1896 S. 407, nach Engineering vom 15. November 1895. Die Maschinen haben Hochdruckcylinder von 508 mm und Niederdruckcylinder von 914 mm Durchmesser; der gemeinschaftliche Kolbenhub beträgt 914 mm. Jede Maschine arbeitet mit einer Anfangsspannung des Arbeitsdampfes von 8,8 at, einer Füllung von 5/16 im Hochdruckcylinder, sowie einem Vacuum von 610 mm und entwickelt mit 300 Umdrehungen in der Minute die zum Betreiben einer Dynamo der General Electric Company von 500 Kilo-Watt erforderliche Arbeit. Zur Uebertragung der letzteren auf die Dynamo, deren Tourenzahl 350 in der Minute beträgt, dienen Riemen von 966 mm Breite. Zwischen den beiden hinter einander liegenden Cylindern wird die gemeinschaftliche Kolbenstange durch eine lange, mit Babbitmetall ausgegossene Rothgussbüchse geführt und abgedichtet. Der Hochdruckcylinder ist mit Dampfmantel versehen. Der in demselben wirksam gewesene Dampf strömt, um möglichst trocken in den Niederdruckcylinder zu gelangen, durch einen zwischenliegenden röhrenförmigen Vorwärmer. Der Hochdruckcylinder arbeitet mit einer Kolbenschiebersteuerung; wie sie in ähnlicher Weise an den von der Firma in Chicago 1893 ausgestellten Maschinen angeordnet war (1893 290 * 267). Zur Steuerung des Niederdruckcylinders dienen, behufs möglichster Verringerung der schädlichen Räume, an den Enden desselben liegende, querbewegliche Gitterschieber, die, wie Fig. 22 ersichtlich, für die Einströmung doppelt, für die Ausströmung einfach angeordnet sind; sie haben je 12 Oeffnungen und werden von einem gemeinschaftlichen Excenter bethätigt. In Folge gelenkiger Verbindung des letzteren mit der Schieberstange werden von der geneigten Lage der Excenterstange herrührende ungleiche Bewegungen des Schiebers vermieden. Textabbildung Bd. 304, S. 53 Fig. 22.Tandem-Verbundmaschine der Firma Mc Intosh, Seymour and Company. Um die Abmessungen des Excenters und damit seine Umfangsgeschwindigkeit bezieh. die specifischen Reibungsarbeiten gering zu erhalten, ist derselbe auf einer kleinen, in der Verlängerung der Hauptwelle der Maschine liegenden Hilfswelle befestigt, welche mittels aussenliegender Kurbel und angreifender Lenkstange von einer Gegenkurbel. der Maschine aus betrieben wird. In Folge dieser Anordnung kann die Hilfswelle unabhängig von den durch Abnutzungen in den Lagern entstehenden Ortsveränderungen der Schwungradwelle betrieben werden. Die Schmierung der zur Führung der letzteren dienenden beiden Lager erfolgt durch geeignete Apparate, welche mittels einer kleinen, von der Maschine betriebenen Pumpe mit Oel gespeist werden. Zu jeder aus zwei Maschinen gebildeten Gruppe gehört ein stehender Condensator, System Wheeler, der über eine, die Luftpumpe betreibende Dampfmaschine von 406 mm Cylinderdurchmesser und 533 mm Kolbenhub gesetzt ist. Bevor der Abdampf sämmtlicher Maschinen in einen Sammelbehälter bezieh. den zugehörigen Condensator gelangt, durchströmt derselbe erst einen Speisewasservorwärmer. Aus diesem tritt das auf etwa 50° C. vorgewärmte Wasser in einen zweiten Vorwärmer, in welchen der Abdampf der Condensationsmaschinen, sowie anderer kleinerer Hilfsmaschinen strömt, danach mit etwa 97° C. in die Kessel. Der Abdampf sämmtlicher Maschinen lässt sich erforderlichen Falls auch in die Atmosphäre leiten. Zu dem Zweck ist jedes Ausströmröhr mit einem Ventil versehen, welches sich, sobald die Luftleere im Condensator aus irgend welchem Grunde unter eine festgesetzte Grenze sinkt, selbsthätig öffnet bezieh. beim normalen Arbeiten des Condensators wieder schliesst. Der Dampf verbrauch der Maschinen soll 6,7 k für 1 i/Std. betragen. Eine von derselben Firma für die Jefferson Mill in Manchester, N. H., erbaute, schnell laufende, stehende Dreifach-Expansionsmaschine mit vier Cylindern leistet nach American Machinist vom 29. October 1896 S. 1013 nominell 2150 Die Maschinenwelle ist mit einer Wasserradwelle direct gekuppelt, die 232 Umdrehungen in der Minute ausführt. Diesen hohen Geschwindigkeiten entsprechend sind die Gewichte der hin und her gehenden Theile der Maschine so niedrig als möglich gehalten. Die Durchmesser des Hoch- bezieh. Mitteldruckcylinders sind 571 bezieh. 914 mm, diejenigen der beiden Niederdruckcylinder 1016 mm; der gemeinschaftliche Kolbenhub beträgt 559 mm, entsprechend einer Kolbengeschwindigkeit von 4,32 m in der Secunde. Textabbildung Bd. 304, S. 53 Fig. 23.Schnell laufende stehende Dreifach-Expansionsmaschine mit vier Cylindern der Firma Mc Intosh, Seymour and Company. Die Fig. 23 ersichtliche Maschine hat zwei um 90° gegenseitig versetzte Kurbeln, über welche je ein Niederdruckcylinder mit in Tandem verbundenem Hochdruck- bezieh. Mitteldruckcylinder stehend angeordnet sind. Zur Dampfvertheilung des Hochdruckcylinders dient ein doppelter Kolbenschieber, welcher von einem festen Excenter bethätigt wird; über denselben gleitet der von einem Achsenregulator eingestellte Expansionsschieber in der 1893 290 * 267 ersichtlichen Weise. Die anderen Cylinder arbeiten wieder mit einfachen Gitterschiebern, welche ihre senkrecht zur Längsachse der Cylinder gerichteten Bewegungen, wie Fig. 24 erkennen lässt, von einem mittels Handrad auf veränderlichen Hub und Voreilwinkel einstellbaren Excenter erhalten; sie gleiten, wie auch die Gitterschieber der vorgenannten liegenden Maschine der Firma Mc Intosh, Seymour and Co., auf den Aussenflächen rostartig durchbrochener Platten, welche auswechselbar in die Cylinder eingesetzt sind. Die behufs Verringerung ihrer Eigengewichte ebenso wie die Schwungradwelle mit Kurbelzapfen und Kreuzkopfzapfen hohl ausgeführten Pleuelstangen haben von Mitte zu Mitte Zapfen eine Länge von 1524 mm. Die Lagerschalen der Kurbelzapfen von je 254 mm Durchmesser und 356 mm Länge sind ebenso wie auch diejenigen der Kreuzkopfzapfen von je 152 mm Durchmesser und 254 mm Länge aus Gussstahl gefertigt und mit Babbitmetall ausgegossen. Textabbildung Bd. 304, S. 54 Fig. 24.Dampfmaschine der Firma Mc Intosh, Seymour and Co. Als Kreuzköpfe dienen die unteren, entsprechend verstärkten und mit Gleitschuhen aus Phosphorbronze verschraubten Enden der Kolbenstangen, über welche die gegabelten Enden der Pleuelstangen greifen. Die in vier mit Wasserkühlung versehenen Lagern geführte, aus hydraulisch geschmiedetem Nickelstahl gefertigte Kurbelwelle von 254 mm äusserem und 76 mm innerem Durchmesser besteht aus zwei Theilen, welche mittels Flanschenverschraubung gekuppelt sind. Zwischen die Flanschen beider Wellenhälften ist eine Stahlplatte gelegt, welche, falls nur die Hochdruckseite – als Verbundmaschine – arbeiten soll, entfernt wird. Behufs Gleichförmigkeit der Bewegung sind Gegengewichtsscheiben über die Kurbelarme gezogen und durch Schrauben und Keile mit denselben verbunden. Auch bei dieser Maschine werden die durchgehenden Kolbenstangen je zweier zusammengehöriger Cylinder in langen, mit Babbitmetall ausgefütterten Büchsen geführt (Fig. 23). Die aus Gusstahl gefertigten Kolben haben die bei Schiffsmaschinen übliche Form. Zwischen den einzelnen Cylindern liegen Aufnehmer, durch deren kupferne Heizrohre frischer Kesseldampf strömt. Inmitten des zu den Niederdruckcylindern gehörigen Aufnehmers ist ein als Abschlussventil wirkendes Diaphragma angeordnet, welches erforderlich wird, wenn die Maschine als einfache Verbundmaschine arbeiten soll. Die Anfangsspannung des Dampfes kann bis zu 12 at betragen. Bevor der Abdampf der Niederdruckcylinder in den Condensator gelangt, durchströmt er einen Speisewasserver wärmer. Bei einer Leistung von 1725 i soll die Maschine an Kohlen nur 0,62 k für 1 i/Std. erfordern. Fig. 25 und 26 veranschaulichen die Construction der auf dem neuen Panzerkreuzer Minneapolis der Kriegsmarine der Vereinigten Staaten Nordamerikas eingebauten Schiffsmaschinen. Wie Le Génie civil, 1896 S. 216, berichtet, ist die Minneapolis auf der Werft von Cramps and Sons in Philadelphia erbaut und erreichte bei Versuchsfahrten eine Geschwindigkeit von 23,073 Knoten. Ihre Länge, zwischen den Perpendikeln gemessen, ist 125,455 m, die totale Länge 126,440 m und diejenige über den Hauptspant gemessen 17,730 m. Das Verhältniss der Länge zur Breite des Schiffes ist 7,08. Die grösste Tiefe des Schiffes ist 11,41 m, der mittlere Tiefgang 7,315 m; das normale Deplacement wird zu 8,005 t, die Anzahl der wasserdichten Schotten zu 215 angegeben. Das Schiff hat drei Schrauben mit je drei Flügeln, welche von Dreifach-Expansionsmaschinen betrieben werden. Jede der letzteren ist in einer wasserdichten Abtheilung des Schiffes aufgestellt. Die Durchmesser der Cylinder jeder Maschine sind folgende: Hochdruckcylinder 1067 mm Mitteldruckcylinder 1500 mm Niederdruckcylinder 2337 mm Der gemeinschaftliche Kolbenhub beträgt 1067 mm. Die Pleuelstangen sind an die dreitheilige hohle Kurbelwelle angelenkt und werden mit ihren oberen Köpfen von den einschuhigen Kreuzköpfen gehalten. Zur Dampfvertheilung der Cylinder dienen Kolbenschieber der bei Schiffsmaschinen gebräuchlichen Bauart, welche sich in eingesetzten Metallbüchsen der Schiebergehäuse führen. Jeder Cylinder hat seinen eigenen Ständer und je drei Ständer werden von einer aus drei Theilen zusammengeschraubten Grundplatte getragen. Vorn ist jeder Cylinder durch zwei hohle Stützen gegen Kippen gesichert. Nachstehende Ergebnisse einer 24 Stunden andauernden Probefahrt dürften von allgemeinerem Interesse sein. Tiefgang vornhintenMittel 6,7307,1100,858 mmm Mittleres Deplacement 7,387 t Mittlere Geschwindigkeit 23,073 Knoten Gesammtleistung der drei Maschinen 20551 Durchmesser der mittleren Schraube 4,42 m           „            „   seitlichen Schrauben 4,57 m Textabbildung Bd. 304, S. 55 Schiffsmaschine des Panzerkreuzers Minneapolis. MittlereMa-schine Steuer-bord-ma-schine Back-bord-ma-schine Anzahl der Schraubenumdrehungen in    der Minute 132,19 131,95 133,10 Kolbengeschwindigkeit in m 4,7 4,68 4,73 Mittiere Dampfspannung im Schieber-    kasten in at 10,4 10,6 10,5 Entwickelte  Leistung    in HochdruckcylinderMitteldruckcylinderNiederdruckcylinder 200724052909––––––7321 190222712405––––––6578 180522112636––––––6652 20551 Der Panzerkreuzer Minneapolis verdient noch insofern Beachtung, als er ein Schwesterschiff der Columbia ist, welche im J. 1895 die forcirte Fahrt von Hamburg nach New York machte, um festzustellen, ob es möglich sei, die normale Geschwindigkeit der Schnelldampfer der Hamburg-Amerikanischen Packetfahrt-Actiengesellschaft zu erreichen. Das Schiff wurde damals von der 1 Stunde später abgegangenen Augusta Victoria der H.-A. P.-A.-G. um 3 Stunden 29 Minuten geschlagen, wobei sich zugleich herausstellte, dass es einer gründlichen Reparatur bedurfte, um wieder seetüchtig zu werden. Die von Burmeister und Wain in Kopenhagen erbauten Dreifach-Expansionsmaschinen der kaiserl. russischen Yacht Standard beschreibt The Engineer vom 16. August 1895. Es sind zwei Gruppen von Maschinen mit stehenden Cylindern vorhanden, welche je auf eine dreifach gekröpfte Kurbelwelle arbeiten. Die Dampfvertheilung in den Hoch- und Mitteldruckcylindern erfolgt durch Kolbenschieber, diejenige in den Niederdruckcylindern mittels Trick'scher Flachschieber. Jede Maschinengruppe hat eine stehende, einfach wirkende Luftpumpe, welche vom Kreuzkopf des Hochdruckcylinders aus mittels Stangen und Hebel, ferner eine zur Circulation des Kühlwassers dienende Centrifugalpumpe, welche direct von einer unabhängigen Maschine betrieben wird. Zu jeder Maschine gehört ferner ein Oberflächencondensator mit Rohren und Rohrplatten aus Messing. Die Verdichtung des Abdampfes erfolgt auf den äusseren Umflächen der Rohre. Jeder Cylinder wird von einem gusseisernen Ständer getragen, der sich auf die aus drei Theilen zusammengeschraubte Fundamentplatte stützt. Die Hauptabmessungen der Maschine sind nachstehend gegeben: Durchmesserder Cylinder HochdruckMitteldruckNiederdruck 104216512667 mmmmmm Kolbenhub 1372 mm Umdrehungszahl in der Minute 95 bis 100 Arbeitsspannung des Dampfes etwa 11,6 at Durchmesser der hohlen Kurbelwelle in  den Lagern  (aussen und innen) 451 bez. 222 mm Durchmesser des hohlen Kurbelzapfens  (aussen und innen) 451 bez. 222 mm Länge des hohlen Kurbelzapfens 483 mm Durchmesser der Schraubenwellen  (aussen und innen) 457 bez. 222 mm Gesammte Kühlfläche der Conden-  satoren 167,22 qm Textabbildung Bd. 304, S. 55 Vierfach-Expansionsmaschine der Globe Iron Works Company. Es sind 24 Belleville-Kessel von je 10 Elementen mit 10 Rohrreihen in jedem Element vorhanden. Die gesammte Heizfläche beträgt 3275 qm, die gesammte Rostfläche 103,68 qm. Die Sicherheitsventile sind mit 11,95 k/qc belastet. Die dreiflügeligen Schrauben haben 4,877 m Durchmesser. American Machinist vom 12. December 1895 bringt Abbildungen und Beschreibung der von der Globe IronWorks Company in Cleveland, Ohio, erbauten Vierfach-Expansionsmaschinen der amerikanischen Doppelschraubendampfer North West und North Land. Zur Dampfvertheilung sämmtlicher Cylinder dienen Kolbenschieber, welche von Steuerungen, System Joy, bethätigt werden. Die vier Cylinder jeder Maschine haben 635, 914, 1308 und 1880 mm Durchmesser für 1667 mm Kolbenhub; ihre Mitten liegen um 2134 mm von einander entfernt. Den Kolbenschieber des Hochdruckcylinders von 317 mm Durchmesser zeigen Fig. 27 und 28. (Die eingeschriebenen Zahlen beziehen sich auf englisches Maassystem.) Der Schieber bewegt sich, wie auch die Kolbenschieber der anderen Cylinder, ohne irgend welche Packungen in eingesetzten Büchsen der Schiebergehäuse. Es sind besondere Gleitringe vorhanden, welche je drei Umlaufsnuthen tragen und durch Deckel auf dem Kolbenkörper gehalten werden. Textabbildung Bd. 304, S. 56 Vierfach-Expansionsmaschine der Globe Iron Works Company. Die beiden Mitteldruckcylinder, wie auch der Niederdruckcylinder haben, damit die Abmessungen der Schiebergehäuse nicht zu gross ausfallen, je zwei Schieber, von denen diejenigen der beiden Mitteldruckcylinder von 317 bezieh. 368 mm Durchmesser analog dem Schieber des Hochdruckcylinders gehalten sind. Die zum Niederdruckcylinder gehörigen beiden Schieber von je 635 mm Durchmesser sind dagegen, wie Fig. 29 und 30 ersichtlich, je aus einem Stück hergestellt. (Fortsetzung folgt.)