Titel: Fortschritte und Neuerungen im Bauwesen.
Fundstelle: Band 304, Jahrgang 1897, S. 151
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Fortschritte und Neuerungen im Bauwesen. Mit Abbildungen. Fortschritte und Neuerungen im Bauwesen. Auf dem Gebiete des Bauwesens herrscht zur Zeit eine lebhafte Bewegung, wie ein Blick in das Register der einschlägigen Patente und der als Gebrauchsmuster geschützten Erfindungen zeigt. Allerdings erweisen sich viele dieser Erfindungen als Eintagsfliegen, die bald von dem Strudel der Zeit weggespült werden. Es ist jedoch nicht zu verkennen, dass auch manches sich dauernd hält oder wenigstens zur Weiterentwickelung des Bauwesens anregt. Im Nachstehenden fassen wir die in der letzten Zeit veröffentlichten Erfindungen kurz zusammen. Ein abschliessendes Urtheil über den Werth verschiedener neuer Materialien und Bauverfahren wird sich naturgemäss erst nach Jahren fällen lassen. a) Baustoffe. Als Ersatz für bisher gebräuchliche Baustoffe werden vielerlei Ersatzmaterialien vorgeschlagen, und zwar oftmals unter der Benennung „Surrogate“. Mit dem Namen ist dem ursprünglichen Baustoff gegenüber meistens der Begriff der Minderwerthigkeit verbunden, allerdings vielfach mit Unrecht, denn die Ersatzstoffe übertreffen nicht selten die ursprünglich gebrauchten Baustoffe und können als Verbesserung gelten, denn manches Bedürfniss der Bautechnik kann nur mit den Ersatzstoffen befriedigt werden. Wir erinnern nur an die neuerdings so vielfache Anwendung von Eisen, Cement, Glas, Asphalt, Hohlsteinen, Linoleum und anderer nicht mehr zu entbehrender Stoffe. Auch manche neue Herstellungsweise muss als Fortschritt gelten. Eine Reihe von Verbesserungen und Fortschritten bezieht sich z.B. auf die Mauersteine. Von letzteren wollen wir zunächst einiges berichten. Unter dem Namen Triumphform steine werden Hohlsteine nach dem System Lantenbach (D. R. P. Nr. 81562) angefertigt, die sehr porös sind und an je einer Längs- bezieh. Querverbandseite mit keilförmigen Vorsprüngen versehen sind, welche in entsprechende Vertiefungen greifen. Sie haben die in der Fig. 1 angegebenen Grössen und sind 6 bis 12 cm dick. Die Formsteine dienen, wie Materialienkunde, S. 100, mittheilt, zur Herstellung von Decken, welche sich selbst tragen, da die in die Vertiefung eingreifenden Vorsprünge das Lösen der einzelnen Steine verhindern. Die Steine können auch zur Herstellung von Wänden, sowie zu Gewölben verwendet werden. Der Patentanspruch erstreckt sich auf Formsteine zur Herstellung von sich selbst tragenden Decken, dadurch gekennzeichnet, dass an je einer Längs- und Querverbandseite keilförmige Seitenvorsprünge angeordnet sind, während die anderen beiden entsprechende Vertiefungen haben, zum Zwecke, eine feste Verbindung der Steine sowohl an der Längs- als auch an der Querfuge herzustellen. Textabbildung Bd. 304, S. 151 Hohlsteine nach Lautenbach. Von dem letzteren Gedanken geht auch Willi. Rincklake in Münster bei der Construction seiner gemauerten Silowände mit in den Lagerfugen der Ziegelschichten angeordneten Flachschienen oder Drähten (D. R. G. M. Nr. 19479) aus. Dem Vereine technischer Grubenbeamten hielt der Erfinder der Bauweise Eintz aus Blankenstein einen Vortrag, der die Vortheile und den Grundgedanken seines Systems (D. R. G. M. Nr. 31387) erörtert. Bekanntlich beruht die Wahl der Grösse des Ziegelsteines auf der Nothwendigkeit, die Steine ordentlich durchbrennen zu lassen; dadurch wird selbst bei Hohlsteinen die Grösse einer gewissen Grenze unterworfen. Eintz wählt nun ein anderes Steinmaterial, welches ein Brennen nicht erforderlich macht, also auch in Grösse und Form der angedeuteten Beschränkung nicht unterliegt. Eintz nimmt das Format so gross, dass der Stein noch von einem Maurer ohne Schwierigkeit verlegt werden kann. Die unter dieser Bedingung zulässige Grösse gibt er zu 50 × 20 × 10 cm an, wobei insbesondere die Stärke von 10 cm nach Bedarf gewählt wird. Als Baustoff benutzt er Cement und Sand, vermischt mit Kies, Steinschotter, Asche u. dgl., je nachdem das Material an der Baustelle am leichtesten zu haben ist. Die beim Vortrage vorgelegten Bausteine waren beispielsweise aus Stampfcementbeton hergestellt, einem Stoffe, der bekanntlich einen hohen Festigkeitsgrad erreicht und von Tag zu Tag mehr erhärtet und dichter wird, demnach in hohem Grade wetterbeständig ist. Der Vortragende verweist diesbezüglich auf unsere Bürgersteige, auf die Hafen- und Wasserbauten, Thalsperren, Brücken u.s.w. Textabbildung Bd. 304, S. 151 Bauweise nach Eintz. Da die Steine in Folge ihrer Gestalt (Fig. 2 bis 8) in einander greifen und sich gegenseitig in ihrer Lage und Richtung festlegen, aus derselben auch nicht mehr weichen können, so kann mit grosser Schnelligkeit gearbeitet werden. Auch sichern sich dieselben gegen seitliche Verschiebungen. Dem Mörtel, welcher in die innen liegenden Fugen bezieh. Kanäle, die beim Auf- und Aneinandersetzen der Steine entstehen, eingebracht wird, fällt gewissermaassen nur die Aufgabe zu, einen luftdichten Abschluss herbeizuführen. Wird daher magerer Kalkmörtel, Gypsmörtel, Lehmschlag, Thon benutzt – Mischungen, die nicht besonders hart werden –, so lassen sich die Steine, je nach Bedarf, an verschiedenen Orten verwerthen, was für vorübergehende Gebäude wichtig ist. Wird dagegen Cementmörtel, Asphalt, Glaserkitt o. dgl. benutzt, so verbinden sich die Steine so fest mit einander, dass sie schon nach kurzer Frist nicht mehr sich trennen lassen, so dass die Wände sich wie grosse Steintafeln verhalten. Die einfachsten wie die reichsten Fassadensteine gehen bei der Fabrikation so weit fertig aus den Formen hervor, dass sie ohne weiteres fertige Wandflächen bilden, die eines weiteren Putzes nicht mehr bedürfen, und es können daher die so hergestellten Gebäude sofort zur Benutzung bezieh. zur völligen Fertigstellung in Angriff genommen werden. Die Mauerstärken können geringer genommen werden, ohne bezüglich der Haltbarkeit minderwerthig zu sein. Gelernte Arbeiter sind zur Aufführung derartiger Bauten nur ausnahmsweise erforderlich. Obgleich diese Bauweise noch neu ist, sind nach ihr doch schon viele Bauten, die man bei jedem anderen Baustoffe für gewagt halten würde, ausgeführt worden; so z.B. Wasserkanäle, die wegen ihrer kurzen Bauzeit geradezu Verwunderung hervorriefen; Maschinenfundamente, welche die grösste Starrheit zeigen; wasserdichte Fussböden, Decken, Gewölbe, Dächer; zweigeschossige Wohnhausmauern von 30 cm Stärke, im Inneren eine Luftisolirungsschicht von 10 cm Stärke bergend; mehrgeschossige Wohnhäuser von 40 cm Stärke mit zwei 5 cm starken, innen liegenden Luftisolirungsschichten; Schuppen und Lagerhäuser bis zu 35 m Länge, 25 m Tiefe, bei einer Höhe an den Langseiten von 5 m, an den Giebelseiten von 7 m und einer Wandstärke von nur 10 cm; Trockenschuppen in fast gleichen Abmessungen und gleicher Wandstärke, wobei nur die beiden unteren und die beiden oberen Schichten in Mörtel verlegt, die Zwischenschichten dagegen trocken versetzt sind. Dabei sind die Wände mit einem schweren Cementfalzziegeldach und der ganzen Dachconstruction belastet, während die Steine der einzelnen Schichten seitlich 10 cm breite Abstände haben. Alle Umfassungsmauern und inneren Wände sind ohne alles Holz-, ohne alles Eisenwerk, nur mit diesen Steinen, also mit gleichem Material in ganz gleicher Weise ausgeführt, was in Bezug auf Feuersicherheit und auf Dehnbarkeit von grosser Bedeutung ist.Wegen des Anfertigungsrechtes wolle man sich an den Erfinder C. Eintz oder an Gustav Brüggerhoff in Blankenstein a. d. Ruhr wenden. Ueber die Art des Verbandes, insbesondere bei Wänden mit Luftschichten, geben die Anweisungen des Erfinders eingehende Auskunft. Auf die wichtigeren Punkte machen wir noch folgende Bemerkungen: Bei Errichtung von über 10 bezieh. 15 cm starken Mauern bestehen dieselben aus weiteren 10 cm starken Einzelwänden, die zwischen sich einen Raum (Luftschicht) belassen. Die Einzelwände werden gegenseitig durch die Bindersteine, welche in jeder zweiten Schicht in seitlichen Abständen bis zu 2 m erscheinen, in sicherer Weise verbunden. Jede stärkere Mauer ist daher auch eine Isolirungsmauer. Bei 5 cm starken Luftschichten ergeben sich die Mauerstärken von 25, 40, 55, 70 cm; bei 10 cm starken Luftschichten die Stärken von 30, 50, 70, 90 cm u.s.w. Im ersten Falle sind also die Längen der Seitenflächen, der Bindersteine gleich 25; im letzteren Falle gleich 30 cm. Zu Mittelmauern, welche nicht isolirt werden sollen, können besondere Läufersteine von 15 cm Stärke angefertigt werden. Massives Mauerwerk wird durch Einbringung von Füllmaterial in die Luftisolirungsschichten, wobei die einzelnen Wände erheblich weiter von einander abstehen können, hergestellt. Als Fugenbindemittel ist es am dienlichsten – wenn der Bau auf die Dauer an einem Orte berechnet ist – einen schnell erhärtenden Mörtel (reinen oder verlängerten Cementmörtel, guten Kalkmörtel u.s.w.) zu verwenden; im anderen Falle einen mageren Kalkmörtel, Gypsmörtel, Lehmschlag u.s.w. Ein hohler, an den Enden der unteren Fläche mit Vorsprüngen versehener Baustein ist von der Bergedorfer Cementwaarenfabrik, Martin Biehl und Co. in Bergedorf (G. M. Nr. 12029) vorgeschlagen. Der aus Cementguss, Beton o. dgl. hergestellte hohle Stein eignet sich, als Baustein, da er leicht ist, grosse Festigkeit besitzt und zum Vermauern nur einer geringen Menge Mörtels bedarf. Durch Ineinandergreifen der einzelnen Steine ist eine Verschiebung derselben quer zur Fuge ausgeschlossen. Der in der Abbildung (Fig. 9 bis 12) dargestellte Baustein ist mit einer von seiner unteren Fläche a bis zur oberen Fläche b reichenden Höhlung c versehen, welche von den Seiten wänden dd und ee begrenzt wird. Die Schmalseiten sind etwas höher als die Längsseiten und bilden an der Unterseite Vorsprünge f, welche in die Höhlungen c der beiden darunter liegenden benachbarten Bausteine passen und beim Vermauern eine gegenseitige Verschiebung quer zur Längsfuge verhindern. Derartige Bausteine können, ohne unhandlich zu werden, in Quaderform hergestellt werden welche den Vortheil bietet, dass ein nachträglicher Verputz unnöthig wird. Durch in die Wände des hohlen Bausteins eingelegte Drähte oder Drahtgewebe lässt sich die Festigkeit desselben wesentlich erhöhen. Textabbildung Bd. 304, S. 152 Bausteine der Bergedorfer Cementwaarenfabrik. b) Dächer. Eine neue Sheddachconstruction hat C. Sequin-Bronner in Rüti angegeben. Dieselbe ist als Laternendach geformt und zeigt doppelte Fenster, welche sattelartig einander gegenüber und mit grossein Zwischenraum über einander angeordnet werden. Unter normalen Verhältnissen beträgt nach der D. Dachdecker-Ztg. die Länge eines äusseren Fensters 1,390 m, die eines inneren 1,105 m. Die Lichtöffnung jedes Fensters in der Breite wird zu 2,21 bezieh. 2,0 m angegeben. Die Gesammtlänge der äusseren Sprossen beträgt 2,85, die der inneren 2,32 m. Die äusseren, sowie inneren Scheiben sind je 0,485 m breit und die Sprossen in Entfernungen von 0,5 m von einander angebracht. Das Sparren werk der Laterne wird aus Faconeisen gefertigt. Die zwischen den Aussen- und Innenfenstern aufgespeicherte Luft verhindert oder erschwert den raschen Wechsel der Temperatur an den Scheibenflächen. Es kann demnach auch keine plötzliche Tropfwasserbildung entstehen, wie bei einfachen Shedfenstern. Die Sprossen der Laterne ruhen rechts und links auf Trägern, sind mit diesen durch Winkellaschen verschraubt und überragen den Träger um so viel, dass sie das Ablaufen des Regenwassers ermöglichen. Zur Ableitung des Tropfwassers sind an den inneren Fensterflächen besondere Blechrinnen angeordnet. Die zwischen den Laternen gelegenen Dachflächen erscheinen völlig eben und sind in der Art der Holzcementdächer, jedoch mit veränderter Schichtung, ausgeführt. Obenauf liegt die gebräuchliche Schicht Grobsand, unter dieser die Pappe, dann folgt Holz, nachher eine Schicht Kork und zum Schluss eine Lage Beton. Dadurch erhält das Dach eine Dicke von 250 bis 300 mm. Im Sommer wirkt das Dach insofern auf die darunter liegenden Räume kühlend ein, als die Sandschicht desselben Regenwasser absorbirt, welches nachher, langsam wieder verdunstend, kühlend wirkt. Durch Befeuchtung des Daches kann man diese kühlende Wirkung jederzeit herbeiführen. Die Laternen folgen der Richtung der Dachrinnen und ist deshalb für einen entsprechenden Neigungswinkel der Rinnen Sorge zu tragen. Die Anzahl der Lichtsättel richtet sich nach dem Lichtbedarf im Saale. Besitzt nun die neue Dachconstruction dem normalen Sheddach gegenüber gewisse Vortheile, so haften ihr doch auch zwei Nachtheile an, deren einer darin besteht, dass es nicht möglich ist, die directen Sonnenstrahlen ohne Anwendung besonderer Gegenmittel abzuhalten. Bisher hat sich aus diesem Grunde die Anwendung von matten Scheiben oder transparenten Anstrichen als nöthig erwiesen. Der andere Nachtheil besteht in den verhältnissmässig hohen Anlagekosten. Durch Spengler's abtropfsicheres Glasstürzeldach, welches als Oberlichteindeckung vielfach Verwendung findet, sollen Quersprossen und -rinnen, sowie Zwischenfirste in Fortfall gebracht, Glasbrüche vermindert und das Eindeckverfahren überhaupt einfacher gestaltet werden. Textabbildung Bd. 304, S. 153 Fig. 13.Spengler's Glasstürzeldach. Zu diesem Behufe werden ⊔-förmige Blechrinsel (Fig. 13) auf die Sparren gelegt und an denselben mit Haltern ausdehnungsfähig befestigt. Die Blechrinsel sind mit rinnenbildenden Ansätzen versehen, auf welche sich sattelförmig gebogene, im Uebrigen aber ganz glatte Glasstürzel, sich ziegelartig überdeckend, aufsetzen. Die Stürzel werden durch elastische, an den Blechrinseln befestigte Hafter gegen Abrutschen und Hochheben gesichert. Das Glasstürzeldach gewährt die Vortheile, dass das Schwitzwasser, sowie durch Sprünge oder durch die Ueberdeckungsfugen etwa eingedrungenes Wasser durch die Blechrinsel ablaufen muss und nicht nach innen abtropfen kann. Ferner sind wandelbare Dichtungen mit Filz, Kitt u.s.w. entbehrlich, da die Dichtung in einfachster Art mit Bleistreifen und neuerdings mit Filz bewirkt werden kann. Aufbauten, welche die Dachneigung vergrössern, sind entbehrlich, da sich ganz flache Sparren mit dem Glasdach belegen lassen. Stürzelbrüche sind verhältnissmässig unschädlich, denn das Wasser der übrigen Dachflächen läuft nicht durch den Bruch, sondern sofort in die Rinne, auch lassen sich Brüche schnell mit Ersatz-Glasstürzeln oder mit Noth-Blechstürzeln schliessen. Temperaturwechsel verursachen keine brucherzeugenden Materialspannungen. Bei Verstopfungen leiten die Blechrinsel das Stauwasser ohne weiteres nach unten. Firste, Anschlüsse an Dachrinnen, Dachflächen u.s.w., sind ohne jede Schwierigkeit leicht und sicher eindeckbar. Bei den bisherigen Ausführungen dieses Glasstürzeldaches hat sich gezeigt, dass die Befestigungsart, mittels an den Blechrinseln befestigter Hafter verbesserungsfähig war; es werden jetzt die Glasstürzel mit einem eingeschliffenen Loch versehen und mit dochtähnlich übersponnenem Kupferdraht querüber auf die Rinsel festgebunden. Die früher angewandten Bleistreifen zur Dichtung der Lagerfugen sind durch Filzstreifen, welche zwischen Stürzel und die Aufbördelung der Rinsel eingelegt werden, ersetzt. Die Dichtung kann daher jederzeit revidirt und nachgesehen werden. Auch sind dadurch alle Spannungen, welche sonst leicht Bruch herbeiführen, vermieden. Nach einer Mittheilung Spengler's findet das Stürzeldach bereits ausgedehnte Verwendung. So wurden im vorigen Jahre verwendet: Für den kaiserl. Posthausumbau in Bremen etwa 650 Stürzel, für das Stelz Vogelhaus im Berliner zoologischen Garten 270 Stürzel, von der königl. Eisenbahnbausection Cannstatt etwa 60 Stürzel u.s.w. Bei den Holzcementdächern bilden die Kiesschutzleisten in vielen Fällen Schwierigkeiten. Mitunter kann die Kiesleiste den Ausdehnungen, die der Temperaturwechsel mit sich bringt, nicht folgen, so dass entweder die Kiesleiste sich wirft, oder die Löthverbindungen reissen. Auch wird mitunter die Kiesleiste bei der Beschüttung verschoben und in ihrer Lage gelockert. Auch ist mitunter die Verstopfung der Oeffnungen durch Sand, Moos o. dgl. sehr störend. Alle diese Nachtheile sollen, wie der Metallarbeiter schreibt, durch die Kiesschutzleiste von Büsscher und Hoffmann in Eberswalde (Fig. 14a bis h) beseitigt werden. Dieselbe besteht aus einzelnen, in Zinkblech hergestellten, 1 m langen und etwa 10 cm hohen Stücken, die oben und unten mit Verstärkungswulsten versehen sind, von denen die obere Wulst nach aussen, die untere nach innen gerollt ist. Diese Leiste ist mit 5 cm hohen, 3 cm breiten abgerundeten Abschlussöffnungen versehen, die bis zum tiefsten Punkt der unteren Wulst reichen. Zur Befestigung dieser Kiesschutzleiste dienen aus verzinktem Bandeisen hergestellte und hinter dem Vorstossblech auf der Dachschalung angeschraubte Träger, über welche die Kiesschutzleiste mit der oberen Wulst eingehängt wird. Diese Träger werden in Abständen von 333 mm angeordnet, so dass auf jede 1 m lange Kiesleiste drei Träger kommen. Hierbei ist es zweckmässig, den Stoss zweier neben einander liegenden Leisten stets auf die Mitte des Trägers fallen zu lassen. Die Träger, die mit 23 cm auf der Dachfläche aufliegen, haben nicht nur den Zweck, die Kiesleisten zu tragen, sondern auch das Vorstossblech, welches sonst lediglich am Rande der Schalung durch Hafter gehalten wird, glatt auf die Dachfläche zu drücken und dort fest zu halten, so dass hier eine besondere Befestigung des Vorstossbleches nicht erforderlich ist. Textabbildung Bd. 304, S. 154 Kiesschutzleiste von Büsscher und Hoffmann. Fig. 14b. d Schiebehülse, c Kiesleiste, e Träger; Fig. 14d. f Vordeckstreifen aus Dachpappe, g Vorstossblech; Fig. 14g und h; k 1. Lage; i 2. Lage, h 3. Lage; l Dachpappe. Die einzelnen 1 m langen Stücke der Kiesschutzleiste werden durch Schiebehülsen mit einander verbunden. Die Verbindung an den Ecken (Wiederkehr) vermittelt man durch besondere Eckstücke oder durch winklig gebogene Schiebehülsen. An den Giebeln kann man die Kiesleiste in gleicher Ausführung mit oder ohne Abflussöffnungen anbringen. Wählt man hierbei Kiesleisten mit Abflussöffnungen, so ist es zweckmässig, im Vorstossblech etwa 2 bis 8 cm vor der Kiesleiste eine Aufkantung a anzubringen, die das durch die Kiesleiste tretende Wasser an der Aufkantung entlang der Traufe zuführt. Die Vortheile, die vorstehend beschriebene Kiesleiste bietet, sind zunächst darin zu suchen, dass das Vorstossblech und die Kiesleiste vollständig unabhängig von einander sind und ihre Befestigung derartig ist, dass jedes für sich den durch Temperaturwechsel bedingten Bewegungen ohne Nachtheile frei folgen kann. In der Kiesleiste ist keine Löthung und es wird auch keine Nagelung des Vorstossbleches erforderlich. Die Anordnung von Schiebenähten im Vorstossblech ist gestattet. Ferner wird durch die untere nach innen gerollte Wulst ein Verstopfen der Abflussöffnungen durch den abfliessenden Holzcement u.s.w. verhindert und bei starkem Wasser andrang der Abfluss ausserordentlich gefördert, da diese Wulst in ihrer ganzen Länge Wasser aufnehmen und durch die Abflussöffnungen ableiten kann. Ein Verschlemmen der Wulst ist deshalb nicht zu befürchten, weil die Abflussöffnungen bis zum tiefsten Punkte der Wulst führen, und jeder kräftige Regen den etwa hineingefallenen Sand u.s.w. sofort wieder hinausspülen wird. Auch gestattet die Anwendung der verbesserten Kiesleiste, Vorkehrungen zu treffen, welche dem bei der alten Kiesleiste als so sehr störend empfundenen Abtropfen von Holzcement wesentlich Einhalt thun, und zwar lässt sich dies dadurch erzielen, dass man den unter der Kiesleiste zwischen Wulst und Vorstossblech, der Dicke des Kiesleistenträgers entsprechend, offen bleibenden Raum b innen mit geeignetem Mörtel (Mischung von Lehm und Kies u.s.w.) verdichtet, oder, was zweckmässiger ist: man ordnet die Decklagen so an, dass sie diesen Zwischenraum decken. Dies erzielt man, wenn die erste auf das Vorstossblech greifende Papp- oder Papierlage mit einem etwa 15 cm breiten Ueberstand verlegt wird, den man nach Fertigstellung der Decklagen nach oben so umschlägt und auf die letzte cementirte Decklage aufklebt, dass sich ein aufrecht stehender Rand, entsprechend der Höhe der unteren Wulst, längs der Kiesleiste bildet. Schliesslich dürfte es auch noch als Vortheil zu betrachten sein, dass die Anbringung der Kiesleiste, da hierbei keine Löthung erforderlich ist, ohne die Hilfe des Klempners, direct durch den Dachdecker erfolgen kann. Erwähnt sei noch, dass die Kiesleiste sich auch da verwenden lässt, wo man der Ersparniss halber das Vorstossblech aus Zink fehlen lassen und dasselbe durch Pappe ersetzen will. Dachziegel aus Holzschliff. Uns liegen, schreibt die Papierzeitung, Muster vor, die zur Hoffnung berechtigen, dass Holzschliffdachziegel bald ein allgemein geschätztes Dachdeckmaterial sein werden, bb und aa in Fig. 15 und 16 zeigen die Form dieser Ziegel und zweier Arten der Befestigung. Die 30 cm im Geviert messenden Tafeln wiegen etwa 420 g, sind also wesentlich leichter als Schiefer oder gebrannte Dachziegel, die sie in Bezug auf Festigkeit erreichen, an Elasticität aber weitaus übertreffen; es ist gar nicht leicht, eine solche Platte zu zerbrechen. Wenn man die Platten anzuzünden versucht, so wird man gewahr, dass nach Entfernung der Zündflamme die brennende Holzschliffplatte sofort erlischt, also das Feuer nicht fortleiten kann. Die Wetterfestigkeit der Platten ist anscheinend durch Tränken mit einem Gemenge theer- und asphaltartiger Stoffe bewirkt; auch scheint es, dass die Platten einem starken Drucke ausgesetzt wurden, um sie unangreifbar zu machen. Textabbildung Bd. 304, S. 154 Dachziegel aus Holzschliff. Die von der Aktieselskabet Fjeldhammer Brug in Christiania erzeugten Ziegel werden für Deutschland ausschliesslich durch G. E. Marsmann in Hamburg vertrieben. Eine, allerdings unter mehrfachem Vorbehalt, wiedergegebene Mittheilung über Dächer aus Holzfournirplatten gibt Baumaterialienkunde: „In Warschau wird ein Dachdeckungsmaterial hergestellt, welches aus mehreren, mindestens drei, über einander liegenden Fournirblättern besteht, die dergestalt mit einander verleimt sind, dass sich die Fasern derselben kreuzen. Es wird auf diese Weise eine dünne, elastische Holzplatte von ausserordentlicher Widerstandsfähigkeit hergestellt, welche sich angeblich niemals verziehen kann, weil die über einander geklebten Fournirblätter wegen der Festigkeit des verwendeten Klebemittels gegen jegliche Temperaturveränderung und Witterung unempfindlich sein sollen, und unverändert bleiben, gleichviel, ob sie sich in heisser oder kalter, trockener oder feuchter Luft befinden, sie sollen sogar in Wasser längere Zeit gekocht werden können, ohne dass sich die Fournirblätter von einander trennen. Um jedoch die Widerstandsfähigkeit der Platten gegen Witterungseinflüsse noch zu erhöhen, sind dieselben mit bituminösen Stoffen durchtränkt und auf der äusseren Seite mit einer besandeten Asphaltschicht bedeckt, die innere Seite der Platte ist zum Schütze gegen Feuersgefahr mit Wasserglas imprägnirt. Das Gewicht dieser Bedachung ist sehr gering, es beträgt nur 6,5 k/qm, während z.B. bei einem Pappdach 1 qm Dachfläche mit Verschalung etwa 20 k wiegt. In Folge der Grösse der Platten ist eine Verschalung gar nicht nöthig; dieselben werden einfach auf entsprechend weit von einander entfernten Latten oder Sparren aufgenagelt. Hieraus ergibt sich eine erhebliche Verminderung sowohl der Arbeit als auch der Kosten der Dacheindeckung. Von Wichtigkeit ist noch der Umstand, dass das Verlegen der Fournirplatten keine besonderen Kenntnisse verlangt, da Ungenauigkeiten sofort erkannt werden. Unter dem Namen „Gypscementbedachung“ hat sich nach der Deutschen Bauzeitung die Firma Rheinische Gyps-Industrie in Heidelberg als Gebrauchsmuster eine Dachdeckungsart schützen lassen, die als eine Verbesserung des üblichen Holzcementdaches durch Einführung einer solideren Grundlage sich darstellt. Statt der Bretterverschalung werden als Bekleidung des – aus Holz oder Eisen construirten – Daches Gypsdielen verwendet, auf welche demnächst noch ein Gypsbeton aufgegossen wird. Auf diesen, der mit Asphaltkitt bestrichen wird, bringt man sodann in bekannter Weise die Holzcementdachhaut auf. Als neu und schutzberechtigt kann bei dieser Construction wohl nur die Aufbringung des Gypsbetons betrachtet werden, der die einzelnen Gypsdielen gleichsam zu einer einzigen Tafel vereinigt. Der Gedanke, die Dielenunterlage des Holzcementdaches durch einen unverbrennlichen, der Verstockung und Fäulniss nicht ausgesetzten Stoff zu ersetzen, ist bekanntlich nicht neu, sondern schon des öfteren zur Ausführung gebracht worden. Das Verfahren verdient dann Empfehlung, wenn sich die Angabe der Firma bestätigt, dass seine Anwendung nicht wesentlich theurer sich stellen soll, als die Anwendung von Holzverschalung. Dachplatten aus Cement oder ähnlichem Material (D. R. G. M. Nr. 18466). Eine Neuerung an Dachplatten von F. Traebert, Maurer- und Zimmermeister in Rathenow, bezieht sich auf die Form, Befestigungsart, Aneinanderfügung und Verstellbarkeit aus Cement hergestellter Platten zum Abdecken von Dächern. Fig. 17 zeigt zwei solche neben einander liegende Platten in Querschnitt, Unter- und Seitenansicht. Jede Platte ist an der einen Seite mit einer rinnen artigen Vertiefung r, auf der anderen mit einem in diesen Raum passenden, leistenartigen Vorsprung v versehen. Ferner trägt jede Platte auf ihrer Oberfläche einen ebenfalls leistenartigen Ansatz a und auf ihrer Unterfläche einen Winkelhaken h. Letzterer dient zum Einhängen der Platten in die. Dachleiste. Die Platten werden nicht nur durch den an der Dachleiste hängenden Winkelhaken gehalten, sondern jede Platte hält die andere, indem sie mit ihrer leistenartigen Erhöhung l über den leistenartigen Ansatz a der unter ihr liegenden Platte greift und diese stützt. Verzichtet man auf diese doppelte Unterstützung der Platten und begnügt man sich mit dem Aufhängen mittels des Winkelhakens h, so kann man die Platten beim Auflegen in der Längsrichtung je nach Bedarf verschieben. Die Platten bekommen zweckmässig unten eine abgerundete bezieh. zugespitzte Form, da das ablaufende Regenwasser durch diese Plattenform von den zwischen den einzelnen Platten entstehenden Fugen abgelenkt und nach den Vorsprüngen geführt wird. Das Ineinandergreifen der leistenartigen Vorsprünge v und r schafft eine Fuge, die von Nässe nicht zu durchdringen ist. Sollte doch etwas Wasser die senkrechte Fuge durchdringen, so kommt es zuvörderst in die rinnenartige Vertiefung r und läuft in dieser von Platte zu Platte herab. Textabbildung Bd. 304, S. 155 Fig. 17.Dachplatten von Traebert. Das Torfmoosdach (D. R. P. Nr. 78047) von v. Wangenheim und Duckert soll den Vorzug der Leichtigkeit mit dem der Dichtigkeit verbinden, auch haltbar sein, sowie gegen Hitze und Kälte widerstandsfähig sein. Das Dach besteht nach der Mittheilung von H. Classen in der Deutschen Bauzeitung im Wesentlichen aus einer eigenartig zusammengesetzten Masse, welche auf ein gewöhnliches Pappdach aufgetragen wird. Dieselbe ist zusammengesetzt aus wasserfreiem Steinkohlentheer, dem Torfmulle aus lufttrockenen Moostorfsorten, Klebestoffen und endlich einem die Feuersicherheit begünstigenden Imprägnirungsstoff. In dieser sorgfältigst gemischten Masse befinden sich etwa 13,5 Gew.-Proc. Moostorfmulle, welche bei äusserst geringem Aschengehalt fast nur aus reinen Pflanzenfasern besteht und deshalb ein niedriges specifisches Gewicht aufweist. Die fertige Masse hat ein specifisches Gewicht von 1,6 und da lufttrockene Moostorfmulle ein solches von 0,1 besitzt, so werden also zur Herstellung von 1 l Masse rd. 0,86 l Theer, Klebstoffe und Imprägnirungsmaterial, sowie rd. 1 l Moostorfmulle verwendet, welch letztere im gesättigten Zustande mit den genannten Stoffen eine bedeutende – rd. 1/7 – Verminderung ihres Trockenvolumens erleidet. Durch die Beimengung der Moostorfmulle wird eine hohe Elasticität der fertigen Masse hervorgebracht, sowie ein filzartiger Zusammenhang derselben bewirkt. Das mittels dieser Masse herzustellende Dach besteht aus zwei Theilen und zwar aus der Unterlage, sowie aus dem Auftrage der Moostorfmasse. Die Unterlage wird dadurch erhalten, dass man auf gute Dachpappschalung eine leichte Dachpappe, beginnend am untersten Dachrande und parallel mit demselben aufrollt, wobei nur der obere Rand angeheftet wird. Die nächst folgenden Dachpapplagen überdecken jeweils den angehefteten Rand der vorhergehenden und es werden die überstehenden Ränder, sowie die überdeckten Seiten auf gewöhnliche Weise zusammengeklebt. Hierauf wird die Moostorfmasse 1 bis 1,5 cm stark aufgetragen und mit glühenden Eisen geglättet. Durch dieses Glätten mit glühenden Eisen bildet sich auf der Oberfläche der Masse eine feine Haut, auf welche alsdann ebenfalls glühender, staubfreier Kies in der Korngrösse einer Linse geworfen wird. Der Kies setzt sich in Folge seiner hohen Temperatur in die entstandene Haut der Moostorfmasse fest ein, wodurch eine leichte Kruste gebildet wird. Die letztere hat den Zweck, eine Verdunstung der Theeröle, welche in der Masse in sehr grosser Menge enthalten sind, zu verhindern, was nach den bisherigen Erfahrungen mit dieser Dachdeckungsweise vollständig gelungen zu sein scheint. Da die Theeröle sich nicht verflüchtigen können, so werden sie nicht behindert, sich der untenliegenden Dachpappe mitzutheilen, wodurch diese lange Jahre fettig bleibt. Die Aufnahmefähigkeit der Dachpappe an Theer ist nur gering, woher es kommt, dass die Torfmoosmasse sehr lange Zeit eine so weiche und geschmeidige Beschaffenheit beibehält, dass sie dem Drucke des Fingers nachgibt. Ein Herausfliessen des Theers aus der Masse wird durch die beigemengten Klebestoffe, sowie durch die verdickende Einwirkung der Moostorfmasse verhindert. Ebenso wenig friert bezieh. erstarrt derselbe im Winter in einem Grade, der ein Aufreissen zur Folge haben könnte. Die Torfmoosmasse ist nach alledem geeignet, nicht nur bei Neuanlagen, sondern auch bei alten schadhaften Pappdächern mit Vortheil dann verwendet zu werden, wenn zuvor eine Reparatur der Dachflächen vorgenommen wurde, wobei alsdann die untere Papplage erspart wird. Auch wird die Verwendung der Moostorfmasse bei sehr flachliegenden Zinkblechdächern ohne weiteres möglich und damit die hierbei häufig äusserst störend wirkende Schallwirkung beseitigt. Obgleich zu der beschriebenen Masse erhebliche Mengen von Theer und der übrigen Zusatzstoffe erforderlich sind, so wird diese Eindeckungsart doch nicht theurer, als ein Pappdach einschliesslich seiner Unterhaltungskosten in 15 Jahren. Das Patentmoostorfdach stellt sich auf 1,75 bis 2 M. für 1 qm je nach der einzudeckenden Fläche, und zwar mit Lieferung der Dachpappe und Torfmoosmasse, sowie einschliesslich der Löhne und Frachten. Bei 1 cm Auftrag wiegt die Masse auf 1 qm 16 k. Die Vertretung und Ausführungen sind der Firma Louis Lindenberg in Stettin übertragen. (Schluss folgt.)