Titel: Metallbearbeitung.Ueber das Drehen und Genauschleifen.
Fundstelle: Band 308, Jahrgang 1898, S. 53
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Metallbearbeitung.Ueber das Drehen und Genauschleifen. Mit Abbildungen. Ueber das Drehen und Genauschleifen. Nur bei weichem Stahl kann das Genaudrehen mit dem Schleifen in Vergleich gebracht werden. Es kann auch auf der Drehbank ein hoher Grad von Genauigkeit erreicht werden, sofern alle Bedingungen hierzu Erfüllung finden. Beispielsweise kann eine genaue kreiscylindrische, geradachsige, streng geometrische Oberfläche durch Drehen erhalten werden, sofern die Drehbankspindel streng im Lager geht und die Spitze derselben die Punktlage einhält, was wieder den Parallelismus der Drehbankspindel zur Wangenkante bedingt. Ist ferner durch genaue Höhen-, Seiten- und Paralleleinstellung der Reitstockspitze, die Parallelität der geometrischen Drehbankachse zur Wangenfläche und Wangenkante gesichert, so dass der kurz gehaltene Schneidstahl mittels seiner unterstützenden Supporttheile eine genaue Parallelbewegung zur Drehbankachse durchführt, so ist die erste Genauigkeitsbedingung erfüllt. Passen ferner die Körnergrübchen des Werkstückes in die Form der beiden Körnerspitzen von Spindel- und Reitstockkolben, liegen zudem die Achsen der beiden konischen Körnergrübchen in einer geraden Linie, welche möglichst die geometrische Achse des abzudrehenden Cylinderwerkstückes ist, bleiben die Körner frei von Fremdkörpern, Spänen, Staub u. dgl., und wird die Reitstockspitze ausreichend geölt, so dürfte die zweite Voraussetzung zutreffen. Auch die dritte Bedingung, Erhaltung der geometrischen Geradachse des Werkstückes kann bei zureichender Vorsicht erfüllt werden, sofern die Erwärmung durch reichlich und stetig der Schnittstelle zufliessende Kühlmittel herabgemindert bezieh. die dadurch bedingte Längenänderung durch Rücklage des Reitstockkolbens Berücksichtigung findet, auch Krümmungen der Körperachse durch den Schnittdruck vermieden werden. Nicht unerfüllbar ist die vierte Bedingung, Erhaltung der Spitze der Schneidkante des Werkzeuges bis zur Beendigung der Arbeit. Feiner Span, vorzüglicher selbsthärtender Werkzeugstahl, massige Länge des Werkstückes von möglichst homogenem Material, reichliche Kühlflüssigkeit, namentlich aber stetige, zwangläufige Schaltung des Schlittens mittels Räder und Leitspindel sind die Mittel zur Erfüllung der vierten Bedingung. Wird allen Bedingungen Genüge geleistet, so kann auch auf der Drehbank ein hoher Genauigkeitsgrad erreicht werden. Immerhin wird zur Beseitigung der Schnittriffen das Nachschleifen auf derselben Drehbank nicht zu umgehen sein. Im Allgemeinen kann zwar auf der Drehbank in gleicher Zeit mehr Spanmaterial abgenommen werden als auf einer Genauschleifmaschine, weil die letztere Spindel- und Reitstöcke von leichterer Bauart besitzt, welche eine stärkere Angriffsanstellung des Schleifrades nicht wohl ohne Rückenlager verträgt; aber es kann bei weichem Stahlmaterial und griffigem Schleifrade eine gleiche Leistung erreicht werden, jedoch bleibt zweckmässiger Weise die Schleifmaschine der Vollendung und Genauarbeit vorbehalten. Das eigentliche Arbeitsfeld der Genauschleifmaschine liegt aber in der Behandlung gehärteter Stahltheile, Werkzeuge und Hartgusskörper, wo die Spanleistung gegenüber der Erhaltung der Genauform zurücktritt. Mit einer stetig ruhig laufenden, weder schlagenden noch weifenden, genügend scharfen Schleifscheibe von passender Breite wird mit geringstem Seitendruck eine zureichende Spanentnahme möglich, wobei Angriffsgeschwindigkeiten von 13 bis 33 m/Sec., am besten 25 m/Sec., in Anwendung kommen. Der ruhige Gang des Schleifrades wird durch sichere Spindellagerung und gleichmässig biegsamen, verleimten Antriebriemen erreichbar. Das zwischen festen (todten) Spitzen kreisende Werkstück, dessen Achse parallel zur Schlittenkante liegt, wird gegen Seitendruck des Schleifrades durch stehende oder mitlaufende Rückenlager gesichert und am Schleifrade entlang geführt. Da eine einzige Hubbewegung des Schlittens zur Fertigstellung selten hinreicht, so wird diese Schlittenbewegung wiederholt. Da eine weitere Wiederholung ohne Zuschaltung des Schleifrades zwecklos wäre, so müsste mit der selbsthätig repetirenden Schlittenbewegung naturgemäss auch eine selbsthätig wirkende Querschaltung des Schleifradschlittens verbunden sein, weil eine Schaltung durch Handbetrieb doch im Ganzen unzuverlässig bleibt. Beim Grobschleifen weicher Stahltheile sind Schaltgrössen von \frac{1}{20} bis \frac{1}{40}, beim Genauschleifen harter Stücke Schaltwerthe von \frac{1}{400} bis \frac{1}{800} mm und bei der Regulirung von Messtücken (Calibern) sollen Schaltungen bis \frac{1}{4000} mm sicher erreichbar sein, wobei auf je eine Umdrehung des Schleifrades als Längsschiebung des Schlittentisches ein Bruchtheil der Scheibenbreite \left(\frac{1}{4}\mbox{ bis }\frac{1}{3}\ b\right) genommen werden kann. Das Schleifrad muss scharf bei weichem Bindemittel sein, falls das Material des Werkstückes mit geringstem Druck und kleinstem Aufwände an Reibung abgenommen werden soll. Hart muss dagegen das Schleifrad sein, damit für eine bestimmte Arbeitslänge des Werkstückes der Durchmesser des Schleifrades möglichst ungeändert bleibe. Auf die Abnahme der Materialschicht im Werkstücke und Schleifrade muss daher die Anstellung oder Schaltung bezogen sein. Bei einer Schleifscheibe von 300 mm Durchmesser und 20 mm Kranzbreite wird die Zahl der Angriffspunkte auf 180000 geschätzt, welche bei einer einzigen Umdrehung zur Wirkung kommen. Bei einer Schleifscheibe mit weichem Bindemittel (soft wheel) springen die Schmirgelkörner leicht aus, wodurch die übrigen scharfen Sandsplitter frei zu liegen kommen. Dagegen sitzen in einer Schleifscheibe mit hartem Bindemittel (hard wheel) die Körner fest, so dass sie schliesslich, der Abnutzung unterliegend, stumpf werden, wodurch die Angriffsfläche abgeglättet (glazing) wird. Bei zu grosser Schleifgeschwindigkeit und harter Scheibe wird bei starkem Angriffsdruck und weichem Werkstückmaterial durch übermässige Wärmeentwickelung leicht ein Schmelzen derselben eintreten, in Folge dessen der Raum zwischen den Körnern mit Schmelzgut ausgefüllt wird, wodurch das Rad verbleit (clogging) wird und die Angriffskanten verschmiert werden. Schmirgelscheiben für Bearbeitung von weichem Stahl sollen härter sein als solche für gehärteten Stahl und Gusseisen, während für Rothguss- und Kupferbearbeitung die Schmirgelscheibe schärfer sein muss. Textabbildung Bd. 308, S. 54 Schleifvorgang. Mit schmalen Schleifrädern beim Flankenschärfen oder da, wo die Schleifkanten genau sichtbar bleiben sollen, wird trocken geschliffen. Bei breiten Schleifrädern verursacht das Trockenschleifen Wärmebildung, in Folge dessen Erschütterungen entstehen, welche die Genauigkeit der Arbeit beeinträchtigen, wenn nicht ganz hemmen. Dies trifft schon zu und gibt Veranlassung zu unrunder Arbeit (ovalem Schliff), wenn mit harten Scheiben, mit zu grosser Geschwindigkeit und mit zu wenig Kühlwasser gearbeitet wird. Nur bei stetigem und reichlichem Wasserstrom kann mit breiter Schleifscheibe und starkem Angriff ein ruhiger Gang und damit bei Erhaltung der geraden Achse des Werkstückes eine 4- bis 5fache Schleifleistung im Vergleich zum Trockenschliff erzielt werden. Zeigt die Oberfläche des Werkstückes Wellen oder schraubenförmige Riffen, so muss die Umdrehungsgeschwindigkeit desselben abgeändert werden. Bei ovaler Arbeit muss die Umlaufszahl gesteigert, auch kann ein grösserer seitlicher Schlitten Vorschub mit stärkerem Angriff verbunden werden, während bei harten Scheiben der Schlitten Vorschub abgemindert werden soll. Wie bereits erwähnt, tritt der unrunde, einseitige Abschliff bei localer Erwärmung und Durchbiegung der Werkstückachse ein (Fig. 1), und da immer die Angriffsstelle auf einer Cylinderseite bleibt, so wird auch die Wärmebildung sich dementsprechend steigern und die Krümmung derselben Seite verstärken. Weil nun naturgemäss die Ausbuchtung in der Mitte am stärksten ausfällt, wird auch der Abschliff dort am grössten erscheinen. Wegen des geringeren Wärmeleitungsvermögens sind daher Hohlstäbe bezieh. Röhren weitaus schwieriger rund zu schleifen als massive Cylinderstäbe. Dagegen können abgesetzte Formen, wie Fig. 2, dem Schleifvorgange förderlich sein. C. H. Norton erklärt diese Erscheinung im American Machinist, 1897 Bd. 20 Nr. 18 * S. 337, damit, dass durch die Wärmeüberleitung und ungehemmte Ausdehnung der Ringtheile a die Geradachsigkeit nicht gestört wird. Wird beim Trockenschliff der glatte cylindrische Theil b zum Angriff an das Schleifrad c gebracht, so wird eine Krümmung der Achse eintreten. Wird aber nass geschliffen, so können beide Stabtheile a und b ohne Schwierigkeit regelrecht rund bearbeitet werden. Weil aber ganz ohne Andruck des Schleifrades Arbeit nicht geliefert werden kann, so werden zur Entlastung des Werkstückes von diesem Arbeitsdrucke geeignete Gegenstützen in Anwendung gebracht, welche Lagerbacken aus Rothguss oder Hartholz tragen, in deren halbkreisförmiger Mulde sich der Stab einlegt. Unter keinen Umständen darf aus Ersparnissrücksichten das Lager eine -förmige Rinne erhalten, wohl aber werden des besseren Wasserumflusses wegen längere Lagerbacken gitterförmig ausgespart. Textabbildung Bd. 308, S. 54 Schleifvorgang. Diese Rückenlager werden entweder in fester Anordnung gerade dem Schleifrade gegenüber, oder besser etwas seitlich davon an dem Bettkasten angeordnet, so dass sich der bereits abgeschliffene Theil des Rundstabes darin führt, wobei der Backen d (Fig. 3) im Lagerbock f mit Schraube g die erforderliche Anstellung bekommt, oder es wird diese Regelung der Windungsfeder h (Fig. 4) überlassen, während die Kraft derselben durch Schraube i abgeändert wird. Zur Konischarbeit ist diese feststehende Anordnung aber nicht zu gebrauchen. In diesem Fall und gewöhnlich auch zur regelrechten Rundarbeit werden die Lagerstützbockchen unmittelbar am Schlittentisch aufgeschraubt und wandern mit dem Werkstücke. Es erhält damit diese Rückenstütze k eine wechselnde Lage zum Schleifrade l in deren Verlauf unter Umständen leicht Störungen zu befürchten stehen. Um diese zu umgehen, wird mitunter die Rücklage auf die ganze Länge des schwachen Werkstückes erweitert, wie dies Fig. 5 zeigt, wobei m das Gitterklötzchen, n das Führungsstück, o die Spannfeder, p die Druckschraube und q das Stützböckchen vorstellt, wogegen r (Fig. 6) ein Gitterklötzchen mit angeschlossenem Führungszapfen s ist. (American Machinist, 1897 Bd. 20 Nr. 20 * S. 374.) Textabbildung Bd. 308, S. 55 Schleifvorgang. Eigenartig ist eine von C. O. Griffin angegebene, zum Rundschleifen einer grösseren Anzahl gleichartiger Stäbe geeignete Führung, welche am Schleiftisch Aufstellung findet, also mit dem Werkstücke wandert. Nach American Machinist, 1896 Bd. 20 Nr. 51 * S. 1162, ist am Auge des Böckchens a (Fig. 7 und 8) mittels einer Schraube b ein Gabelstück c mit Reibung festzustellen, an deren Zinken zwei Holzklötzchen d und f mit Kopfschrauben festgespannt werden können, zwischen deren -Nuth das Werkstück gefasst wird. Ausserdem wird das obere Führungsklötzchen d durch ein Ueberlegeisen h gehalten, welches mit der Standschraube i eingestellt und durch den Anschlagzapfen k geführt wird. Nach dem Achsmittel wird der Backen f durch Drehung des Gabelstückes c eingestellt, während der obere Backen d einfach mit dem Ueberlegeisen h nachgestellt wird. Wenn nach beendeter Arbeit dieses Ueberlegeisen h herausgedreht wird, so kann der Backen d hochgehoben und das zweite Werkstück eingelegt werden. Textabbildung Bd. 308, S. 55 Schleifvorgang. Zum Kegelschliff wird die obere, um einen Mittelzapfen schwingende Tischplatte gegen den Schlittentisch verdreht. Weil aber die Kegelstellung mittels einer seitlichen Schraubenspindel nach Angabe herzustellen ist, so machen sich Strichtheilungen erforderlich, welche nur mittels Schleifvorgang. einer gleichen Seitenschraube durch Linearverschiebung der Mutter gezeichnet werden können. Diese von S. T. Freeland vorgeschlagene Einrichtung (American Machinist, 1896 Bd. 19 Nr. 30 * S. 699) besteht aus einer Kreisplatte a (Fig. 9) mit einer mittelpunktsmässigen Quernuth, in welcher ein Schieberlineal b gleitet, an dem die Spindelmutter c angelenkt ist, welche durch die Stellspindel d verlegt wird. Weil nun der Kegel im Verhältniss der trigonometrischen Tangente des Centriwinkels (y : x), und zwar Anzahl Zoll zu 1 Fuss engl. oder Millimeter zu Meter u.s.w. angegeben ist, so wird zu einem bestimmten Grundmaass x (Fig. 10) das zugehörige Standmaass y mit der Stellspindel d leicht aufzutragen sein. Da nun an der Tischplatte der Schleifmaschine der Bogenschlitz mit Zeigermarke z sich befindet, am Schlittentisch die Scala f angebracht ist, so wird der Zeiger z gegen das gerade Scalalineal f im Bogen schwingen. Ob nun die Scalenstriche radial (Fig. 11) oder normal zu ziehen sind, scheint gleichwertig zu sein, doch dürften mit Bezug auf die Herstellung die normal stehenden Scalenstriche (Fig. 12) den Vorzug verdienen.