Titel: Fortschritte der angewandten Elektrochemie.
Autor: Franz Peters
Fundstelle: Band 310, Jahrgang 1898, S. 14
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Fortschritte der angewandten Elektrochemie. Von Dr. Franz Peters. (Fortsetzung des Berichtes Bd. 309 S. 231.) Fortschritte der angewandten Elektrochemie. Das flüssige Quecksilber betrachtet C. Liebenow (Zeitschrift für Elektrochemie, 1898 Bd. 4 S. 515) als eine Legirung aus ein- und mehratomigen Quecksilbermolekülen, in der die einatomigen im Ueberschusse vorhanden sind. Die Trennung des Quecksilbers vom Kupfer aus salpetersaurer Lösung mit einer Spannung unter 1,35 Volt gibt nach N. Revay (Zeitschrift für Elektrochemie, 1898 Bd. 4 S. 329) keine befriedigenden Resultate, da das graue, pulver- oder blattförmige Quecksilber nicht fest haftet. Unter oder über 2 bis 3 cc Salpetersäure von 12° Bé. liegender Säuregehalt und Veränderung der Temperatur sind ohne Einfluss. Der Kathodenniederschlag scheint unlösliche Mercurosalze beigemengt zu enthalten, wenn Chloride oder Sulfate zur Elektrolyse benutzt werden. Aus stark salpetersaurer Lösung gelingt es nicht, eine nennenswerthe Menge Quecksilber abzuscheiden, da auch bei starken Strömen die Badspannung nicht dauernd über der Zersetzungsspannung (0,9 Volt) des Quecksilbersalzes zu halten ist. Aus Kaliumcyanidlösung fällt nur Quecksilber, wenn die Spannung 1,8 bis 1,9 Volt (Dqdm = 0,03 bis 0,21 Ampère) und der Kupfergehalt unter 26 Proc. beträgt. Bei den Versuchen wurden 0,2 g Kupfer und 0,18 bis 0,74 g Quecksilber, wie es scheint in 100 cc Lösung (P.), verwendet. Die letzten Zehntel Procent Quecksilber lassen sich nicht abscheiden, da die Spannung mit der Verarmung der Lösung an Quecksilberionen zu sehr wächst. S. Tanatar (Zeitschrift für physikalische Chemie, 1898 Bd. 26 S. 132) hat durch Elektrolyse einer concentrirten Lösung des Natriumorthoborats Natriumperborat NaBoO3 + 4H2O erhalten. Dieses schwerlösliche und das viel leichter lösliche Ammoniumsalz NH4BoO3 + H2O lassen sich trocken unbegrenzt lange aufbewahren. Sie enthalten 10 bezw. über 16 Proc. wirksamen Sauerstoff. Vor etwa 15 Jahren tauchte eine jetzt anscheinend vergessene Batterie auf, die Aluminium als Nebenproduct lieferte. Lacassagne und Thiers schlugen nämlich vor, in einen Tiegel Kochsalz und eine Eisenelektrode, davon durch Diaphragma getrennt Aluminiumchlorid und eine Kohlenelektrode zu bringen. Beim Schmelzen sollte unter Abscheidung von Aluminium ein constanter Strom entstehen (The Electrical World, 1898 Bd. 31 8. 305). Die Aluminium- und Calciumcarbidgewinnung in Foyers beschreibt R. W, Wallace (The Journal of the Society of Chemical Industry, 1898 Bd. 17 S. 308). Die Aluminiumfabrikation wird seit 1896 ununterbrochen ausgeführt. Gegenwärtig sind fünf grosse, je auf einer senkrechten Achse mit 150 Umdrehungen in 1 Minute laufende Turbinen und Dynamos in Betrieb. Jede der letzteren gibt über 8000 Ampère. 1 -Jahr kostet etwa 30 sh. Die Verwendung des Aluminiums in den Gewerben behandelt ein Vortrag von A. E. Ilunt (Journal of the Franklin Inst., 1897 Heft 860 und 861). Derselbe (The Electrical World, 1898 Bd. 31 S. 270) bespricht die Verwendbarkeit des Aluminiums an Stelle des Kupfers für elektrische Leitungen, die schon praktisch in einzelnen Fällen erprobt ist. Bei der Darstellung des Aluminiumnatriumchlorids, eines wichtigen Ausgangsmaterials für die Fabrikation des Metalls, vermeidet die Compagnie générale de l'Alumine (Französisches Patent Nr. 266650) den Gebrauch des Chlors dadurch, dass sie auf ein poröses Gemenge von Bauxit, Kohle und Seesalz abwechselnd einen Strom Schwefelwasserstoff und einen von atmosphärischer Luft wirken lässt. Aluminiumsulfid, das ebenfalls für die Darstellung des Aluminiums Bedeutung hat, erhält H. S. Blackmore (U. S. P. Nr. 605812, übertragen auf die Pure Aluminium and Chemical Company of West Virginia) durch Einwirkung von Schwefelkohlenstoffdampf oder -gas auf (z.B. in einem Gemisch von Kryolith und Kaliumfluorid) gelöstes Aluminiumoxyd. Eine Versuchsanlage zur Ausführung des Peniakoff'schen Verfahrens für die Darstellung von Aluminiumsulfid und von Metall daraus ist in Huy (Belgien) eingerichtet worden (The Electrical Review vom 25. Februar 1898). Da Aluminiumelektroden billig und leicht sind, also aus letzterem Grunde auch ein sehr genaues Wägen der auf ihnen erzeugten Niederschläge gestatten, empfiehlt sie G. J. Hough (Journal of the American Chemical Society, 1898 Bd. 20 S. 302) zur Verwendung in der Elektroanalyse. Sie sind als Kathoden brauchbar in salpetersaurer Lösung, in Cyanidlösungen in der Kälte und in Lösungen der oxalsauren Doppelsalze. Das Aluminiumbad für das Ueberziehen der Dachbleche des Rathhausthurmes von Philadelphia enthielt (The Electrical World, 1898 Bd. 31 S. 471) Anoden aus einer Aluminiumlegirung mit 15 Proc. Zinn, und wurde unter Umrühren auf 82° gehalten. Lensaigne und Leblanc (Französisches Patent Nr. 265074) geben für Ueberzüge auf Aluminium cyankalische Bäder an, denen für Verkupferung, Versilberung und Vergoldung noch Phosphat beigemengt ist. G. Weil und A. Levy (Englisches Patent Nr. 22961/1897) gebrauchen für Kupfer Zusätze von Ammoniumpyrogallat oder -gallat, für Silber solche von Hydrochinon oder Brenzcatechin; G. Weil, E. Quintaine und C. Lepsch (Englisches Patent Nr. 12691/1897; D. R. P. Nr. 97580) für Nickel, Kobalt, Gold, Silber oder Kupfer Beimengungen von Kohlehydraten (Milchzucker, Maltose, Raffinose oder Melezitose). Regelsberger (Zeitschrift für Elektrochemie, 1898 Bd. 4 S. 548) hat bei Arbeiten mit Kiliani 1893 durch Zusammenschmelzen von Thonerde mit Schwefel im elektrischen Ofen eine gelblichgraue Masse von strahlig-krystallinischem Bruch erhalten, die schon an der Luft Schwefelwasserstoff entwickelt und vielleicht das bisher unbekannte Aluminiumsulfür AlS ist. Die äussere reine Zinnschicht lässt sich vom Weissblech leicht entfernen. Darunter findet sich aber eine schwieriger zu behandelnde krystallinische, die aus einer Legirung von Zinn und Eisen besteht. Sie macht das Eisen unbenutzbar für Giessereien, weil schon 0,2 Proc. Zinn Brüchigkeit verursachen. Diese Legirung wird am besten durch Elektrolyse entfernt. Das Verfahren von Keith, als Elektrolyt eine mit Natriumhydroxyd versetzte Kochsalzlösung zu gebrauchen, erfüllt diesen Zweck nicht. Ausserdem nimmt die Flüssigkeit schnell Kohlensäure auf. Verwendet man als Elektrolyt verdünnte Schwefelsäure, so wird der Niederschlag erst schwammig, dann, wenn ein Theil der Säure neutralisirt worden ist, krystallinisch. Nach 6 Stunden zieht man die Abfälle heraus und löst das Eisen in verdünnter Schwefelsäure vollends auf, während man das zurückbleibende Zinn mit dem elektrolytisch gewonnenen vereinigt. Nebenproduct bei diesem Process ist also Eisenvitriol (L'Éclairage électrique, 1898 Bd. 14 S. 492). Verwendet man ein alkalisches Bad, so wird nur Zinn gelöst; es bleibt aber werthloses zinnhaltiges Eisen zurück. H. Becker (L'Industrie électrochimique, 1898 Bd. 2 S. 2) schlägt deshalb vor, dieses Eisen auf chemischem Wege von seinem Zinngehalte zu befreien oder die zerkleinerten Späne zu lösen und dann zu elektrolysiren. Wie andere vor ihm will auch J. Neumark (U. S. P. Nr. 603200) zur Gewinnung von Zinn aus Weissblechabfällen ein elektrolytisches Bad aus Aetzkalilösung verwenden. Ist sie mit Zinnsalzen angereichert, so wird durch Zugabe von Phosphorsäure Zinnoxyd gefällt. Die Phosphorsäure wird durch Kalk entfernt. Zur Bleifällung wandelt E. P. Clark (U. S. P. Nr. 598313) erst eine Bleiacetatlösung durch Einstellen einer Zinkplatte zum Theil in Zinkacetatlösung um und lässt dann den Strom von einer Bleianode aus zu einer Kathode hindurch gehen, die wagerecht im unteren Theil der Lösung liegt. Das schaumige Aussehen des Niederschlages geht allmählich in ein federartiges über. Sh. Cowper-Coles (The Electrical Review, 1898 Bd. 42 S. 547) studirte die zur Befreiung des Bleis von fremden Metallen vorgeschlagenen elektrolytischen Processe. Am wichtigsten ist die Entsilberung. Sie kann vorgenommen werden nach Keith (mit Schwefelsäure versetzte Natriumacetlösung und Bleianoden), nach Tommasi (Bleikaliumacetat) und Zyte (Bleichlorid). Auch E. Ronco (L'Industrie électrochimique, 1892 Bd. 2 S. 43) beschreibt die elektrolytische Behandlung von silberhaltigem Blei. Die elektrolytische Darstellung des Bleiweisses nach verschiedenen Methoden behandelt Sh. Cowper-Coles (The Electrical Review, 1898 Bd. 42 S. 203). Auf das Verfahren zur Darstellung von Bleiweiss und der verschiedensten anderen unlöslichen oder schwer löslichen Salze, sowie von Oxyden, Hydroxyden und Oxydulen (siehe auch weiter unten), das von L. Luckow erfunden wurde (D. p. J. 1898 307 279), haben O. C. und H. H. Strecker zwei französische (Nr. 269915 und Nr. 269936) und zwei englische Patente (Nr. 26921 und 26923/1897) erhalten. E. Ronco (L'Industrie électrochimique, 1898 Bd. 2 S. 38) glaubt nicht, dass der Process bessere technische Resultate als der ältere von T. Bottome geben wird. Das einzige unwesentlich Neue bei dem Bleiweissgewinnungsverfahren von Riban (Journal de Pharmacie et de Chimie vom 15. Mai 1898), das in Paris im Versuchsstadium ist, besteht darin, dass er die positiven und negativen Bleielektroden wie im Accumulator anordnet. Im übrigen ist der Elektrolyt Natriumcarbonat und -chlorat. Holzstäbe dienen als Rührer und als Schaber zum Abkratzen des Bleiweisses. Bei dem Verfahren von H. C. Woltereck (vgl. D. p. J. 1898 307 280) zur Darstellung von Bleiweiss,auf das auch ein französisches Patent (Nr. 270384) ertheilt worden ist, beträgt die Spannung, wenn man im Elektrolyten Ammoniumacetat oder -nitrat nimmt, 0,7 Volt, dagegen bei Verwendung der Kalium- oder Natriumsalze 4 Volt. Wie schon andere (vgl. Peters, Angewandte Elektrochemie, Bd. 2 Abth. 2 S. 93) vorgeschlagen haben, will auch A. M. Söderlund (Schwedisches Patent Nr. 8626 vom 30. April 1897) die eigentliche Bildung des Bleiweisses erst ausserhalb des Elektrolysirbehälters vornehmen. Dieser ist mit Diaphragmen versehen, die gegen Flüssigkeiten fast undurchdringlich sind. In die Kathodenzelle wird Alkalinitratlösung von unten, in den mit Bleiplatten versehenen Anodenraum von oben eingeführt, während die Alkalilauge oben und die Bleinitratlösung unten abgezogen wird. Aeltere Angaben über die Gewinnung von Chrom im elektrischen Ofen fasst L'Industrie électrochimique, 1898 Bd. 2 S. 44, zusammen. In Alkalibicarbonatlösung aufgeschwemmtes Chromhydroxyd wird nach W. Vaubel (Chemiker-Zeitung, 1898 Bd. 22 S. 331) mit 3 Proc. Stromausbeute oxydirt. Bei der Elektrolyse des rothen Ammoniumpermolybdats 3(NH4)2O . 7MoO4 + 12H2O beobachteten H. Muthmann und W. Nagel (Zeitschrift für anorganische Chemie, 1898 Bd. 27 S. 80) an der Anode lebhafte Sauerstoffentwickelung, an der Kathode Entwickelung von Wasserstoff, Reduction der gelben Lösung unter Entfärbung und schliesslich Abscheidung niederer Oxyde des Molybdäns. Wolfram-Amalgam, das durch Destillation im Vacuum pyrophores Metall liefert, erhielt Férée (Société chimique, Nancy, vom 23. Februar 1898; Chemiker-Zeitung, 1898 Bd. 22 S. 270) durch Elektrolyse einer Lösung von Wolframsäure in Flussäure. Ein Carbid von der Formel WC erhält P. Williams (Académie des sciences vom 13. Juni 1898; Chemiker-Zeitung, 1898 Bd. 22 S. 526) durch Erhitzen von Wolframsäure und Kohle im elektrischen Ofen bei Gegenwart eines grossen Ueberschusses von Eisen. Letzteres erleichtert das Schmelzen, so dass man unter der Schmelztemperatur des Wolframs, bei der nur W2C entsteht, arbeiten kann. Das Carbid ist würfelförmig härter als Quarz und beständig gegen warmes Chlorgas, durch das es also von der übrigen Schmelze getrennt werden kann. Gegen M. Heidenreich (D. p. J. 1897 304 262) vertheidigen E. F. Smith und D. L. Wallace (Journal of the American Chemical Society, 1898 Bd. 20 S. 279) ihre Methode der Uran-Bestimmung. Eine Lösung, die in 10 cc Flüssigkeit 0,1185 g U3O8 und 0,5 cc Essigsäure enthielt und auf 40 cc verdünnt war, gab mit Dqdm = 0,18 Ampère und E = 3 Volt bei 70° gute Resultate. Dauer 6 Stunden. Durch Bestimmung der Leitfähigkeit haben A. Miolati und U. Alvisi (Rendiconti della Reale Accademia dei Lincei, 1897 Bd. 6 S. 376) festgestellt, dass die complexen. Fluoride (UO2F5) K3 und (UO2F5) (NH4)3 sich in wässeriger Lösung normal in die beiden Ionen UO2F5 und K bezw. NH4 dissociiren. Eine Methode zur Mangan-Bestimmung, bei der verhältnissmässig grosse Mengen Superoxyd festhaftend niedergeschlagen werden können und ein mit Gewichtsverlusten der Schalen verknüpftes Glühen des Niederschlages nicht nothwendig ist, gibt F. Kaeppel (Zeitschrift für anorganische Chemie, 1898 Bd. 16 S. 268) an. Er verwendet Verbindungen, die durch den Strom vorübergehend in Essigsäure (vgl. D. p. J. 1897 304 262) umgewandelt werden. Acetaldehyd und Ameisensäure sind zur quantitativen Abscheidung nicht zu verwenden, wohl aber Aceton. Um bei grösseren Mengen Mangansalz die Bildung von Uebermangansäure zu vermeiden, müssen als Kathode zwei Platinplatten gebraucht werden. Die Temperatur wird gleichmässig (durch Einschieben zweier dünner Asbestplatten zwischen Schale und Brenner) auf 50 bis 55° gehalten, verdampfende Flüssigkeit durch Zutropfen ersetzt. Auf mattirten Schalen können bis 1,6 g Mangansuperoxyd festhaftend ausgeschieden werden. Mit Strömen von 0,7 bis 1,2 Ampère und 4 bis 4,25 Volt dauerte unter Zusatz von 1,5 bis 10 g Aceton die Analyse 2 bis 5½ Stunden. Verwendbar ist das Sulfat und das Kalium-, nicht aber Ammoniumdoppelsalz. Einige Tropfen Schwefelsäure beeinträchtigen nicht die Ausfällung und Haltbarkeit, 1 bis 2 Tropfen Alkalilauge begünstigen sie. Nach beendeter Analyse wird ohne Stromunterbrechung gewaschen, bei 150 bis 180° getrocknet und als wasserfreies Superoxyd gewogen. Die Wägung muss wegen der hygroskopischen Eigenschaften des Superoxyds schnell erfolgen. (Fortsetzung folgt.)