Titel: Kraftmaschinen.Neuerungen an Dampfmaschinen.
Fundstelle: Band 310, Jahrgang 1898, S. 82
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Kraftmaschinen.Neuerungen an Dampfmaschinen. (Fortsetzung des Berichtes S. 61 d. Bd.) Mit Abbildungen. Neuerungen an Dampfmaschinen. Um bei rotirenden Dampfmaschinen die durch den Druck der Kolben gegen die Innenflächen der Cylinder hervorgerufene bedeutende Reibung zu vermindern und damit die Nutzleistung der Maschine zu erhöhen, ordnet William Edgar Prall jr. in New York zwei oder mehrere unabhängig von einander drehbare Flügelkolben an, die abwechselnd mit dem drehbaren und dem feststehenden Theil der Maschine gekuppelt werden. Textabbildung Bd. 310, S. 81 Rotirende Dampfmaschine von Prall. Fig. 44 bis 46 zeigen die vorstehend gekennzeichnete Maschine mit zwei Kolben. In den Bockgestellen aa1 ist die hohle Welle b gelagert, welche zum Tragen der aus je zwei Flügeln bestehenden Kolben dd1 und des mit seinen Kopfflächen auf die Naben b1 b2 des letzteren aufgesetzten rotirenden Cylinders c, sowie zur Ueberleitung des Dampfes bezw. zur Ableitung desselben aus dem Cylinderinnern dient. Die Naben b1 b2 sind über die Cylinderenden hinaus verlängert, um die Kuppelungsscheiben e bezw. e1 aufzunehmen, in deren Umfange je zwei ringförmige Nuthen von -förmiger Gestalt eingedreht sind, in welche, um die Kolben abwechselnd mit dem Cylinder und einem feststehenden Halter zu verbinden, je drei Kuppelklötze f greifen. Inmitten der letzteren befindet sich je ein Einschnitt f1 zur Aufnahme eines Knebels, der aus einer durch vorspringende Nasen gebildeten Klammer g besteht. Die obere Nase legt sich in die Einschnitte f1 auf der Rückseite des Kuppelklotzes ein, während die untere Nase sich in einen Einschnitt h und auf die Innenfläche des Quersteges einer Schleife legt, welche, je nach dem sie von dem feststehenden Bockgestell oder von dem Cylinderkopf absteht, mit h1 bezw. h2 bezeichnet sind. Die Klammern haben in ihrer Sitzfläche an den Kuppelklötzen und bei ihrem Einsetzen in die Schleifen h1 h2 genügendes Spiel, so dass die Klötze lose in den Nuthen der Scheiben hängen, wenn die Klammern radial zur Drehachse stehen. Wenn aber die Klammern durch Andrücken von Federn i der Schleifen h1 bezw. h2 schräg gestellt werden, suchen sie den Bremsklotz nach einwärts zu ziehen und mit dem Scheibenumfang in Berührung zu bringen, so dass die Kuppelscheibe entweder mit dem feststehenden Bockgestell oder mit dem rotirenden Cylinder verkuppelt wird. Bewegt sich der Kolben d in Richtung des Fig. 45 ersichtlichen Pfeiles, so tritt der Dampf durch die Kanäle kk1, ll1 (Fig. 46) zwischen die beiden Kolben und sucht diese in Drehung zu versetzen. Kolben d1 wird aber, da er durch Verbindung der Klammern mit seiner zugehörigen Kuppelscheibe an den feststehenden Bock angehängt ist, an einer Drehung verhindert, während sich der Kolben d in Richtung des auf ihn ausgeübten Druckes frei bewegen kann, da die Klammern auf seiner zugehörigen Kuppelscheibe das Bestreben haben, ihn von dem feststehenden Bock freizugeben. Die Drehung der Scheibe e in Richtung des Pfeiles sucht jedoch die Kuppelscheibe an den Cylinder anzuschliessen, und es wird dieser dadurch mit fortgenommen. Hat er sich bis zum Kolben d1 heranbewegt, so wirkt der Kolben d, nachdem er an den vollständig geöffneten Einlass- und Auspufföffnungen vorübergegangen ist, als Druckkissen gegen den Kolben d1, so dass dieser gleichfalls zu rotiren beginnt. Hierdurch wird der Kolben d1 von dem feststehenden Bock gelöst und es werden bei seiner weiteren Drehung die Einlasskanäle geöffnet, so dass der eintretende Dampf im Sinne der anfänglichen Bewegung weiter auf den Kolben d1 wirken kann. Gleichzeitig bewegt aber der Dampf den Kolben d entgegengesetzt zu seiner vorherigen Drehrichtung und es findet ein ähnlicher Arbeitsvorgang statt, wie vordem besprochen. Da jeder Kolben jedesmal auf dem Wege einer halbenUmdrehung oder mehr den Cylinder mitnimmt, können durch Reibung verursachte Abnutzungen zwischen dem Kolben und dem Cylinder wenigstens auf der gesammten Länge einer halben Umdrehung des ersteren nicht stattfinden. Dieser Vortheil erscheint durch die Anordnung der immerhin sehr complicirten Kuppelungseinrichtungen mehr als aufgehoben! Bei einer anderen Ausführungsform der Maschine greifen die Bremsklötze der Kuppelungseinrichtung durch in ihrer Länge veränderlich einstellbare Knebel mit ihren inneren Spitzen in Vertiefungen der Kolbennaben, mit ihren äusseren Spitzen in Vertiefungen der Bremsklötze ein. L. Vojáček in Prag wurde ein zum Zwecke des Betreibens durch die Reibung eines Druckstrahles mit mehrfachen Radscheiben und Strahldüsen versehener rotirender Motor – Dampfturbine – unter Nr. 92372 im Deutschen Reiche patentirt. Wie aus Fig. 47 bis 49 ersichtlich, ist ein um seine Achse leicht drehbares Scheibenrad a auf seinem Umfange mit einer Keilrille cd versehen, in welche tangential oder nahezu tangential ein Druckstrahl aus einer entsprechenden Düse b strömt. Derselbe erleidet eine angemessene Verengung und äussert auf die Flanken c und d einen senkrechten Druck. Dadurch entsteht Reibung, der zufolge das Rad mitgenommen wird, so dass es sich in der Richtung des Fig. 47 ersichtlichen Theiles drehen muss. Der Triebstrahl verändert somit seinen runden Querschnitt und breitet sich in der Rille cd aus. Die zuerst an die Flanken angedrückten Triebmassentheilchen werden wachsend durch die Centrifugalkraft bethätigt, während ihre Geschwindigkeit in der Drehrichtung in Abnahme begriffen ist. Sie werden somit ausgeschleudert und durch neue Triebmassentheilchen ersetzt. In dieser Weise wirkt der aus b herausströmende Triebstrahl effectiv auf den Umfang des Rades a bezw. auf die Flanken der Keilrille cd, und seine Energie kann bei gut gewählten Verhältnissen sehr vollständig ausgenutzt werden. Textabbildung Bd. 310, S. 82 Dampfturbine von Vojáček. Diese Einrichtung erfordert jedoch in der Regel einen hohen Druck. Um auch bei geringerem Triebstrahldrucke die vorhandene Energie auszunutzen, kann man die Keilrille mit Schaufeln versehen. Bei der Fig. 50 und 51 ersichtlichen Einrichtung wirkt der aus b herausströmende Triebstrahl in den rillenförmigen Stellen am Umfange genau so wie bei dem einfachen Rillenrade. Im nächsten Augenblicke fängt jedoch der Triebstrahl an, durch die Scharkante p der symmetrischen Schaufel (Peltonform) rpq bethätigt zu werden, und seine Energie wird hier an die zurückgeführten Stellen r und q abgegeben, indem der Triebstrahl nicht mehr senkrecht gegen die Schaufeln rq wirkt, demnach nicht mehr durch seine Reibung, sondern direct und ohne Stoss durch seinen Druck das Rad bewegt. Eine ähnliche Wmrkung erzielt man dadurch, dass an den Flanken cd (Fig. 49) schaufelartige Rippen angebracht werden. Ein weiterer Patentanspruch bezieht sich auf die Ausjutzung der Ausdehnung des Treibmittels in der Weise, dass man den von der ersten, in einem dichtschliessenden Mantel befindlichen Hochdruckscheibe rerbrauchten Dampf auf einer zweiten Scheibe arbeiten lässt, was nkch weiter wiederholt werden kann. Textabbildung Bd. 310, S. 82 Dampfturbine von Vojáček. Dem Vorgenannten wurde ferner unter D. R. P. Nr. 92373 eine Condensationsvorrichtung an Dampfturbinen der vorbesprochenen Bauart geschützt. In Fig. 52 und 53 ist a eine Dampfturbine, welche um ihre Achse oo durch an ihrem Umfange wirkenden Triebdampf bewegt wird. Nachdem derselbe seine Energie an das Rad a abgegeben, entweicht er an dessen Umfange, um mittels Wasser oder Luft condensirt zu werden. Zu dem Zwecke wird das Rad a beiderseits mit einem gegen die Achse oo zu offenen Mantel gh versehen, welcher an dem ersteren befestigt ist und sich mitdreht. Gegen den aus dem Rade entweichenden Dampf zu sind die Mäntel g und h mit Oeffnungen oder Löchern t versehen, durch welche das durch die Düsen s zuströmende kalte Wasser oder aber Kühlluft mit dem Abdampf innig vermischt wird und denselben condensirt. Der Raum, in welchem die Kühlflüssigkeit zerstreut wird, kann mit Rippen oder Schaufeln h1 versehen werden, durch welche noch eine kräftigere Vertheilung erzielt wird. Die Condensation des Abdampfes lässt sich auch durch ein neben dem Rade befestigtes Spritzrohr bewirken, welches mit Löchern versehen ist, durch welche die Kühlflüssigkeit in den Abdampf e)ngespritzt bezw. eingeblasen wird. Textabbildung Bd. 310, S. 82 Condensationsvorrichtung an Dampfturbinen von Vojáček. Eine Dampfturbine mit flachen, durchlochten Schaufeln von Emil Melzer in Zella-St. Blasii i. Th. zeigt Fig. 54. Das mit den Schaufeln l ausgerüstete Turbinenrad ist auf einer zwischen Bocklagern laufenden Welle aufgekeilt und von einem Gehäuse umgeben. Innerhalb des Schaufelkranzes des Laufrades l0 befindet sich das als Dampfeinlassorgan dienende festliegende, von einem Gehäuse getragene oder mit demselben aus einem Stück hergestellte Leitrad r0, dessen Leitzellen z die Dampfeintrittskanäle bilden. Dieselben münden rechtwinklig zu den Schaufelflächen und sind durch einen in der Mitte des Leitrades liegenden gemeinsamen Kanal r mit dem Dampfrohr verbunden. Dadurch, dass die Schaufeln flach und siebartig durchbrochen sind und vom Dampf unter rechtem Winkel getroffen werden, soll, da in Folge der Durchbrechung der Laufradschaufeln der Dampf, der bisher durch die rasch abgleitende Wirkung an denselben nur mit einem Theil seiner Kraft arbeitete, gewissermaassen mit voller Kraft in die Schaufeln eingreift, indem er auch gegen die Seitenwandungen der Löcher der sich drehenden Schaufeln in schräger Richtung wirkt und vermöge des dadurch an denselben findenden kräftigen Widerstandes mit seiner ganzen Druckleistung auf das Laufrad einwirkt, ein bei derartigen Turbinen bisher unerreichter Nutzeffect erzielt werden. Textabbildung Bd. 310, S. 83 Fig. 54. Dampfturbine von Melzer. Das die Stirnwände des Laufrades dicht umschliessende Gehäuse ist in radialer Richtung so weit gewählt, dass rings um den Schaufelkranz ein Hohlraum gebildet wird, welcher als Abdampfsammler dient und mit den am Gehäuse befindlichen Ausströmstutzen in Verbindung steht. Verbesserungen an der durch D. R. P. Nr. 84908 geschützten Dampfturbine mit Luftsaugung von Louis Bollmann in Wien (1896 300 * 194), mittels derer die Mischung des hochgespannten Dampfes mit der Luft vervollkommnet, ferner die Geschwindigkeit, mit welcher der Dampf in den Mischungsstrom strömt, vermindert wird, haben Louis Bollmann und Salomon Kohnberger unter Nr. 93462 im Deutschen Reiche patentirt erhalten. Damit der aus dem der Turbine eigenthümlichen Ringschlitz (vgl. 1896 300 * 194) in den Zwischenraum zweier Platten tretende Dampf Zeit gewinnt, sich mit der Luft richtig zu mischen und die Geschwindigkeiten auszugleichen, wird er durch Leitschaufeln in einem längeren, durch Wände gebildeten Schraubenwege unter mehrmaliger Einströmung durch Schlitze in einem Zickzackwege durch die Turbine geleitet. (Fortsetzung folgt.)