Titel: Elektrotechnik.Nachtsignale mittels elektrischer Glühlampen.
Fundstelle: Band 310, Jahrgang 1898, S. 116
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Elektrotechnik.Nachtsignale mittels elektrischer Glühlampen. Mit Abbildungen. Nachtsignale mittels elektrischer Glühlampen. Zur Zeit des Krieges in Cuba haben einige grosse Journale in New York während der Nacht eingelaufene sensationelle Nachrichten mittels einer Einrichtung veröffentlicht, von der man in Amerika die Ueberzeugung hegt, sie werde sich für den Armeedienst und namentlich für die Nachtsignalisirung der Schiffe vorzüglich eignen. Textabbildung Bd. 310, S. 116 Signalrahmen. Bei dieser Einrichtung handelt es sich im Wesentlichen darum, mittels einer geeigneten Accumulatorenbatterie und mit Hilfe einer Anzahl von Glühlampen, welche innerhalb eines besonders geformten schwarzen Rahmens vertheilt sind, durch Anwendung einer nach Art der Schreibmaschinen angeordneten Einschaltevorrichtung auf dem genannten Rahmen alle beliebigen Buchstaben oder Schriftzeichen erscheinen zu lassen. Nach La vie scientifique, 1898 S. 161, sind in dem Signalrahmen (Fig. 1) zusammen 51 Glühlampen eingesetzt, welche in 19 symmetrisch vertheilte Gruppen zerfallen, wie es Fig. 2 ersehen lässt, wo jede der einzelnen Lampengruppen mit seiner Nummer bezeichnet ist. Von jedem der mit + gekennzeichneten Anschlüsse geht eine isolirte Leitung zur Schaltvorrichtung, während die sämmtlichen anderen Endanschlüsse der 19 Gruppen gemeinsam mit der Rückleitung oder Erdleitung in Verbindung stehen. Die 19 bezw. 20 Leitungen werden zu einem Kabel vereinigt bis zur Stelle geführt, von wo aus die Signale gegeben werden sollen und wo sich der in Fig. 3 dargestellte Schaltapparat befindet. Letzterer umfasst 26 Contacthebel, die gleich den Tasten einer Claviatur dicht an einander gereiht, durch Federn hochgehalten werden, wie es die Abbildung einer einzelnen Taste (Fig. 4) des Näheren ersehen lässt. Das freie Ende jeder Taste trägt einen Knopf, auf dem der Buchstabe angeschrieben steht, dem die Taste entspricht. Des beengten Platzes willen und um die Uebersichtlichkeit zu erhöhen, sind die Tasterknöpfe, die natürlich aus isolirendem Material, wie Hartgummi, Hörn o. dgl., bestehen, nicht in einer, sondern in drei Reihen angeordnet. Unter den 26 Metallhebeln (Fig. 3 und 4) befinden sich 19 zu den ersteren im rechten Winkel gelagerte, von einander wohl isolirte metallene Querspangen s, welche über die ganze Breite der Claviatur reichen und an ihrer obersten Fläche platinirt sind. Jede dieser 19 Querspangen steht durch einen angelötheten Blechstreifen m mit einer der am rückwärtigen Ende des Fussbrettes der Schaltvorrichtung angebrachten Anschlussklemmen i in Verbindung, bei denen die weiter oben erwähnten, von den +-Anschlüssen des Signalrahmens kommenden 19 Leitungen angeschlossen werden. Die sämmtlichen 26 Contacthebel sind hingegen durch Vermittelung einer gemeinsamen Drehachse und einer Klemme mit dem +-Pol der Batterie in Verbindung gebracht, bei dessen zweitem Pol die Rück- oder Erdleitung anschliesst. Textabbildung Bd. 310, S. 116 Fig. 3. Schaltapparat. Textabbildung Bd. 310, S. 116 Fig. 4. Taste. Um das Zusammenwirken der geschilderten Theile festzustellen, ist zuvörderst ins Auge zu fassen, dass die sämmtlichen 51 Lampen des Signalrahmens (Fig. 1 und 2) in der Ruhelage natürlich nicht brennen, also ausgeschaltet sind. Soll aber irgend ein Buchstabe zur Darstellung gelangen, dann müssen mittels des Einschalters diejenigen Lampengruppen leuchtend gemacht werden, welche zur Bildung des betreffenden Buchstabens erforderlich sind. Darin liegt eben das Eigenthümliche und einzige Neue der Einrichtung, dass die für den Signalrahmen gewählte Lampenzahl und Gruppenlage alle 26 Buchstaben des Alphabetes in sogen. römischer Blockschrift unzweifelhaft deutlich darstellen lässt. Allerdings erscheinen dabei die Buchstaben, gegen einander verglichen, nicht alle gleichgross und nicht immer genau in der hergebrachten kalligraphischen Eintheilung, jedoch stets so unverkennbar, dass Verwechselungen – vorausgesetzt, dass nicht etwa einzelne Lampen versagen – als ausgeschlossen gelten können. Bei näherer Prüfung der Fig. 2 lässt sich leicht ersehen, dass beispielsweise der Buchstabe A durch die Lampengruppen 1, 6, 5, 9, 7, 8, 4, 11, 15 und 12, B 6, 5, 9, 17, 15,11, 19 und 10, C 10, 6, 5 und 9, D 1, 6, 5, 2, 9, 7, 8 und 10, E 10, 1, 6, 11, 15, 5, 2 und 9 u.s.w. dargestellt wird. Soll also mittels einer Taste der darauf angeschriebene Buchstabe am Signalrahmen hervorgerufen werden können, so muss er beim Niederdrücken gerade nur die entsprechende Lampengruppe mit der Stromquelle in Schluss bringen. Zu dem Ende sind im Contacthebel (Fig. 4) senkrecht über denjenigen Querspangen s, welche zur Bildung des in Frage stehenden Buchstabens gebraucht werden, federnde, unten mit Platincontacten versehene Metallstifte eingesetzt, welche die erforderlichen Stromschlüsse bewirken, sobald der Knopf k niedergedrückt wird. So würden durch die Benutzung der in Fig. 4 dargestellten Taste die Lampengruppen 1 bis 8, dann 11, 12 und 15 eingeschaltet, d. i. angezündet werden und demzufolge der Buchstabe H am Signalrahmen erscheinen. Die vermöge gewöhnlicher bekannter Buchstaben dargestellten 26 Signalgrundzeichen sind gegenüber anderen Lichtzeichen entschieden viel leichter aufzufassen und können daher auch weit rascher gelesen werden. Für Geheimschriften lassen sich durch Einführung von Gruppenzeichen aus zwei oder drei Buchstaben oder durch Wiederholung der einzelnen Buchstaben, etwa bis zu vieren, so überreiche Combinationen schaffen, dass jeder Signalcodex damit sein Auslangen fände. Mit einer solchen Signaleinrichtung, wie sie durch Fig. 1 bis 4 erläutert wird, hat man u.a. am 2. April laufenden Jahres in New York eingehende Versuche vorgenommen, wobei die Wirkungen des auf einem Schiffe angebrachten Apparates vom Ufer aus commissionell beobachtet wurden. Man benutzte lediglich eine Nachrichtengebung vermittelst auf einander folgender Buchstaben, welche, durch entsprechende Pausen von einander geschieden, Worte der englischen Sprache bildeten. Es zeigte sich, dass diese Zeichen bis auf eine Entfernung von 1500 m anstandslos mit freiem Auge und durchs Fernrohr bis auf 5500 m Entfernung deutlich gelesen werden konnten. Diese Sehweite liesse sich aber noch wesentlich vergrössern, wenn die Signalrahmen besser angeordnet, d.h. an jeder Lampe mit einem Reverber oder sonstigen Vorrichtungen versehen würden, welche die Zerstreuung des Lichtes verhindern. In einer wesentlich erweiterten Form ist die Signalvorrichtung seitens der eingangs erwähnten amerikanischen Journalunternehmungen ausgenutzt worden. In diesen Fällen sind nämlich eine grössere Anzahl von Apparatsätzen, bestehend aus Signaltafel, Einschaltevorrichtung und Batterie nebst den zugehörigen Leitungen, zur Verwendung gelangt, wodurch es ermöglicht wurde, auf den in einer oder in mehreren Zeilen neben einander an einem Gestelle befestigten Signalrahmen gleichzeitig nicht nur mehrere Buchstaben, sondern ganze Worte oder Sätze darzustellen. Für diese Ausnutzung des Systems sind alle Theile der Einrichtung nicht anders gestaltet, als beim Signalapparat mit nur einem Signalrahmen; lediglich an jeder Taste der Einschaltevorrichtungen ist ein kleiner Schnäpper angebracht, welcher den einmal niedergedrückten Tasterhebel so lange in dieser Stellung, d. i. in der Contactlage festhält, bis er vom Signalisten mit der Hand wieder ausgerückt wird. Es können sonach die durch Glühlichtcontouren dargestellten Buchstaben, Worte oder Sätze beliebig lange, also etwa durch Stunden oder die ganze Nacht über sichtbar bleiben, und eben in dieser Weise wurde der New Yorker Bevölkerung mittels einer 28 Signalrahmen umfassenden Anordnung beispielsweise die für Spanien so unheilvolle Landung des Admirals Cervera in Santiago de Cuba verkündet.