Titel: Textilindustrie.Ueber mechanische Webstühle.
Autor: Glafey
Fundstelle: Band 310, Jahrgang 1898, S. 221
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Textilindustrie.Ueber mechanische Webstühle. Von Regierungsrath Glafey, Berlin. (Schluss des Berichtes S. 201 d. Bd.) Mit Abbildungen. Ueber mechanische Webstühle. Während bei der vorstehend erläuterten Ausführungsform des Webstuhls die Schusspulen lose im Vorrathsbehälter liegen und nur unter dem Einflüsse ihres Eigengewichts in den Bereich des Spulenschiebers gebracht werden, ist der Webstuhl nach D. R. P. Nr. 96513 dahin vervollkommnet worden, dass die Schusspulen an beiden Enden festliegen und von dem Spulenhalter durch eine diesem seitens einer kräftigen Feder o. dgl. ertheilte Drehbewegung, also in wirksamer, zuverlässiger Weise unter den Spulenschieber bewegt werden, so dass ein Steckenbleiben der zuzuführenden neuen Spule nicht mehr vorkommen kann. Der Spulenhalter oder -Zubringer, sowie die das Einführen der Spulen bewirkenden Organe besitzen die aus den Fig. 13 bis 18 ersichtliche Einrichtung. Textabbildung Bd. 310, S. 221 Fig. 13. Webstuhl mit festliegenden Schussspulen. Der Spulenhalter besteht aus den beiden Platten a und b (Fig. 13 und 14), welche auf gemeinsamer Nabe in einer der Spulenlänge entsprechenden Entfernung zu einander eingestellt werden können. Die Nabe sitzt frei drehbar auf einem Bolzen, der von einer am Brustbaum c befestigten Schutzplatte d gehalten wird. Damit der Spulen Zubringer bei seiner Drehung auf den genannten Bolzen sich nicht axial verschiebt, fasst ein an der Nabe vorgesehener Ansatz e (Fig. 13) in eine Ringnuth des Tragbolzens. Auf einem Fortsatz der Nabe sitzt ein am Umfang mit Einkerbungen versehener scheibenförmiger Halter f für die Enden der Fäden der einzelnen Spulen, welche an einem auf dem Träger des Spulenzubringers angeordneten Knopf g befestigt sind, und sich so bei der Drehung des Zubringers nicht mit einander verwickeln können. Damit der Spulenzubringer ab die von ihm bei seiner Drehbewegung unter den Spulenschieber zu bringenden Schusspulen i jede für sich an beiden Enden in der in Fig. 13 und Fig. 14 angedeuteten Weise festhält, befinden sich an der Kopfplatte b mehrere offene Einkerbungen Ar, in welche die dickeren Enden der Schussspulen lose eingelegt werden. Der Flansch des Schutzbleches d verhindert dabei ein zufälliges Herausfallen der Spulen aus den Einkerbungen. Die Kopfplatte a ist ebenfalls mit einer Anzahl Einkerbungen ausgestattet, in welche die dünneren Enden der Schusspulen hineinpassen und in welchen dieselben durch federnde Arme l gehalten werden. Die Einkerbungen der Platten a und b liegen einander gegenüber und entsprechen einander ihrer Anzahl nach. Textabbildung Bd. 310, S. 221 Fig. 14. Webstuhl mit festliegenden Schusspulen. Der Spulenschieber h (Fig. 15 bis 18) bildet mit seinem nach abwärts gerichteten Arme m einen Winkel, der mit seinem Zapfen in einem am Ständer vorgesehenen Lager drehbar sitzt und durch eine Feder t (Fig. 14) für gewöhnlich in der in Fig. 15 bis 17 dargestellten gehobenen Lage gehalten wird, in welcher sich das vordere, nach abwärts gerichtete Ende unmittelbar über derjenigen vonden im Zubringer gehaltenen Spulen i befindet, die sich gegen den Anschlag n der Schutzplatte anlegt (Fig. 15) und die als nächste in den Webschützen eingedrückt werden soll. Dieses vordere Ende des Schiebers h ist mit einem verbreiterten Theile versehen, welcher an dem der Platte b (Fig. 13 und Fig. 14) des Zubringers zugekehrten Ende gegen die herauszubefördernde Schusspule zur Anlage kommt, während am äusseren Ende eines von der Verbreiterung aus seitlich gerichteten Armes ein mit Einkerbung versehener Theil o (Fig. 15 bis 18) sich befindet, der sich an dem der Platte a zugekehrten Ende der Schusspule gegen diese anlegt. Das Herausbefördern der Spule aus dem Zubringer und Einschieben desselben in den Webschützen erfolgt ähnlich wie bei der Anordnung des älteren Patents Nr. 63687 dadurch, dass im geeigneten Augenblick der an der Lade des Webstuhls befindliche Stecher p (Fig. 14 bis 18) gegen einen am abwärts gerichteten Arme des Spulenschiebers angeordneten Frosch q trifft und dadurch den Winkelhebel mh so dreht, dass das äussere Ende des wagerechten Theils h nach unten auf die betreifende Spule drückt und diese in der aus Fig. 18 ersichtlichen Weise aus dem Spulenzubringer hinaus- und in den Webschützen r hineinstösst. Hierbei erhält die Spule von unten einen nachgiebigen Widerhalt durch einen federnden Finger s, der sich am Ende eines besonderen Armes befindet und beim Herausdrücken der Spule von dieser bei Seite gedrängt wird. Dieser Finger dient dazu, um die Schusspule, insbesondere das dünnere Ende derselben, sicher in den Webschützen hinein zu führen. Textabbildung Bd. 310, S. 222 Webstuhl mit festliegenden Schusspulen. Wie bereits erwähnt, legt sich die im Zubringer unterste bezw. bei der nächsten Bethätigung des Schiebers hinauszudrückende Schusspule in der aus Fig. 15 ersichtlichen Weise gegen den festen Anschlag n. Hierdurch wird eine Drehbewegung des Spulenzubringers zunächst verhindert. Die Neigung zu einer solchen Drehbewegung in der Richtung der Pfeile in Fig. 15 wird dem Spulenzubringer durch eine Feder u (Fig. 13) verliehen, welche mit ihrem einen Ende am Ständer oder Schutzblech d (Fig. 14) befestigt zu denken ist, während ihr anderes Ende auf einen mit federnder Schaltklinke ausgestatteten Arm wirkt, der drehbar auf der Achse der Spulentrommel sitzt. Die Schaltzähne v, in welchen die Schaltklinke liegt (Fig. 13), bilden einen Theil der Endplatte b des Spulen Zubringers oder sind an derselben befestigt. Durch die genannte Feder wird also der Schaltarm im Sinne einer Drehung des Spulenzubringers in der oben angedeuteten Richtung beeinflusst. Eine Bewegung des Spulenzubringers in der entgegengesetzten Richtung verhindert eine federnde Sperrklinke. Wenn nun der Spulenschieber h die unter der Wirkung der Feder u (Fig. 13) gegen den Anschlag n gedrückte Schusspule t aus dem Zubringer hinaus, d.h. an dem Anschlag n vorbei befördert hat, dann ist der Zubringer an der Drehbewegung nicht mehr verhindert, sondern führt diese nunmehr unter dem Einfluss der auf das Schaltrad v durch Vermittelung des Schaltarmes und der Schaltklinke wirkenden Feder aus, welche den Zubringer um so viel weiter herumdreht, bis die nächste darin befindliche Spule gegen den Anschlag n zur Anlage kommt, nachdem der eben bethätigte Spulenschieber h inzwischen wieder so weit in die Höhe gegangen ist, dass er sich nicht mehr dieser Spule entgegenstellt. Durch diese theilweise Drehbewegung ist natürlich die Spannung der Feder u etwas verringert worden, und das freie Ende x des Schalthebels (Fig. 15) ist in Folge dessen etwas weiter nach unten gegangen. An der Lade des Webstuhls ist eine Rolle w so angeordnet, dass der, wie oben erwähnt, weiter nach unten gegangene Arm x sich jetzt in der Bewegungsbahn dieser Rolle befindet, wenn die Lade ihre nächste Vorwärtsbewegung vollführt. Die Folge hiervon ist, dass bei dieser Vorwärtsbewegung die von hinten oder unten gegen diesen Arm x streichende Rolle w denselben wieder in die Höhe hebt. In Folge dessen wird die Schaltklinke über den nächsten Zahn des Schaltrades hinweggebracht und die Feder u dadurch von Neuem gespannt, so dass nach erfolgtem Hinausschieben der nunmehr gegen n drückenden Spule die oben geschilderten Vorgänge sich wiederholen können. Im vorderen Theile des Webstuhles ist eine Schaukelwelle a1 (Fig. 15 bis 18) gelagert, an welcher sich der Arm b1 befindet. Dieser nimmt für gewöhnlich die in Fig. 15 und 18 gezeigte Lage an. Die Welle a1 wird vom Schusswächter des Webstuhles aus durch Vermittelungeiner ihrer besonderen Ausführung nach hier nicht weiter in Betracht kommenden Vorrichtung in dem Sinne beherrscht, dass beim Reissen oder Ausbleiben des vom Webschützen ausgehenden Schussfadens diese Welle so gedreht wird, dass ihr Arm b1 in die in Fig. 17 und 18 veranschaulichte Lage gehoben wird. Dies hat zur Folge, dass alsdann beim Vorwärtsgehen der Lade der an dieser angeordnete Stecher p, während er sonst mit dem am Arme m des Spulenschiebers h gelagerten Frosch q nicht in Berührung kommt, diesen in der aus Fig. 18 ersichtlichen Weise trifft, so dass der obere, vordere Theil von h nach abwärts gedreht und dadurch die betreffende Spule i in den Webschützen r eingeschoben wird (Fig. 18). Durch den Eintritt dieser neuen Schusspule wird, wie bereits bemerkt, die zuvor im Webschützen befindliche Schussspule aus diesem hinausgedrängt. Die Art und Weise, wie durch Heben des Armes b1 der Frosch q aus seiner unwirksamen Stellung (Fig. 16) in die wirksame Stellung (Fig. 17 und 18) gebracht wird, in welcher er von dem Stecher p getroffen wird, ist aus der Zeichnung ersichtlich. Es geschieht dies dadurch, dass der Arm b1, wenn er gehoben wird, den Arm c1 einer Schaukelwelle d1 und damit zugleich einen zweiten Arm e1 dieser Welle zurückdrängt. Am oberen Ende dieses zweiten Armes sitzt frei verschiebbar eine Muffe, an welcher der Frosch q an seiner einen Seite angelenkt ist, während er an seiner anderen Seite, wie bereits erwähnt, am Spulenschieber sitzt. Die Zurückbewegung des Armes e1 hat somit zur Folge, dass dadurch der Frosch q in die in Fig. 17 und 18 gezeigte Stellung gedreht wird, während er sonst herabhängt. Wie bereits bei Erläuterung des durch das Patent Nr. 63687 geschützten Webstuhls hervorgehoben wurde, kommt es zuweilen vor, dass der Webschützen im Schützenkasten zurückspringt, oder dass er nicht vollständig in diesen hineintritt und dann bei der Thätigkeit des Spulenschiebers entweder die Spule oder ein anderer Theil des Webstuhls bricht. Um diesem Uebelstande abzuhelfen, hat Northrop an dem oben genannten Stuhl eine Stellvorrichtung angebracht, welche den Schützen in die richtige Stellung zurückschiebt. Nach dem Patent Nr. 97309 von William Franklin Draper in Hopedale ist nun dieser Schützensteller durch einen Schützenfühler ersetzt worden, welcher beim Fehlen oder unrichtiger Stellung des Schützens den Spulenschieber ausser Thätigkeit setzt. Der Schützenfühler f1 (Fig. 18 und 19) sitzt ebenfalls fest auf der bereits genannten Welle d1. Liegt nun der Webschützen r nicht richtig im Schützenkasten, dann trifft der Fühlhebel f1 den Webschützen in der aus Fig. 19 ersichtlichen Weise und wird mit der Lade nach dem Brustbaum zu geschoben, so dass er die Welle d1 weiter dreht. Hierdurch wird der Arm e1 veranlasst, den Frosch q sofort nach unten in die Stellung Fig. 19 zu drehen, so dass dieser auf den Spulenschieber nicht einwirken kann. Befindet sich dagegen, wie in Fig. 18 angenommen, der Webschützen r in der richtigen Lage, dann wird der Webschützen vom Fühler f1 nicht getroffen. In Folge dessen bleibt der Frosch in einer solchen Lage, dass er beim Vorgange der Lade durch den Stecher p getroffen und alsdann im Falle eines Reissens oder Auslaufens des Schussfadens der Spulenschieber im Sinne des Einbringens einer neuen Spule bethätigt wird. Textabbildung Bd. 310, S. 223 Fig. 20. Webstühle, System Northrop, von Draper und Sons. Fig. 20 zeigt zwei mit den neuesten Hilfsmitteln ausgestattete Webstühle, System Northrop, wie sie von der Firma Draper und Sons, Hopedale, ausgeführt werden. Die Spulen d sitzen in den beiden aus den Scheiben cb gebildeten Revolvern. Ihre Fäden sind an dem gemeinsamen Halter a befestigt und werden durch die mit Einschnitten versehenen Scheiben b vor Verwirrung bewahrt, sobald die Revolver eine Schaltung erfahren. Die aus den Schützen ausgestossenen Spulen sammeln sich in dem Kasten e. Die von oben genannter Firma eingerichtete Weberei von 80 Stühlen beschäftigt nach Angaben des eingangs dieser Arbeit genannten Berichts zur Bedienung dieser Stühle fünf Weber, es kommen also 16 Stühle auf einen Arbeiter. Dieselben machen 190 Schläge in der Minute und jeder Weber liefert durchschnittlich 96 Stück Waare mit je 45,7 m Länge.